Schreibtischtäter


 

 

 

Täter und Täterinnen zur Verantwortung ziehen. Nachfolgetäter/innen Bundesrepublik 2002 stoppen!

 

Unrecht wiedergutmachen! Entschädigung für die Opfer jahrzehntelangen Familienunrechts durchsetzen!

 


 

"Das Recht des unehelichen Kindes und dessen Neuregelung in beiden Teilen Deutschlands"

 

Wolfgang Bernhardt

Verlag Ernst u. Werner Gieseking, Bielefeld, 1962

 

>>Das uneheliche Kind und sein Vater. Zur Ausgestaltung des Verwandtschaftsverhältnisses in nichtvermögensrechtlicher Hinsicht

1. "Zahlvaterschaft" und "vollfamilienrechtliche" Lösung

Erkennt man das Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses zwischen dem unehelichen Kinde und seinem Erzeuger an, wie dies, mit Ausnahme des gegenteiligen Standpunktes des OG (Obersten Gerichtes der DDR), allgemeine Meinung in der Zone ist und wovon nicht nur der FGB-Entwurf ausgeht, sondern auch jede Reform in der Bundesrepublik Deutschland auszugehen haben wird, so stellt sich damit notgedrungen das Problem der Ausgestaltung dieses Verwandtschaftsverhältnisses in nichtvermögensrechtlicher Hinsicht. Die Skala der hier für den Gesetzgeber bestehenden Lösungsmöglichkeiten reicht von der Versagung aller nichtvermögensrechtlichen Rechtsfolgen bis zu der sogenannten vollfamilienrechtlichen Lösung, d. h. ein etwa andauerndes Konkubinat wird wie eine Ehe und das daraus hervorgegangene Kind wie ein eheliches Kind oder Vater und Mutter und Kind werden so behandelt, als ob das Kind einer zwischenzeitlich geschiedenen Ehe seiner Eltern entstammte.

Den letzteren Weg der vollfamilienrechtlichen Regelung ist im Bereich der Ostblockstaaten das ungarische Gesetz über die Ehe und Familie und die Vormundschaft hinsichtlich der unehelichen Kindes gegangen, deren Erzeuger die Vaterschaft anerkannt hat oder im Vaterschaftsprozeß festgestellt worden ist. In diesen Fällen hat das uneheliche Kind gegenüber beiden Eltern die gleiche Rechtsstellung wie ein eheliches Kind. Es wird insbesondere auch voll in die Familie des Vaters eingegliedert, was einschließlich des Namensrechts und der "elterlichen Aufsicht" gilt.

Das polnische Unehelichenrecht unterscheidet sich etwas, wenn auch nicht allzu sehr, von der ungarischen Regelung: In Polen führt das uneheliche Kind nur dann von vorneherein den Namen des Vaters und steht nur dann von vorneherein unter seiner elterlichen Gewalt, wenn dieser die Vaterschaft anerkannt hat. Kommt es dagegen zum Feststellungsprozeß, erteilt das Gericht dem Kind nur auf seinen eigenen oder den Antrag seiner Mutter hin den Familiennamen des Vaters. Ob dem festgestellten Vater dagegen die elterliche Gewalt zustehen soll, stellt das Gericht, vor dem der Vaterschaftsprozeß geführt worden ist, von Amts wegen fest.

 

2. Beibehaltung der Regelung des BGB in Mitteldeutschland

In der "DDR" ist man dem Beispiel Ungarns, Polens und z. B. Jugoslawiens nicht gefolgt. Auch der FGB-Entwurf ist von dem Unehelichenrecht der genannten "sozialistischen" Staaten unbeeinflußt geblieben. So ist es heute einhellige Auffassung der zonalen Familienrechtslehre, daß die uneheliche Mutter die elterliche Gewalt allein innehat und daß der Vater in dieser Hinsicht keinerlei Rechte besitzt. Auch das Personensorgerecht wird von der Mutter allein ausgeübt. Darüber hinaus wird dem Vater ein Mitsprache- oder Mitwirkungsrecht selbst bei grundsätzlichen die Erziehung und die Berufsausbildung des Kindes betreffenden Fragen versagt.

Dem Vater stehen somit nach wie vor bezüglich seines Kindes keine Rechte zu, ihm obliegen nur finanzielle Verpflichtungen.

Zur Rechtfertigung für die Beibehaltung der reinen "Zahlvaterschaft" des BGB - denn um nichts anderes handelt es sich im Endergebnis - beruft man sich auf die von Natur aus unterschiedliche Lebenssituation des ehelichen und des unehelichen Kindes, die die Beibehaltung der Lösung des BGB unvermeidbar mache. Diese ergebe sich notwendig aus der Tatsache, daß das Kind voll und ganz in dem Lebenskreis der Mutter aufwachse, ganz gleich, ob diese alleinstehend oder mit einem anderen Mann als dem Vater ihres "nichteheliche" Kindes eine Ehe eingegangen sei. Es liege unter diesen Umständen im eindeutigen Interesse des Kindes, das es nicht zwischen den divergierenden Familien seiner Mutter und seines Vaters hin- und hergereicht werde. Dies gelte ganz besonders deshalb, weil sich die Eltern des Kindes meist gleichgültig, wenn nicht sogar feindlich gegenüberständen, so daß eine gemeinsame Herrschaft über das Kind in der Regel zu Mißhelligkeiten führen und zum Nachteil des Kindes ausschlagen würde. Man verweist hierbei auf das Beispiel der Kinder aus geschiedenen Ehen. Eine Beteiligung des Vaters an der Personensorge oder ein sonstiges Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrecht des Vaters bei der Erziehung und Betreuung des Kindes würden, wie weiter ausgeführt wird, aus den gleichen Gründen in der überwiegenden Zahl der Fälle nur von Schaden für die Entwicklung des Kindes sein und seien deshalb abzulehnen.

Das gegenwärtige zonale Unehelichenrecht gewährt dem Vater schließlich auch keinen Anspruch auf persönlichen Umgang mit seinem Kinde. Die hierfür gegebene Begründung entspricht derjenigen, mit der dem Erzeuger die elterliche Gewalt und das Personensorgerecht verweigert wird. Selbst Nathan (Hans Nathan), der, wie wir gesehen haben, am unbedingtesten für die Anerkennung der Verwandtschaft zwischen Kind und Erzeuger eingetreten ist, ist nicht bereit, auch nur insoweit aus der Verwandtschaft irgendwelche Rechtsfolgen herzuleiten. Er meint vielmehr, es müsse im Interesse des Kindes vermieden werden, dem "nichtehelichen" Vater einen Einfluß auf die Lebensführung des bei der Mutter aufgehobenen Kindes einzuräumen, da es als eine der schwersten Belastungen und Hemmungen für ein Kind anzusehen sei, wenn es zwischen zwei antagonistischen Lebenskreisen hin- und hergezogen werde.

Zur verfassungsrechtlichen Seite der Versagung aller elterlichen Rechte gegenüber dem Vater weist man in der Zone daraufhin, diese Versagung stelle keine "Benachteiligung" des Vaters im Sinne von Art. 33 "VerfDDR" dar und sei deshalb durch die "Verfassung" auch nicht aufgehoben worden, da sie lediglich im Interesse des Kindes erfolge und in dessen Interesse auch erforderlich sei.

 

3. Die Vorschläge des FGB-Entwurfs

Die Vorschläge des FGB-Entwurfs stehen mit der gegenwärtigen Rechtslage auf diesem Teilgebiet des Unehelichenrechts grundsätzlich in Einklang. So bestimmt § 67: "Die elterliche Sorge für das nichteheliche Kind ist Sache der Mutter", ohne diese Bestimmung mit irgendwelchen Einschränkungen oder Zusätzen zu Gunsten eventueller Rechte des Vaters zu versehen.

Andere Konsequenzen als die gegenwärtige Praxis aus der von ihm anerkannten Verwandtschaft zwischen Vater und Kind zieht der

FGB-Entwurf nur hinsichtlich des Verkehrsrechts des außerehelichen Erzeugers. Es gibt dem Vater in § 70 einen Anspruch auf persönlichen Umgang mit dem Kind, macht ihn in seiner Realisierung jedoch von der Zustimmung der Mutter abhängig. Verweigert sie diese, besteht für den Vater keine Möglichkeit, die Entscheidung der Mutter zum Gegenstand einer vormundschaftsgerichtlichen oder behördlichen Nachprüfung zu machen. Die erfolgte Ablehnung durch die Mutter ist endgültig. Ihre Zustimmung kann weder durch ein Gericht noch durch eine Behörde ersetzt werden. Dies bedeutet letztlich, daß das Verkehrsrecht des Vaters auf dem Papier steht. Denn keine Mutter, die nicht auch heute schon das Zustandekommen eines persönlichen Verhältnisses zwischen Kind und Erzeuger unterstützt und fördert, ohne daß eine gesetzliche Bestimmung dem Vater ein entsprechendes "Recht" gewährt, wird dem Erzeuger den persönlichen Umgang gestatten, wenn sie ihm einen solchen aus jedem beliebigen Grunde, d. h. auch willkürlich, verweigern kann.<<

 

 

Die Täterinnen und Täter des oben beschriebenen DDR-Familienunrechts sind bis heute nicht zur Verantwortung gezogen worden, ebenso die Täterinnen und Täter des bundesdeutschen Familienunrechtes. Die Opfer, Zehntausende von nichtehelichen Kindern und ihre Väter haben bis heute keine Wiedergutmachung durch den Staat erfahren.

Erst 1998 erhielten in der Bundesrepublik Deutschland nichteheliche Kinder und ihre Väter ein eigenes Umgangsrecht. Erst seit 1998 wird es nichtverheirateten Vätern erlaubt, mit Zustimmung der Mutter des eigenen Kindes das Sorgerecht zu erhalten, die Diskriminierung der nichtverheirateten Väter und ihrer Kinder ist beibehalten worden. Einige der Schreibtischtäter/innen sind namentlich bekannt. Einige andere scheuen das Licht der Öffentlichkeit und bleiben lieber im Dunkel der ministeriellen Verwaltung.

 

"Das große bleibt Groß nicht

und Klein nicht das Kleine,

die Nacht hat zwölf Stunden

dann kommt schon der Tag"

 

Bertolt Brecht "Lied von der Moldau"

 

 

6.4.2002


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