Ordnungsmittel

Ordnungsgeld - Ordnungshaft


 

 

 

§ 89 Ordnungsmittel

(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 901 Satz 2, die §§ 904 bis 906, 909, 910 und 913 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

http://www.gesetze-im-internet.de/famfg/__89.html

 

 

 

 


 

 

 

Kurzfristige Absage von Umgang wegen Urlaub stellt Verstoß gegen Umgangsregelung dar

Das Amtsgericht Hannover lehnte die Verhängung eines Ordnungsgeldes ab. Es sah keine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen die Umgangsvereinbarung. Da das Kind im Haushalt der Mutter lebt, habe sie das Recht mit dem Kind in den gemeinsamen Urlaub zu fahren. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Beschwerde ein.

Oberlandesgericht Celle - 10 WF 162/23 - Beschluss vom 02.10.2023 

Vorinstanz: Amtsgericht Hannover, Beschluss vom 03.08.2023 - Aktenzeichen: 638 F 3208/22

 

 


 

 

 

Oberlandesgericht Celle

Beschluss vom 20.02.2023 - 10 WF 32/23

Ordnungsgeld wegen Verstoß gegen Umgangsregelung

Vorinstanz: Amtsgericht Burgwedel - 14.12.2022 - 41 F 59/22

 

In der Familiensache
pp.
hat der 10. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 20. Februar 2023 beschlossen:


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Burgwedel vom 14. Dezember 2022 sowie ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.


Gründe

I.

Zu entscheiden ist über die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen eine gerichtliche Umgangsregelung.

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 13. September 2022, auf den Bezug genommen wird, den Umgang des Antragstellers (Kindesvaters) mit seiner am ... 2021 geborenen Tochter G. M. geregelt und u. a. angeordnet, dass er das Recht und die Pflicht hat, mit G. wie folgt Umgang wahrzunehmen:

- Jeweils in der Form von drei begleiteten Umgängen durch das Jugendamt für jeweils eine Stunde

a) am 04.10.2022 von 12 Uhr bis 13 Uhr in den Räumlichkeiten des Jugendamtes am Rathaus in A.,

b) am 17.10.2022 in der Jugendhilfestation B. von 10 Uhr bis 11 Uhr

c) am 25.10.2022 von 14 Uhr bis 15 Uhr in der Jugendhilfestation B.

- Die Mutter bringt das Kind zu den genannten Zeiten zu den genannten Räumlichkeiten des Jugendamtes. Der Vater wird im Anschluss Umgang in Begleitung der zuständigen Mitarbeiterin des Jugendamtes erhalten.

- Sollte einer dieser Termine krankheitsbedingt ausfallen, wird in Absprache mit dem Jugendamt ein Ausweichtermin vereinbart.

Die Antragsgegnerin (Kindesmutter) hat G. nicht zu diesen Umgangsterminen gebracht. Sie hat Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs ihres älteren, aus einer anderen Beziehung stammenden Sohnes A. gegen den Antragsteller erhoben und hält daher auch den Umgang mit G. für kindeswohlgefährdend. Sie hat gegen die Entscheidung vom 13. September 2022 mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2022 Beschwerde beim insoweit zuständigen 17. Zivilsenat des hiesigen Oberlandesgerichts eingelegt und die Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Aussetzungsantrag ist durch Beschluss des 17. Senats vom 22. November 2022 (Az.: 17 UF 220/22), auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen worden.

Das Amtsgericht hat auf entsprechenden Antrag des Kindesvaters durch Beschluss vom 14. Dezember 2022 gegen die Kindesmutter wegen Verstoßes gegen die vorgenannte Umgangsregelung ein Ordnungsgeld i. H. v. 120 € festgesetzt und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 60 € einen Tag Ordnungshaft angeordnet.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, es handele sich um eine wirksame und vollstreckbare Umgangsregelung, die auch sofort vollziehbar gewesen sei. Die Antragsgegnerin sei im Beschluss über die Folgen des Verstoßes gegen die Umgangsverpflichtung belehrt worden. Da bislang weder über die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses noch über die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache eine Entscheidung vorliege, sei die Anordnung aus dem erstinstanzlichen Beschluss vollstreckbar. Im Rahmen des Ordnungsmittelverfahrens werde die zugrundeliegende Entscheidung nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. Die Antragsgegnerin habe keine hinreichenden Gründe dargelegt dafür, dass sie die Zuwiderhandlung gegen die auferlegte Verpflichtung nicht zu vertreten habe, so dass von einem Verschulden ihrerseits auszugehen sei. Die Darlegungslast obliege insoweit ihr. Der Beschluss sei in Kenntnis des strafrechtlichen Vorwurfs gegenüber dem Antragsteller betreffend ihren Sohn A. erlassen worden, nicht zuletzt deshalb sei ein unbegleiteter Umgang nicht angeordnet worden, so dass auszuschließen gewesen sei, dass sich Kindesvater und Kind allein in einem Raum aufhalten können. Die vorgebrachten Gründe, es bestehe eine Gefährdung des Kindes G. wegen der im Raum stehenden Vorwürfe, seien daher bereits im Beschluss berücksichtigt worden. Weitergehende bzw. neu entstandene Gründe seien nicht vorgetragen worden. Die Überzeugung, der angefochtenen Beschluss sei zu Unrecht ergangen, genüge ferner nicht als Entschuldigungsgrund, auch wenn die Aussetzung der Vollziehung zeitnah beantragt und die Entscheidung insgesamt angefochten worden sei, da Umgangsbeschlüsse grundsätzlich sofort wirksam seien. Ein etwaiger Irrtum hinsichtlich der Vollziehbarkeit sei für die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin vermeidbar gewesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.

Die Kindesmutter hat gegen den Ordnungsmittelbeschluss form- und fristgerecht (sofortige) Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfahren um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht.

Sie ist nach wie vor der Auffassung, ein Umgang des Kindesvaters mit G. gefährde akut und massiv das Kindeswohl. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kindesvater ihren Sohn A. aus einer früheren Beziehung sexuell missbraucht habe. Sie müsse daher die Kinder vor dem Antragsteller schützen. Zudem habe das Amtsgericht außer Betracht gelassen, dass sie Beschwerde gegen den tenorierten Umgang eingelegt habe; das Verfahren werde am 23. Januar 2023 verhandelt. Das Amtsgericht hätte den Ausgang des Beschwerdeverfahrens beim OLG abwarten müssen, bevor es einen Ordnungsgeldbeschluss für die Nichtgewährung von Umgangsterminen in der Vergangenheit erlasse.

Ihre Beschwerde gegen den Umgangsbeschluss vom 13. September 2022 hat die Kindesmutter zwischenzeitlich im Anhörungstermin zur Hauptsache vor dem 17. Senat zurückgenommen.

Der hiesigen sofortigen Beschwerde hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 6. Februar 2023, auf den Bezug genommen wird, nicht abgeholfen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter hat keinen Erfolg.

Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die vollumfänglich zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und weist lediglich ergänzend noch einmal nachdrücklich auf Folgendes hin:

Soweit die Kindesmutter meint, der Umgang des Vaters mit G. sei kindeswohlgefährdend, ist dieser Einwand im vorliegenden Vollstreckungsverfahren unbeachtlich. Im - hier einschlägigen - Verfahren nach § 89 FamFG gilt der allgemeine vollstreckungsrechtliche Grundsatz, dass das Bestehen des vollstreckbaren Anspruchs grundsätzlich nicht mehr zu prüfen ist und dass nur eine Entscheidung über die Einstellung die Vollstreckung hindert. Der zur Gewährung des Umgangs verpflichtete Elternteil kann daher nicht einwenden, die Umgangsregelung sei nicht rechtens bzw. widerspreche dem Kindeswohl und müsse deshalb nicht beachtet werden (vgl. BGH FamRZ 2012, 533 ff; 2014, 732 ff; Sternal/Giers, 21. Aufl. 2023, FamFG § 89 Rn 8 m. w. N.).

Entgegen der Auffassung der Kindesmutter hätte das Amtsgericht auch nicht den Ausgang des in der Hauptsache laufenden Beschwerdeverfahrens abwarten müssen. Denn ein Umgangsbeschluss ist ungeachtet seiner Rechtskraft gem. § 40 f i. V. m. § 15 FamFG mit Bekanntgabe, d. h. mit Zustellung, an die/den Beteiligte/n wirksam und damit gem. § 86 Abs. 2 FamFG auch ohne weiteres und ohne Rücksicht auf eine etwaige Beschwerde vollstreckbar. Die Beschwerde hat insoweit keine aufschiebende Wirkung; lediglich eine gerichtliche angeordnete Außervollzugsetzung steht einer Vollstreckung entgegen. Selbst wenn aber die Vollstreckung später eingestellt oder die zu vollstreckende Entscheidung (ab)geändert wird, können Verstöße, die vor Wirksamwerden der Einstellung der Zwangsvollstreckung oder der (Ab)änderung begangen worden sind, nach § 89 FamFG noch geahndet werden (vgl. Sternal/Giers, a. a. O.). Erstinstanzliche Beschlüsse in Kindschaftssachen sind - sofern nicht gerichtlich die Außervollzugsetzung angeordnet worden ist - für die Beteiligten verbindlich und von den Beteiligten einzuhalten, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig und mit der Beschwerde angefochten sind.

Mangels Erfolgs ihrer Beschwerde war der Kindesmutter auch die insoweit begehrte Verfahrenskostenhilfe zu versagen; §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO.

...

https://voris.wolterskluwer-online.de/browse/document/769f5236-2bdc-46cb-b96f-b58dce416e3c

 


 


 

 


OLG Saarbrücken Beschluß vom 8.10.2012, 6 WF 381/12

Leitsätze

Nach § 89 Abs. 4 Satz 1 FamFG trägt der verpflichtete Elternteil die Darlegungs- und Feststellungslast dafür, dass er die Zuwiderhandlung gegen den Umgangstitel nicht zu vertreten hat. Beruft sich der verpflichtete Elternteil auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, so muss er im Einzelnen darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - in Saarbrücken vom 31. August 2012 - 39 F 168/12 UG - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Beschwerdewert: 1.000 EUR.

Gründe

Die nach § 87 Abs. 4 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Das Familiengericht hat zu Recht nach §§ 86 ff, 89 FamFG ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, gegen die Antragsgegnerin verhängt, weil diese gegen die in dem Beschluss des Familiengerichts vom 15. Mai 2012 39 F 168/12 UG - getroffene Umgangsregelung verstoßen hat.

Die formellen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung sind zweifelsfrei erfüllt. Die Antragsgegnerin hat auch gegen ihre Verpflichtungen aus dem genannten Beschluss verstoßen. Danach oblag es der Antragsgegnerin, S. am 28. Mai 2012 dem Umgangspfleger zu übergeben, damit dieser den Umgang des Kindes mit dem Antragsteller ermöglicht. Dem ist die Antragsgegnerin nicht nachgekommen, denn der Umgangspfleger hat unwidersprochen vorgetragen, dass das Kind an dem angeordneten Termin nicht dazu bewegt werden konnte, ihn zum Zwecke des Umgangs zu begleiten.

Es ist davon auszugehen, dass dies auf einer schuldhaften Zuwiderhandlung der Antragsgegnerin gegen ihre Verpflichtungen aus dem Umgangsbeschluss beruht. Nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG trägt der verpflichtete Elternteil die Darlegungs- und Feststellungslast hinsichtlich der Gründe, aus denen er die Zuwiderhandlung gegen den Umgangstitel nicht zu vertreten haben will. Der Verpflichtete hat daher die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen, im Einzelnen substantiiert darzulegen (Saarländisches Oberlandesgericht, Senatsbeschlüsse vom 2. April 2012 6 WF 130/11 und vom 26. November 2010 6 WF 118/10 , ZKJ 2011, 104; vgl. auch 9. Zivilsenat, Beschluss vom 31. Januar 2012 9 WF 131/11 ). Diese Umstände liegen regelmäßig in der Sphäre der verpflichteten Person; sie sind daher im Nachhinein objektiven Feststellungen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels oder die nachträgliche Aufhebung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. Beruft sich etwa ein Elternteil wie hier die Antragsgegnerin bei Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel auf den entgegenstehenden Willen des Kindes, wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat, um es zum Umgang zu bewegen (BGH FamRZ 2012, 533; Saarländisches Oberlandesgericht, Senatsbeschluss vom 2. April 2012 6 WF 130/11 ; vgl. dazu auch BT-Drucks. 16/6308, S. 218; OLG Karlsruhe, FamRZ 2011, 1669; Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl., § 89, Rz. 9; Kemper/Schreiber/Völker/Clausius, HK-FamFG, 2. Aufl., § 89, Rz. 22; Musielak/Borth, FamFG, 2. Aufl., § 89, Rz. 7; Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl., § 89, Rz. 15; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., § 89 FamFG, Rz. 9; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 5. Aufl., § 6, Rz. 16; Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., § 89 FamFG, Rz. 13).

Denn nach § 1684 Abs. 2 BGB sind die Eltern zu wechselseitig loyalem Verhalten bei der Verwirklichung des Umgangsrechts verpflichtet. Dem betreuenden Elternteil obliegt es deswegen, auf das Kind erzieherisch dahin einzuwirken, dass psychische Widerstände des Kindes gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil abgebaut werden und das Kind eine positive Einstellung dazu gewinnt. Der Obhutselternteil hat Kontakte zum anderen Elternteil nicht nur zuzulassen, sondern positiv zu fördern, um dem Kind mögliche Loyalitätskonflikte zu ersparen. Die Wohlverhaltensklausel verbietet dem Obhutselternteil jede negative Beeinflussung des Kindes gegen den Umgangsberechtigten, und zwar auch in mittelbarer Weise dergestalt, dass sich das Kind scheinbar aus eigenem Entschluss gegen den Umgang wendet (Saarländisches Oberlandesgericht, a.a.O.; vgl. zum Ganzen auch Völker/Clausius, a.a.O., § 2, Rz. 30 ff., jeweils m.w.N.; s. auch BGH FamRZ 2012, 533). Der betreuende Elternteil darf es dem Kind daher auch nicht freistellen, ob es Umgangskontakte zum anderen Elternteil wahrnehmen will oder nicht; vielmehr muss er alle zur Verfügung stehenden erzieherischen Mittel anwenden, um das Kind zu zum Umgang mit dem anderen Elternteil zu bewegen (BGH FamRZ 2012, 533; Saarländisches Oberlandesgericht, Senatsbeschluss vom 2. April 2012 6 WF 130/12 ; 9. Zivilsenat, Beschluss vom 21. Dezember 2006, a.a.O.; Völker/Clausius, a.a.O.).

Dass die Antragsgegnerin es nicht zu vertreten hat, dass die angeordneten Umgangskontakte unterbleiben mussten, lässt sich nicht feststellen, denn es fehlt jeglicher nachvollziehbare Sachvortrag hierzu. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin lässt sich auch nicht ansatzweise entnehmen, mit welchen erzieherischen Mitteln sie konkret auf das Kind eingewirkt haben will, um es zum Umgang mit dem Antragsteller zu veranlassen. Stattdessen liegt die Auffassung des Familiengerichts nahe, dass die Antragsgegnerin auch in Ansehung des Beschlusses vom 15. Mai 2012 nicht annähernd mit dem gebotenen Nachdruck Einfluss auf die Haltung des Kindes hierzu genommen hat, denn anders lässt sich vernünftigerweise nicht erklären, warum ein Kind im Alter von S. sich derart hartnäckig gegen Anordnungen, die ihm gegenüber auch von der Antragsgegnerin unmissverständlich hätten ausgesprochen werden müssen, zur Wehr setzt.

Nach alledem hat das Familiengericht die Voraussetzungen für die Verhängung von Ordnungsmitteln zutreffend bejaht. Wahl und Bemessung des Ordnungsmittels werden auch von der Antragsgegnerin nicht infrage gestellt; Bedenken hiergegen sind auch sonst nicht ersichtlich. Die sofortige Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 87 Abs. 5 i.V.m. § 84 FamFG. Gründe, weshalb die Antragsgegnerin ausnahmsweise nicht die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hätte, sind nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 45 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=sl&nr=4124

 

 


 

 

 

Ordnungsmittel gegen Gutachterin

Verhängung von Ordnungsgeldern und Entziehung der Beauftragung der Diplom-Psychologin Marie-Luise Kluck wegen Nichterstattung eines Gutachtens - Amtsgericht Bonn - 41 F 219/07 - Beschluss vom 21.12.2011

 

 

 


 

 

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

XII ZB 621/10

vom

17. August 2011

in der Familiensache

Nachschlagewerk: ja

BGHZ: nein

BGHR: ja

FamFG § 89 Abs. 2; FGG § 33 Abs. 3

a) Ein Vollstreckungsverfahren nach § 89 FamFG bildet ein selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG, auf das neues Recht anzuwenden ist, wenn es nach dem 31. August 2009 eingeleitet wurde.

b) Auch wenn in einem auf der Grundlage des früheren Rechts ergangenen Umgangsrechtsbeschluss bereits ein Zwangsgeld angedroht worden war, setzt die Vollstreckung nach neuem Recht durch Anordnung von Ordnungsmitteln eine Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG voraus.

BGH, Beschluss vom 17. August 2011 - XII ZB 621/10 - OLG München

AG Wolfratshausen

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. August 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 15. November 2010 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

2. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 8. April 2009 ergebenden Verpflichtungen kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.

3. Beschwerdewert: 1.050 €

...

 

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2011-8-17&Seite=1&nr=57656&pos=41&anz=44

 

 

 

 


 

 

 

Besuchsrecht des Vaters gilt auch am Geburtstag seines Kindes

Saarbrücken. Ein Kindergeburtstag ist kein Grund, einem Vater sein Besuchsrecht für den betreffenden Tag vorzuenthalten. Das entschied jetzt das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) in Saarbrücken. Vielmehr müssten beide Elternteile dafür Sorge tragen, dass gerichtlich vereinbarte Regelungen über den Umgang mit einem Kind ohne Auseinandersetzungen eingehalten würden (Az.: 6 WF 118/10).

Das Gericht verurteilte eine Mutter zu einem Ordnungsgeld von 100 Euro. Sie hatte mit dem Vater des Kindes einen Vergleich zum Umgangsrecht geschlossen. Danach sollte der Mann das Kind an bestimmten Wochenenden sehen können. An einem der Termine verwehrte die Mutter dem Vater das Treffen mit seinem Kind - mit dem Argument, das Kind feiere seinen Geburtstag. Das OLG verwies jedoch darauf, Umgangsvereinbarungen hätten nur Sinn, wenn sie strikt eingehalten würden. Dem Wohl des Kindes diene ständiger Streit nicht. dpa

Beitrag vom: 20.01.2011, 00:17

http://www.pfaelzischer-merkur.de/sz-berichte/saarland/Saarland;art2814,3597658

 

 


 

 

Abschrift

5 F 370/09

Erlassen / Verkündet am: 22. 12. 2010

Amtsgericht Wetter

Familiensache

Beschluss

In der Familiensache

1. Des Kindes ... , geb. am ... .

2. Des Kindes ... , geb. am ...

3. Des Kindes ... , geb. am ...

4. Des Kindes ... , geb. am ...,

Sämtlich gesetzlich vertreten durch die Kindesmutter gesetzlich Frau ... , 58300 Wetter,

Antragssteller,

Verfahrensbevollmächtigte zu 2, 4: Rechtsanwältin Heidenreich-Nestler, Ulrike, Neustr. 5, 58285 Gevelsberg,

?

?

Gegen

Herrn ... , 58300 Wetter,

Antragsgegner,

Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Heitkötter, Konkordiastrasse 24, 58095 Hagen,

Hat das Amtsgericht Wetter

Auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2010

Durch den Richter am Amtsgericht Potthast

B e s c h l o s s e n:

Gegen den Antragsgegner werden wegen des andauernden Verstoßes gegen das mit Beschluss des Amtsgerichts vom 15. Juli 2009 (Az. 5 F 183/09) aufgegebene Unterlassungsgebot 14 Tage Ordnungshaft festgesetzt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

I.

Die Antragsteller sind die leiblichen Kinder des Antragsgegners aus der am 21. Juli 1989 geschlossenen Ehe mit der Kindesmutter. Die Eltern trennten sich am 01. Mai 2002. Die Ehe der Kindeseltern wurde durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wetter (Ruhr) vom 08. März 2006 geschieden (5 F 396/05). Der Scheidungsausspruch ist seit dem 18. April 2006 rechtskräftig. Der Kindesvater, der an einer schizoaffektiven Psychose mit manischen Wahninhalten in Form von Größenwahn und Selbstüberschätzung leidet, war bereits vor der Trennung seit Beginn des Jahres 2002 stationär im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke behandelt worden. Aufgrund seiner Erkrankung wurde für den Kindesvater eine gesetzliche Betreuung eingerichtet (6 XVII Sch 179), die zuletzt beim Amtsgericht Köln geführt wurde (53 XVII Sch 734). Die Betreuung wurde nach einem tätlichen Angriff auf den Betreuer beendet, da nach Einschätzung der zuständigen Richterin der Kindesvater nicht betreubar war. Ein auch auf Anregung des Familiengerichtes eingeleitetes erneutes Betreuungsverfahren (6 SVII Sch 362) wurde eingestellt, da dem Kindesvater ein freier Wille attestiert wurde und dieser der Einrichtung einer Betreuung widersprochen hatte. Zwischen den Kindeseltern bestanden seit der Trennung Differenzen über Art und Umfang der Umgangskontakte. Mit dem Schriftsatz vom 02. September 2005 beantragte die Kindesmutter, ihr die alleinige elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder zu übertragen und festzustellen, dass dem Kindesvater bis auf weiteres ein Umgangsrecht nicht zusteht (5 F 336/07). Nach Verbindung diese Verfahrens mit dem Verfahren 5 F 423/02 verständigen sich die Kindeseltern in der mündlichen Verhandlung vom 02. Dezember 2005 darauf, dass Umgangskontakte zwischen dem Kindesvater und den gemeinsamen Kindern nur in Begleitung und nach Vorgabe des Jugendamtes stattfinden sollten. Mit Beschluss vom gleichen Tage wurde der Kindesmutter die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder allein übertragen. In der Folgezeit kam es bei der Umsetzung der begleiteten Umgangskontakte zu erheblichen Konflikten mit den Mitarbeitern des Jugendamtes. Die Umgangskontakte an sich verliefen jedoch beanstandungsfrei, wie sich aus der Sitzungsniederschrift vom 08. November 2006 (5 F 209/06) ergibt. Mit Beschluss vom 15. Juli 2009 (5 F 183/09) wurde dem Kindesvater untersagt, außerhalb der vom Jugendamt Wetter festgesetzten und begleiteten Umgangskontakte Kontakt zu den minderjährigen Kindern aufzunehmen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass die Kinder durch das Verhalten des Kindesvaters erheblich verunsichert würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichtes Wetter vom 15. Juli 2009 Bezug genommen. Da der Kindesvater in der Folgezeit auch weiterhin Kontakt mit den gemeinsamen Kindern aufnahm und sich z.T. täglich vor dem in unmittelbarer Nähe der Wohnung der Kindesmutter befindlichen PLUS- (nunmehr Netto-) Markt aufhielt, wurde ihm mit Beschluss vom 19. Februar 2010 (5 F 370/09) die Verhängung von Ordnungsmitteln zur Durchsetzung der gerichtlichen Anordnung angedroht. Die Kindesmutter berichtete in der Folgezeit über zahlreiche Verstöße des Antragsgegners gegen das ausgesprochene Kontaktverbot. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berichte der Kindesmutter Bezug genommen.

Das Gericht hat die gesetzliche Vertreterin der Antragssteller und den Antragsgegner persönlich angehört. Von einer persönlichen Anhörung der Antragssteller selber hat das Gericht abgesehen, da sich diese durch die gegenwärtige Situation bereits in einem erheblichen Loyalitätskonflikt befinden, der durch eine weitere Stellungnahme im Rahmen einer gerichtlichen Anhörung weiter vertieft werden würde und angesichts der angespannten Situation eine unzumutbare Belastung der noch minderjährigen Antragsteller mit sich bringen würde. Die Beteiligten hatten im Termin vom 11. August 2010 einen Vergleich geschlossen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11. August 2010 (Az. 5 F 138/10) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 19. November 2010 übersandte das Jugendamt der Stadt Wetter eine ärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie ... aus ... betreffend das Kind ... und wies auf weitere psychische Auffälligkeiten bei den übrigen Kindern hin.

Die Antragsteller beantragen,

Gegen den Antragsgegner wegen des andauernden Verstoßes gegen das mit Beschluss des Amtsgerichtes Wetter vom 15. Juli 2009 (Az. 5 F 183/09) aufgegebene Unterlassungsverbot Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hilfsweise ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichtes gestelltes Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, festzusetzen.

Der Antragsgegner stellt keinen Antrag.

Das Gericht hat den Antragsgegner persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. Dezember 2010 Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist begründet.

Gegen den Antragsgegner war gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFg in Verbindung mit § 890 Abs. ! ZPO wegen des andauernden Verstoßes gegen das mit Beschluss des Amtsgerichts Wetter vom 15. Juli 2009 (Az. 5 F 183/09) aufgegebene Unterlassungsgebot Ordnungshaft von zwei Wochen festzusetzen. Gemäß § 890 Abs. 1 ist der Schuldner, der einer Verpflichtung, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, zuwider handelt, auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs wegen einer Zuwiderhandlung zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, das dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft zu verurteilen.

Die gemäß § 890 Abs. 2 BGB erforderliche Androhung erfolgte mit Beschluss des erkennenden Gerichtes vom 19. Februar 2010.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nur die Verstöße des Antragsgegners berücksichtigt, die nach dem Vergleich vom 11. August 2010 lagen. Die vorherigen Verstöße sind durch den Vergleich erledigt, in welchem sich der Antragsgegner verpflichtete, zunächst für sechs Wochen keinen Kontakt mit seinen Kindern aufzunehmen. Hintergrund dieser Vereinbarung war, unter Vermittlung und Begleitung des Jugendamtes nach dieser “Wohlverhaltensphase” eine ebenso strukturierte wie behutsame Widerannäherung der Beteiligten zu versuchen mit dem Ziel, regelmäßige Umgangskontakte einzurichten. Bereits am 02. September 2010 nahm der Antragsgegner jedoch anlässlich der Eröffnung des “Ruhrtalcenters” in Alt-Wetter erneut Kontakt mit seinen Kindern auf. Die im Vergleich vom 11. August 2010 vereinbarte Frist von 6 Wochen hätte am 22. September 2010 geendet. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Kindesmutter übergab der Antragsgegner seinem Sohn ... 50,00 Euro und gab ihm auf, ihn nicht zu verraten, da er andernfalls bestraft werde. Am 20., 21. Und 22. September 2010 stieg der Antragsgegner zu ... in den Bus, als dieser auf dem Rückweg von der Schule war, und lud diesen zum Eisessen ein. Am 28. September 2010 wartete ... in Wetter auf den Bus, als sich der Antragsgegner, der zuvor in der gegenüberliegenden Eisdiele gesessen hatte, ihm erneut näherte. ... lief nach Hause. Am 5. Oktober traf ... auf dem Nachhauseweg auf seinen Vater. Dieser schenkte ihm 50,00 Euro. Am 15. Oktober 2010 hielt sich der Antragsgegner im Bereich der Königstraße in Wetter auf und begleitete ... , als dieser mit dem Hund spazieren ging. Am 02. November 2010 wartete der Antragsgegner erneut in der Königstraße, lief hinter der Kindesmutter und ... her, rief ... zu sich und übergab ihm 50,00 Euro. Anfang Dezember 2010 übergab der Antragsgegner erneut 50,00 Euro an ... , wobei die genauen Umstände nicht geklärt werden konnten. Am 13. Dezember 2010 wartete Herr ... erneut an der Bushaltestelle in Wetter-Wengern auf den Bus, in dem ... sitzen sollte. Zum direkten Kontakt kam es lediglich deshalb nicht, weil die Kindesmutter ... seit Mitte September 2010 von der Schule abholt.

Da die genauen Umstände der Kontaktaufnahme Anfang Dezember zu ... nicht aufklärbar sind und es am 13. Dezember 2010 nicht zu einer direkten Kontaktaufnahme gekommen ist, geht das Gericht bei der Bemessung des Ordnungsgeldes von sieben Verstößen des Antragsgegners gegen den Beschluss vom 15. Juli 2009 in der Zeit vom 02. September 2010 bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung aus.

Bei der Bemessung des Ordnungsmittels ist dem Unwertgehalt der Verletzungshandlung (Schwere und Ausmaß der Zuwiderhandlung, Dauer des Verstoßes sowie Folgen für die Gläubiger) und dem Grad des Verschuldens des Zuwiderhandelnden ebenso Rechung zu tragen wie dem Umstand, dass dem Schuldner erkennbar werden soll, dass die Titelverletzung (wirtschaftlich) nicht lohnend erscheint, so dass weitere Zuweiderhandlungen auch deshalb unterbleiben (Zöller/Stöber ZPO, 27. Auflage, § 890 Rn. 18).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam vorliegend alleine eine Festsetzung von Ordnungshaft in Betracht. Allein die Häufigkeit der Verstöße und die durch das Jugendamt Wetter mitgeteilten psychischen Auffälligkeiten der Antragsteller lassen die Verhängung von Ordnungsgeld als nicht (mehr) geeignet erscheinen, zumal angesichts des sehr beschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners ein Zwangsgeld von vornherein uneinbringlich erscheint. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner die gerichtlichen Anordnungen, wie sich aus den wiederholten Anhörungen ergab, vorsätzlich ignoriert und sich dabei immer wieder aus sein aus der Bibel abgeleitetes Recht, als Vater seine Kinder zu sehen und zu erziehen, beruft. Auch den Hinweis des erkennenden Gerichts in einer der zahlreichen Verhandlungen, dass gerade die Evangelien des neuen Testamentes die staatlichen Autoritäten bejahen und von einem Nebeneinander von religiösen und weltlichen Verpflichtungen ausgehen, vermochte der Antragsgegner nicht zum Einlenken zu bewegen. Aus den beigezogenen Betreuungsakten ergab sich kein Hinweis darauf, dass der Antragsgegner krankheitsbedingt nicht in der Lage sein könnte, das Unrecht seines Verhaltens einzusehen und danach zu handeln. Vielmehr deuten zahlreich Umstände darauf hin, dass der Antragsgegner zu jedem Zeitpunkt in der Lage ist, sein Verhalten zu steuern. Hierfür sprechen, insbesondere die Berichte des Jugendamtes in den vorangegangenen Verfahren, nach denen der Antragsgegner, der sich gerade noch ein massives Wortgefecht mit dem Jugendamtsmitarbeiter geliefert hat, bei Ankunft der Kinder wie ausgewechselt erscheint und der Umgangskontakt selbst ohne Beanstandung verlief. Auch bei anderen Gelegenheiten entstand der Eindruck, dass der Antragsgegner sich jederzeit und uneingeschränkt in der Gewalt hat. Auch im Rahmen der Anhörungen ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine formale Denkstörung beim Antragsgegner, die auf eine möglicherweise eingeschränkte Schuldfähigkeit hindeuten könnten. Vielmehr deuten die Umstände darauf hin, dass es dem Antragsgegner vornehmlich darum geht, durch gezielte Provokation (z.B. das Rufen von Nazi-Parolen während des Vorbeigehens am Amtsgericht oder das Rauchen von Joints vor dem Jugendtreff oder gegenüber dem Eingang des Gerichts) Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Antragsgegner äußerte wiederholt, er sei einsam. Wenn er etwas mache kümmere man sich um ihn. Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass es dem Antragsgegner vorrangig um seiner eigenen Belange geht, ergibt sich aus seiner Aussage in der letzten mündlichen Verhandlung, er suche Kontakt zu seinen Kindern, weil er ein Bedürfnis danach habe. Etwaige Bedürfnisse seiner Kinder spielten und spielen demgegenüber in seiner gesamten Argumentation allenfalls eine untergeordnete Rolle, wenn es ausführt, die Kinder bräuchten den Vater.

Die Berichte des Jugendamtes und der behandelnden Kinder- und Jugendpsychiaterin über psychische Auffälligkeiten der Antragsteller sind auch glaubhaft. Denn das Verhalten des Kindesvaters bringt die Kinder in einen massiven Loyalitätskonflikt, der noch dadurch verstärkt wird, dass der Antragsgegner seine Kinder quasi zu “Komplizen” seines verboten Tuns macht, indem er ihnen einschärft, nichts zu sagen, damit er nicht bestraft werde. Das Gericht verkennt nicht, dass die Antragsteller trotz allem eine tiefe Bindung an den Antragsgegner haben. Der Antragsgegner missachtet allerdings fortgesetzt das Recht der Antragsteller, Umgangskontakte nur in dem gerichtlich festgesetzten Rahmen zu haben und verunsichert diese vollkommen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Antragsgegner offenbar nicht gewillt ist, sich an einmal getroffene Vereinbarungen zu hallten, obwohl diese ihm ein Ausweg aus der aktuellen Situation eröffnen sollen. So sollte der am 11. August 2010 geschlossene Vergleich die damals eskalierende Situation beruhigen und eine tragfähige Grundlage für künftige Umgangskontakte zu schaffen. Allerdings kam es bereits Anfang September 2010 erneut zu Verstößen des Antragsgegners, wodurch grundlegende und dauerhafte Neuausrichtung der Umgangsproblematik (zumindest derzeit) unmöglich gemacht wurde. Soweit der Antragsgegner derzeit offenbar versucht, durch eine Art “Zermürbungstaktik” eine ihm genehme Entscheidung des Gerichts zu erzwingen, muss es zur Kenntnis nehmen, dass allein sein derzeitiges Verhalten einer Lösung entgegensteht.

Vor dem Hintergrund der mittlerweile erheblichen psychischen Belastung der Antragsteller, der Vielzahl von Verstößen und mangelnder Bereitschaft des Antragsgegners, sich an die festgelegten Umgangsregelung zu halten, erachtet das Gericht von einem Ordnungsmittelrahmen von einem Tag bis zu sechs Monaten eine Ordnungshaft von zwei Tagen pro Verstoß, insgesamt also 14 Tage, für ausreichend aber auch erforderlich, um dem Antragsgegner deutlich vor Augen zu führen, dass rechtskräftige gerichtliche Beschlüsse auch für ihn bindend sind. Die Ordnungshaft ist nach Überzeugung des erkennenden Gerichts auch das einzige Mittel, um den Antragsgegner wirklich zu erreichen. Denn dieser hat wiederholt betont, dass ihm materielle Werte im Wesentlichen gleichgültig sind. Wichtig sei nur, dass ihm niemand in seiner Freiheit einschränkt. Zudem erscheint es auch angemessen, den Antragsgegner vorübergehend in seiner Fortbewegungsfreiheit zu beschränken. Denn so erfährt er zumindest kurzzeitig, gleichsam spiegelbildlich in eigener Person, das was für seine Kinder mittlerweile Alltag geworden ist - sich nicht mehr frei und ungezwungen fortbewegen zu können.

Abschrift vom 30.12.2010

 

 

 


 

 

OLG Karlsruhe: Vollstreckung einer Umgangsregelung, Zwangs-/Ordnungsgeld

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Weinheim vom 19.02.2010 (AZ. 2 F 69/08) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass anstelle des festgesetztes Zwangsgeldes von 500,00 EUR die Zahlung eines Ordnungsgeldes von 500,00 EUR angeordnet wird.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

 

I.

Die Antragsgegnerin und der Antragsteller sind die Eltern der beiden Kinder ...., geb. am ...1996, und ...., geb. am ...1998. Das Amtsgerichts - Familiengericht - Weinheim hat mit Beschluss vom 27.06.2008 (AZ. 2 F 69/08 UG) den Umgang des Vaters mit den beiden Kindern dahingehend geregelt, dass dieser berechtigt ist, alle zwei Wochen in der Zeit von freitags 18.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr den Umgang auszuüben. Zugleich hat das Amtsgericht bestimmt, dass der Umgang erstmalig in der Zeit von Freitag, den 27.06.2008, bis Sonntag, den 29.06.2008, und im Juli am 11.07.2008 bis 13.07.2008 und sodann fortlaufend stattfinden soll. Ferner hat das Amtsgericht eine Ferienregelung getroffen. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin ordnungsgemäß zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 21.01.2009 hat der Antragsteller beantragt, der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld anzudrohen. Zur Begründung hat er angegeben, dass die Antragsgegnerin nach der Entscheidung des Familiengerichts Weinheim den Umgang der Kinder mit ihm unverändert willkürlich und provozierend gestalte. So habe sie den vorgesehenen Umgang am 24.07.2008 erst einen Tag später bewilligt. In den späten Abendstunden des 08.08.2008 habe sie beim Antragsteller Sturm geläutet und die Herausgabe der Kinder verlangt, da der Urlaub nun reiche. Wegen des aggressiven und ruhestörenden Verhaltens im Wohnhaus sei die Polizei zu Hilfe gerufen worden. Seit Juli 2008 habe es keinen einzigen störungsfreien Umgang gegeben. Der Umgangstermin vom 10.10.2008 bis 12.10.2008 sei gescheitert. Auch am 16.01.2009 habe kein Umgang mit den Kindern stattfinden können. Die Kindesmutter habe ihm an diesem Tag erklärt, er könne gegen Zahlung von 1.000,00 EUR die Kinder treffen. Das Amtsgericht Weinheim hat daraufhin mit Beschluss vom 20.02.2009 der Antragsgegnerin für jeden Fall der Nichtbefolgung der dem Vater gemäß Gerichtsbeschluss vom 27.06.2008 eingeräumten Umgangszeiten und Zuwiderhandlung gegen den vorzitierten Umgangsbeschluss ein Zwangsgeld von bis zu 5.000,00 EUR angedroht. Zugleich hat es die nächsten Besuchswochenenden für den Vater gemäß Ziffer 2 der Entscheidung festgelegt.

Unter dem 29.09.2009 hat der Vater beantragt, ein Zwangsgeld gemäß § 33 Abs. 3 FGG festzusetzen. Er hat vorgetragen, dass die Mutter am 14.08.2009 erneut einen Umgangstermin nicht eingehalten habe. Es sei beabsichtigt gewesen, dass die Kinder um 18.00 Uhr vom Kindesvater zu einem einwöchigen Ferienaufenthalt beim Großvater väterlicherseits in Halle abgeholt werden. Gegen 16.00 Uhr diesen Tages habe die Mutter ihm mitgeteilt, dass eine Übernahme erst um 19.00 Uhr möglich sei, da sie mit den Kindern im Schwimmbad sei. Er habe sich um 19.00 Uhr an der Wohnung der Kinder eingefunden und dort bis 20.00 Uhr vergeblich gewartet, wobei die Kinder und auch die Antragsgegnerin nicht erschienen und telefonisch nicht erreichbar gewesen seien. Nach Auskunft der Kinder sei die Mutter im Schwimmbad eingeschlafen, wodurch die Übergabe der Kinder nicht mehr möglich gewesen sei.

Der Vater hat beantragt,

der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.

Sie hat vorgetragen, dass nicht sie, sondern D. darum gebeten habe, den Umgangstermin um eine Stunde auf 19.00 Uhr zu verschieben. Als sie mit den Kindern gegen 19.00 Uhr vor Ort an der Wohnung erschienen sei, sei der Antragsteller nicht vorzufinden gewesen. Der Vater der Kinder halte sich nicht an Vorgaben. Regelmäßig sei in den letzten Monaten festzustellen gewesen, dass es Verspätungen ohne vorausgehende Entschuldigung oder zumindest Ankündigung gegeben habe. In der Regel hätten diese Verspätungen mehr als eine Stunde betragen.

Das Amtsgericht hat die Beteiligten im Termin vom 17.12.2009 angehört. Eine Anhörung der Kinder erfolgte nicht, da diese nach Mitteilung der Mutter erkrankt waren.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Weinheim hat mit Beschluss vom 19.02.2010 gegen die Antragsgegnerin wegen Nichtbefolgung der dem Vater/Antragsteller gemäß Beschluss vom 27.06.2008 und 20.02.2010 eingeräumten Umgangszeiten am Besuchswochenende vom 14.08.2009 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Antragsgegnerin aus von ihr zu vertretenden Gründen die Wahrnehmung und Durchführung des Umgangstermins am 14.08.2009 verhindert habe. Das Gericht halte insoweit den vom Vater geschilderten Ablauf der Ereignisse für glaubhaft. Die Einlassung der Kindesmutter, wonach sie um 19.00 Uhr am Haus vorbeigefahren sei, rechtfertige nicht, den Zwangsgeldantrag abzuweisen.

Gegen den ihr am 25.02.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Telefax vom 02.03.2010, eingegangen am 04.03.2010, Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Beschluss des Amtsgerichts Weinheim vom 19.02.2010 rechtswidrig sei. Das Gericht gehe in unzutreffender Weise von einer Anwendbarkeit des § 33 FGG aus und stütze seine Entscheidung hierauf, ohne dies näher zu begründen. Da es sich bei dem Vollstreckungsverfahren jedoch um ein eigenständiges Verfahren handle, sei die Anwendung des neuen Rechts nach dem FamFG geboten gewesen. Das Gericht habe ferner die Einlassung der Antragsgegnerin, wonach sie pünktlich vor Ort gewesen sei, völlig unberücksichtigt gelassen. Sie erziele überdies nur ein monatliches Nettoeinkommen von 1.400,00 EUR. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500,00 EUR sei damit als besondere Härte für die Antragsgegnerin anzusehen, da es den Finanzhaushalt der Antragsgegnerin erheblich belasten würde, was mittelbar auch Auswirkung auf die Kinder haben würde. Das Gericht sei allein der Schilderung des Vaters gefolgt, ohne die Kinder der Beteiligten anzuhören. Vorliegend sei § 159 Abs. 2 FamFG analog anzuwenden und die Kinder seien anzuhören gewesen.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Die Zulässigkeit und das weitere Beschwerdeverfahren beurteilen sich dabei nach dem ab dem 01.09.2009 geltenden Verfahrensrecht, da sich auch das Verfahren der ersten Instanz nach neuem Recht richtet. Verfahren im Sinne des Art. 111 Absatz 1 Satz 1 FGG-RG ist nicht nur das Verfahren bis zum Abschluss einer Instanz. Vielmehr bezeichnet der Begriff die gesamte, bei Einlegung entsprechender Rechtsmittel auch mehrere Instanzen umgreifende gerichtliche Tätigkeit (BGH WM 2010, 470 Tz. 8). Findet auf das Verfahren erster Instanz altes Recht Anwendung, gilt dies auch für die Beschwerdeinstanz; beurteilt sich hingegen bereits das erstinstanzliche Verfahren nach neuem Recht, findet dieses auch in der Beschwerdeinstanz Anwendung. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde folgt deshalb aus § 87 Abs. 4 FamFG i. V. m. § 567 ff. ZPO.

2. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet. Allerdings weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass für das Vollstreckungsverfahren neues Recht zur Anwendung kommt. Allein dieser Umstand verhilft ihrer Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg.

Nach Art. 111 Abs. 1 FGG-RG finden auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung.

Die Beschwerdeführerin geht zutreffend davon aus, dass es sich bei dem Vollstreckungsverfahren um ein selbständiges Verfahren handelt. Vollstreckungsverfahren wurden bereits nach § 33 FGG als selbständige Verfahren und nicht als Fortsetzung des Verfahrens der Hauptsache angesehen (BGH, FamRZ 1990, 35). Da auch im FamFG das Vollstreckungsverfahren nach Buch 1 Abschnitt 8 als selbständiges Verfahren mit besonderen Regeln über Rechtsmittel, Kosten und Zuständigkeit ausgestaltet ist, sind auch diese Vollstreckungsverfahren als selbständige Verfahren im Sinne des Art. 111 FGG-RG anzusehen. Demnach richten sich Vollstreckungsverfahren, die nach dem 31.08.2009 eingeleitet werden, auch dann, wenn sie auf Titeln beruhen, die bis zum 31.08.2009 entstanden sind, nach den §§ 86 ff, 120 FamFG (Thomas-Putzo, ZPO und FamFG, 30. Aufl. 2009, Vorbem zu § 606 ZPO Rn. 5, Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 86 Rn. 6; Giers, Übergangsrecht im Vollstreckungsrecht, FPR 2010, 74).

Das vorliegende Vollstreckungsverfahren ist erst nach Inkrafttreten des FamFG eingeleitet worden, da der Antrag auf Festsetzung des Zwangsgeldes mit Schriftsatz vom 29.09.2009 gestellt worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Androhung des Zwangsmittels bereits mit Beschluss vom 20.02.2009 und damit vor Inkrafttreten des neuen Rechts erfolgt ist. Bei dem Verfahren auf Androhung eines Zwangsgeldes nach § 33 Abs. 3 FGG a.F. handelt es sich um ein in sich geschlossenes Verfahren, das mit dem Erlass des Androhungsbeschlusses zunächst sein Ende findet. Zwar handelt es sich bei diesem Beschluss nicht um eine Endentscheidung im Sinne der Legaldefinition des § 38 Abs. 1 FamFG. Die Entscheidung über die Androhung ist jedoch wie eine Endentscheidung zu behandeln mit der Folge, dass entsprechend Art. 111 Abs. 2 FGG-RG das Verfahren über die Androhung des Zwangsgeldes als selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG gewertet werden muss. Hierfür spricht zum einen, dass der Androhungsbeschluss selbständig mit einem Rechtsmittel anfechtbar war. Zum anderen war in einer Vielzahl von Fällen bereits die Androhung eines Zwangsmittels ausreichend, um den Elternteil zur Beachtung der gerichtlichen Anordnung zu veranlassen. Entscheidend ist nach Auffassung des Senats jedoch, dass altes und neues Recht nicht auf längere Zeit nebeneinander bestehen sollten. Umgangsbeschlüsse bleiben - soweit kein Abänderungsverfahren nach § 1696 BGB eingeleitet wird - über einen längeren Zeitraum in Kraft. Insoweit ähnelt die Rechtslage der bei den sogenannten Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft, für die der Gesetzgeber mit Art. 111 Abs. 2 FGG-RG eine zügige Überleitung in das neue Verfahrensrecht vorgesehen hat. Ginge man davon aus, dass die Androhung nicht wie eine Endentscheidung zu behandeln ist, würde daraus folgern, dass Beschlüsse, die den Umgang regeln, noch Jahre nach ihrem Erlass nach den alten Verfahrensvorschriften zu vollstrecken sind, wenn nur die Androhung vor dem 01.09.2009 erfolgt ist. Dies ist indessen vom Gesetzgeber ersichtlich nicht gewollt.

3. Die Festsetzung des Zwangsgeldes gemäß § 33 Abs. 3 FGG ist verfahrensfehlerhaft, da das neue Recht die Verhängung eines Zwangsgeldes nicht mehr vorsieht. Der Verfahrensfehler führt jedoch nicht zur Aufhebung des Beschlusses, da die Voraussetzungen für die Anordnung eines Ordnungsgeldes nach § 89 FamFG vorliegen und der Senat in der Sache selbst zu entscheiden hat.

a) Voraussetzung für die Anordnung eines Ordnungsgeldes nach § 89 Abs. 1 FamFG ist ein vollzugsfähiger Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs, wie er unstreitig mit dem Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Weinheim vom 27.06.2008 vorliegt. Der Beschluss regelt mit ausreichender Bestimmtheit, zu welchem Zeitpunkt die Kinder abzuholen sind und in welchem zeitlichen Umfang ein Umgangsrecht des Vaters besteht. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin zugestellt worden.

b) Der Rechtmäßigkeit der Anordnung steht nicht entgegen, dass in dem zu vollstreckenden Beschluss nicht entsprechend § 89 Abs. 2 FamFG auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hingewiesen worden ist. Zweifelhaft ist bereits, ob die Vorschrift überhaupt auf Vollstreckungstitel, die nach altem Recht erstellt worden sind und deshalb einen derartigen Hinweis nicht enthalten können, angewendet werden kann (dafür: Zöller/Feskorn, ZPO, 28. Aufl., § 89 FamFG Rn. 8; Keidel/Giers, a.a.O. § 89 FamFG Rn. 12; OLG Karlsruhe, Bes. vom 19.02.2010 - 5 WF 28/10 - veröffentlicht in juris -). Ein im Einklang mit den damaligen Verfahrensvorschriften stehender Vollstreckungstitel wird nicht dadurch fehlerhaft bzw. unvollständig, dass neue Verfahrensvorschriften in Kraft treten.

Die Frage kann jedoch dahingestellt bleiben, da jedenfalls im vorliegenden Fall der rechtliche Hinweis gemäß § 89 Abs. 2 FamFG durch den Androhungsbeschluss vom 20.02.2009 ersetzt wird. Der Senat verkennt dabei nicht, dass Ordnungs- und Zwangsmittel sich unterscheiden, worauf der 5. Zivilsenat des OLG Karlsruhe zu Recht hinweist. Anders als Zwangsmittel dienen Ordnungsmittel nicht ausschließlich der Einwirkung auf den Willen der pflichtigen Person, sondern haben daneben Sanktionscharakter. Das neue Recht sieht Ordnungsmittel anstelle der bisherigen Zwangsmittel vor, damit Herausgabe- und Umgangsregelungen auch dann noch wirksam vollstreckt werden können, wenn die zu vollstreckende Handlung, Duldung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr vorgenommen werden kann. Diese Regelung entspricht den Empfehlungen des 16. Deutschen Familiengerichtstags (FamRZ 2005, 1962, 1964, AK 20).

Dieser Gesichtspunkt kommt vorliegend jedoch nicht zum Tragen. Die juristischen Unterschiede zwischen Zwangs- und Ordnungsmitteln rechtfertigen es nicht, vor einer Vollstreckung der Umgangsregelung einen rechtlichen Hinweis auf die Folgen der Zuwiderhandlung zu fordern, wenn zuvor bereits die Verhängung von Zwangsgeld angedroht war. Die Höhe des Ordnungsgeldes nach § 89 FamFG entspricht der des Zwangsgeldes nach dem bisherigen § 33 Abs. 3 FGG. Sowohl die Zwangsgeldfestsetzung nach altem Recht als auch die Anordnung eines Ordnungsmittels erfordern eine schuldhafte Zuwiderhandlung des Pflichtigen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs soll die Belehrung nach § 89 Abs. 2 FamFG die nach bisherigem Recht erforderliche Androhung ersetzen. Mit der Belehrung soll dem Verpflichteten ebenso wie bisher durch die Androhung deutlich gemacht werden, dass der Verstoß gegen den erlassenen Titel die Festsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen nach sich zieht (BT-Drucksache 16/6308 S. 218).

Der Wortlaut der gesetzlichen Regelung in § 89 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG erfordert es nicht, dass bei sog. Alttiteln, für die die Verhängung von Zwangsgeld angedroht war, vor der Anordnung eines Ordnungsmittels (erneut) ein Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung erfolgt. Die Voraussetzungen der Anordnung von Ordnungsgeld und Ordnungshaft sind in § 89 Abs. 1 FamFG geregelt. Gesondert wird in § 89 Abs. 2 FamFG bestimmt, dass der Vollstreckungstitel (über die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs) auf die Folgen einer Zuwiderhandlung hinzuweisen hat. Selbstverständlich ist damit für alle nach dem 01.09.2009 nach neuem Verfahrensrecht erlassene Vollstreckungstitel der entsprechende Hinweis aufzunehmen und für diese Titel auch Voraussetzung der Anordnung von Ordnungsmitteln. Vollstreckungstitel, die vor dem 01.09.2009 ergangen sind, konnten einen solchen Hinweis jedoch nicht enthalten. Für sie trifft § 89 Abs. 2 FamFG keine Regelung.

Für die Entbehrlichkeit eines rechtlichen Hinweises nach § 89 Abs. 2 FamFG spricht, dass nur so eine effiziente und zügige Durchsetzung von Umgangsentscheidungen nach altem Recht gewährleistet wird. Enthält eine vor dem 01.09.2009 ergangene Umgangsregelung die Androhung von Zwangsmitteln oder ist die Androhung von Zwangsmitteln vor dem 01.09.2009 in einem gesonderten Beschluss ergangen, so können auf dieser Grundlage künftig Ordnungsmittel nach § 89 FamFG angeordnet werden. Bei einer anderen Auslegung von § 89 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG müsste zunächst die bislang fehlende Belehrung nachgeholt werden, eine Sanktion könnte erst bei einer künftigen Zuwiderhandlung erfolgen (so ausdrücklich 5. Zivilsenat des OLG Karlsruhe, a.a.O.; Zöller/Feskorn, a.a.O. § 89 FamFG Rn. 8). Durch ein derartiges Vorgehen wäre ein effizienter Rechtsschutz nicht gewährleistet, bestehende Vollstreckungstitel würden entwertet. Das Ziel der Reform, das Vollstreckungsverfahren zu beschleunigen und die umständliche und unpraktikable Vollstreckung nach § 33 FGG a.F. zu ersetzen, wäre ins Gegenteil verkehrt.

Die Antragsgegnerin war aufgrund des Androhungsbeschlusses vom 20.02.2009 ausreichend vor den Folgen einer Zuwiderhandlung gewarnt worden. Sie musste damit rechnen, dass nach Inkrafttreten des neuen Verfahrensrechts anstelle des „alten“ Zwangsgeldes ein Ordnungsgeld festgesetzt wird.

c) Die Antragsgegnerin hat bereits nach ihrem eigenen Vortrag gegen die gerichtlich bestimmte Umgangsregelung schuldhaft verstoßen. Im Schriftsatz vom 03.11.2009 hat sie ausgeführt, dass sie gegen 19.00 Uhr vor Ort an der Wohnung erschienen sei. Das gerichtlich festgelegte Umgangsrecht begann jedoch bereits um 18.00 Uhr. Im Termin der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2009 hat sie hierzu angegeben, dass der Vater der Verlegung auf 19.00 Uhr eigentlich nicht zugestimmt, sondern diese abgelehnt habe. Sie hat ferner eingeräumt, dass sie mit den beiden Kindern um 19.00 Uhr lediglich an der Wohnung „vorbeigefahren“ sei. Sie habe sich nicht in die Wohnung begeben, um auf die Abholung zu warten. Sie sei vielmehr zurück ins Waldschwimmbad nach Schriesheim gefahren. Die Antragsgegnerin hat damit nach ihrem eigenen Vorbringen gegen die Umgangsregelung verstoßen. Mit der Berechtigung des Vaters, mit seinen Kindern zusammen zu sein, korrespondiert die Verpflichtung der Mutter, das Kind zur Ausübung des Umgangsrechts bereitzuhalten. Es ist nicht erforderlich, dass die Regelung ausdrücklich erkennen lässt, der sorgeberechtigte Elternteil sei gehalten, das Kind zu bestimmten Zeiten zur Ausübung des Umgangsrechts des anderen Elternteils bereitzuhalten. Nicht jede Einzelheit der Pflichten eines Beteiligten muss umschrieben sein. Maßgeblich ist, ob bei verständiger und objektiver Betrachtungsweise hinreichend deutlich ist, was mit der Verfügung von dem Betroffenen verlangt wird (Senat FamRZ 2005, 1698). Vorliegend folgt denknotwendig aus der Zubilligung des Umgangsrechts für den Antragsteller, dass die Antragsgegnerin das Kind zur Ausübung dieses Umgangs in ihrer Wohnung bereitzuhalten und sich dort aufzuhalten hatte. Es war damit nicht ausreichend, dass die Mutter lediglich an der Wohnung vorbeifuhr und kurz nach dem Vater Ausschau hielt. Zudem war sie nach ihrem eigenen Vorbringen gegen 19.00 Uhr an ihrer Wohnung und nicht wie vorgesehen um 18.00 Uhr. Sie war ferner gehalten, auch auf ihre Kinder einzuwirken und diese zur Einhaltung der gerichtlich bestimmten Umgangszeiten anzuhalten. Hiermit ist es nicht zu vereinbaren, dass die Mutter nach eigenem Vorbringen den Beginn des Umgangskontaktes in das Ermessen ihres Kindes stellt.

Nachdem bereits aufgrund des eigenen Vortrags der Mutter feststand, dass diese schuldhaft gegen die Umgangsregelung verstoßen hat, war eine Anhörung der Kinder nicht erforderlich. Ohnehin dient diese Anhörung der Kinder dazu, deren Neigungen, Bindungen oder Willen, soweit dies für die Entscheidung von Bedeutung ist, zu ermitteln. Die Anhörung des Kindes im Zwangsvollstreckungsverfahren ist insbesondere dann geboten, wenn es sich dem gerichtlich festgelegten Umgang widersetzt und deshalb ein Umgang nicht zustande kommt. Mit der Anhörung wird das Recht des Kindes auf Äußerung und damit auf eigenständige Wahrnehmung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör realisiert. Zweck der Anhörung ist es indessen nicht, durch Anhörung der Kinder den Sachverhalt zu klären. Nimmt jede Partei das Kind für seine Schilderung des Sachverhalts in Anspruch, führt dies zwangsläufig zu Loyalitätskonflikten.

4. Bei der Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes hat das Gericht die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Stärke des auf Missachtung der gerichtlichen Anordnung gerichteten Willens des Verpflichteten, der durch die Festsetzung des Ordnungsgeldes gebeugt werden soll. Nicht außer Acht zu lassen sind ferner die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten, da sich nach ihnen bemisst, wie empfindlich das Zwangsgeld auf ihn wirken wird. Da ein Aufenthalt in Halle geplant war, sind durch den Ausfall dieser Reise erhebliche Kosten entstanden, da das gebuchte Hotel storniert werden musste. Ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- EUR entspricht der üblichen Höhe und ist tat- und schuldangemessen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 87 Abs. 5 FamFG in Verbindung mit § 84 FamFG. Der Geschäftswert richtet sich nach der Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes.

Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden. § 87 Abs. 4 FamFG verweist insoweit nur auf §§ 567 bis 572 ZPO, nicht jedoch auf § 574 ZPO, der die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde regelt.

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.04.2010

2 WF 40/10

 

http://www.vatersein.de/News-file-article-sid-1889.html

 

 


 

 

Besserer Schutz für Kinder: Das neue Verfahren in Familiensachen

Berlin, 11. Februar 2008

Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird grundlegend reformiert. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag den Gesetzentwurf zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgelegt. Heute beginnen im Rechtsausschuss des Bundestages die Anhörungen von Experten zu diesem Gesetzesvorhaben.

Erstmals wird das gerichtliche Verfahren in Familiensachen in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und inhaltlich vollständig neu geregelt. „Ein familiengerichtliches Verfahren ist wie kein anderes Gerichtsverfahren von Gefühlen geprägt. Mit unserer Reform wollen wir die Möglichkeiten verbessern, familiäre Auseinandersetzungen vor Gericht so fair und schonend wie möglich auszutragen“, erklärte Zypries.

Gerade in Kindschaftssachen – etwa bei Streitigkeiten über das Sorge- oder Umgangsrecht – werden Konflikte nicht selten im gerichtlichen Verfahren ausgetragen. Kinder sind häufig die Opfer familiärer Konfliktsituationen. „Der vorliegende Gesetzesentwurf berücksichtigt in besonderem Maße die Belange der Kinder. Die bisherige Diskussion hat gezeigt, dass sie durch eine Vielzahl von Maßnahmen der Reform besser geschützt werden. Weiteren Überlegungen zur Optimierung des Verfahrens stehe ich aufgeschlossen gegenüber“, sagte Zypries.

Zur Reform des familiengerichtlichen Verfahrens im Einzelnen:

Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht müssen künftig vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren (2005: im Schnitt 6,8 Monate) soll verkürzt werden. Einvernehmliche Lösungen der Eltern werden gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt.

Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Erste Priorität soll die einvernehmliche Lösung des Konflikts haben. Gelingt dies nicht, muss das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken. Gerade in Fragen des Umgangsrechtes muss schnell entschieden werden, damit der Kontakt zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil aufrechterhalten wird und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

In Fällen von Kindeswohlgefährdung kann das Gericht früher als bisher eingeschaltet werden. Es kann mit den Eltern ein sogenanntes „Hilfegespräch“ führen, um zu klären, wie die Familie unterstützt werden kann. Auch diese Fälle müssen im Interesse der Kinder vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden.

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes werden verstärkt. In schwierigen Fällen wird das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt. Dessen Aufgabe ist es, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger kann der Verfahrensbeistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen.

Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren wird erweitert. Pflegepersonen - z.B. Pflegeeltern - können künftig in allen Verfahren, die das Kind betreffen, hinzugezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt. In solchen Fällen wissen Pflegeeltern häufig besser über das Kind Bescheid als die Eltern.

Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen wird schneller und effektiver. Bei Verstößen gegen Sorge- und Umgangsentscheidungen werden nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt. Diese können – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden.

Beispiel: Trotz entsprechender Vereinbarung lässt eine Mutter das Kind über Ostern nicht zum getrennt lebenden Vater gehen. Wegen der Feiertage verhängt das Gericht erst nach Ostern ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau. Diesen Betrag muss sie zahlen, obwohl das Kind Ostern nicht mehr beim Vater verbringen kann. Das wird die Mutter davon abhalten, sich nicht an solche Absprachen zu halten. Anders das Zwangsgeld: Dieses kann nur verhängt werden, solange sich die Verpflichtung auch tatsächlich durchsetzen lässt – also nur während der Ostertage, was in der Praxis schwierig sein dürfte.

Künftig soll es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht.

Beispiel: Aufgrund des Konflikts in der akuten Trennungssituation sind die Eltern nicht in der Lage, die Übergabemodalitäten beim Umgang einzuhalten. Diese Situation kann dadurch entschärft werden, dass der Umgangspfleger Zeit und Ort der Übergabe des Kindes festlegt, dieses von dem betreuenden Elternteil abholt, dem umgangsberechtigten Elternteil übergibt und später zurückbringt.

Weiteren Vorschlägen, die zu einer noch besseren Ausgestaltung kindschaftsrechtlicher Verfahren und zur Berücksichtigung des Kindeswohls im familiengerichtlichen Verfahren führen, steht die Bundesregierung aufgeschlossen gegenüber. So könnte klarstellend in das Gesetz aufgenommen werden, dass das Gericht Eltern getrennt anzuhören hat, wenn dies zum Schutz eines Elternteils notwendig ist. Außerdem werden Überlegungen begrüßt, wonach Eltern das Gericht bereits bei der Einleitung des Scheidungsverfahrens darüber informieren müssen, ob sie sich über die Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs verständigt haben. Das soll die Eltern dazu anhalten, vor Einleitung des Scheidungsverfahrens die künftigen Lebensumstände der Kinder zu klären.

Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält zugleich eine Reform des Verfahrens in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das bisher geltende Verfahrensgesetz (FGG) für diese Verfahren (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und – soweit möglich – einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.

Die neue Verfahrensordnung definiert erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten und sichert ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird neu strukturiert und effizienter gestaltet. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht wird ersetzt durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Den Beteiligten wird damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmals der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser kann dadurch viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln, was mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen bringt.

Das Gesetz soll Mitte 2009 in Kraft treten.

Dokumente

RegE FGG-Reformgesetz

 

 

 

 

 

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Bundesministeriums der Justiz

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Zügige Entscheidungen in Familiensachen

Das Bundeskabinett hat am 9. Mai eine grundlegende Reform familienrechtlicher Verfahren beschlossen. Darüber hinaus wird das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuung, Unterbringung, Nachlass, Register, Freiheitsentziehung) neu geregelt. Das Gesetz soll Mitte 2009 in Kraft treten.

(I) Reform des familiengerichtlichen Verfahrens: Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und inhaltlich vollständig neu geregelt. „Ein familiengerichtliches Verfahren ist wie kein anderes Gerichtsverfahren von Gefühlen geprägt. Mit unserer Reform wollen wir weitere Möglichkeiten schaffen, um familiäre Auseinandersetzungen vor Gericht so fair und schonend wie möglich auszutragen“, sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Im Hinblick auf familiengerichtliche Verfahren sind u.a. folgende Änderungen vorgesehen: Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht müssen vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden. Beiden Elternteilen soll der Umgang mit dem Kind auch während eines anhängigen Verfahrens möglich sein, damit die Beziehung nicht leidet. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren (2005: im Schnitt 6,8 Monate) soll verkürzt werden. Einvernehmliche Lösungen der Eltern werden gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt.

Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Erste Priorität soll die einvernehmliche Lösung des Konflikts haben. Gelingt dies nicht, muss das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken. Gerade in Fragen des Umgangsrechtes muss schnell entschieden werden, damit der Kontakt zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil aufrechterhalten wird und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

In Fällen von Kindeswohlgefährdung kann das Gericht früher als bisher eingeschaltet werden. Es kann mit den Eltern ein so genanntes „Hilfegespräch“ führen, um zu klären, wie die Familie unterstützt werden kann. Auch diese Fälle müssen im Interesse der Kinder vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden.

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes werden verstärkt. In schwierigen Fällen wird das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt. Dessen Aufgabe ist es, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger kann der Verfahrensbeistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen.

Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren wird erweitert. Pflegepersonen – z.B. Pflegeeltern – können künftig in allen Verfahren, die das Kind betreffen, hinzugezogen werden, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt. In solchen Fällen wissen Pflegeeltern häufig besser über das Kind Bescheid als die Eltern.

Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen wird schneller und effektiver. Bei Verstößen gegen Sorge- und Umgangsentscheidungen werden nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt. Diese können – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden. Beispiel: Trotz entsprechender Vereinbarung lässt eine Mutter das Kind über Ostern nicht zum getrennt lebenden Vater gehen. Wegen der Feiertage verhängt das Gericht erst nach Ostern ein Ordnungsgeld von 200 Euro gegen die Frau. Diesen Betrag muss sie zahlen, obwohl das Kind Ostern nicht mehr beim Vater verbringen kann. Anders beim Zwangsgeld: Dieses kann nur verhängt werden, solange sich die Verpflichtung auch tatsächlich durchsetzen lässt – also nur während der Ostertage, was in der Praxis schwierig sein dürfte.

Künftig soll es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht. Beispiel: Aufgrund des Konflikts in der akuten Trennungssituation sind die Eltern nicht in der Lage, die Übergabemodalitäten beim Umgang einzuhalten. Diese Situation kann dadurch entschärft werden, dass der Umgangspfleger Zeit und Ort der Übergabe des Kindes festlegt, dieses von dem betreuenden Elternteil abholt, dem umgangsberechtigten Elternteil übergibt und später zurückbringt.

Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit können künftig alle Streitigkeiten, die Ehe und Familie betreffen, von einem Gericht entschieden werden. Derzeit sind die Familiengerichte zwar für Scheidungsverfahren, Unterhaltsfragen und Streitigkeiten aus ehelichem Güterrecht zuständig. Zahlreiche vermögensrechtliche Streitigkeiten, die für die Unterhaltspflicht oder den Zugewinnausgleich bedeutsam sind, fallen aber in die Zuständigkeit der Amts- und Landgerichte. Typische Fälle sind Streitigkeiten über den Ausgleich untereinander, wenn ein Ehepartner aus einem gemeinsamen Darlehen in Anspruch genommen wird, oder die Frage der Nutzungsentschädigung, wenn ein Ehegatte nach der Trennung die Wohnung allein weiter nutzt.

Das Bundesjustizministerium hatte darüber hinaus vorgeschlagen, das Scheidungsverfahren in bestimmten Fällen auch ohne Rechtsanwalt zu ermöglichen. Eine entsprechende Regelung ist im Kabinettentwurf nicht mehr enthalten, da die Vorbehalte im Bundestag dagegen zu groß sind. Vorgesehen war, dass Ehegatten ohne gemeinsame Kinder im gerichtlichen Scheidungsverfahren dann keinen Anwalt brauchen, wenn sie sich über den Ehegattenunterhalt (notariell beglaubigt) sowie über Hausrat und Ehewohnung (formfrei) geeinigt hatten. Es bleibt abzuwarten, ob die Länder, die sich mehrheitlich für das vereinfachte Scheidungsverfahren ausgesprochen haben, eine entsprechende Ergänzung des Reformentwurfs vorschlagen. Die Stellungnahme ist für Juli vorgesehen.

 

(II) Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Das geltende Verfahrensgesetz (FGG) für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und – soweit möglich – einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.

Die neue Verfahrensordnung definiert erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten und sichert ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.

Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird neu strukturiert und effizienter gestaltet. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, wird die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht wird ersetzt durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Den Beteiligten wird damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmals der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet. Dieser kann dadurch viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln, was mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen bringt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums der Justiz vom 9.5.2007

 

 

 


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