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Streit der Eltern über Wohnsitz des Kindes

OLG München, Beschluss vom 25. 1. 2008 - 12 UF 1776/07 - Wohnsitz des Kindes

Streit der Eltern über Wohnsitz des Kindes

BGB §§ 11, 1628 I, 1671

 

Der Streit, bei welchem Elternteil das gemeinsame Kind seinen Erstwohnsitz hat, kann nicht über das Verfahren gem. § 1628 I BGB, sondern nur in einem Sorgerechtsverfahren gem. § 1671 BGB geklärt werden.

 

OLG München, Beschluss vom 25. 1. 2008 - 12 UF 1776/07

Zum Sachverhalt: 

Die Parteien sind die Eltern des Kindes T (geb. 21. 2. 1995). Sie leben dauernd voneinander getrennt. Die elterliche Sorge über den Sohn steht ihnen gemeinsam zu. T lebt abwechselnd beim Vater und bei der Mutter. Er besucht die Schule am Wohnsitz der Mutter in K. Über die Besuche beim Vater entscheidet er selbst. Der

Vater und Ag. bezieht Leistungen nach dem SGB II, wobei er mit dem Sohn eine Bedarfsgemeinschaft gegenüber der ARGE angegeben hat und ihn mit erstem Wohnsitz bei sich angemeldet hat. Die Mutter und Ast. wurde daraufhin von der ARGE zur Leistung von Barunterhalt für den Sohn aufgefordert. Die Parteien streiten daher über die Anmeldung des Erstwohnsitzes für den Sohn. Jede Partei behauptet, T lebe überwiegend bei ihr.

Das AG - FamG - hat auf Antrag der Mutter mit Beschluss vom 7. 11. 2007 die Befugnis zur Entscheidung, wo der gemeinsame Sohn seinen Erstwohnsitz nach dem Meldegesetz hat, sowie die Befugnis, dies dem Einwohnermeldeamt gegenüber mitzuteilen, allein auf die Mutter und Ast. übertragen. Auf die Beschwerde des Vaters wurde der Antrag der Mutter zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

2. Nach § 11 BGB teilt ein minderjähriges Kind den Wohnsitz seiner Eltern. Leben die Eltern getrennt, hat das Kind bis zu einer Entscheidung gem. § 1671 BGB einen doppelten Wohnsitz. Die Eltern können eine abweichende Bestimmung treffen. Sind sie sich darüber einig, dass das Kind auf Dauer bei einem Elternteil bleiben soll, hat das Kind nur bei diesem seinen Wohnsitz (BGH, NJW-RR 1994, 322). Bloßes Dulden des Aufenthalts beim anderen Ehegatten genügt aber nicht.

Im vorliegenden Fall streiten die Eltern darüber, bei wem der Sohn T überwiegend lebt. Eine Einigung über den Lebensmittelpunkt des Kindes kam nicht zu Stande. Damit teilt der Sohn T den Wohnsitz beider Eltern und hat daher einen doppelten Wohnsitz, bis in einem Verfahren über die elterliche Sorge bzw. das Aufenthaltsbestimmungsrecht eine Entscheidung getroffen worden ist.

Das vorliegende Verfahren ist deshalb nicht geeignet, diese Frage zu klären. Die familiengerichtliche Entscheidungskompetenz ist in § 1628 I BGB auf „einzelne Angelegenheiten oder eine bestimmte Art von Angelegenheiten“ begrenzt. Die genaue Grenzziehung ist schwierig. Je weiter man den Anwendungsbereich des § 1628 BGB fasst, desto näher geraten die Wirkungen einer nach § 1628 BGB ergangenen Entscheidung an einen Teilentzug der elterlichen Sorge. Vor einen Teilentzug setzt das BGB jedoch in den §§ 1666f. BGB deutlich höhere Hürden als vor die Einzelentscheidung nach § 1628 BGB. Um diese strengen Voraussetzungen der §§ 1666f. BGB nicht auszuhöhlen, ist es erforderlich, den Anwendungsbereich des § 1628 BGB eng zu fassen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2001, 506 = FamRZ 2001, 186).

Die Anrufung des FamG steht den Eltern nur dann offen, wenn die Regelung der streitigen Angelegenheiten „für das Kind von erheblicher Bedeutung ist“. Mit diesem Erfordernis soll verhindert werden, dass die Eltern auch wegen belangloser Meinungsverschiedenheiten das FamG anrufen und ihre Verantwortung auf dieses abwälzen. Ob eine Angelegenheit erhebliche Bedeutung hat, hängt nach dem Gesetzeswortlaut von den Auswirkungen auf das Kind ab. Jedenfalls kann man die erhebliche Bedeutung nicht allein deshalb bejahen, weil sich die Eltern nicht einigen können.

Streiten die Eltern jedoch wie im vorliegenden Fall um Fragen, deren Regelung ohne erhebliche Bedeutung für das Kind ist, hat das Gericht eine Entscheidung abzulehnen, weil andernfalls die elterliche Sorge nicht mehr bei den Eltern, sondern beim Richter läge. Solche Konflikte bleiben daher unentschieden mit der Folge, dass jeder Elternteil gegenüber den vom anderen geplanten Maßnahmen in Bagatellsachen eine Art Vetorecht hat (Huber, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 1628 Rdnr. 15).

Hier geht es unzweifelhaft nicht um Belange des Kindes, sondern um finanzielle Interessen beider Eltern. Der Sohn lebt entsprechend seinem eigenen Wunsch entweder bei der Mutter oder (wohl weniger oft) beim Vater. Über die Anzahl der Tage, die T bei einem Elternteil verbringt, herrscht ebenfalls keine Einigkeit.

Jedenfalls sind die Belange des Sohnes nicht tangiert, so dass der Beschluss des AG aufzuheben war. Die Eltern müssen in einem Verfahren nach § 1671 BGB vom AG - FamG - klären lassen, wem das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht; dementsprechend steht dann fest, wer Betreuungsunterhalt leistet und wer barunterhaltspflichtig gegenüber dem Sohn ist.

 

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OLG München: Streit der Eltern über Wohnsitz des Kindes NJW-RR 2008 Heft 22 1535

Anmerkung:

Zum Wohnsitz eines Kindes bei längerem Aufenthalt in einer Jugendhilfeeinrichtung s. KG, BeckRS 2007, 65283. Vgl. zur Barunterhaltspflicht bei abwechselnder Betreuung des Kindes BGH, NJW 2007, 1882.

 

 

Kommentar Väternotruf: 

Warum einfach, wenn es auch umständlich geht, mag man sich am 12. Zivilsenat - Familiensenat gedacht haben und empfiehlt zur Lösung des Problems, einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen, grad so, als ob jemand über Zahnschmerzen klagt und der Zahnarzt im vorschlägt, ihm alle Zähne rauszuziehen, danach kann logischerweise auch kein Zahn mehr schmerzen, weil keiner mehr da ist.

Dabei geht es doch viel einfacher. Einfach gerichtlich eine Umgangsregelung herbeiführen und je nach dem Verhältnis der von den Eltern wahrgenommenen Betreuungszeiten, z.B. 10 zu 90, 30 zu 70 oder 50 zu 50 wird der Kindesunterhalt berechnet. Das ist doch kinderleicht und auch mit einem Zehnte Klasse Schulabschluss zu berechnen. Der vorherige Abschluss eines Jurastudiums ist dagegen reine Zeit- und Geldverschwendung.

 

 


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