Umgangsvereitelung und Strafrecht


 

 

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Die Väter werden den Müttern gleichgestellt

Von Gieri Cavelty

Geschiedene und unverheiratete Eltern sollen das Sorgerecht für ihre Kinder gemeinsam ausüben. Wer den anderen Elternteil in seinem Besuchsrecht einschränkt, soll bestraft werden.

Verheiratet oder nicht: Künftig soll für Väter und Mütter das gemeinsame Sorgerecht zum Regelfall werden. Bild: Keystone

Der Bundesrat will das gemeinsame Sorgerecht zum Regelfall erklären – sowohl für Geschiedene wie für Unverheiratete. Die Landesregierung hat gestern eine entsprechende Änderung des Zivilgesetzbuches in die Vernehmlassung geschickt.

Heute wird das Sorgerecht bei Unverheirateten zunächst automatisch und ausschliesslich der Mutter zugesprochen. Nur wenn sie sich einverstanden erklärt, darf der Lebenspartner mitreden. Bei Scheidungen herrschte bis anhin ebenfalls eine Art Monopol für Frauen. In jüngster Vergangenheit zeigt die Statistik indes eine Tendenz hin zum gemeinsamen Sorgerecht: Anfang des Jahrzehnts einigten sich 1200 Paare im Scheidungsprozess, die Verantwortung für die Kinder zusammen zu tragen, vor zwei Jahren war dies fast 5000 Mal der Fall. (Gegenüber 8850 Scheidungen mit alleinigem Sorgerecht der Mutter und 745 gescheiterten Ehen, in denen dieses Recht dem Vater übertragen wurde.)

Durchsetzung des Besuchsrechts

Eine weitere Änderung sieht der Bundesrat im Strafgesetz vor. Nach seinem Vorschlag riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren, wer einen Elternteil daran hindert, das Besuchsrecht auszuüben. Wie Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz ausführt, vereitelten Mütter teilweise die Ausübung des väterlichen Besuchsrechts. Diese Frauen riskierten keinerlei Sanktionen, während ein Vater, der das Kind nicht zurückbringe, strafrechtlich belangt werden könne. Mit der geplanten Gesetzesänderung solle auch in diesem Punkt Gleichberechtigung herrschen.

Und was ist mit den Vätern, die ihre Sorgepflicht nicht wahrnehmen, den Sprössling nicht besuchen? Laut Felix Schöbi kann gegen solche Nachlässigkeit schon nach geltendem Recht vorgegangen werden, mit dem Entzug des Sorgerechts sowie der Verpflichtung zu höheren Alimentenzahlungen. «Weitergehende Sanktionen hingegen wären nach unserem Rechtsverständnis übertrieben», findet er.

«Patriarchale Vorzugsbehandlung»

Solche Aussagen bringen Anita Thanei in Harnisch. Die Scheidungsanwältin und SP-Nationalrätin sieht in den geplanten Gesetzesänderung überhaupt eine patriarchale Vorzugsbehandlung. «Sobald sich Männer diskriminiert fühlen, wird das Gesetz geändert», sagt Thanei. «Bei Frauen geht das sehr viel langsamer.»

Ganz so flugs sind die gestern präsentierte Änderungen allerdings auch wieder nicht gekommen: Das Bundesamt für Justiz ist damit über drei Jahre schwanger gegangen. Die Revision geht auf einen Vorstoss von CVP-Nationalrat Reto Wehrli zurück, den das Parlament im Herbst 2005 an den Bundesrat überwiesen hat. Opposition erwuchs damals lediglich aus den Reihen der SP; umso heftiger setzten sich namentlich die Genossinnen zur Wehr. Wie fundamental die SP-Opposition heuer sein wird, ist offen. Auffallend jedenfalls ist: Die Wortführerin in der Ratsdebatte von 2005, SP-Vizepräsidentin Jacqueline Fehr, wollte sich zu den bundesrätlichen Vorschlägen gestern noch nicht äussern.

(Tages-Anzeiger) Erstellt: 28.01.2009

 

http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/Die-Vaeter-werden-den-Muettern-gleichgestellt/story/27363384

 

 

 


 

 

 

 

Nach § 235 Strafgesetzbuch macht sich ein Elternteil strafbar, wenn er dem anderen Elternteil das Kind anlässlich gerichtlich festgesetzter Umgangstermine entzieht, also den Umgang vereitelt. Allerdings tritt die strafbare Handlung erst dann ein, wenn der Umgang gerichtlich festgelegt ist.

Dauert es wie im Fall Paul Fels von der Antragstellung bei Gericht auf Umgangsregelung zehn Jahre bis der Umgang endlichgerichtlich geregelt ist (von einem Rechtsstaat mag man da nicht mehr sprechen, sondern vielmehr von einem Unrechtsstaat, der solches fördert und ermöglicht), dann kann logischerweise erst nach 10 Jahren erfolgreich Strafanzeige eingereicht werden. Diese wurde immerhin mit folgender Strafanzeige nun doch realisiert. Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat, so wie üblich immer in den Fällen wo Mütter Kinder entführen, die Ermittlungen eingestellt..

 

 

 

Staatsanwaltschaft Freiburg im Breisgau

Kaiser-Joseph-Str. 259

79098 Freiburg

 

 

 

Betrifft: Strafanzeige wegen Kindesentziehung

 

05.04.2007

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich gemäß § 235 StGB Entziehung Minderjähriger

Strafanzeige wegen Entziehung Minderjähriger

 

gegen

Frau Karin Sommer

Wohnhaft: ... ,79295 Sulzburg

 

 

 

 

§ 235 StGB Entziehung Minderjähriger

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Person unter 18 Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder

2. ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger

1. entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder

2. im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat

(3)... (7) ...

 

 

 

 

 

Nach §235 StGB macht sich auch der allein sorgeberechtigte Elternteil strafbar, der dem umgangsberechtigten Elternteil das Kind entzieht.

BGH - StGB (1987) § 235

(4. Strafsenat, Urteil v. 11.02.1999 - 4 StR 594/98)

Veröffentlichung in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 10/1999, S. 651-652

Beiliegend Anlage 1

 

 

Tatvorwurf:

 

Mit Beschluss 27.03.2006 regelte das Amtsgericht Freiburg den Umgang zwischen mir und meinen beiden Töchtern Antonia und Lara Sommer wie folgt:

 

"1. Der Umgang des Antragstellers mit den gemeinsamen Kindern der Parteien, Antonia, geb. am ... 1988 und Lara, geb. am ... 1990 wird wie folgt geregelt:

Der Antragsteller hat das Recht, die Kinder in zweimonatigen Abstand samstags von 10.00 Uhr bis 19.00 Uhr und am darauffolgenden Sonntag von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu sehen.

Der Umgang findet an jedem ersten Wochenende eines ungeraden Kalendermonats, erstmalig also am 6./7.5.2006 statt und anschließend in zweimonatigem Abstand.

...

Der Beschluss wurde mündlich begründet. Er erging entsprechend dem Einvernehmen der Parteien. Die Parteien verzichteten auf schriftliche Darstellung der Gründe.

K.

Richter am Amtsgericht"

 

Beschluss in Kopie beiliegend – Anlage 2

 

 

Laut schriftlicher Mitteilung des Jugendamtes beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald vom 17.01.2007 und 21.02.2007 befindet sich meine Tochter Lara seit dem 31.01.2007 im Ausland. Nach zwischenzeitlichen eigenen Recherchen wurde meine Tochter von ihrer Mutter ohne meine Zustimmung offenbar nach Südamerika, bzw. Mittelamerika verbracht.

Trotz meiner schriftlichen Aufforderung (auch mit Einschreiben), verweigert mir Frau Karin Sommer bis heute eine Mitteilung über den derzeitigen Aufenthaltsort meiner Tochter Lara. Ich habe daher am 29.01.2007 Antrag auf Auskunft beim zuständigen Familiengericht Freiburg – Aktenzeichen ... /07 gestellt.

Durch die durch Frau Sommer vollzogene Verbringung meiner minderjährigen Tochter Lara ins Ausland, bei gleichzeitiger Weigerung, mir die Aufenthaltsadresse meiner Tochter mitzuteilen, entzieht mir Frau Sommer bezüglich der mit Beschluss vom 27.03.2006 gerichtlich festgesetzten zweimonatlich stattfindenden Umgangstermine, seit dem 31.01.2007 meine Tochter.

 

Ich bitte Sie um eine zügige Aufklärung des hier von mir erhobenen Vorwurfs einer strafbaren Kindesentziehung und bei Erhärtung des Anfangsverdachtes um die Einleitung eines entsprechenden Strafverfahrens.

...

 

 

Mit freundlichem Gruß

 

 

Paul Fels

 

 

 

 


 

 

 

Wenn die Familienidylle platzt, werden Kinder oft zum Streitobjekt: Doch wer beim Umgangsrecht tricksen will, macht sich strafbar.

Neuer Freund soll der eigentliche Papa sein

 

Von Barbara Griesinger

 

Künzelsau - Er ist der eigentliche Papa. Zu ihm soll Nils Papa sagen. Ganz beiläufig beschrieb die Angeklagte das Verhältnis zwischen ihrem jetzigen Lebenspartner und ihrem fünfjährigen Sohn Nils. Für Künzelsaus Amtsrichter Roland Kipp war das indes ein zentraler Satz der Gerichtsverhandlung und die Erklärung für einen fingierten Umzug der jungen Frau. So habe die 27-jährige Einzelhandelskauffrau die Besuche des leiblichen Vaters verhindern wollen - mit Erfolg. Entziehung eines Minderjährigen nennt das Gesetz diesen Tatbestand, den der Richter als gegeben ansah und die gebürtige Sächsin zu einer Geldstrafe von 525 Euro verurteilte.

Im Dezember 2005 hatte sich die Mutter beim Künzelsauer Einwohnermeldeamt abgemeldet und den Vater ihres Sohnes über ihren Rechtsanwalt wissen lassen, sie sei nach Sachsen in den Wohnort ihrer Eltern gezogen. Dort könne er den gemeinsamen Sohn besuchen. Von einer Entziehung des Kindes könne keine Rede sein, unterstrich dagegen der Anwalt der Mutter. Der Vater des kleinen Nils habe von Anfang an Bescheid über den Umzug seiner Mandantin gewusst und hätte das Kind in Sachsen besuchen können. Er forderte deshalb den Freispruch der 27-Jährigen.

Es ging einfach nicht mehr, erklärte die Angeklagte Beziehungsprobleme zum Grund ihres Umzugs. Sie hätte sich Raum verschaffen wollen, um die Beziehung zu retten und tatsächlich seien die Probleme mittlerweile überwunden. Ihr Lebensgefährte ist inzwischen auch Vater ihres zweiten Kindes. Für Staatsanwalt und Richter war dies indes eine Schutzbehauptung;. Der Umzug nach Sachsen sei nichts als ein Scheinumzug, die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt Künzelsau eine ordnungswidrige Scheinabmeldung. Denn die Angeklagte hatte weiter in Künzelsau gearbeitet und ihren Sohn dort in den Kindergarten gebracht.

Vor Gericht gab sie sogar zu, dass sie unter der Woche weiter mit ihrem Freund in der gemeinsamen Wohnung gelebt und dort auch übernachtet habe.

Als wahren Grund sah das Gericht die Aushebelung des väterlichen Umgangsrechts. Darum war bereits im Vorfeld mehrfach und mit harten Bandagen vor Gericht gestritten worden.

Während die Mutter des kleinen Nils betonte, dessen leiblicher Vater sei oft gar nicht gekommen und habe kein Interesse an seinem Sohn gehabt, erklärte dieser, das Gegenteil sei der Fall. In den ersten Jahren habe es keine Probleme gegeben, wenn er seinen Sohn habe sehen wollen. Auch die gerichtlich festgelegten Besuchstermine seien aus unterschiedlichen Gründen immer wieder abgesagt worden. Als wahren Grund sieht er den neuen Partner seiner Ex-Freundin.

Und so sah das auch der Richter. Die Angeklagte habe im neuen Lebenspartner den eigentlichen Papa gesehen und den anderen ausschließen wollen und damit das Umgangsrecht, das das Gesetz schütze, vereitelt. Da sie sich vor Gericht nicht einsichtig zeigte, verurteilte er sie zu einer Geldstrafe, die zwar unter den Forderungen des Staatsanwalts, aber mit 35 Tagessätzen zu 15 Euro doch geringfügig über dem ursprünglichen Strafbefehl lag.

10.08.2007

 

 

http://www.stimme.de/nachrichten/hohenlohekreis/kuenzelsau/art1912,1068512

 

 

 


 

 

 

BGH - StGB (1987) § 235

(4. Strafsenat, Urteil v. 11.02.1999 - 4 StR 594/98)

 

Veröffentlichung in: "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", 10/1999, S. 651-652

 

Die Entscheidung ist zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen.

Nach § 235 StGB macht sich auch der allein sorgeberechtigte Elternteil strafbar, der dem umgangsberechtigten Elternteil das Kind entzieht.

 

 

Gründe:

Das LG hat den Angeklagten [Angekl.] wegen Kindesentziehung (§ 235 StGB a. F.) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat nur zum Strafausspruch Erfolg.

I.

Das LG hat folgende Feststellungen getroffen:

Der dem Islam angehörende Angekl. ist in Pakistan geboren und aufgewachsen. 1979 reiste er nach Deutschland ein und heiratete 1982 die deutsche Staatsbürgerin E. 1989 gab er die pakistanische [pakistan.] Staatsangehörigkeit auf und wurde deutscher Staatsbürger. Aus der 1991 wieder geschiedenen Ehe ist der am 30. 1. 1985 geborene Sohn M. hervorgegangen, der beide Staatsangehörigkeiten besitzt und von dem Angekl. im islamischen Glauben erzogen wird. Seit 1994 ist der Angekl. in zweiter Ehe mit einer pakistan. Frau verheiratet. Bereits 1991 - kurz vor der Ehescheidung - hatte der Angekl. das gemeinsame Kind vorübergehend gegen den Willen seiner damaligen Ehefrau nach Pakistan verbracht und so durchgesetzt, daß diese in dem von ihr beantragten Scheidungsverfahren einer Übertragung der elterl. Sorge auf ihn zustimmte. Seine geschiedene Ehefrau erhielt ein Umgangsrecht bezüglich des Sohnes M. an jedem Wochenende.

Anfang 1996 erfuhr die Kindesmutter von einer Verurteilung des Angekl. zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe wegen einer Messerstecherei (die Strafe wurde im Berufungsverfahren auf zwei Jahre reduziert, die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt). Gleichzeitig gab es wegen unregelmäßigen Schulbesuchs des Kindes und wegen Beeinträchtigungen des Umgangsrechts Streitigkeiten, in deren Verlauf der Angekl. seine geschiedene Frau körperlich mißhandelte. Am 23. 1. 1996 beantragte die Mutter bei dem AmtsG die Übertragung der elterl. Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung. In der mündlichen Verhandlung am 26. 1. 1996 erklärte der Angekl., er habe keineswegs die Absicht, den Jungen nach Pakistan zu verbringen, er wolle vielmehr hier in Deutschland mit ihm zusammenleben. Daraufhin wurde der Eilantrag der Mutter zurückgewiesen, auch ihre Beschwerde blieb ohne Erfolg, jedoch untersagte das OLG durch Beschluß v. 30. 1. 1996 dem Angekl., das Kind vor Entscheidung über das Sorgerecht in der Hauptsache außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland zu verbringen. In der Folgezeit versicherte der Angekl. auch bei Kontrollbesuchen einer Mitarbeiterin des Jugendamtes dieser gegenüber, er beabsichtigte nicht, das Kind nach Pakistan zu verbringen.

Zwischen dem 24. und 27. 2. 1996 reiste der Angekl. dann entsprechend seinem bereits vorgefaßten und mit seinen Angehörigen in Pakistan abgesprochenen Plan mit seinem Sohn nach England, von wo aus sie nach Pakistan flogen. Er beabsichtigte auf diese Weise, das Umgangsrecht seiner geschiedenen Ehefrau und die Durchführung des anhängigen Sorgerechtsverfahrens zu vereiteln. Anfang April 1996 kehrte der Angekl. allein nach Deutschland zurück und ließ das Kind zur Erziehung nach islamischem Recht in der Obhut des mittlerweile 80jährigen Großvaters. Alle Bemühungen der Mutter, der am 14. 3. 1996 auf erneuten Antrag im Wege der einstweiligen Anordnung die elterl. Sorge übertragen worden war, den Jungen aus Pakistan zurückzuholen, blieben erfolglos. Weder ein gerichtlicher Herausgabebeschluß verbunden mit einer sechsmonatigen Beugehaft noch die seit Januar 1998 vollstreckte Untersuchungshaft haben den Angekl. dazu bewogen, die Rückkehr des Kindes herbeizuführen.

II.

1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen den Angekl. beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Das LG hat den Angekl. zutreffend nach dem zur Tatzeit geltenden Recht gemäß § 235 StGB a. F. wegen Kindesentziehung verurteilt.

a) Der Senat hält an früherer Rspr. des RG und des BGH fest, wonach auch das Umgangsrecht (die frühere Bezeichnung lautete "Verkehrsrecht") des nicht sorgeberechtigten Elternteils - hier der Mutter - dem Schutzbereich des § 235 StGB unterfällt

(RGSt 66, 254; BGHSt 10, 376, 378, mit zust Anm. Kohlhaas, EJF D I Nr. 2; dem folgend OLG Bremen, JR 1961, 107; OLG Hamm, JR 1983, 513; StA Karlsruhe, FamRZ 1997, 774; ebenso Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 235 Rz. 3; Vogler, in: LK-StGB, 10. Aufl., § 235 Rz. 5, 14; Erman/Michalski, BGB, 9. Aufl., § 1634 Rz. 5; MünchKomm/Hinz, BGB, 3. Aufl., § 1634 Rz. 14; Soergel/Strätz, BGB, 12. Aufl., § 1634 Rz. 5).

Der an dieser Rspr. geäußerten Kritik

(Geppert, in: Gedächtnisschrift für Hilde Kaufmann, 1986, S. 759, 775; ihm folgend Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 235 Rz. 14; Staudinger/Peschel-Gutzeit, BGB, 12. Aufl., § 1634 Rz. 34 ff.)

kann nicht zugestimmt werden:

Geschütztes Rechtsgut des § 235 StGB ist vorrangig das Sorgerecht der für den jungen Menschen verantwortlichen Personen und das daraus abgeleitete Obhuts- und Aufenthaltsbestimmungsrecht. Mittelbar dient die Vorschrift zum Schutz des Kindes, nämlich dessen körperlicher und seelischer Entwicklung (vgl. BT-Drucks. 13/8587, S. 23, 38; BGHSt 39, 239, 242). Grundsätzlich kann eine Kindesentziehung deshalb auch von einem Elternteil gegenüber dem anderen begangen werden, sofern jedem Elternteil das Personensorgerecht zumindest teilweise zusteht (Tröndle, a.a.O., § 235 Rz. 3; so auch Geppert, a.a.O., S. 772 f., und Eser, a.a.O., § 235 Rz. 14). Nichts anderes gilt aber, wenn - wie hier - einem Elternteil das alleinige Sorgerecht zusteht und der andere Elternteil nur das Umgangsrecht aus § 1634 BGB a. F. (§§ 1684 ff. BGB n. F.) ausübt. Zwar wird das in § 1634 BGB a. F., §§ 1684 ff. BGB n. F. normierte Umgangsrecht des nicht (mehr) sorgeberechtigten Elternteils heute nicht mehr als Restbestandteil der (durch § 235 StGB geschützten) Personensorge verstanden (so aber noch RGSt 66, 254, und BGHSt 10, 376, 378), sondern aus dem durch Art. 6 II S. 1 GG geschützten natürlichen Elternrecht hergeleitet (vgl. BVerfG, Urteil v. 29. 10. 1998 - 2 BvR 1206/98 -, FamRZ 1999, 85; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl., § 66 I). Das Umgangsrecht enthält nach heutiger Auffassung damit weder ein Erziehungsrecht noch eine

FamRZ 1999 - Seite 652

Erziehungspflicht. Dieser rechtsdogmatische Wandel rechtfertigt es jedoch nicht, die Strafwürdigkeit eines Eingriffs in das verfassungsrechtlich geschützte Umgangsrecht nunmehr zu verneinen (so aber Geppert, a.a.O., S. 775 ff.). Der Zweck des elterl. Umgangsrechts gebietet es vielmehr nach wie vor, dieses in den Schutzbereich des § 235 StGB einzubeziehen. Nach allg. A. soll das Umgangsrecht - ungeachtet seiner dogmatischen Deutung - es dem nicht sorgeberechtigten Elternteil ermöglichen, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu dem Kind aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen sowie dem gegenseitigen Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (BGHZ 51, 219, 222 = FamRZ 1969, 148; FamRZ 1984, 778, 779). Das am 1. 7. 1998 in Kraft getretene KindRG hat diesen Beziehungsschutz aus dem § 1634 BGB a. F. in die §§ 1684 ff. BGB n. F. verlagert und dabei sogar noch wesentlich erweitert (vgl. Diederichsen, NJW 1998, 1977, 1986). Es liegt im Interesse des Kindes, daß sich der nicht sorgeberechtigte Elternteil von seiner Entwicklung überzeugen und im Falle des Versagens des Sorgerechtsinhabers auf §§ 1696 oder 1666 BGB gestützte Maßnahmen veranlassen kann. Vor allem soll einer Entfremdung zwischen dem Kind und dem nicht sorgeberechtigten Elternteil vorgebeugt (- dieser Gedanke hat in § 1626 III S. 2 BGB n. F. Niederschlag gefunden -) und die Kontinuität der Eltern-Kind-Beziehung gewahrt werden, weil der "Reserveelternteil" - wie auch hier geschehen - gemäß §§ 1678 II, 1680 II und III, 1696 BGB jederzeit wieder in das Sorgerecht einrücken kann und dann die weitere Erziehung des Kindes zu verantworten hat (vgl. BVerfG, FamRZ 1983, 872, 873 f.; BGH, FamRZ 1984, 778, 779; Gernhuber/Coester-Waltjen, a.a.O., § 66 I). Damit schützt das Umgangsrecht auch das zwar ruhende, aber unter bestimmten Umständen wieder auflebende Sorgerecht des zur Zeit gerade nicht sorgeberechtigten Elternteils und dient damit letztlich auch der ungestörten Entwicklung des Kindes. Wegen dieser unbestreitbaren Vorteile für das Kindeswohl genießt das elterl. Umgangsrecht als absolutes, die Befugnisse des Personenberechtigten einschränkendes Recht nach wie vor den Schutz des § 235 StGB (vgl. Regel, "Entziehen" und "Entführen" Minderjähriger, Diss. Münster 1975, S. 28 ff.).

Eine solche Auslegung steht auch mit dem Gesetzeswortlaut des § 235 StGB a. und n. F. in Einklang. Es wird nämlich nicht ausschließlich derjenige mit Strafe bedroht, "wer einen Minderjährigen dem zur Personensorge Berechtigten entführt . . . oder entzieht" (so der nicht Gesetz gewordene § 196 E 1962; kritisch dazu Schäfer, in: Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission 1956-1960 Bd. 8 S. 372), kriminalisiert wird vielmehr die Entziehung eines Kindes aus dem Verhältnis der in § 235 StGB bezeichneten Personen, zu denen auch ein vorübergehend nicht sorgeberechtigter Elternteil gehören kann. Auch bei der Neufassung des § 235 StGB durch das 6. StrRG hat der Gesetzgeber insoweit an der bisherigen Formulierung festgehalten mit der Begründung, daß eine Straftat nach § 235 StGB wie bisher auch von einem Elternteil gegenüber dem anderen begangen werden kann, sofern dieser Inhaber oder Mitinhaber der Sorge ist oder ein Recht zum persönlichen Umgang mit dem Kind nach § 1634 BGB a. F., §§ 1684 ff. BGB n. F. hat (BT-Drucks. 13/8587, S. 38). Es besteht nämlich angesichts sich häufender Entführungsfälle ins Ausland insbesondere bei Ehepartnern verschiedener Nationalität ein unabweisbares kriminalpolitisches Bedürfnis, das natürliche Elternrecht nach wie vor umfassend strafrechtlich zu schützen. Es ist gerade nicht so, daß familienrechtliche Sanktionen ausreichen und die elterl. Auseinandersetzungen von einem unangebrachten und ineffizienten strafrechtlichen Druck befreit werden müßten (so aber Staudinger/Peschel-Gutzeit, a.a.O., § 1634 Rz. 36). Nur bei einer entsprechend weiten Auslegung des Schutzzwecks entfaltet § 235 StGB die generalpräventive Wirkung, einen Elternteil davon abzuhalten, durch Entführung der Kinder ins Ausland vollendete Tatsachen zu schaffen, um so letztlich aus dem eigenen rechtswidrigen Verhalten faktische Vorteile zu ziehen und - ungeachtet des Kindeswohls - eigene Interessen durchzusetzen. Diese Problematik hat auch der Gesetzgeber bedacht, indem er in § 235 II StGB n. F. die Fälle der "Auslandsentführung" ausdrücklich geregelt hat.

b) Der Angekl. hat das Kind auch durch List entzogen. List ist ein Verhalten, das darauf abzielt, unter geflissentlichem und geschicktem Verbergen der wahren Absichten oder Umstände die Ziele des Täters durchzusetzen (BGHSt 16, 62; 32, 269).

Hier hat der Angekl. sowohl bei seiner gerichtlichen Anhörung wie auch bei den Kontrollbesuchen des Jugendamtes wahrheitswidrig vorgespiegelt, eine Verbringung des Kindes nach Pakistan nicht zu erwägen und den Beschluß des OLG akzeptieren zu wollen, so daß entsprechende Sicherungsmaßnahmen unterblieben sind. Tatsächlich ist der Angekl. nach vorgefaßtem Plan mit der Fähre nach England und von dort per Flugzeug nach Pakistan gereist. Dadurch hat er es umgangen, bei der pakistan. Botschaft in Deutschland die erforderlichen Visa beantragen zu müssen, was möglicherweise seine Pläne verraten hätte. Gleichzeitig hat er die im Inland angestellten Nachforschungen nach dem Verbleib des Kindes erschwert, weil bei der pakistan. Botschaft in Bonn eine Visaerteilung nicht feststellbar war.

2. Das Urteil hat jedoch im Strafausspruch keinen Bestand. Die Strafkammer hat die Tat des Angekl. als besonders schweren Fall der Kindesentziehung nach § 235 II StGB a. F. gewürdigt und ist dementsprechend von einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe ausgegangen. Die durch das 6. StrRG zum 1. 4. 1998 in Kraft getretene Neufassung des § 235 StGB eröffnet für die Grundtatbestände nach § 235 I und II StGB n. F. einen von Geldstrafe bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe reichenden Strafrahmen. Einen besonders schweren Fall als unbenanntes Regelbeispiel sieht die Neufassung jedoch nicht (mehr) vor. Der allein in Betracht kommende Qualifikationstatbestand des § 235 IV Nr. 1 StGB n. F. - Verursachung einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung (vgl. dazu BT-Drucks. 13/8587, S. 39) - ist nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht erfüllt. Sollten weitere Feststellungen zu dem Befinden des Kindes nicht möglich sein, ist die Strafe gemäß § 2 III StGB dem Strafrahmen des § 235 I StGB a. F. zu entnehmen, der demjenigen des neugefaßten § 235 I StGB entspricht.

3. Für die neue Hauptverhandlung wird zu beachten sein, daß entgegen dem Revisionsvorbringen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit der Strafe, auf die durch das LG v. 31. 5. 1996 erkannt worden ist, rechtlich ausgeschlossen ist. Bei § 235 StGB handelt es sich um ein Dauerdelikt, das zwar mit der Entziehung vollendet, jedoch erst mit der Wiederherstellung der elterl. Einflußmöglichkeit beendet ist (Vogler, a.a.O., § 235 Rz. 25). Die hier abzuurteilende, noch unbeendete Kindesentziehung ist damit nicht vor der früheren Verurteilung i. S. des § 55 I StGB begangen worden (vgl. BGHSt 9, 370, 383; wistra 1996, 144; Tröndle, a.a.O., § 55 Rz. 4).

 

 

Fundstelle:

FamRZ 1999, 651

Schlagworte:

Alleinsorge; Elternteil; Entzug; Kind; Kindesentziehung; Sorgeberechtigung; Sorgerecht; Strafbarkeit; Strafrecht; Straftatbestand; Umgangsberechtigung; Umgangsrecht

 

DokNr:

19990651001

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

 

Dem Urteil des 4. Strafsenat des BGH , Urteil v. 11.02.1999 - 4 StR 594/98

ist hinsichtlich der Strafwürdigkeit der Kindesentziehung zustzustimmen. Die Strafbarkeit des Kindesentzugs ist auch gegeben, wenn ein Elternteil die Kindesentziehung innerhalb Deutschlands vollzieht, so etwa wenn der Elternteil trotz vorliegender gerichtlicher Umgangsregelung die Herausgabe des Kindes verweigert.

 

§ 235 StGB Entziehung Minderjähriger

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Person unter 18 Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder

2. ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger

1. entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder

2. im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat

(3)... (7) ...

 

 

 

 

 

Die Ansicht des BGH:

"Das Umgangsrecht enthält nach heutiger Auffassung damit weder ein Erziehungsrecht noch eine Erziehungspflicht."

ist allerdings völlig lebensfremd. Man fragt sich, ob die zuständigen Richter am BGH sich jemals mit Erziehung beschäftigt haben. Wenn nicht, wäre Ihnen dringend eine Weiterbildung an einer erziehungswissenschaftlichen Fakultät ans Herz zu legen oder ihren Job schnellstens zu kündigen und zukünftig bei den städtischen Wasserwerken Karlsruhe als Schleusenwärter zu arbeiten.

 

08.03.2007

 

 

 


 

 

 

Andauernde Umgangsvereitelung gegen die Interessen von Kind und Vater ist strafrechtlich zu sanktionieren. 

 

Bedauerlicherweise wird anhaltende Umgangsvereitelung bis heute im Strafgesetzbuch noch nicht ausdrücklich als Kindesmissbrauch und Gewalt gegen den ausgegrenzten Elternteil strafrechtlich sanktioniert. § 171 Strafgesetzbuch sieht jedoch Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bei Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht vor. Bei Elternteilen, die massiv und anhaltend das Umgangsrecht des Kindes missachten und sabotieren, könnte also schon heute ein Strafverfahren eröffnet werden. Während jährlich ca. 15.000 Strafanzeigen gegen Väter wegen Verletzung der Unterhaltspflicht erfolgen und ein riesiger staatlicher Apparat damit beschäftigt ist, die Strafanzeigen zu erfassen, aufzuklären und zu verurteilen, ist in Deutschland, soweit bekannt, bisher noch keine einzige Mutter wegen Umgangsvereitelung strafrechtlich verurteilt worden. Vermutlich ist bisher auch noch keine Mutter nach §171 StGB wegen Umgangsvereitelung angezeigt worden.

 

 

 

Strafgesetzbuch

§ 171 StGB Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht

Wer seine Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden (...) wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

Der Paragraph 171 StGB ist der zur Zeit nutzbare Strafrechtsparagraph, um Umgangsvereitelungen strafrechtlich zu sanktionieren. Der Kontaktabbruch zwischen Kind und dem "nichtbetreuenden" Elternteil (Vater) stellt in der Regel eine schwere Beeinträchtigung des Kindeswohls dar. Der Gesetzgeber formuliert in § 1626 BGB "Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen.". Im Umkehrschluss kann man daher folgern, dass die Umgangsvereitelung  in der Regel dem Kindeswohl schadet. Als Ulitma Ratio (letztes Mittel) kann daher eine  Strafanzeige gegen den vereitelnden Elternteil (Mutter) angezeigt sein. Bevor man die Strafanzeige stellt, sollte man die Mutter über das Vorhaben informieren und ihr in einer Bedenkzeit Gelegenheit geben, doch noch einen Weg zu finden, so z.B. durch gemeinsame Gespräche in einer Familienberatungsstelle, die Interessen von Kindern und Vater zu berücksichtigen.

 

 

Mit Sicherheit ist in den letzten Jahren der Anteil der Väter, die nach einer Trennung den Kontakt zu ihren Kindern aufrechterhalten wollen, durch die sich verändernden gesellschaftlichen Rollenerwartungen ständig gestiegen.. Gleichzeitig wächst damit die Zahl umgangsvereitelnder Mütter (die das vorher in Folge des häufigen Rückzug der Väter nicht zu tun brauchten). Damit steigt automatisch die Zahl der anhängigen Umgangsverfahren. vor den ohnehin überlasteten Familiengerichten. Um dem durch Umgangsvereitelung vereitelten Menschenrecht auf Erhalt und Entwicklung positiver zwischenmenschlicher Beziehungen zwischen Kind und Vater zu schützen, ist es notwendig, die gesellschaftliche Missbilligung und Sanktionierungen wesentlich stärker als bisher zum Ausdruck zu bringen und durchzusetzen. Der Gesetzgeber ist daher aufgefordert zügig die gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit Umgangsvereitelung in einem eigenen Strafrechtsparagraphen sanktioniert wird. Dabei ist sowohl die Verletzung der Rechtes des Kindes, wie auch der Verletzung der Rechte des ausgegrenzten Elternteiles auf persönlichen Kontakt durch den umgangsvereitelnden Elternteil strafrechtlich zu sanktionieren. Neben der praktischen Einführung dieses Sanktionierungsinstruments, hat die Aufnahme als Straftatbestand in das Strafrecht auch eine wichtige gesellschaftliche Signalwirkung und damit Einfluss auf die Bereitschaft von Müttern, sich überhaupt in einen Beratungsprozess, statt in Ausgrenzung mit dem Vater zu begeben, wenn sie tatsächlich das Kindeswohl im Auge haben. 

 

Umgangsvereitelung durch den betreuenden Elternteil trotz einer gerichtlichen Regelung durch das Familiengericht, sollte zukünftig strafrechtlich wie eine Kindesentführung behandelt werden. Denn für das Kind und für den von Umgangsvereitelung betroffenen Elternteil ist es in seinen Auswirkungen im wesentlichen egal, ob das Kind ins Ausland entführt worden ist und somit Kind und nichtentführender Elternteil getrennt sind oder ob die gewaltsame Trennung infolge von Umgangsvereitelung stattfindet.

 

Derzeit gilt zur Entziehung Minderjähriger

 

§ 235 Strafgesetzbuch  Entziehung Minderjähriger

(1)           Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.     eine Person unter 18 Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder

2.     ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

(1)           Ebenso wird bestraft, wer ein Kind den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger

  1. entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder
  2. im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat

(3... (7)  

 

 

 

 

OBERGERICHT HEBT PIONIERURTEIL DES BEZIRKSGERICHTS USTER AUF

Vater ohne Besuchsrecht

Die Mutter zweier Kinder verweigert ihrem Mann das Besuchsrecht, um ihm die Kinder zu entfremden. Nachdem die Vorinstanz die Frau verurteilt hatte, trat gestern das Obergericht nicht auf den Fall ein. «Ich habe meine Kinder schon seit vier Jahren nicht mehr gesehen», beklagte sich der 53-jährige Vater gestern vor dem Obergericht.

ATTILA SZENOGRADY

Der Ingenieur reichte im Mai 2000 Strafanzeige gegen seine heute 45-jährige Frau ein. Seine Frau hatte seit der Trennung im Januar 1999 die beiden gemeinsamen Kinder im Alter von 9 und 13 Jahren vom Vater fern gehalten. Die Frau ignorierte das gesetzlich verankerte Besuchsrecht. Sie teilte dem Geschädigten mit, er werde die Kinder nicht mehr sehen, wenn er ihre Geldforderungen nicht begleiche. Die Bezirksanwaltschaft Uster leitete gegen die Mutter ein Strafverfahren ein und warf ihr neben Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung auch das Entziehen von Unmündigen vor. Der Strafantrag lautete auf 21 Tage Gefängnis bedingt.

Praktisch unbemerkt von der Öffentlichkeit kam es im November am Bezirksgericht Uster zu einem Piloturteil. Erstmals wurde im Kanton Zürich eine Mutter, die dem Vater das Besuchsrecht verweigerte, strafrechtlich verurteilt. Die Angeklagte hatte vergeblich geltend gemacht, ihre Kinder hätten sich geweigert, den Vater zu besuchen.

Angst vor dem Vater?

Das Gericht hielt dazu fest, die Mutter sei als Inhaberin der Obhut dazu verpflichtet, die Beziehung zum anderen Elternteil in zumutbarer Weise aktiv zu fördern und nicht alleine auf Grund der Weigerung der Kinder nachzugeben. Es wäre der Angeschuldigten zuzumuten gewesen, den Kindern zu befehlen, mit ihrem Vater mitzugehen. Und sie hätte dieser Weisung Nachachtung verschaffen müssen, stand im Urteil. Das Verschulden stufte das Gericht auf Grund des laufenden Scheidungsverfahrens als gering ein und setzte statt Gefängnis eine Geldbusse von 800 Franken fest. Die Mutter legte Berufung ein.

Die Verteidigung verlangte gestern vor dem Obergericht einen vollen Freispruch und schob die Verantwortung auf die Kinder ab. Sie hätten Angst vor dem Vater und wollten diesen gar nicht sehen, sagte der Rechtsanwalt. Seine Mandantin habe bloss eine Unterlassung begangen. Eine vorsätzliche Verweigerung des Besuchsrechts sei nicht erwiesen. Das Obergericht kam nach dem Plädoyer zu einem überraschenden Schluss. Es trat auf die in Uster verfasste Anklage gar nicht ein. Die Untersuchungsbehörde habe es unterlassen, konkrete Tathandlungen der Mutter in die Anklageschrift aufzunehmen, sagte der Vorsitzende. Es genüge nicht, pauschal eine Verweigerung des Besuchsrechts geltend zu machen. Damit ist das Piloturteil von Uster aufgehoben. Und das Besuchsrecht hat weiterhin den Status eines Papiertigers. Denn es bleibt weiterhin vor allem dem obhutsberechtigten Elternteil überlassen, ob die Kinder den anderen Elternteil sehen oder nicht.

 

19.06.2002

www.winti-guide.ch/index.php?action=details&rubrik=zuerich&id=57136

 

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BGH - Kindesentziehung durch Väter ist strafbar, durch Mütter auch?

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 11.2.1999 (4 StR 594/98 Landgericht Bielfeld), veröffentlicht in "FamRZ", 1999, H 10, s. 651, die Verurteilung eines in Pakistan geborenen Vaters, der als alleinsorgeberechtigter Elternteil der umgangsberechtigten Mutter das gemeinsame Kind entzogen hat, für rechtens erklärt. Grundlage der Verurteilung war §235 StGB. Typischerweise war es keine Mutter, die dem Vater das Kind entzogen hat und daraufhin verurteilt wurde, denn auf dem Mütterauge ist die deutsche Familienrechtspraxis, die offenbar selbst noch muttergebunden ist, wohl noch immer weitestgehend blind. 

 

 

So wie der Pädophile sich vorgaukelt, sein Verhalten würde dem Kind gut tun, das Kind würde das wollen und so sein schlechtes Gewissen verdrängt, so gaukelt sich eine umgangsvereitelnde Mutter vor, dem Kind würde die Trennung von Vater nicht schaden, im Gegenteil sogar gut tun. Tatsächlich ist Umgangsvereitelung gegen den Willen des Kindes oder durch Manipulierung des Kindeswillens ein emotionaler Missbrauch des Kindes, mit teilweise erheblichen psychischen Folgen für das betroffene Kind und natürlich auch den von Umgangsvereitelung betroffenen Vater. 

Der Gesetzgeber weigert sich bisher, diesen Missbrauch, im Gegensatz zum sexuellen Missbrauch, auch strafrechtlich zu sanktionieren. Begründet wird dies mitunter damit, man könne doch das Kind von der Mutter (in seltenen Fällen betrifft das den Vater), die ansonsten ja gut für das Kind sorge, nicht trennen. Das ist so, als wenn eine Vater sein Kind sexuell missbraucht und die Richterin sagt, man könne nun mal nichts machen, der missbrauchende Vater kümmere sich ansonsten recht rührend um das Kind, es ist auch immer gut angezogen und kriegt jeden Tag sein Frühstück.

An anderer Stelle ist der Staat dagegen gar nicht zimperlich: 

"Eine alleinerziehende Mami - selbst wenn sie 10 Kinder hätte - müßte wegen einem Verkehrsbußgeld über DM 30,- und bei mangelnder Vollstreckungsmöglichkeit etwa 1 Tag Erzwingungshaft antreten. Die Staatsanwaltschaft würde die Kinder notfalls für den Tag in ein Heim bringen. Auf die Folgen für die Kinder angesprochen käme die Antwort, das sei nicht das Problem der Staatsanwaltschaft, sondern läge im Verantwortungsbereich der Mutter. Familienrichter auf dieses Mißverhältnis angesprochen antworten, das sei nicht ihr Ressort, dazu könnten sie nichts sagen. 

Fazit: Dem Staat ist die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung bei einem geringfügigen Verkehrsdelikt mehr wert, als den für das Kindeswohl auf Lebenszeit wichtigen Umgang des Vaters mit den Kindern".

 

 

Übrigens  ist der Gesetzgeber auch nicht zimperlich, Väter und Mütter, die ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen bis zu drei Jahre einzusperren::

§ 170 Verletzung der Unterhaltspflicht.

(1) Wer sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entzieht, so dass der Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten gefährdet ist oder ohne die Hilfe anderer gefährdet wäre, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

Ganz allgemein könnte aber auch Umgangsvereitelung nach § 171 StGB strafrechtlich sanktioniert werden. Uns ist aber bisher noch kein Fall bekannt geworden, wo dies auch passiert wäre, lieber sieht man sehenden Auges beim Missbrauch zu.

§ 171 Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht.

Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter 16 Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

Fazit: Justiza ist auf einem Auge blind. Einen Vater mit Geld- und Gefängnisstrafen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht zu belegen ist gängige Praxis. Eine umgangsvereitelnde und missbrauchende Mutter hat dagegen kaum strafrechtliche Sanktionen zu befürchten.  

 

 Die Einführung eines gesonderten Strafrechtstatbestandes "Umgangsvereitelung" wird dazu führen, dass die Fälle von andauernder Umgangsvereitelung und Kontaktabbrüchen zwischen Kind und nichtbetreuenden Elternteil drastisch sinken werden. In vielen Fällen von Umgangsvereitelung, die heute bisher als "hoffnungslos" unlösbar gelten, wird alleine die Tatsache der Strafbarkeit, dazu beitragen, dass der umgangsvereitelnde Elternteil professionelle Beratung oder Begleiteten Umgang annehmen wird, und somit eine Konfliktlösung erreicht werden kann.

In anderen trotzdem weiterhin andauernden Fällen von Umgangsvereitelung werden die Gerichte überwiegend Bewährungsstrafen verhängen, so wie das auch heute bei der Unterhaltspflichtverletzung der Fall ist. Als Ulitma Ratio (letztes Mittel) kommt dann auch eine Haftstrafe in Frage, wobei hier immer noch die Möglichkeit besteht, diese mit Verweis auf das Kindeswohl auszusetzen. Es wird somit nur in einer verschwindend geringen und verantwortbaren Zahl Verurteilungen, bzw. tatsächlich vollzogene Haftstrafen zu verzeichnen sein. Gewinnen werden Tausende von Kindern, ihre Väter, aber langfristig auch die umgangsvereitelnden Mütter, wenn auf diese Weise Kontaktabbrüche vermieden werden.

Als Nebeneffekt werden die Justizkassen erheblich entlastet werden. Steigen wird sicher der Bedarf an qualifizierter Beratung, wobei nicht jede/r, der sich heute mit einem Psychologie-Diplom schmücken darf, der erheblichen Anforderung für diese Tätigkeit gewachsen sein wird.

 


 

 

Am Montag, dem 18. September 2000 um 19 Uhr findet in Osnabrück eine Podiumsveranstaltung mit Diskussion statt, zum Thema

 

"Elternteil-Entfremdung als Straftatbestand"

 

Geplante Podiumsteilnehmer:

Prof. Dr. G. Schusser, Erziehungswissenschaftler, Uni Osnabrück

Prof. Dr. (?) , Kath. FH Nord, Osnabrück

Alexander Alte, Rechtsanwalt, Strafrechtler, Osnabrück

Hartmut Böhm, Gerichtsgutachter

Beate Storner, Mediatorin in der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienmediation

Vertreter des Jugendamtes der Stadt Osnabrück

weitere Vertreter aus Jugendhilfe und Mediation

Veranstalter: Arbeiskreis Elterliche Sorge und Kindeswohl Osnabrück

AVRK Osnabrück, Tel./Fax 0541 123543 (Fritz Baumgartner)

 

Veranstaltungsort: Gebäude der der Innungskrankenkasse (IKK), Rheiner Landstraße 95

Interessierte mögen sich unter der o.g. Telefon/Faxnummer bis zum 14.9.00 anmelden oder schriftlich bei Friedrich Baumgartner, Triftstr. 21, 49090 Osnabrück.

 

 

 


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