Umgangsrecht mit Hund


 

 

 

Umgangsrecht mit Hund Wuschel

Ende 1997 machte eine Gerichtsentscheidung die Runde in Väterkreisen, die einem geschiedenen Mann ein Umgangsrecht mit dem ehemals gemeinsamen Hund einräumte. Das Urteil, das in der nächsten Instanz wieder aufgehoben wurde, liest sich wie die ultimative Satire auf unsere Scheidungsgesellschaft. Ein übrigens fortschrittliches Urteil: Immerhin wurde in ihm auf ein Umgangsrecht erkannt - manche Väter streiten jahrelang erfolglos um den Umgang mit den eigenen Kindern.

Pressemeldung

Pudel Streitobjekt nach der Scheidung

Bad Mergentheim (dpa) Pudel Wuschel durfte im Gerichtssaal selbst entscheiden: Im Scheidungsstreit zwischen Herrchen und Frauchen verließ sich ein Amtsrichter im nordrhein-westfälischen Bad Mergentheim auf den Instinkt des zehnjährigen Hundes. Bei der Entscheidung über das Umgangsrecht für sein Herrchen ließ der Jurist Wuschel kurzerhand von der Leine. Das Tier sprang zielstrebig auf den Mann zu und ließ sich von diesem auf den Schoß nehmen und leckte das Gesicht des Mannes mehrfach ab, heißt es in dem gestern veröffentlichten Urteil. Damit war für den Richter der Fall klar: Herr und Hund dürfen nun wieder zweimal im Monat gemeinsam spazieren gehen.

Bereits im April vergangenen Jahres hatte das Familiengericht dem Mann ein Umgangsrecht mit dem bei der Frau lebenden Wuschel zugesprochen. Die Frau hatte dein jedoch mit dem Argument widersprochen, der Hund fühle sich zwischen den Bezugspersonen hin- und hergerissen. Fin vom Gericht zu Rate gezogener Tierpsychologe konnte jedoch keine seelischen Schäden bei dem Hund entdecken.

Auszug aus dem l9 seitigen Urteil

Amtsgericht Bad Mergentheim, Familiengericht, Beschluß vom

19.12.1996- 1 F 143/95

Der Antragsteller hat das Recht, den Hund Wuschel, der sich bei der Antragsgegnerin befindet, zweimal monatlich zu sich zu nehmen, um mit ihm zusammenzusein und auch spazieren zu gehen.

Diese Begegnungen zwischen dem Antragsteller und dem Hunde finden jeweils am 3. Donnerstag eines jeden Monats in der Zeit von 14 bis j7 Uhr statt.

Der Antragsteller wird den Hund jeweils um 14 Uhr bei der Antragsgegnerin abholen und ihn dann bis spätestens 17 Uhr wieder dorthin zurückbringen.

Die Parteien tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Eine gegenseitige Kostenerstattung findet nicht statt.

Gründe:

Die Parteien, die miteinander verheiratet waren, deren Ehe aber schon im Jahre 1994 vom Amtsgericht Familiengericht Bad Mergentheim rechtskräftig geschieden worden ist (1F 144/94), streiten um die Verteilung ihres Hausrates, der Kern ihres Streites bezieht sich aber ausschließlich auf den Hund Wuschel.

Bei diesem Hund handelt es sich um einen Pudel im Alter von rund 10 Jahren, den die Parteien einst als Welpen bekommen haben und der als sie sich im November 1993 trennten - zusammen mit zwei weiteren Hunden bei der Antragsgegnerin blieb.

Erst mit dem am 17. 10. 95 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller beantragt, ihm den Hund Wuschel zuzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist diesem Antrag entgegengetreten. Nach gebührendem Austausch schriftlicher Argumente hat dann die mündliche Verhandlung vom 11.04.96 stattgefunden, deren Gegenstand ausschließlich die Zuweisung bzw. der Verbleib des Hundes Wuschel ist, und an deren Ende ... den folgenden Vergleich geschlossen:

Der Antragsteller hat das Recht, den Hund Wuschel ...

Auf Grund eines gewährten Widerrufvorbehalts hat die Antragsgegnerin diesen Vergleich jedoch fristgerecht widerrufen.

Die Antragsgegnerin ist der Meinung, bei der Ausübung eines Umgangsrechtes des Antragstellers mit dem Hund Wuschel müsse sich Wuschel in seinen Bezugspersonen hin- und hergerissen vorkommen, sie könne darum den Vergleich nicht erfüllen; statt dessen biete sie an, daß der Antragsteller den bei ihr ebenfalls befindlichen Hund Luzi für dauernd erhalte.

Wegen der Begründung ihrer Anträge und wegen ihres übrigenVorbringens im einzelnen wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.10.96 hat das Gericht mit den Parteien und ihren Verfahrensbevollmächtigten die Sach- und Rechtslage nochmals eingehend erörtert. Außerdem ist in diesem Termin als tiermedizinischer Sachverständiger Dr. Schöntag, Tierarzt beim Veterinäramt des Landratsamtes Main-Tauber-Kreis, zur Frage gehört worden, welche tierpsychologischen Auswirkungen eine Regelung, wie sie im widerrufenen Vergleich vom 11. 04.96 vorgesehen war, auf den Hund Wuschel hätte. Dabei hat der Sachverständige u. a. ausgeführt, tierpsychologische Schwierigkeiten bei der Erfüllung der ursprünglich gefundenen einvernehmlichen Regelung könne es für den Hund eindeutig nicht geben. Wichtig für das Wohlbefinden des Hundes seien die Bezugspersonen und sein Heim, in dem er zu Hause sei; gegen ein stundenweises Zusammensein des Hundes mit dem Antragsteller bestünden keine Bedenken; bedenklich wäre nur, wenn der Hund, der jetzt an sein Heim und an die anderen beiden Hunde gewöhnt sei, einen dauernden Ortswechsel vornehmen müßte.

Im übrigen erwies es sich in der mündlichen Verhandlung als durchaus eindrucksvoll, daß der Hund Wuschel, nachdem er von der Leine genommen war, sich sofort zielstrebig zum Antragsteller begab, sich von diesem bereitwillig auf den Schoß nehmen ließ und dort deutliche Zeichen des Wohlgefallens von sich gab; z.B. leckte er das Gesicht des Antragstellers mehrfach ab.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen müsse davon ausgegangen werden, daß der Hund nach wie vor beide Parteien als Bezugspersonen anerkenne und daß er beide Parteien möge; Bedenken dagegen, daß der Antragsteller einige Male im Monat komme und mit dem Hund spazieren gehe, gebe es nicht.

Der Antragsteller brachte zum Ausdruck, er sei bereit, auf alle Hausratsausgleichsforderungen dann zu verzichten (Anm.: DM 50000,00), wenn er das am 11.04.1996 vereinbarte Umgangsrecht mit dem Hund erhalte.

Der Antragsteller beantragte hilfsweise, ihm ein Umgangsrecht, sowie es im Vergleich vom 11.04.96 vorgesehen war, zuzubilligen.

Die Antragsgegnerin aber blieb bei ihrer umfassend ablehnenden Haltung gegenüber den Anträgen des Antragstellers. Eine jetzt bestehende starke Abneigung der Parteien gegeneinander war spürbar.

Abgesehen von einer notwendig erscheinenden Entscheidung bezüglich des Hundes Wuschel war eine Hausratsverteilung nicht durchzuführen.

Weiterhin ist festzustellen, daß die jetzt gestellten Anträge der Parteien vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen sind, daß sie seit ihrer Trennung im November 1993 bis zum Widerruf des Vergleichs durch die Antragsgegnerin keinen Anlaß gesehen hatten, einen Antrag auf Hausratsverteilung zu stellen, also über einen Zeitraum von rund z Jahren. Offensichtlich waren die Parteien bis dahin mit der bei der Trennung bereits vorgenommenen weitgehenden Verteilung ihres Hausrats zufrieden.

Das Gericht mußte bei der Lektüre der Schriftsätze und bei den Diskussionen der Parteien in der mündlichen Verhandlung

nehmen ließ und dort deutliche Zeichen des Wohlgefallens von sich gab; z.B. leckte er das Gesicht des Antragstellers mehrfach ab.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen müsse davon ausgegangen werden, daß der Hund nach wie vor beide Parteien als Bezugspersonen anerkenne und daß er beide Parteien möge; Bedenken dagegen, daß der Antragsteller einige Male im Monat komme und mit dem Hund spazierengehe, gebe es nicht.

Der Antragsteller brachte zum Ausdruck, er sei bereit, auf alle Hausratsausgleichsforderungen dann zu verzichten (Anm.:

DM 500.000 wenn er das am 11.04.96 vereinbarte Umgangsrecht mit dem Hund erhalte.

Der Antragsteller beantragte hilfsweise, ihm ein Umgangs-recht, sowie es im Vergleich vom 11.04.96vorgesehen war, zuzubilligen.

Die Antragsgegnerin aber blieb bei ihrer umfassend ablehnenden Haltung gegenüber den Anträgen des Antragstellers. Eine jetzt bestehende starke Abneigung der Parteien gegeneinander war spürbar.

Abgesehen von einer notwendig erscheinenden Entscheidung bezüglich des Hundes Wuschel war eine Hausratsverteilung nicht durchzuführen.

Weiterhin ist festzustellen, daß die jetzt gestellten Anträge der Parteien vor dem Hintergrund der Tatsache zu sehen sind, daß sie seit ihrer Trennung im November 1993 bis zum Widerruf des Vergleichs durch die Antragsgegnerin keinen Anlaß gesehen hatten, einen Antrag auf Hausratsverteilung zu stellen, also über einen Zeitraum von rund z Jahren. Offensichtlich waren die Parteien bis dahin mit der bei der Trennung bereits vorgenommenen weitgehenden Verteilung ihres Hausrats zufrieden.

Das Gericht mußte bei der Lektüre der Schriftsätze und bei den Diskussionen der Parteien in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewinnen, daß die jeweiligen Antragstellungen jeweils nur Gegenreaktionen auf das Verhalten der anderen Seite waren, deren Ernsthaftigkeit bezweifelt werden muß. Dafür spricht u. a. der Umstand, daß die Antragsgegnerin in Ziffer ~. ihres Antrages lauter Gegenstände nennt, die sie seit der Trennung von ihrem Mann unbeanstandet im Besitz hatte und ebenso unbeanstandet benützt, dafür spricht weiter, daß sie bis zu ihrer Antragstellung die ganze Zeit über die unter Ziffer 2. und 3. ihres Antrages genannten Gegenstände bei ihrem früheren Ehemann wußte und mit der alleinigen Benutzung durch ihn einverstanden war.

Was nun den Hund Wuschel betrifft, so ist davon auszugehen, daß er als Haustier dem Hausrat zuzurechnen ist (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, Rnr. 13 zu §1 der Hausratsverordnung)...

Jedoch kann die für den Hund Wuschel zu treffende Lösung nicht ohne Berücksichtigung des Rechtsgedankens des §90aa BGB gefunden werden, wonach Tiere von der Rechtsordnung als Mitgeschöpfe anerkannt worden sind. Das bedeutet, daß über sie, anders als es bei leb- und gefühllosen Gegenständen möglich wäre, nicht ohne Rücksicht auf ihr Wesen und ihre Gefühle verfügt werden kann.

Das Gericht hat also die tierpsychologischen Ausführungen des Sachverständigen Dr. Schöntag zu beachten, wonach dem an seine jetzige örtliche und familiäre Umgebung gewöhnten Hund ein ständiger Ortswechsel nicht zuzumuten ist, wonach aber ein stundenweises Zusammensein dieses Hundes mit dem Antragsteller bedenkenfrei möglich ist, weil er auch den Antragsteller als Bezugsperson anerkennt.

Unter Respektierung des in § 90a BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens der Anerkennung des Hundes als eines Mitgeschöpfes und der daraus sich ergebenden zwingenden Folge eines Verbotes, mit dem Mitgeschöpf völlig willkürlich umzugehen, kann der Antrag des Antragstellers, ihm den Hund dauernd zuzuweisen, keinen Erfolg haben. Das Gericht ist sicher, daß der Antragsteller diese Rechtsfolge versteht, denn im Verfahren ist hinreichend deutlich geworden - zuletzt im Hilfsantrag des Antragstellers , daß er die Verwurzelung des Hundes Wuschel im Haushalt der Antragsgegnerin respektiert.

Entsprechend dem Hufsantrag ist dem Antragsteller zuzubilligen, daß er in der Weise mit dem Pudel zusammensein kann, wie dies bereits in dem später widerrufenen Vergleich vom 11.04.96 vereinbart worden ist.

Diese Umgangsregelung, die hier einer Umgangsregelung nachgebildet ist, wie sie sonst bei Kindern angewendet wird, erscheint billig und angemessen, sie schadet nach den Ausführungen des Sachverständigen dem Hunde und seinem Wohlbefinden nicht, sie ist vielmehr sogar nach den Beobachtungen, die in der mündlichen Verhandlung vom Z4. 10. 96 gemacht werden konnten, und bei denen der Hund freudig auf den Antragsteller zuging, durchaus geeignet, das weitere Wohlbefinden des Hundes zu fördern.

Durch diese Lösung werden die Rechte der Antragsgegnerin in keiner Weise unziemlich beeinträchtigt, bleibt ihr doch Wuschel, von der monatlich zweimal dreistündigen Abwesenheit abgesehen, ungeschmälert erhalten, wozu der Umstand kommt, daß weiter noch zwei Hunde völlig ungeschmälert bei ihr leben.

gez. Dr. Ulshöfer

Direktor des Amtsgerichts


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