Verwaiste Väter


 

 

Der Tod eines Kindes ist für den Vater und die Mutter in der Regel ein existenzieller Verlust. Mitunter überschreitet es das Vermögen der Eltern, diesen Verlust durch Trauer zu verarbeiten und es kommt in der Folge bei den Eltern selbst zu einer Entwicklung in die Selbstzerstörung.

Inzwischen gibt es Selbsthilfegruppen für verwaiste Eltern, wobei hier wie auch in anderen Bereichen Väter noch Exoten sind.

Dem Verlust durch Tod des Kindes durchaus vergleichbar sind Beziehungsabbrüche des Vaters zum Kind infolge anhaltender Umgangsvereitelung durch die betreuende Mutter. Der deutsche Staat muss sich hier vorwerfen lassen, durch seinen bisherigen, häufig laxen Umgang  mit Umgangsvereitelungen zu einer Traumatisierung dieser Väter beizutragen. Der Staat setzt dieser Praxis sogar noch eins drauf, in dem diese Väter trotz anhaltender Umgangsvereitelung rigide auf ihre Pflicht zur Unterhaltszahlung aufmerksam gemacht werden, gegebenenfalls mit staatsanwaltlicher Verfolgung. Das ist psychologisch so ähnlich, als wenn jemand als Kunde in seiner Bank in einen Banküberfall gerät und anschließend zum Schadenersatz für die vom Bankräuber durch die Schießerei verursachten Schäden herangezogen wird.

 

 


 

 

 

 

Tod von Robert Enke

Ein nachdenklicher Rückhalt

Robert Enke hat sportlich und privat viele Rückschläge erlitten. Nun hat er sich das Leben genommen.

 

Robert Enke - Foto: dpa

Von Stefan Hermanns, Bonn

10.11.2009 23:35 Uhr

Am Wochenende hat es mal wieder Aufregung um die deutschen Fußball-Nationaltorhüter gegeben. Diesmal ging es um Robert Enke. Andreas Bergmann, sein Vereinstrainer bei Hannover 96, hatte sich für ihn verwendet. Er sei nicht damit einverstanden, dass Enke von Joachim Löw nicht für die beiden Länderspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste nominiert worden war. Solche Wortmeldungen von mehr oder weniger beteiligten Personen gibt es rund um jedes Länderspiel, aber gestern Abend ist einem wieder einmal bewusst geworden, wie belanglos das eigentlich alles ist. Gestern Abend wurde die Nachricht bekannt, dass Robert Enke tot ist. Er hat sich das Leben genommen.

Der Nationaltorhüter hinterlässt seine Frau und eine acht Monate alte Tochter, die er im Mai adoptiert hatte. Er starb im Alter von 32 Jahren.

Fotostrecke: Robert Enke (9 Bilder)

Enkes Manager Jörg Neblung bestätigte am späten Abend die Todesursache Suizid. Die Polizei teilte mit, dass Enke gegen 18.25 Uhr in Neustadt-Eilvese bei Hannover von einem Regionalexpress erfasst, der mit 160 Stundenkilometern auf dem Weg nach Hannover war. Die beiden Lokführer hätten Enke nur noch leblos aufgefunden. In unmittelbarer Nähe der Bahngleise habe man Enkes unverschlossenen Geländewagen entdeckt, teilte die Polizei den Nachrichtenagenturen mit. Die Türen seien ge-, aber nicht verschlossen gewesen, auf dem Sitz habe Enkes Portemonnaie gelegen. Die beiden Lokführer des Regionalexpresses hätten ausgesagt, eine Person im Scheinwerferlicht auf den Gleisen stehen gesehen zu haben. Die Männer hätten eine Vollbremsung eingeleitet, der Zug sei aber nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand gekommen.

„Wir sind alle geschockt, uns fehlen die Worte“, sagte Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft in einer ersten offiziellen Reaktion. Die Nationalspieler hatten sich gestern zur Vorbereitung auf die beiden Länderspiele in Bonn getroffen, die Nachricht vom Tod ihres Kollegen erfuhren sie nach der ersten Trainingseinheit. Im Kreise der Nationalmannschaft genoss der Torhüter von Hannover 96 ein starkes und gutes Ansehen. Enke wurde gemocht wegen seiner ruhigen, nachdenklichen aber auch fairen und kritischen Art. Angesprochen auf den Konkurrenzkampf um den Platz im deutschen Tor hat er Anfang des Jahres gesagt: „Man muss sich ein bisschen frei machen von der ganzen Hektik rund um diese Torwartgeschichte. Wenn ich das alles an mich ranließe, würde ich ja wahnsinnig werden. Man muss eine Mischung finden aus Ehrgeiz, Anspannung und einer gewissen Lockerheit. Meine Lockerheit ist nicht zur Schau getragen.“

Robert Enke, dessen Vater zu DDR- Zeiten als Sportpsychologe bei Carl Zeiss Jena gearbeitet hat, hat sich immer eine gewisse Distanz zu seinem Beruf und dessen Überdrehung in der medialen Aufbereitung bewahrt. Welche Aufmerksamkeit etwa vor der WM 2006 die Frage erregt habe, ob Oliver Kahn oder Jens Lehmann die Nummer eins im deutschen Tor sein werde, war Enke unverständlich. Er sah es als absurd an, dass die Entscheidung es sogar zur Spitzenmeldung in der Tagesschau gebracht habe. Als gäbe es auf der Welt keine anderen Probleme.

Enke selbst hat nicht nur im Sport, sondern auch im Leben ganz andere Probleme bewältigen müssen. Im September 2006 starb seine zwei Jahre alte Tochter, die mit einem Herzfehler zur Welt gekommen war, im Krankenhaus. Gerade wegen dieser Erfahrung wusste Enke viele Dinge realistisch einzuschätzen. .

Schon als Teenager war er von Carl Zeiss Jena zu Borussia Mönchengladbach gewechselt. Obwohl er in seiner ersten Saison in der Bundesliga mit den Gladbachern abstieg, wurde er an deren Ende zum Confed-Cup 1999 in den Kader der Nationalmannschaft berufen. Zum Einsatz kam er in Mexiko nicht. Trotzdem wechselte er noch im selben Sommer zu Benfica Lissabon, wurde dort als Ausländer und Torwart Kapitän der Mannschaft. Enkes sportliche Perspektiven galten in jener Zeit als glänzend. Doch dann erlebte er Rückschläge, wechselte immer wieder die Klubs und wurde lieber arbeitslos als unglücklich. .

„Er war labil“, sagte Hannovers Präsident Martin Kind in einer ersten Reaktion, nachdem er von Enkes Tod erfahren hatte. In der Öffentlichkeit sei das wohl nicht aufgefallen. „Er hat das überlagert.“ Zumal sich Enke aus der sportlichen Versenkung zurückgearbeitet hat. Beim spanischen Zweitligisten Teneriffa wagte er einen Neuanfang, Ewald Lienen holte ihn dann im Sommer 2004 nach Hannover, wo er sich zu einem der besten Torhüter der Bundesliga entwickelte. Im März 2007, mit knapp 30, debütierte er schließlich in der Fußball-Nationalmannschaft. Es folgten sieben weitere Länderspiele, das letzte im August in Baku gegen Aserbaidschan. .

Noch vor zwei Monaten schien Enke die besten Aussichten zu haben, bei der Weltmeisterschaft im kommenden Sommer in Südafrika Deutschlands Nummer eins zu sein, ehe eine rätselhafte Viruserkrankung ihn stoppte. Neun Wochen musste Enke pausieren, in der Zwischenzeit machte ihm René Adler mit starken Leistungen den Platz im Tor streitig. In einem Interview sagte Enke zuletzt: „Ich habe sehr viel mitgemacht: beruflich und privat. Ich weiß nicht, ob jemand das Leben lenkt. Aber so viel weiß ich: Man kann es nicht ändern. Man muss sich mit einer Verletzung abfinden, man muss sich damit abfinden, wenn man ein Spiel verliert, und man muss sich damit abfinden, wenn man ein Kind bekommt, das schwer krank ist und stirbt.“ .

Enke hat viele Rückschläge ein- und weggesteckt. So auch diesen. Vor zwei Wochen kehrte er nach seiner Erkrankung zurück ins Tor. „Wir freuen uns alle, dass er wieder spielt“, hatte sein Trainer Andreas Bergmann vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln gesagt. „Robert ist in sehr guter Verfassung. Er ist wieder ganz der Alte.“ Und auch Enke war froh, „dass es jetzt wieder los geht“. Am Sonntag gegen den Hamburger SV stand er erneut im Tor. Es war wie so oft bei ihm: Enke spielte souverän und sicher, aber auch unauffällig und ohne Show. Es war sein 196. Bundesligaspiel. .

In den vergangenen Wochen war spekuliert worden, dass Enke Hannover im Sommer verlassen könne, vielleicht sogar zum Hamburger SV oder zu Bayern München gehe. Aber zuletzt hieß es wieder, dass er auf keinen Fall den Verein wechseln wolle und sich in Hannover wohl fühle. .

Zwei Jahre ist es her, da saß Enke nach dem Training am Maschsee. Es war Sommer, die Sonne schien, und es ging um seine Zukunft. „Eigentlich habe ich es mir abgewöhnt, langfristige Pläne zu machen“, sagte er. Aber wenn er es sich aussuchen könnte, würde der gerne noch fünf Jahre Bundesliga spielen und dann zum Abschluss noch einmal zwei bis drei Jahre bei Benfica. „Benfica ist ein Verein, der mir sehr ans Herz gewachsen ist. Und wenn ich im Alter Probleme mit dem Kreuz habe, kann ein bisschen mehr Sonne beim Training ja auch nicht schaden.“ .

Alt ist Robert Enke leider nicht geworden.

http://www.tagesspiegel.de/sport/Fussball-Robert-Enke-Hannover-96-Nationalmannschaft;art133,2947113

 

 


 

 

 

Verwaiste Väter

Männer trauern anders – oder gar nicht?

Ein Erfahrungsbericht von Kai Lüftner

Im September letzten Jahres haben meine Frau und ich innerhalb von 2 Wochen unsere Zwillinge verloren. Sie starben auf der Neugeborenenstation.

Das Schlimmste, Unvorstellbarste und Unfassbarste ist passiert – Kinder sterben vor ihren Eltern und lassen erwachsene Menschen zurück, die das Gefühl haben, ein Stück ihrer selbst, ihrer Zukunft, ihres Herzens zu begraben.

Mittlerweile ist der Schleier des ersten und größten Schocks überwunden und wir bewegen uns irgendwo auf der Grenze zur 2. Trauerphase – der Realisierung des ganzen Ausmaßes dieser für uns unfassbaren Tragödie.

Eigentlich der Punkt, an dem man sich auf das umfangreiche Netzwerk von professionellen Therapieangeboten und Selbsthilfegruppen einlässt und versucht herauszufiltern, was angemessen und passend erscheint. Als verwaiste Mutter gelingt das bei Bedarf und Interesse auch ohne größere Probleme. Als verwaister Vater allerdings...

Auf den spärlichen Internetforen explizit für verwaiste Väter kann es passieren, dass der letzte Eintrag von 2003 ist oder man mit der aktuellen Explorer-Version nicht mal mehr auf die Inhalte der Website zugreifen kann.

Auf sternenkinder.de hingegen – einem der größten deutschen Internetforen für verwaiste Eltern (zu weit über 90% genutzt von Frauen) – pendelt man sich ohne Probleme bei bis zu 500 Beiträgen täglich ein. Wie diese Diskrepanz? Zu all den verwaisten Frauen muss es doch auch Männer / Erzeuger / Partner / Väter geben?

Fragt man nach, die immer gleichen Antworten. Hier die Top 3:

- Mein Mann trauert für sich allein (oft, indem er einfach so weiter macht wie vor dem Ereignis).

- Ich rede mit meinen Mann nicht darüber – bringt ja sowieso nichts!

- Unsere Beziehung ist zerbrochen weil wir nicht darüber reden konnten.

Ich bin mir sicher, dass jeder Mann in meiner Situation früher oder später schon einmal gefragt wurde, wie es der Partnerin geht – und instinktiv die entsprechende Antwort gegeben hat. Erst nachdem mir das ein paar Mal passiert ist, wurde mir bewusst, was hier eigentlich gerade geschieht. – Ich werde vom Betroffenen zum Second-Hand-Beteiligten degradiert und wundere mich nicht einmal darüber, denn ein Indianer kennt ja bekanntlich keinen Schmerz – und Jungs weinen selbstverständlich nicht!

War ich schon während der Schwangerschaft, und noch bevor es Komplikationen gab, immer „nur mit“ beim Frauenarzt und wurde offenbar einfach als Exot im gigantischen Zirkus der Pränataldiagnostik wahrgenommen, nimmt das Ganze nun im Versuch einer Verarbeitung nahezu absurde Formen an.

Männer sind offenbar derart untypisch und nicht präsent in den offiziellen Beratungsstellen für Eltern (also für Frau UND Mann), dass schon die pure Anwesenheit eines Mannes, der seine Frau oder Partnerin nicht nur als Fahrer begleitet, für deutliche Verwirrung, ja Überforderung sorgt. Äußert sich der Mann dann auch noch selbst zum Tod seiner Kinder und beschreibt ein Verlustempfinden, Schmerz, Trauer, Angst, kann es passieren, dass selbst eine routinierte Beraterin nicht mehr weiter weiß.

Es geht mir auf keinen Fall darum, den Unterschied zwischen Mann und Frau als Paar im Prozess einer Trauer um ihr Kind noch zusätzlich zu forcieren. Das ist schon längst geschehen und wurde sowohl von den meisten Frauen, als auch von den vereinzelten Männern offenbar bereits vollkommen verinnerlicht.

Und selbstverständlich gibt es diese Unterschiede auch! Nie wird ein Mann körperlich und / oder mental empfinden können, was es bedeutet ein Kind zu gebären, einen Kaiserschnitt erleben zu müssen, sich körperlich und hormonell derart zu verändern, Milch zu haben und kein Kind, um ihm die Brust zu geben. Richtig. Das war immer so und wird immer so sein. Auch die Tatsache, dass die meisten Frauen ihrer Emotionalität nicht wie einem Untier aus einer anderen Zeit gegenüberstehen ist mir – als Mann – bewusst.

Aber wir Männer, als handlungsorientierte Problemlöser, mutieren nach einem derartigen Schicksalsschlag plötzlich zum Zuschauer unserer eigenen Trauer. Unfähig es zu formulieren, geschlagene Kämpfer in einem Krieg den wir nie richtig verstanden haben und gefangen in einer Doppelrolle des starken Familienernährers, der nach vorne schaut und eines kleinen Jungen, der gerade miterleben musste, wie die Welt untergegangen ist.

Aber wie lange wird es wohl gut gehen, sich bei der eigenen Verdrängung zu beobachten?

Es gibt in Deutschland – und einer Weltstadt wie Berlin – für alles Selbsthilfegruppen. Für Menschen mit Glasknochen, mit Sonnenallergie – für die seltensten Krankheiten – aber Väter mit gestorbenen Kindern scheinen als Zielgruppe überhaupt nicht zu existieren, bzw. sich selbst als solche zu definieren.

Männer, versucht doch einmal folgendes. Erzählt in einer kleinen Runde über das, was euch passiert ist und ihr werdet feststellen, dass mindestens jede(r) Zweite jemanden kennt, der eine(n) kennt, der / die etwas Ähnliches erlebt hat. Das wäre doch vielleicht ein Anfang vom Ende des Wortes Tabuthema.

Diesen Erfahrungsbericht habe ich in der Hoffnung geschrieben, Männer zu erreichen, die sich ähnlich isoliert und allein gelassen fühlen. Ich rufe euch zu: Wir sind nicht nur die Erzeuger und Fahrer! Es ist okay, traurig und überfordert zu sein, sich allein zu fühlen – ja sogar zu heulen! Verdammt, wir haben unsere Kinder verloren!

Wollt ihr für eure Frauen da sein? Dann tut etwas für euch und gewährt euren verstorbenen Töchtern und Söhnen mehr als nur eine kleine Nische im Hinterkopf die so schnell wie möglich wieder mit Alltagsmüll zugeschüttet wird, um nicht mehr so oft an sie denken zu müssen. Emanzipiert euch und werdet selbstbewusster – nur dann wird und kann sich etwas ändern – auch und gerade im eigenen Erleben!

Es gibt kein Patentrezept damit umzugehen. Da müssen wir alle alleine durch und werden es auch. Aber eines sollte uns durch diesen Schicksalsschlag doch bewusst geworden sein:

Wir sind nicht unverwundbar. Auch wenn wir uns immer so gefühlt haben.

Kontakt: lypse@web.de

 

02.02.2007

 

 

Kommentar Väternotruf:

Man kann sich nicht nur fragen, wo die vielen Väter sind, die durch den Tod ihres Kindes verwaist sind, sondern auch die vielen Tausende von Väter, denen ihr Kind durch eine staatlich betriebene Adoption entzogen wurde, zu der sie zu keinem Zeitpunkt um Erlaubnis gefragt wurden.

 

 


 

 

 

 

"Das tägliche Gebet

Ein Überblick über die neuere historische Forschung zu Männlichkeit und Vaterschaft" (Teil I)

 

Till van Rahden

in "Frankfurter Rundschau", 7.8.01, s. 20

 

"Macht und Zärtlichkeit

Ein Überblick über die neuere historische Forschung zu Männlichkeit und Vaterschaft" (Teil II)

in "Frankfurter Rundschau", 14.8.01, S. 20

 

"William Ewart Gladstone, zwischen 1868 und 1894 viermal britischer Premierminister, hatte sieben eigene und zwölf Pflegekinder. Dass er einer vielköpfigen Familie vorstand, spielte für sein öffentliches Ansehen eine wichtige Rolle und mag z seinem politischen Erfolg beigetragen haben. So ehrgeizig Gladstone seine politische Karriere verfolgte, so gewissenhaft führte er sein Tagebuch. Neben den zahllosen einträgen zum politischen Leben verlieren sich die wenigen Bemerkungen über die Familie. Kurz: Gladstones Leben als viktorianischer Bürger scheinen das vertraute Bild der polarisierten Geschlechtscharaktere und des bürgerlichen Vaters als autoritär-distanzierter Familienpatriarch zu bestätigen. 

Um so  bemerkenswerter sind jene Tagebuch-Passagen, die Auskunft über sein Gefühlsleben geben. Anfang März 1850 etwa notierte Gladstone, wie froh er darüber sei, wieder nach London zu ziehen, da er nun seine kranke, viereinhalbjährige Tochter in den Händen der besten Ärzte wisse. Seit Ende März jedoch verschlechterte sich ihr Zustand infolge einer Gehirnhautentzündung. Zunächst berichtete er nur über die <liebevolle und unerschütterliche Fürsorge> seiner Frau Catherine, doch bald beteiligte sich auch der Vater an der Pflege der kranken Tochter Jessy. Nacht für Nacht wechselten sich Gladstone und seine Frau bei der Krankenwache ab.

Am 2. April notierte er. Jessy habe sich in der Nacht <unruhig hin und her geworfen, gestöhnt und geschrien, zumeist in C.(atherine)s Armen, ansonsten in meinen>.

...

Vielleicht liegt die größte Herausforderung für eine Geschichte der Vaterschaft darin, der Gleichzeitigkeit von individuellen und strukturellen Gewalt- und Machtverhältnissen einerseits und emotionaler Nähe und Zärtlichkeit andererseits gerecht zu werden. Gladstone jedenfalls begleitete drei Tage nach dem Tod seiner Tochter Jessy in den Morgenstunden des 9. April ihre sterblichen Überreste auf das väterliche Landgut in Kincardineshire. Er habe die Vorhänge der Kutsche geschlossen , liest man in seinem Tagebuch, <um ganz allein zu sein mit dem Gedanken an sie, die mir unablässig, zuzuwinken und zu sagen schien: Komm, Papa komm."

 

 

 


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