Trottel


 

 

 

Sie sind doch Schwestern, oder?

Birgit und Renate Scholz werden für Freundinnen gehalten, Kolleginnen, Erzieherinnen, aber nie für ein verheiratetes Paar mit Kindern. Eine Familiengeschichte mit Hindernissen

Silke Janovsky

Schon wieder einer dieser Momente, in denen Renate und Birgit Scholz* die Welt nicht verstehen. Und die Welt sie nicht. Vor ihnen sitzt eine Frau mit knielangem Strickpulli und engen Lederhosen und redet über das Stadtgut Blankenfelde. Das alternative Wohnprojekt im Norden Berlins sucht neue Mitbewohner, gerne Familien. In das kleine Büro drängen sich Paare, die nicht mehr in der Stadt leben möchten, genau wie Renate und Birgit Scholz.

Die Fenster laufen an, während die Frau vom Gutshof ihnen die Prinzipien des Projekts erklärt: Vielfalt, Gemeinschaft, Toleranz, all das. Auf sechzigtausend Quadratmetern hat vieles Platz. Die Frau hat die Beine übereinander geschlagen, ihre aufgeschürften, klobigen Stiefel sind mit Klebeband umwickelt. Wer will, kann sich in eine Liste eintragen.

"Sie sind also Schwestern?", fragt sie und blickt über den Rand ihrer Lesebrille zu den zwei Frauen mit den beiden Kindern auf dem Schoß. Renate Scholz schießt das Blut in den Kopf, aus Birgit Scholz' Gesicht weicht das Bewerberlächeln. "Wir sind ein Paar", antwortet sie knapp.

Die Frau vom Stadtgut versteht nicht. Warum sie denselben Nachnamen tragen, will sie wissen.

"Wir sind ver-hei-ra-tet. Das sind unsere Söhne Jukka und Arthur. Wir sind eine Familie."

Ach so. Ah ja. Na klar. Die Frau winkt ab, ist ja alles kein Problem, sagt sie, ihr Sohn sei ja auch schwul, der koche hier immer. Es macht die Situation nicht besser.

Die Frauen, beide Mitte dreißig, wollen mit ihren Kindern ins Grüne ziehen. "Vielleicht weil wa beede Landpomeranzen sind", sagt Birgit. Sie wuchs in Niemegk, einer Kleinstadt im Süden Brandenburgs, auf und arbeitet heute selbstständig als Homöopathin in Berlin. Renate stammt aus Ferdinandshof, einem Dorf nahe des Stettiner Haffs, sie ist Lebenskundelehrerin an einer Friedrichshainer Schule.

Birgit schnaubt, als sie in den kargen Innenhof des Stadtguts tritt. "Wenn ick der Mutter von 'nem Schwulen schon erklären muss, wat 'ne Regenbogenfamilie is', wie soll denn det das restliche Dorf kapieren?" Ein Mann, der gerade sein Pferd durch den Schnee in den Stall führt, schaut irritiert. Die beiden Jungen spielen Fangen. Jukka, fünf Jahre alt, rennt vorneweg, Arthur kommt mit seinen sechzehn Monaten kaum hinterher, gluckst aber, als gäbe es nichts Schöneres auf der Welt. Renate und Birgit haben die Runde früher verlassen, die Führung über das Gelände hat sich für sie erledigt. Ist sowieso alles zu unkuschelig, zu unschön, zu unfertig hier, sagt Birgit.

Sie ist das Dauerouting leid. Ständig muss sie ihre Familienkonstellation erklären, ob Kinderärzten, Sozialarbeitern oder den "Spießern aus dem Vorderhaus". Renate und Birgit wurden schon für vieles gehalten: Schwestern, Freundinnen, Arbeitskolleginnen, Erzieherinnen, nur nicht für ein Paar mit Kindern. Sie umarmen und küssen sich nicht weniger als andere Paare auch, werden als Lesben und als Mütter erkannt. Nur beides scheint in den Köpfen nicht zusammenkommen zu wollen.

Hätten Anne Will und ihre Lebensgefährtin ein gemeinsames Kind, vielleicht würde dann der Begriff Regenbogenfamilie in vielen Köpfen existieren. Das Wort wurde Mitte letzten Jahres in den Duden aufgenommen. Es leitet sich von der Fahne mit den bunten Streifen ab, die seit den Siebzigerjahren ein Symbol für schwul-lesbisches Selbstbewusstsein ist.

Regenbogenfamilie, das klingt luftig und farbig, wie es die Geschichten in Kinderbüchern sind. Wenn Renate und Birgit über ihre Familie sprechen, benutzen sie das Wort ganz selbstverständlich, als seien sie froh, einen so leichten Begriff für ein so schwieriges Vorhaben gefunden zu haben.

Nächstes Jahr soll Jukka eingeschult werden, die beiden Mütter machen sich Sor- (Fortsetzung auf Seite 2) (Fortsetzung von Seite 1) gen, dass der Junge wegen seiner Familie in der Kreuzberger Schule gehänselt wird. Aber wie wäre das hier draußen auf dem Land, allein unter Heteros? Vielleicht bleiben sie doch lieber in der Stadt. Gemeinsam stapfen die Vier zu ihrem Auto, einem metallicgrünen Renault Laguna, älteres Modell. Sie packen die Kinder hinein, Birgit schnallt sich auf den Beifahrersitz. Renate fährt.

Was die beiden Frauen heute ihre Familie nennen, begann vor sechs Jahren als eine Art Projekt in einer Friedrichshainer Kneipe. Birgit erinnert sich noch gut daran. An einem Winterabend treffen sie sich mit einem alten Freund auf ein Bier. Birgit kennt Micha noch aus Potsdam, früher haben sie dort gemeinsam Häuser besetzt. Die beiden Frauen sind seit fünf Jahren zusammen, sie wollen ein Kind und suchen einen Vater. Ob er denn jemanden wüsste. "Mach' ick selbst", sagt Micha.

Dreimal bringt er einen Becher mit seinem körperwarmen Samen vorbei. Immer dann, wenn Persona, ein Minicomputer, der eigentlich als Verhütungsmittel entwickelt wurde, Renate ihre fruchtbaren Tage anzeigt. Die Frauen zücken die Plastikspritze. Es muss schnell gehen. Je länger die Spermien an der Luft sind, desto mehr sterben ab. Mit einem Mann zu schlafen können sie sich beide nicht mehr vorstellen, auch wenn sie früher mit Männern zusammen waren.

Ein halbes Jahr nach jenem Abend ist Renate schwanger. Verglichen mit der Zeit, die sich andere lesbische Paare nehmen, um mit einem Mann ein Kind zu planen, kann man das halbe Jahr zwischen Kinderwunsch und Schwangerschaft fast schon als Schnellschuss bezeichnen.

Micha gefällt die Idee, Vater zu sein, ohne die klassische Rolle des Familienversorgers erfüllen zu müssen. Viele Frauen, die er kennt, wollen eine Familie. Er will seine Freiheit. Die Konstellation mit Renate und Birgit verspricht beides. Die Kosten für das Kind wollen sie dritteln, leben soll es bei den Frauen, Micha soll es sehen können, wann immer er will. Das ist der Plan. Ein guter Plan, finden alle drei, ein neues Familienmodell.

Es scheitert, kaum dass Jukka auf der Welt ist. Der Junge hat eine schwere Gelbsucht und muss auf die Intensivstation. Tagelang darf niemand zu ihm. Als der Säugling wieder bei den Müttern ist, wollen sie ihn nicht mehr von sich geben. Während der Schwangerschaft hat sich Micha kaum gemeldet und über die Kosten für das Kinderzimmer oder die Wickelkurse gemäkelt. Nun steht er jeden Tag auf der Matte und würde am liebsten bei ihnen einziehen. Renate und Birgit wird klar, dass jemand, mit dem man einmal im Monat ein Bier trinken geht, am Wochenbett nichts zu suchen hat.

Die beiden Frauen rücken enger zusammen, machen die Familie dicht. Es gibt Streit. Der Vater möchte den Jungen öfter sehen, als Mutter und Co-Mutter das wollen. Sie gehen gemeinsam zu einer Familienberatung, Micha droht mit Klage und bricht schließlich den Kontakt ab. Renate und Birgit nehmen sich vor, beim nächsten Kind alles anders zu machen.

Dass Birgit auch schwanger werden soll, war von Anfang an geplant. Diesmal bestellen sie bei einer dänischen Samenbank Gefriersperma, durch flüssigen Stickstoff haltbar gemacht. Bei deutschen Samenbanken wird nur Verheirateten oder Paaren in fester Bindung mit Samenspenden geholfen. Lesbische Paare oder auch alleinstehende Frauen haben kein Recht auf deutsches Sperma. Birgit probiert es ein Jahr lang mit dem dänischen Ejakulat, viertausend Euro kosten die Versuche insgesamt. Doch sie wird nicht schwanger.

Renate und Birgit wollen aber unbedingt ein zweites Kind. Sie fragen Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, ob die einen Samenspender wüssten. "Als Lesbe muss man stur bleiben", sagt Birgit, "wie sollte man sonst zu einem Kind kommen?" Eine Kollegin von Renate kennt einen Studenten der Politik und Philosophie, der schon einmal bei einer Samenbank war.

Der junge Mann will bei dem ersten Treffen mit den Frauen wissen, warum sie noch ein Kind wollen. Weil es so schön ist. Weil wir glücklich sind. Die Antwort genügt ihm. Pünktlich zu Birgits nächstem Eisprung bringt Christopher ein kleines Senfgläschen mit seinem Sperma vorbei. Gleich der erste Versuch ist ein Treffer. Seither haben sie ihn nie wieder gesehen. Der Büchergutschein, den die Frauen ihrem Samenspender zum Dank gekauft haben, liegt immer noch irgendwo in ihrer Wohnung. Sie haben vereinbart, dass er keinen Kontakt zu dem Kind hat, wenn Arthur aber einmal seinen Erzeuger kennenlernen will, ist Christopher dazu bereit.

"Das Absurdeste an dieser Situation ist, dass ich mich wundere, warum Männer überhaupt ihren Samen spenden", sagt Birgit. Sie selbst würde das nie machen. "Weil ich das Bedürfnis hätte, mein Kind zu behüten", sagt sie, "ich könnte es nie loslassen."

Familie Scholz jubelt, als Birgit endlich schwanger ist, besonders ihr Bruder. Christian Scholz* ist Familientherapeut, er hat selbst zwei Söhne, fünf und zehn Jahre alt. Arthur ist ihm von Natur aus etwas näher als Jukka, sagt er, und dass Blut schon eine wichtige Sache ist.

An einem Samstag im Januar feiert Birgits Bruder seinen vierzigsten Geburtstag. Birgit umarmt ihn und drückt ihm ein Geschenk in die Hand. Die Tafel in der Villa Rossano, einem bürgerlichen Italiener in Neukölln, reicht quer durch den langen Gastraum. Einige Verwandte sitzen schon bei Bier und Rotwein, ein paar Kinder tollen in der Garderobe. Jukka rennt zu Birgits Mutter, Oma hat ihm einen kleinen Ball und Süßigkeiten mitgebracht. Eine Geste, die nicht immer so selbstverständlich war.

Birgits Eltern, die Mutter Psychologin, der Vater Physiker, haben den Jungen nicht von Anfang an selbstverständlich als ihren Enkel angesehen. Es komme darauf an, welche Beziehung man aufbaue und wie oft man sich sehe, haben sie damals gesagt. Über die Jahre hatten sich Eltern und Tochter voneinander entfernt. Nach ihrem Abitur ist Birgit nach Berlin gezogen, hat gejobbt und ist viel gereist. Mexiko, Indien, Kuba, manchmal blieb sie dort für ein halbes Jahr, dann wieder wohnte sie in Häusern ohne Telefon.

Dass ihre Tochter eine Frau liebt, war für Birgits Eltern nie ein großes Problem. Dass plötzlich das Baby einer anderen Frau ihr Enkel sein sollte, schon. Jukka, das Kuckucks-Enkelkind. Sie mussten erst lernen, den schüchternen Jungen in ihre Familie aufzunehmen. Er machte es ihnen leicht. Bei Sonntagsbesuchen, Familienfesten und gemeinsamen Urlauben eroberte er sich das Herz seiner Großeltern.

Renates Eltern ist es bis heute noch nicht wirklich gelungen, die Familie ihrer Tochter zu akzeptieren. Sie sehen zwar Jukka als ihr Enkelkind, doch Birgit und Arthur werden meist freundlich ignoriert. Renates Eltern sind Rentner, ihr Leben lang haben sie als Landwirte gearbeitet. Was zählte, war die Arbeit, sonst nichts. Das galt auch für ihre Töchter. Renate erinnert sich, wie sehr sie und ihre Schwestern sich als Kinder lange Haare gewünscht haben. Doch Schmuck und langes Haar waren verboten. Das sei unpraktisch und nutzlos, hat ihr Vater damals gesagt. Und was er sagte, das galt. Bis heute diskutiert er mit niemandem, der anderer Meinung ist als er, sagt Renate.

Als Jugendliche war sie in Jungs verliebt und hatte drei längere Beziehungen bis sie zwanzig war. Als sie Anfang der Neunzigerjahre nach Berlin kam, um Pädagogik zu studieren begann, veränderte sich ihr Leben. Sie interessierte sich plötzlich für Politik, Feminismus und Geschlechterrollen und fand sich in einer Frauen- und Lesben-Szene wieder, die sie faszinierte.

In einem Winterurlaub 1998 traf sie dann Birgit. Renates Mitbewohnerin und Birgits Mitbewohnerin waren ein Paar, und gemeinsam mit einigen Freunden hatten sie sich ein einsames Ferienhaus an der Oder gemietet. Morgens, während die anderen noch schliefen, machten die beiden Frauen stundenlange Spaziergänge entlang der Oder. Wolken jagten am Himmel, im Wasser trieben Eisschollen. Sie redeten über ihre Lebensgeschichten und lachten über die Ähnlichkeiten. Beide waren mit Männern zusammen gewesen, beiden hatten einige Affären mit Frauen gehabt. Sie hatten sich viel zu erzählen und merkten schnell, wie gut sie zusammenpassen.

Zwei Jahre später, die beiden Frauen waren zu Besuch auf dem Segelboot von Renates Eltern in Usedom, gaben sie sich nicht mehr die Mühe, ihre Beziehung zu vertuschen. Renates Vater ist fast durchgedreht. Das sei pervers und widernatürlich, hat er damals zu seiner Tochter gesagt. Ich war verzweifelt und habe total geheult, erinnert sich Renate, dann sind die beiden Frauen abgereist. Fünf Jahre lang hat sie ihre Eltern nicht wiedergesehen.

Als sie zur Hochzeit der beiden im Oktober 2006 eingeladen wurden, sagten ihre Eltern, sie würden nicht kommen, das könnten sie sich nicht angucken. Diesmal ist Renate am Telefon total ausgeflippt. Schließlich reisten sie doch an, standen immer etwas abseits und waren froh, wieder gehen zu können.

Dabei war es so ein schöner Tag. Mehr als hundert Gäste sind zur Trauung gekommen, Familie, Freunde, selbst die Kinder aus Jukkas Kita Lindenblüte haben einen Ausflug zum Standesamt nach Kreuzberg gemacht und Reis in die Luft geworfen. Jedes Kind brachte den beiden Bräuten eine Blume mit, erinnert sich die Kindergärtnerin. "Für die Kleinen war es spannend", sagt sie. Jukka war damals zwar erst anderthalb Jahre alt, aber für die älteren Kinder war es gut zu sehen, dass es auch andere Familien gibt. Manchmal spielen sie in der Kita nun auch Mutter-Mutter-Kind, wie bei Jukka zu Hause.

Es ist vier Uhr nachmittags, Abholzeit in der Lindenblüte in Kreuzberg. Dreizehn Kinder, zwischen anderthalb und sechs Jahren alt, rennen wild durcheinander, die Eltern mit den Jacken hinterher. Jukka springt noch in der Strumpfhose durchs Spielzimmer, seine Mutter Renate sucht seine Hose.

Jukkas Erzieherin steht an der Seite und erzählt, dass sie schon seit siebenunddreißig Jahren mit Kindern arbeite, Jukka sei das erste Regenbogenkind für sie. Und absolut nichts Besonderes, wie sie sagt. "Es gibt so viele Familienmodelle, inzwischen ist doch alles normal." Als der Junge in die Lindenblüte kam, schenkten seine Mütter der Kita ein Kinderbuch. "Zwei Papas für Tango" handelt von zwei Pinguinmännchen, die einen Stein bebrüten. Ein Pfleger schiebt ihnen ein echtes Ei unter und das geschlüpfte Pinguinkind Tango hat fortan zwei Väter.

Renate und Birgit hätten lieber eine Geschichte über zwei Mütter und ihre Kinder verschenkt, aber Bücher über lesbische Regenbogenfamilien gibt es kaum, auch wenn mehr als neunzig Prozent der Regenbogenkinder bei zwei Frauen aufwachsen.

Renate hat endlich die Hose gefunden. Sie hilft Jukka, sich anzuziehen, dann gehen Mutter und Sohn nach Hause. Die beiden Frauen leben seit 2003 zusammen. Als Renate hochschwanger war, sind sie in eine größere Wohnung ins Hinterhaus gezogen. Dort poltert Arthur jetzt mit Bauklötzen auf dem Holzboden der großen Wohnküche, Jukka blättert in einem Buch, Birgit kocht Hirse, Renate deckt den Tisch. Am Fenster keimen Mungosprossen in einem Glas, auf dem Sofa liegen zwei Katzen. Mehr Familienidylle geht eigentlich nicht.

Die Wohnung ist nicht klein, aber sehr verwinkelt, ein Kompromiss aus vielen Quadratmetern und wenig Platz. Eine größere können sie sich nicht leisten. "Wenn Renate ein Mann wäre, hätten wir vierhundert Euro mehr im Monat", sagt Birgit. Die sogenannte Homo-Ehe ist nicht auf Kinderkriegen ausgelegt, steuerlich sind die Frauen Singles, auch wenn beide das Kind der anderen adoptiert haben. Manche Mitarbeiter auf dem Bürgeramt wissen noch nicht einmal, dass es die Eingetragene Lebenspartnerschaft überhaupt gibt, sagt Birgit. Und erst die Formulare. Da steht immer Mutter und Vater drauf. "Wir streichen dann Vater durch und schreiben Mutter 2 drauf."

Als Arthur geboren wurde, waren die beiden Frauen schon zwei Jahre verheiratet. Bei heterosexuellen Paaren werden automatisch beide Eheleute als Eltern anerkannt. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht, Renate musste Arthur erst adoptieren. Ein entwürdigender Prozess, sagt Birgit. "Da kam eine Sozialarbeiterin vom Jugendamt zu uns nach Hause und hat geprüft, ob wir der Elternschaft überhaupt fähig sind."

Eine Studie des Bundesjustizministeriums hat Ende letzten Jahres gezeigt, dass Kinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen genauso gut aufwachsen wie andere Kinder. Die Untersuchung belegt, dass Regenbogenkinder ein höheres Selbstwertgefühl zeigen, überdurchschnittlich gut in der Schule sind und dass es in ihren Familien weniger Streit gibt. Renate und Birgit haben auch an der Studie teilgenommen. Man hat den Eindruck, sie tun so ziemlich alles, um eine normale Familie zu sein. Oder als solche gesehen zu werden. Das Abendessen ist fertig, Hirse mit Gemüsepfanne, alles Bio.

Nach dem Essen bringt Birgit Arthur ins Bett, Renate liest Jukka auf dem Sofa noch ein Märchen vor. Birgit ist Mami, Renate ist Mama. Der Junge kuschelt sich an seine Mutter, heute Abend hört er "Der Wolf und die sieben Geißlein". "Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht! Aber die Geißlein hörten an der rauen Stimme, dass es der Wolf war. Wir machen nicht auf, riefen sie, du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme; aber deine Stimme ist rau, du bist der Wolf!"

Eine ganz normale Familienszene, aber man neigt plötzlich dazu, alles mögliche hinein zu interpretieren. Die raue Stimme des Wolfes, die liebliche der Mutter. Man denkt an Micha, Jukkas Vater, und fragt sich, wie der Junge in zwanzig Jahren darüber denkt, bei zwei Frauen aufgewachsen zu sein.

Renate und Birgit wissen, dass ihre Jungen eine männliche Bezugsperson brauchen. Schon lange suchen sie nach Patenonkeln, doch die wenigen Männer, die sie überhaupt kennen, sind überhäuft von Anfragen lesbischer Paare und verlassener Frauen. Oder sie sind selbst Väter.

Es ist spät am Abend, die Kinder schlafen, auf dem Küchentisch steht eine Kanne Tee und die Frauen knacken Erdnüsse. Fragt man sie nach Jukkas Vater, reagieren sie gereizt. Immer stehe die Frage nach dem Vater im Vordergrund, sagt Birgit. "Micha ist eine wichtige Figur, aber er gehört nicht zur Familie. Die Familie ist voll, sag ick!"

Ob Micha als Vater vielleicht genauso elterliche Gefühle für Jukka hat wie sie, darüber wollen sie nicht nachdenken. Und Micha kann man danach nicht fragen, die Frauen möchten nicht, dass man ihn nach seiner Version der Geschichte fragt.

"Wir haben Fehler gemacht," sagt Renate, "aber wir haben es nicht absichtlich getan." Es war wie eine Trennung, mit Streit, Verletzungen, Wut und Schuldgefühlen. Man merkt, wie sehr sie die Sache noch aufwühlt, mal schaut sie wütend, mal traurig, mal verzweifelt. Am meisten Angst hat sie davor, dass Jukka irgendwann einmal bei seinem Vater leben will. Die beiden Frauen haben so viele Hürden genommen, im Kampf für ihre kleine Familie, aber diese ist vielleicht die größte.

Nach einem Jahr Funkstille war es Birgit, die den ersten Schritt gemacht hat. Wir haben wieder Kontakt zu Micha, sagt sie, es läuft gut, aber richtige Freunde werden wir wohl nicht wieder. Micha lebt mittlerweile in Hamburg, er hat eine Frau und einen Sohn. Einmal im Monat besucht er Jukka in Berlin und verbringt den Tag mit ihm.

* Nachname geändert

 

 

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Demnächst

Foto: Demnächst erzählen wir an dieser Stelle die Geschichte von zwei Männern, die fünf Kinder haben und die ersten schwulen Pflegeeltern Deutschlands sind.

 

Berliner Zeitung

27.03.2010 » Magazin

 

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0327/magazin/0001/index.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf: 

Es gibt Männer, die sind ausgesprochene Trottel, so z.B. Micha, der Vater von Jukka. "Einmal im Monat besucht er Jukka in Berlin und verbringt den Tag mit ihm."

Dieser Trottel von einem Vater, ist noch nicht einmal rechtlicher Vater, geschweige denn, dass er das Sorgerecht für seinen Sohn hätte, denn er hat es zur Adoption freigegeben, bzw. noch schlimmer, die Mutter hat beim Standesamt den Namen des Vaters verschwiegen, so dass der Sohn offiziell vaterlos ist. Die Mutter muss jedoch aufpassen, dass sie vom biologischen Vater nicht beim Standesamt verpfiffen wird, denn die Nichtangabe des Vaters wider besseres Wissen kann als eine Personenstandsfälschung angesehen werden. 

Im übrigen muss bei einer Adoption die Zustimmung des Vaters erteilt werden, nur wenn dieser dazu dauerhaft außerstande ist oder sein Aufenthalt dauerhaft unbekannt ist, darf die Adoption auch ohne Erfüllung dieser Voraussetzung erfolgen., 

 

 

§ 1747 BGB Einwilligung der Eltern des Kindes

(1) Zur Annahme eines Kindes ist die Einwilligung der Eltern erforderlich. Sofern kein anderer Mann nach § 1592 als Vater anzusehen ist, gilt im Sinne des Satzes 1 und des § 1748 Abs. 4 als Vater, wer die Voraussetzung des § 1600d Abs. 2 Satz 1 glaubhaft macht.

(2) Die Einwilligung kann erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Sie ist auch dann wirksam, wenn der Einwilligende die schon feststehenden Annehmenden nicht kennt.

(3) Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und haben sie keine Sorgeerklärungen abgegeben,

1.

kann die Einwilligung des Vaters bereits vor der Geburt erteilt werden;

2.

darf, wenn der Vater die Übertragung der Sorge nach § 1672 Abs. 1 beantragt hat, eine Annahme erst ausgesprochen werden, nachdem über den Antrag des Vaters entschieden worden ist;

3.

kann der Vater darauf verzichten, die Übertragung der Sorge nach § 1672 Abs. 1 zu beantragen. Die Verzichtserklärung muss öffentlich beurkundet werden. § 1750 gilt sinngemäß mit Ausnahme von Absatz 4 Satz 1.

(4) Die Einwilligung eines Elternteils ist nicht erforderlich, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.

 

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1747.html

 

 

 

Die Mutter von der hier in dem Artikel der Berliner Zeitung berichtet wird, hat dies ganz sicher nicht eingehalten, sondern wider besseres Wissen bei der Behörde angegeben, der Aufenthalt des Vaters wäre dauerhaft unbekannt. Die Bundesregierung ficht eine solche Lügenpraxis zu lasten der Kinder und der Steuerzahler/innen aber nicht an. Hier wird lieber Jagd gemacht auf Väter, die mittels eines geheimen Abstammungstests für Klarheit sorgen wollen. Klarheit liebt die Bundesregierung aber überhaupt nicht. So sorgte Ex-Bundesjustizministerin Zypries (SPD) in ihrer Amtszeit dafür, Väter die einen heimlichen Vaterschaftstest in Auftrag geben, zu kriminalisieren. Was man seither von der SPD zu halten hat, nämlich nichts, hat sich inzwischen herumgesprochen. Eine Partei, die eine Kriminalisierungspolitik gegen Väter gutheißt und vor der kriminellen sogenannten "Samenspende" -Praxis in Deutschland die Augen verschließt, das ist keine Partei mehr, sondern ein Auslaufmodell.

 

 

 


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