Väternotruf

September 2010


 

 

 

 

Verein Väteraufbruch

Vorstandswahl auf der Bundesmitgliederversammlung

Sa 25.09.2010

Die Mitglieder des bundesweiten Vereins "Väteraufbruch für Kinder e.V." wählten auf der diesjährigen Bundesmitgliederversammlung mit großer Mehrheit den Hanauer Gymnasial-Lehrer Helge Messner in den Bundesvorstand. Er füllt damit die Lücke des zurückgetretenen Pfarrers Dietmar Nikolai Webel aus Gollma bei Halle. Herrn Webel wurde unter großem Applaus für seine langjährige Vorstandsarbeit gedankt, er wird auch weiterhin aktiv im Verein mitarbeiten.

Die Mitglieder beschäftigten sich intensiv mit der politischen Lösung des Sorgerechts für nicht-miteinander verheiratete Eltern. Einhellig wurde eine Antragslösung missbilligt. Eine gemeinsame Sorgeverantwortung darf nicht erst durch einen Streit vor Familiengericht begründet werden. Von Vorstandsmitglied Rainer Sonnenberger wurde das Diskussionskonzept eines "Kooperationsmanagers" vorgestellt. Dieses Konzept stellt sicher, dass Eltern den schwierigen Weg von einer Trennung zur weiter bestehenden gemeinsamen elterlichen Verantwortung gehen können.

Einstimmig wurde außerdem beschlossen, sich an der Gründung des Bundes-Männerforums zu beteiligen.

www.vafk.de

 

 

 

 

 


 

 

GÜTERSLOH

Erziehungshilfe kaum noch bezahlbar

Fünf Kinder einer Familie im Heim / Immer mehr Intensivbetreuungen

VON RAINER HOLZKAMP

Sozialdezernent Joachim Martensmeier.

"Ambulant vor stationär" | FOTO: RVO

Gütersloh. Und das bei der anhaltend heiklen Haushaltslage: Der Stadt laufen die Kosten in der Erziehungshilfe davon. Über 800.000 Euro müssen überplanmäßig bereitgestellt werden. Grund sind neben nicht eingetretenen Einspareffekten und einem generellen Anstieg der Fallzahlen mehrere extrem kostenintensive Einzelfälle. Besonders krass der Fall einer zugezogenen Familie.

Fünf Kinder dieser Familie waren bereits vorher im Heim untergebracht. Und so sind infolge des Zuzugs Kosten von 286.000 Euro für das Jahr 2010 entstanden. "So etwas kommt immer wieder vor", konstatierte Sozialdezernent Joachim Martensmeier.

In einem weiteren Fall war nach jahrelanger ambulanter Unterstützung der Familie jetzt die gemeinsame stationäre Unterbringung von Mutter und Kindern "unabwendbar", so Martensmeier. Mehrkosten hierfür: 80.000 Euro.

Zwar ist die Zahl der stationären Unterbringungen (rund 100 pro Quartal) seit 2008 leicht gefallen, doch erweisen sich die Regelangebote der Einrichtungen aufgrund der komplexen Problemlagen vermehrt als unzureichend. Laut Verwaltung stimmen die Heime der Aufnahme von Kindern und Jugendlichen "mit einem hohen Potenzial an Selbst- und Fremdgefährdung" nur unter der Bedingung zu, dass sie die Kosten für unerlässliche "Intensivbetreuungen" erstattet bekommen.

Damit ist ein Personalschlüssel von 1:1 verbunden. Aktuell gibt es bei der Erziehungshilfe drei solcher Fälle. Sie kosten die Stadt jährlich - jeweils - 75.000 Euro.

Damit nicht genug: Immer mehr von seelischer Behinderung bedrohte oder betroffene Kinder und Jugendliche sind nach Darstellung von Martensmeier ohne die durchgängige Begleitung von Integrationshelfern "nicht mehr beschulbar". Eine Entwicklung, die sich bundesweit in vielen Kommunen abzeichne und die zunehmend zu Kostensteigerungen führe.

Bei den ambulanten Jugendhilfen übertrifft der Anstieg der Fälle um 20 Prozent binnen zwölf Monaten die Steigerungen der Vorjahre. Zum Vergleich: Im dritten Quartal 2008 lag die Zahl bei 197, im zweiten Quartal 2010 bei 271. "Diese Entwicklung ist durchaus gewollt", sagte Martensmeier der NW, denn es gelte der Grundsatz "Ambulant vor stationär".

So ließen auch Frühwarnsysteme Gefährdungspotenziale erkennen, bei denen familienunterstützende Hilfen angebracht seien; andernfalls drohe eine spätere kostenträchtige Heimunterbringung.

Mit dem alarmierenden Bericht befasst sich am Dienstag, 28. September, der Jugendhilfeausschuss. Beginn der öffentlichen Sitzung im Ratssaal ist um 17 Uhr

22.09.2010

http://www.nw-news.de/lokale_news/guetersloh/guetersloh/3778480_Erziehungshilfe_kaum_noch_bezahlbar.html?cnt=3778480

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Die Stadt Gütersloh dürfte froh sein, wenn sie diese Familie wieder los wird. Das geht ganz einfach, ordentlich die Familie nerven und ihr gleichzeitig anbieten, dass man die Umzugskosten in eine andere Stadt, anderen Landkreis übernimmt. Das hat die Familie sicher auch schon in der Kommune erfahren, wo sie herkommt. In Deutschland wird reiselustigen nichtsesshaften Müttern und Vätern das Geld der Steuerzahler ja geradezu hinterhergeworfen, nur damit man als Kommune die Kosten nicht selber tragen muss - sogenanntes Sankt-Forian Prinzip. Gerne nutzen auch entfremdende Mütter die Möglichkeit auf diese Weise kostenlos durch ganz Deutschland zu tingeln und unter den wohlwollenden Augen der Jugendämter und Familiengerichte den Kontakt der Kinder mit ihrem Vater auf diese und andere Weise zu vereiteln.

 

 


 

 

 

Frankfurter Rundschau › Rhein-Main › Offenbach

Interview mit Familienrichterin

Die Aggression steigt

Die Präsidentin des Amtsgerichts Offenbach, Elisabeth Fritz, spricht im FR-Interview über ihre Erfahrungen als Familienrichterin und den Amoklauf von Lörrach

Frau Fritz, Sie sind Familienrichterin. Macht Sie der Amoklauf von Lörrach, bei dem es um einen Sorgerechtsstreit ging, nachdenklich?

Ob es wirklich um einen Sorgerechtsstreit ging, ist noch offen. Grundsätzlich bemerke ich aber, dass vor Gericht die Aggressivität in Familienrechtsstreitigkeiten steigt. Wie im restlichen Leben ja auch. Das ist eine verstörende Entwicklung. Ich bitte schon mal einen Rechtsanwalt oder einen Wachtmeister, nach der Verhandlung eine Mandantin zum Auto zu begleiten, wenn ich mir nicht sicher bin, ob der Mann nicht gewalttätig wird. Man entwickelt da so ein Gespür. Besonders wenn um die Kinder gekämpft wird, trifft das die Menschen in ihr Innerstes.

Zur Person

Elisabeth Fritz ist seit 2009 Präsidentin des Offenbacher Amtsgerichts. Als Direktorin des Amtsgerichts Königstein entwickelte die Familienrichterin mit einem Kollegen 2008 das Königsteiner Modell für Scheidungen, bei dem Ehepartner, Anwälte und das Jugendamt möglichst früh zusammenkommen.

In den 90er Jahren arbeitete Fritz als Richterin am Land- und Oberlandesgericht Frankfurt .

Die 54-Jährige lebt mit Mann und zwei Teenagern in Frankfurt. mre

Wie reagieren Sie auf Gewaltausbrüche?

Ich bemühe mich, es nicht unnötig zur Eskalation kommen zu lassen, sondern die Person angemessen zu behandeln. Ich versuche, den Menschen freundlich und mit Empathie zu begegnen, auch wenn die Entscheidung negativ für den Betreffenden ausgeht. Er darf nicht das Gefühl haben, als Objekt staatlicher Gewalt herabgewürdigt zu werden. Bahnt sich eine aggressive Stimmung im Gerichtssaal an, habe ich Strategien, zu einer ruhigen Situation zurückzukehren. Man muss den Männern klarmachen, dass Gewalt kein Weg ist. Bis jetzt habe ich das immer hingekriegt. Wichtig ist, selbst ruhigzubleiben.

Die Männer schlagen ja eher außerhalb des Gerichts zu.

Manchmal hört man im Nachhinein, dass es zu Gewalt gekommen ist. Aber es lässt sich nicht rekonstruieren, ob in Folge der Gerichtsverhandlung. Es gibt Leute, die aus finanziellen Gründen in einer Wohnung leben, obwohl sie schon getrennt sind. Da kommt das dann eher mal vor. Meist kriegt man das aber nicht mit. Gewalttätigkeit entwickelt sich lange und beschreibt ein festes Verhaltensmuster. Sie kommt auch in langanhaltenden Beziehungen vor. Die Frauen kehren oft immer wieder zurück zum prügelnden Mann. Da herrscht dann eine gewisse Abhängigkeit – vielleicht ist es auch Liebe – und die Hoffnung, dass alles besser wird.

In Lörrach ist eine Frau die Aggressorin.

Das Sorgerecht spielte eventuell eine Rolle. Der Entzug des Sorgerechts ist eine extreme Ansage. Ich weiß aber zu wenig über den Fall.

Haben Sie schon erlebt, dass sich die Parteien ihrer Familienrechtsstreitigkeiten ans Leben gingen?

Gott sei Dank habe ich das noch nicht erlebt. Weder im Gericht, noch außerhalb. Ich habe aber den Eindruck, dass es mehr Gewaltschutzverfahren gibt. Das ist darauf zurückzuführen, dass Frauen jetzt nach dem Gewaltschutzgesetz die Möglichkeit haben, einen gewalttätigen Mann aus der Wohnung zu verbannen. Es gibt auch öfter Kämpfe ums Kind – wahrscheinlich, weil heute beiden Elternteilen das Sorgerecht zugesprochen werden kann. Früher war das Sorgerecht automatisch bei den Müttern. Es gab ja auch weniger Scheidungen als heute.

Fühlen Sie sich selbst bedroht?

Angst vor Amokläufen habe ich nicht mehr als sonst auch. Im Gericht sind wir auch gut geschützt, weil es am Eingang Sicherheitsschleusen gibt. Das ist an vielen Gerichten Standard. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es freilich nicht. Auch außerhalb bin ich noch nie angegriffen worden. Der Beruf bringt es nun mal mit sich, dass ich als Richterin mit meinen Entscheidungen in die menschlichen Schicksale eingreife. Da kann man nicht ausschließen, dass man als Entscheidungsträger mal in den Fokus gerät. Das muss man hinnehmen.

Interview: Madeleine Reckmann

http://www.fr-online.de/rhein-main/offenbach/die-aggression-steigt/-/1472856/4671554/-/index.html

 

 


 

 

Das Blutbad in Lörrach Das ist die Amok-Läuferin

Es berichten A. BACHNER, S. BAUMANN, J. WOLLBRETT, M. SCHOLZ, B. STREHLAU, F. ERNST, U. REINHARDT, S. WINDHOFF, M. KLEBL (Texte) und D. ROSSBACH, M. HAHN (Fotos)

Wer war die Frau, die ihre Familie auslöschte, drei Menschen tötete?

BILD ging auf Spurensuche: Die Kanzlei und Wohnung von Sabine R. († 41) in der Innenstadt von Lörrach ist ausgebrannt, zertrümmert von einer gewaltigen Explosion, die die Täterin selbst ausgelöst hatte. Hier lebte die Anwältin zuletzt. Sie hatte sich erst im Sommer von ihrem Mann getrennt, war ins 30 Kilometer entfernte Lörrach gezogen. Vor acht Wochen mietete sie die Erdgeschosswohnung direkt gegenüber dem St. Elisabethen-Krankenhaus.

Warum wurde die Anwältin zur Killerin?

Bis vor Kurzem schien die Familie noch glücklich. Sabine R. lebte mit ihrem Mann Wolfgang († 44, Schreiner) und Söhnchen Roman († 5) im idyllischen Schwarzwalddörfchen Häg-Ehrsberg. Vor zwei Jahren erst hatte das Paar das Einfamilienhaus gekauft, liebevoll renoviert.

An den Fenstern im ersten Stock kleben rote Herzen. Im Garten steht eine Schaukel, daneben ein Klettergerüst. Das Paar war im Musikverein, fuhr oft mit dem Wohnwagen an den Lago Maggiore, der kleine Roman hatte viele Freunde im Ort. Geldsorgen gab es nicht.

Doch vor wenigen Monaten zerbrach die Ehe, im Juni trennte sich das Paar.

Eine Nachbarin: „Wolfgang R. hatte eine neue Freundin.“ Der Ehemann blieb im Haus wohnen, behielt den Sohn bei sich. Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer: „Das Kind lebte beim Vater. Ein Sorgerechtsstreit war nicht anhängig. Am Wochenende war der Junge bei der Mutter zu Besuch.“

Die Nachbarin über die Amokläuferin: „Sie kam offenbar nicht darüber hinweg, dass der Sohn beim Vater lebte. Sie hatte alles verloren: Mann, Kind, Haus. Aber dass sie zu so was fähig ist, hätte ich nie im Leben gedacht.“

Sabine R. besorgte sich mehrere Kanister Nitroverdünner, 300 Schuss Munition. Sie war Sportschützin, besaß legal mehrere Waffen.

Plante sie gezielt einen Anschlag auf ihre Familie, die sich von ihr getrennt hatte? Und auf das Krankenhaus, an das sie nach der Fehlgeburt so schreckliche Erinnerungen hatte?

Die Tagesmutter, die regelmäßig den kleinen Roman betreute, sagt: „Ich hab in dem Krankenhaus gerade ein Baby auf die Welt gebracht. Sabine fragte mich vorwurfsvoll, wie ich in diesem Krankenhaus entbinden könne ...“

Am Wochenende bekam Sabine R. Besuch von ihrem kleinen Sohn. Sie verbrachten die letzten Stunden miteinander.

Als der Vater den Sohn abholen wollte, lief er in die tödliche Falle. Die Polizei fand bei einer Hausdurchsuchung vier weitere Waffen der Sportschützin.

21.09.2010

http://www.bild.de/BILD/news/2010/09/21/amoklauf-loerrach-taeterin/das-ist-die-amok-laeuferin.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf: 

Häg-Ehrsberg - http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4g-Ehrsberg

Die Gemeinde Häg-Ehrsberg liegt im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Schönau. Für Familiensachen aus dem Bezirk des Amtsgerichts Schönau ist das Amtsgericht Bad Säckingen zuständig. Das Amtsgericht Bad Säckingen wäre im Fall eines Antrages auf Zuweisung des alleinigen Sorgerechtes durch Sabine Rademacher zuständig gewesen. Wenn Frau Rademacher dort einen guten Eindruck hinterlassen hätte, wäre womöglich dem von ihr am 19.09.2019 getöteten Vater des gemeinsamen Sohnes das Sorgerecht nach §1671 BGB entzogen worden. Doch auf das Familiengericht wollte sich Frau Rademacher zur Abstrafung des Vaters möglicherweise nicht verlassen - die Familienrichter haben heutzutage ja auch immer weniger Lust als Büttel des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung den Schandparagraphen §1671 BGB zur Anwendung zu bringen und rigide Elternentsorgung zu betreiben. Und so zog Frau Rademacher dann wohl als selbsternannte Strafrichterin zu Felde. Die Politiker - die nicht müde werden, den Schandparagrafen §1671 BGB zu verteidigen, mit dem noch immer so viele Eltern entsorgt werden, weinen Krokodilstränen, die Blumen an den Hinrichtungsstätten verwelken und in drei Monaten geht alles seinen gewohnten Trott.

 

 

 

Bluttat von Lörrach: 300 Schuss Munition dabei Wie viele Menschen wollte die Amokläuferin noch töten?

Rache für Fehlgeburt?

20.09.2010 - 16:36 UHR

Lörrach – Amokläuferin Sabine R. († 41) hatte nach Angaben der Polizei 300 Schuss Munition dabei, als sie in das Elisabethen-Krankenhaus in Lörrach stürmte. Wie viele Menschen wollte die Anwältin noch töten?

Die Einsatzkräfte in Lörrach waren nach dem Amoklauf von Winnenden speziell geschult

Sabine R. benutzte eine Kleinkaliberwaffe vom Typ Walther Longrifle 22 mm. Mit dieser Waffe erschoss sie zunächst ihren Ehemann, von dem sie getrennt lebte. Ihr Sohn kam auf andere Art zu Tode, sein Körper wies „stumpfe Einwirkung von Gewalt auf“.

Nachdem sie ihr Wohnhaus in Brand gesteckt hatte, stürmte die Frau zum Krankenhaus, schoss auf dem Weg dorthin auf mehrere Passanten.

Die Polizei bestätigte, dass Sabine R. Sportschützin war und legal eine Waffe besaß.

Sabine R. brachte 300 Schuss Munition mit ins Krankenhaus!

Die Ermittler fanden später über 100 Patronenhülsen allein auf dem Boden der Geburtsstation. Die herbeigeeilten Polizeibeamten hatten sich ein regelrechtes Feuergefecht mit der Todesschützin geliefert.

Die Amokläuferin verschanzte sich in einer Nische und feuerte immer wieder auf ein Patientenzimmer, in dem sich eine Frau und sechs Besucher befanden.

Schließlich wurde sie von der Polizei erschossen. „Die Beamten mussten das Leben der Patienten schützen“, so der Staatsanwalt.

Dem schnellen Einsatz der Polizei ist es zu verdanken, dass nicht noch mehr Menschen dem Amoklauf von Sabine R. zum Opfer fielen.

Das Einsatzkonzept wurde nach dem Amoklauf von Winnenden entwickelt. Die Polizisten haben eine spezielle Schulung durchlaufen, um Amokläufer im Ernstfall sofort außer Gefecht setzen zu können.

RACHE FÜR FEHLGEBURT?

Machte die Anwältin das Krankenhaus für eine Fehlgeburt vor sechs Jahren verantwortlich und wollte Rache nehmen?

Die Ermittler gaben auf der Pressekonferenz am Montag bekannt, dass Sabine R. im Jahr 2004 eine Fehlgeburt erlitten hatte – im Elisabethen-Krankenhaus.

Das würde auch erklären, warum Sabine R. ausgerechnet in die Geburtsstation der Klinik lief und dort um sich schoss!

Die 41-Jährige war ohne Umwege dorthin hingelaufen, nachdem sie bereits vor der Klinik mehrere Passanten angeschossen hatte.

„Ob die Fehlgeburt der Grund war, dass sie sich dort hinwandte, wissen wir nicht”, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer.

KANNTE DIE AMOKLÄUFERIN DEN PFLEGER?

Auf der Geburtstation tötete Sabine R. einen Krankenpfleger (56), der bei der Essensausgabe war. Sie stach mehrfach auf den Mann ein, schoss ihm außerdem mehrmals in den Kopf! Augenzeugen berichteten, dass die Amokläuferin gar nicht mehr von dem Mann ablassen wollte.

Dennoch gehen die Ermittler bislang von einem Zufallsopfer aus. „Wir haben bisher keinerlei Querverbindungen gefunden. Wir gehen davon aus, dass der Pfleger ihr zufällig über den Weg lief.“ 

http://www.bild.de/BILD/news/2010/09/20/loerrach-amoklauf-fehlgeburt/motiv-fuer-klinik-stuermung.html

 

 

 

 

Amoklauf

Die Todesnacht von Lörrach

Von Julia Jüttner

Sabine R. hat das beschauliche Lörrach in Angst und Schrecken versetzt: Die Anwältin und Sportschützin tötete ihren fünfjährigen Sohn, ihren Mann und einen Pfleger. 18 Menschen wurden bei der Amoktat verletzt - was trieb die Frau bloß, fragen sich die Nachbarn.

Hamburg - Das Ehepaar S. sitzt in seinem Wohnzimmer in der Markus-Pflüger-Straße im baden-württembergischen Lörrach, als am Sonntag, kurz nach 18.30 Uhr, ein lauter Knall das Haus erschüttert. "Ich dachte, da kommt ein Flugzeug runter", erinnert sich Gerlinde S. Sie blickt aus dem Fenster und sieht, wie "Gegenstände und Glassplitter durch die Luft fliegen", wie Anwohner aus dem Nachbargebäude rennen. Sie glaubt an eine Gasexplosion, schlüpft eilig in ihre Schuhe und läuft mit ihrem Mann aus dem Haus.

Auf der Straße lautes Geschrei, es wimmelt vor Feuerwehrleuten und Polizisten, es herrscht Chaos. "Bringen Sie sich in Sicherheit, hier rennt jemand mit einer Maschinenpistole herum!", ruft ein Beamter dem Ehepaar zu. Gerlinde und Hans-Peter S. verharren einen Moment lang, da kommt eine Frau aus dem gegenüberliegenden St. Elisabethen-Krankenhaus gelaufen und ruft: "Die Person befindet sich in Zimmer 107!"

Erst langsam begreifen Gerlinde und Hans-Peter S., dass sie Augenzeugen eines Amoklaufs sind. Mitten in ihrem beschaulichen 48.000-Einwohner-Städtchen. Die Markus-Pflüger-Straße, keine fünf Gehminuten vom Zentrum entfernt, ist Kulisse für Blaulicht und Sirenengeheul, Tod und Zerstörung. Das Erdgeschoss in Hausnummer 22 ist total verwüstet.

Lörrach: Die Taschen voller Munition

Gerhard R., ein anderer Nachbar, ist bei Verwandten, zwei Straßen entfernt. "Selbst dort hat man die Detonation gespürt. Ich dachte, das ist ein Erdbeben, die Türen haben im Rahmen gewackelt", erinnert er sich. Nach Hause, zurück in seine Wohnung, darf er zunächst nicht. Inzwischen sind rund 300 Polizisten und Rettungskräfte im Einsatz.

Das Ehepaar S. kommt bei seiner Tochter in der Nähe unter. Gegen 22 Uhr dürfen sie wieder zurück in ihre Wohnung, längst wissen sie, was sich im Nachbarhaus zugetragen hat: Sabine R. lief Amok. Zuerst tötet sie in ihrer Wohnung in der Hausnummer 22 ihren Ehemann, der sich vor mehreren Wochen von ihr getrennt haben soll, und den gemeinsamen fünf Jahre alten Sohn.

Der Pfleger in der Gynäkologie - ein "Zufallsopfer"

Anschließend stürmt Sabine R. nach Polizeiangaben über die Straße zum St. Elisabethen-Krankenhaus - bewaffnet mit einem Messer und einer kleinkalibrigen Pistole .22, wie sie Sportschützen benutzen. Als solche hatte sich Sabine R. ausbilden lassen, besaß nach Angaben von dpa legal mehrere Waffen.

Vor der Klinik schießt sie um sich, trifft zwei Passanten. "Eine Person wurde durch einen Kopfstreifschuss, eine weitere im Rücken getroffen und schwer verletzt", sagte ein Polizeisprecher.

"Gezielt" sei Sabine R. danach in die gynäkologische Abteilung im ersten Stock des Krankenhauses gelaufen. Dort sei sie auf einen Pfleger losgegangen, der gerade die Tabletts vom Abendessen in einen Wagen schob. Ihn habe sie mit einem Messer attackiert und mehrmals in den Kopf geschossen, der 56-Jährige starb. Laut Staatsanwaltschaft kannte Sabine R. ihr Opfer nicht.

Die Polizei hat die 41-Jährige inzwischen orten können. Im ersten Stock kommt es zu einem heftigen Schusswechsel zwischen Sabine R. und Polizeibeamten. Einer von ihnen wird schwer am Knie verletzt. Die 41-Jährige wird von den Beamten tödlich getroffen, sie stirbt nach Angaben der Staatsanwaltschaft auf dem Klinikflur im ersten Stock. Warum sie gezielt diesen Bereich des Krankenhauses aufgesucht hatte, sei bislang nicht geklärt, so der Polizeisprecher.

Ebenso unklar ist, ob ein Sorgerechtsstreit Auslöser der Bluttat war. Das werde derzeit geprüft, sagte der Sprecher.

Geklärt ist hingegen, dass Sabine R. ihren Ehemann und den gemeinsamen Sohn vor der Explosion tötete. Demnach erschoss sie den 44-Jährigen mit der Sportwaffe. Wie der Sohn zu Tode kam, ist noch unbekannt. Die Leichen der beiden waren nach dem Brand in den Räumen der Kanzlei gefunden worden, nachdem das Feuer dort gelöscht worden war. Eine Nachbarin will drei Schüsse gehört haben, danach den lauten Knall der Explosion.

"Regelmäßig gab es bei der Übergabe Streit im Hausflur"

"Die Explosion in dem Mehrfamilienhaus wurde höchstwahrscheinlich durch einen Brandbeschleuniger ausgelöst", sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer SPIEGEL ONLINE. Entsprechende Kanister seien im Büroraum der Wohnung sichergestellt worden. Sachverständige des Landeskriminalamtes untersuchen die Details.

Die Detonation war so heftig, dass eine Wand aus dem Haus herausgerissen wurde. 15 Personen wurden durch Rauchgasvergiftungen verletzt. Im vierten Stock standen Bewohner auf den Balkonen: "Das Treppenhaus ist total verqualmt, wir können nicht über den Hausflur nach unten", hätten sie gerufen, erinnert sich Gerlinde S. Sie seien schließlich über das rückwärtige Gebäude mit Hilfe einer Drehleiter gerettet worden. Die Feuerwehr rettete aus dem brennenden Haus sechs Erwachsene und ein Kind.

Sabine R. war erst vor wenigen Wochen in eine Erdgeschosswohnung in der Markus-Pflüger-Straße 22 gezogen, hatte an der Außenwand ihr Büroschild für ihre Kanzlei anbringen lassen. Laut Bundesrechtsanwaltskammer war sie erst seit Dezember 2009 als Rechtsanwältin tätig.

Hans-Peter S., ein Bewohner aus Hausnummer 20, lernte die Juristin kennen, als er vor Wochen am Garagentor hantierte. Höflich habe sie gefragt, ob sie sich ihm vorstellen dürfe. "Eine aufgeschlossene, sympathische Frau", erinnert sich auch Karl A. Auch ihm habe sich die 41-Jährige vorgestellt. "Keine Selbstverständlichkeit in einem drei Häuser großen Wohnblock mit insgesamt 52 Wohnungen."

Das Kind lebte beim Vater, den Nachbarn erzählte Sabine R. das Gegenteil

Sie habe auch erzählt, dass sie mit ihrem Sohn allein lebe. Ihre Kanzlei habe sie deshalb direkt bei ihrer Wohnung, um als alleinerziehende Mutter die Betreuung besser zu koordinieren. "Nach unserer Erkenntnis lebte der Sohn bei seinem Vater und war am Sonntag nur zu Besuch bei seiner Mutter", sagte Oberstaatsanwalt Inhofer. Das Motiv für die Tat sieht er im "persönlichen Bereich".

Direkte Nachbarn wollen mehrfach lautstarke Auseinandersetzungen zwischen Sabine R. und dem von ihr getrennt lebenden Ehemann gehört haben. "Regelmäßig gab es bei der Übergabe des Kindes Streit im Hausflur", sagten mehrere Bewohner SPIEGEL ONLINE.

Inwieweit hatte Sabine R. die Tat geplant? Woher stammten die Waffen? Warum tötete die Juristin den Pfleger? Weitere Einzelheiten zu der Tat und zu den Ermittlungen wollen Polizei und Staatsanwaltschaft am Montagnachmittag bekanntgeben.

Der Tatort, speziell die gynäkologische Abteilung sowie die Wohnung und Kanzlei der Juristin, bleibt auch am Montag abgesperrt. Ein Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes, Seelsorger und Psychologen sind vor Ort.

"Wir sind schockiert über diese Schreckenstat", sagt Gerlinde S. "Und gleichzeitig überlegen wir, was noch alles hätte passieren können. Hier spielen so viele Kinder, hier leben so viele Menschen."

Lörrach sei "fassungslos", sagte auch Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm bestürzt über die Tat. Die Einsatzkräfte hätten Schlimmeres verhindern können. Auch die erfahrenen unter den Helfern und Beamten zeigten sich von dem Amoklauf aufgewühlt. "Wir konnten Schlimmeres verhindern, ja, aber der Pfleger ist dennoch gestorben", sagt ein Polizeisprecher. "Der geht morgens zur Arbeit, um zu helfen wie wir, und kommt einfach nimmer heim."

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,718403,00.html

 

 


 

Schriftsteller Thomas Hettche

"Die Ohrfeige ist Ausdruck der Verzweiflung"

Herlinde Koelbl/ KiWi

Thomas Hettche: Beim Müttertalk außen vor

Er schreibt über "Die Liebe der Väter" und den Schmerz, der Männer ohne Sorgerecht erfasst, wenn ihnen ihre Kinder entgleiten. Im SPIEGEL-ONLINE-Interview spricht der Schriftsteller Thomas Hettche über Familie, Schuld und die Bedeutung, die ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts für ihn hat.

 

SPIEGEL ONLINE: Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schrieb, das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Grundsatzurteil, in dem es das Sorgerecht unverheirateter Väter stärkte, ihrem neuen Buch "Die Liebe der Väter" ungeahnte Aktualität verliehen. Die "Süddeutsche Zeitung" meinte, das Urteil habe Ihren Roman überflüssig gemacht. Was gilt denn nun?

Thomas Hettche: "Die Liebe der Väter" ist kein Pamphlet, das man weglegt, wenn es nicht mehr dem Stand der Debatte entspricht, sondern ein Roman, der von Menschen erzählt. Die Erfahrung, die mein Held macht - die des Vaters, der kein Sorgerecht hat -, ist eine von Versagen und Ohnmacht, und insofern zeitlos gültig. Überraschend war für mich bei der Recherche aber, wie sehr sich die Geschichten lediger Väter gleichen, weil die Rechtslage ähnliche Schicksale hervorgebracht hat. Und insofern ist das Schicksal meines Helden auch wiederum mehr als ein einzelnes.

 

SPIEGEL ONLINE: Im Roman ist an einer Stelle vom "Krüppelblick der verlassenen Väter" die Rede. Wer verkrüppelt da wen und wie?

Hettche: Getrennt lebende Väter erzählen immer wieder von dem Misstrauen, mit dem man ihnen begegnet. Das fängt mit den Müttern auf den Spielplätzen an, betrifft Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen und die Jugendämter. Es gibt einen recht beherrschenden Müttertalk, bei dem man als Vater immer außen vor ist. Man spürt das Vorurteil, man habe die Familie im Stich gelassen. Dieser Verdacht verkrüppelt, schlägt sich nieder als Gefühl von Minderwertigkeit.

 

 

SPIEGEL ONLINE: "Man wird die Schuld nicht los, soviel man davon auch auf sich nimmt", sagt die männliche Hauptfigur über die kaputte Beziehung und das eigene Fehlen in der Familie. Geht es denn darum: Schuld los zu werden?

Hettche: Nein, natürlich nicht. Aber die Frage, die das Kind in meinem Roman seinem Vater immer wieder stellt: "Wann vertragt ihr euch wieder?", hat etwas unausweichliches. Man kann das Leben als getrenntes Paar noch so gut einrichten - dieser Wunsch, dieser Schmerz des Kindes vergeht nicht. Und dieser Schmerz des Kindes ist die Schuld, der man nie mehr entkommt.

 

SPIEGEL ONLINE: Am Ende sagt der Erzähler zur Tochter: "Du warst mir irgendwann nicht so wichtig wie ich mir selbst. Das ist die Schuld." Es gibt nun aber ganze therapeutische Schulen, die sagen: Das ist Integrität. Sich erst mal ehrlich um die eigenen Bedürfnisse kümmern und versuchen, glücklich zu werden.

Hettche: Vielleicht gibt es da ja einen unaufhebbaren Widerspruch? Vielleicht geht es Kindern ja gar nicht primär darum, dass ihre Eltern ihr Leben erfüllt leben. Zumal, wenn diese Erfüllung die Trennung bedeutet.

 

SPIEGEL ONLINE: Sie würden den von Streit und Konflikten belasteten Paaren also zurufen: Reißt euch mal am Riemen?

Hettche: Das ist sicher keine Lösung. Aber auch wenn wir in unseren Lebensentwürfen nicht wissen, was wir tun sollen, wenn ein vitales Bedürfnis des Kindes möglicherweise konträr zu unseren Vorstellungen von Verwirklichung steht, ändert das ja nichts an der Analyse. Mit geht es auch gar nicht um Antworten. Ich wollte mit "Die Liebe der Väter" den Vater-Erfahrungen von Versagen und Ohnmacht einen Ausdruck geben, weil ich den Eindruck habe, dass diese Erfahrungen bisher keinen Raum hatten.

 

SPIEGEL ONLINE: "Man sieht den Söhnen und Töchtern an, dass sie wissen, sie werden niemals mehr erreichen, wofür sie doch vorgesehen waren", schreiben Sie einmal über die Generation der Hauptfigur. Was waren das für Pläne?

Hettche: Die Geschichte spielt ja auf Sylt, und Sylt ist ein wunderbarer Mikrokosmos, weil dort die westdeutschen Eliten über Jahrzehnte hinweg in Kontakt miteinander standen. Zugleich ist es heute ein ungeheuer spießiger Ort. Diese Träume der gehobenen Mittelschicht von Reichtum, die man dort ausgeführt sieht im Lifestyle, in den Restaurants und Hotels, sind heute auf eine seltsame Weise passé. Ich hatte den Eindruck, als sähe man den dortigen Söhnen und Töchtern die Zukunftsangst deutlich an. Und das gehört, wie ich finde, zu einem Roman über einen Vater dazu, der in den Sechzigern geboren und groß wurde mit dem Vertrauen auf staatliche Systeme. Denn unser Nachdenken über Familie geschieht ja heute unter einem äußeren, ökonomischen Druck, es sind ja nicht zuletzt unsere Konzepte von Selbstverwirklichung, die an Grenzen stoßen.

 

SPIEGEL ONLINE: Ein Kritiker sprach mit Blick auf die im Buch dargestellten Familien vom "dusseligen Dreingequatsche", das in der "verquatschten Mittelstandsgesellschaft" allgegenwärtig sei. Wie entkommt man denn dem Malstrom des Geredes? Mit Ohrfeigen, wie sie der Vater in Ihrem Buch der Tochter verpasst, ja wohl nicht.

Hettche: Ich habe den Eindruck, dass es, wenn Familien zusammen kommen, eigentlich immer darum geht, sich gegenseitig seine Modelle zu erzählen, um sie bestätigt zu bekommen. Familie ist für uns heute etwas so Unsicheres, Fragliches, dass sie immer wieder neu hergestellt werden muss. Für den ledigen Vater meines Romans, der in diesen Gesprächen keine Gelingensgeschichte beisteuern kann und eigentlich den Mund halten müsste, ist das furchtbar. Das ist Raum, in dem die Geschichte sich entwickelt. Die Ohrfeige ist keine Antwort, sie ist der Ausdruck der Verzweiflung.

Das Interview führte Daniel Haas

 

ZUR PERSON

Der 1964 geborene Thomas Hettche zählt zu den profiliertesten deutschsprachigen Schriftstellern seiner Generation. Bekannt wurde er 1995 mit "Nox", dem äußerst explizit erzählten Roman der Berliner Nacht des 9. November 1989. Später erschienen "Der Fall Arbogast", ein Kriminalroman über einen Lustmord, und 2006 "Woraus wir gemacht sind", Hettches erzählerisches Bild der USA zwischen 11. September und Irak-Krieg. Im Zentrum seines neuen Romans "Die Liebe der Väter" steht ein lediger Mann, der mit seiner 13-jährigen Tochter ein Wochenende auf Sylt verbringt. Da er kein Sorgerecht hat, muss er schmerzhaft feststellen, wie wenig Einfluss er auf die Entwicklung seines Kindes hat. Mitte August bekam der Text zusätzliche Aktualität: Das Bundesverfassungsgericht entschied, ledigen Vätern ein Sorgerecht für Kinder auf Antrag auch ohne Einverständnis der Mutter zuzugestehen.

03.09.2010

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,715293,00.html

 

 


 

 

 

Roman "Die Liebe der Väter"

Schwierige Beziehung: Viele Väter sehen ihre Kinder nur am Wochenende (Bild: AP)

"Ansammlung von Schuldgefühlen"

Der Schriftsteller Thomas Hettche über seinen Roman "Die Liebe der Väter" und die Sorgerechts-Debatte Thomas Hettche im Gespräch mit Ulrike Timm Ein Mann kämpft darum, für seine Tochter da sein zu dürfen - die Mutter will den Kontakt unterbinden. Aus diesem selbst erlebten Leiden ist das passende Buch zur aktuellen Debatte um das Sorgerecht geworden.

Ulrike Timm: Wenn unverheiratete Paare ein Kind bekommen, dann müssen Vater und Mutter gemeinsam das Sorgerecht erhalten, wenn es denn dem Kindeswohl dient. Das hat vor ein paar Tagen das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Bislang lag das Sorgerecht bei ledigen Paaren automatisch allein bei der Mutter. Und für die Väter, die sich auch nach einer Trennung der Eltern weiter intensiv um ihre Kinder bemühen - und das werden immer mehr -, für die bedeutet das Urteil einen Durchbruch, denn bislang durften sie zwar für ihren Nachwuchs zahlen, hatten aber kein Recht, das Leben des Kindes wirklich zu begleiten. Wenn das Kind zum Beispiel in die Schule kommt oder ins Krankenhaus musste, entschied allein die Mutter, wohin es kam. Wie ein lediger Vater das erlebt, damit setzt sich der Schriftsteller Thomas Hettche in seinem neuen Buch "Die Liebe der Väter" auseinander, geschrieben aus eigener Erfahrung, verarbeitet in einem Roman. Herr Hettche, schönen guten Tag!

Thomas Hettche: Schönen guten Tag, Frau Timm!

Timm: Herr Hettche, Ihr Buch hätte man dem Verfassungsgericht als Fallbeispiel vorlegen können, es ist auch eine literarische Klageschrift. Wollten Sie den Vätern eine Stimme geben?

Hettche: Das ist keine Klage, das ist ein Roman - nicht ein Buch, ein Roman - und erzählt eine fiktive Geschichte eines Vaters und seiner pubertierenden Tochter. Aber natürlich war der Hauptantrieb in der Tat zu versuchen, begreiflich zu machen, was in so einem Vater vorgeht, und diese Ansammlung von Schuldgefühlen und Ohnmachtsgefühlen der Väter, die durch ihre Rechtslage zu Ohnmacht gebracht werden. Und ich dachte, ich würde gerne versuchen auszudrücken, welche Gemengelage da entsteht emotional für diese Männer.

Timm: Wenn das Sorgerecht allein bei der Mutter liegt, wie erlebt denn ein Vater dieses Machtverhältnis?

Hettche: Na ja, ich meine, bei einer Trennung ist natürlich immer das Problem, dass Vater und Mutter in der Regel ja nicht im Guten auseinandergehen, und in der Rechtslage, die bisher herrschte, war das bei unverheirateten Paaren natürlich so, dass die Mutter in einer Machtposition war. Sie haben ja vorhin das Beispiel genannt, wenn man als Vater sein Kind im Krankenhaus besuchen möchte, weil irgendwas geschehen ist, und man braucht dafür eine Vollmacht der Mutter, die sie vielleicht nicht erteilt, ist man natürlich in einer sehr defensiven Haltung. Und das geht ja sozusagen bis zu Kleinigkeiten, dass man ein Kind nicht von der Schule abholen darf ohne eine Vollmacht. Und das produziert einfach ein Ungleichgewicht in der Art und Weise auch natürlich, wie die Kinder ihre Eltern wahrnehmen, weil der Vater, der natürlich im besten Fall ein beschützender, ein sorgender, ein Anteil nehmender Vater sein will, zu dieser Sorge wirklich nicht berechtigt ist. Und das ist ein bisschen die Grundkonstellation, aus der meine Romanfigur heraus dann agiert und spricht.

Timm: Und wie erlebt das aus Ihrer Sicht das Kind?

Hettche: Es ist natürlich … Die Frage zielt ein bisschen auf diesen juristischen Streit, die Frage, was ist das Kindeswohl. Bisher ging man davon aus, das Entscheidende sei, dass das Kind einen festen Lebensmittelpunkt habe, und die Rechtsprechung, die automatisch das Sorgerecht der Mutter zusprach, tat das ja, um damit den Streit um das Kind zu vermeiden. Ich glaube aber, dass es in der Tat wichtig ist, dass das Kind beide Elternteile als mächtig erlebt, als fürsorglich in dem Sinn, dass sie handeln können für das Kind, was natürlich eine Konsensfindung der Eltern voraussetzt, was aber dann, glaube ich, sich auszahlt, weil eben beide Elternteile ihren Part leisten können. Und insofern glaube ich, dass die jetzige Rechtsprechung - und das ist auch die Erfahrung, die ich von vielen Vätern habe - dazu geführt hat, dass viele Kinder natürlich ihre abwesenden, anwesenden, ohnmächtigen Väter ja nicht als vertrauenswürdig erlebt haben.

Timm: Das juristische Problem ist ja mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus der Welt, aber bedeutet gemeinsames Sorgerecht denn automatisch weniger Zank und Streit?

Hettche: Natürlich nicht. Ich denke natürlich, im optimistischen Fall könnte man sagen, dass für die jetzt neugeborenen Kinder und ihre Eltern ja klar ist, dass sie beide in einem Trennungsfall Sorgerecht behalten würden, solange das Gericht nicht bei einem der beiden Elternteile einen massiven Nachteil sieht, und dass deshalb vielleicht natürlich Eltern anders in die Situation hineingehen, auch wenn sie nicht verheiratet sind. Insofern könnte das, glaube ich, in der Tat einen anderen Umgang mit befördern. Aber natürlich die ganz große Zahl von Fällen, die jetzt durch die Jahre entstanden sind und die dadurch auch geprägt sind von Frustration, Aggression und den Schwierigkeiten der jetzigen Rechtslage, die jetzt, wo die Väter sich jetzt einklagen oder versuchen, das Sorgerecht zu bekommen, das wird natürlich eine Lawine von Auseinandersetzungen produzieren, die erst mal nicht zur Harmonie beiträgt.

Timm: Und eingeklagtes Recht produziert auch keine gute Beziehung - zwischen Vater und Kind.

Hettche: Na, ich glaube, das Jugendgericht ist überhaupt natürlich kein guter Ort, um über Kinder zu reden.

Timm: Sie haben Ihr Buch "Die Liebe der Väter" jedenfalls perfekt getimt, bewusst oder unbewusst, der Verlag hat die Veröffentlichung jetzt vorgezogen. Wie bewusst war Ihnen, dass Sie in die politische Diskussion hineinschreiten?

Hettche: Überhaupt gar nicht. Also gerade bei diesem Roman, der nun wirklich ein sehr persönliches Buch ist, auch wenn er fiktiv ist und nicht auch meine Geschichte erzählt, dieses persönliche Buch, so was reift über Jahre. Und ich konnte dieses Buch erst jetzt schreiben und dazu musste wirklich mindestens mal ein Jahrzehnt vergangen sein. Und insofern ist diese Koinzidenz jetzt mit dem Urteil der reine Zufall. Und der Verlag hat das Buch, glaube ich, nur vier Tage vorgezogen.

Timm: Deutschlandradio Kultur, das "Radiofeuilleton", wir sprechen mit dem Schriftsteller Thomas Hettche über das Sorgerecht für ledige Väter und sein neues Buch "Die Liebe der Väter". Das gibt einem Vater eine Stimme, dem die Mutter sein Kind vorenthält. Herr Hettche, lassen Sie uns über Ihr Buch sprechen: Das Mädchen Annika, 13 Jahre alt, ist eher Spross einer Liebelei als einer echten Beziehung, und sie wirft Vater Peter immer wieder vor: Du bist nicht für mich da - in Worten oder auch wortlos. Der Vater muss das aushalten und sich zugleich ziemlich nüchtern eingestehen: Ja, stimmt. Ist das die immerwährende Spannung?

Hettche: Das ist das, was natürlich ein Vater aushalten muss, alle Elternteile aushalten müssen, weil ich glaube, dass Kinder ganz lange, auch wenn sie natürlich in der Trennung furchtbar vernünftig scheinen, ganz lange immer wieder vor der Frage stehen: Warum haben die Eltern sich getrennt und kann das nicht wieder anders sein? Das ist eine sehr furchtbare Frage, die einem dann immer wieder über Jahre hinweg gestellt wird, wo man längst denkt, der Zustand der Trennung ist akzeptiert, weil diese Sehnsucht nach der heilen Familie natürlich nicht aufhört.

Timm: Ihr Peter sagt, die Schuld hört nie auf, egal, wie viel man davon auf sich nimmt, ein immerwährender Brunnen, das meinte ich mit dieser inneren Spannung.

Hettche: Ja, das Umgehen mit dieser Schuld, die viele Väter ja auch schildern als eine Schuld, die so groß ist, wie sie sonst im Leben eigentlich nicht vorkommt, dass man da ein Kind hat, dem man ein Vater natürlich gern sein möchte, und das funktioniert nicht. Und alle anderen Möglichkeiten der Kontakthaltung kommen einem natürlich wie, ja, wie Surrogate des richtigen Lebens vor. Also diese Besuche im Zoo bei Wochenendaufenthalten und auch diese gemeinsamen Urlaube, wo ja gern in der Diskussion argumentiert wird von Müttern, dass die abwesenden Väter sich sozusagen die Rosinen aus dem Kuchen pickten, während sie die Alltagsleistung haben, diese Urlaube, diese nicht normale Zeit, sind natürlich auch etwas sehr Künstliches, was auch schwierig macht, eine Normalität herzustellen, weil dieses Entwachsen und das Sichentwickeln eines Kindes ja durch den unendlich langen Alltag begleitet wird. Und wenn das fehlt, muss man als Vater immer wieder neu eine Nähe herstellen. Und davon erzählt das Buch.

Timm: Ihre Geschichte kulminiert in einer schlimmen Ohrfeige, der Vater schlägt sein Kind. Man ist echt schockiert in dem Moment, wenn man das liest. Was genau kommt da zum Ausbruch? Er meint ja nicht das Kind, sondern die Mutter.

Hettche: Vielleicht darf ich noch einen Satz ausholen dazu. Also mir war es wirklich wichtig, die Emotion und die Gefühlslage dieses Mannes möglichst ungefiltert darzustellen und auch über Sachen zu sprechen, die man erst mal auch gerne wegschieben möchte. Dazu gehört natürlich, dass man gegenüber dieser Ohnmacht, die man empfindet, wenn man eben nicht mit entscheiden darf, eine Aggression, die da entsteht. Und mein Held, Peter, kommt mit Annika nach Sylt, ist eine Woche da über Silvester, und es bricht alles zwischen den beiden sozusagen wieder auf. Und das kulminiert, diese Silvesterszene, wo Annika ihm sagt, dass sie die Schule wechseln würde. Und das ist natürlich für ihn wieder so eine Erfahrung des Außen-vor-Seins und des Nicht-mit-gestalten-Könnens, und da geschieht diese Ohrfeige. Ich habe mir lange überlegt, ob man das hinschreiben darf, so was, aber ich glaube, dass es eine Richtigkeit hat in der Psychologie dieser Figuren.

Timm: Der Mann in Ihrem Roman, Herr Hettche, ist ein sehr mütterlicher Mann. Man glaubt sofort, dass er der Tochter sehr viel mehr Kontinuität schenken könnte, als es die Mutter tut oder kann, in der Lebenswirklichkeit überwiegen trotzdem die alleinerziehenden Mütter, die sich einen Vater wünschen würden, der mehr an der Seite des Kindes steht, auch nach der Trennung. Nach zwei, drei Jahren, so eine Statistik, seilen sich die meisten Väter doch häufig ab. Fürchten Sie für Ihr Buch eventuell auch falschen Beifall?

Hettche: Ja, allerdings. Also ich meine, das Buch, dieser Roman ist wirklich kein Pamphlet und keine Schrift gegen alleinerziehende Mütter, und ich weiß, dass natürlich in 80 Prozent, ich weiß nicht wie vielen, Prozent der Fällen die Frauen die Hauptlast tragen. Darum ging es mir gar nicht. Es ging mir wirklich einfach, es gibt einfach diese anderen Fälle auch, und es gibt oder ich hatte das Gefühl, es gibt noch nicht ein Profil von diesen Emotionen, die da entstehen, und dem wollte ich einfach eine Stimme geben. Und das hat überhaupt nichts zu tun mit anderen, aber ich denke, dass es einfach eine Berechtigung hat, diesen Männern auch eine Stimme zu geben.

Timm: "Die Liebe der Väter", damit haben Sie ein Buch geschrieben, das zugleich hoch aktuell und inaktuell ist in einem, denn künftig wird es dieses Problem ja so nicht mehr geben. Wie ist das für Sie?

Hettche: Na ja, ich beschreibe ja wirklich die Gefühlslage dieses Vaters, der in dieser Rechtsprechung seit 13 Jahren lebt, und das gilt für ganz viele andere Menschen in diesem Land auch, und da kann man nur sagen, schön, dass sich etwas ändert, das ändert aber nichts an den gemachten Erfahrungen.

Timm: Herr Hettche, dieses Buch ist Ihr persönlichstes heißt es, was bedeutet dieses Buch eigentlich für Ihre Tochter?

Hettche: Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten werde.

Timm: Das kann ich verstehen, aber fragen wollte ich es doch. Thomas Hettche über seinen neuen Roman "Die Liebe der Väter", erschienen bei Kiepenheuer & Witsch. Herzlichen Dank fürs Gespräch!

Hettche: Vielen Dank!

16.08.2010

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1249115/

 

 

 


 

 

 

Familien

Geschichten

 

Wissenschaftliche

Jahrestagung

Lübeck

21. – 23. Oktober 2010

 

 

ausführlich hier

 

 


 

 

Eltern kämpfen um ihr Kind

in "Menschen und Schlagzeilen" - 01.09.2010

http://www.ndr.de/flash/mediathek/index.html

 

Einmal im Kinderheim - immer Kinderheim?

 

 


 

 

Mehr Schutz vor überlangen Verfahren

Berlin, 3. September 2010

Viele aufeinander gelegte Akten - ©Pixelio/Claudia Hautumm

Eines der ersten Gesetzgebungsvorhaben, das Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach ihrem Amtsantritt auf den Weg gebracht hat, ist ein besserer Rechtsschutz vor überlangen Verfahren.

Auf Vorschlag von Leutheusser-Schnarrenberger hat das Kabinett bereits im August einen Gesetzentwurf beschlossen, der erstmals die Möglichkeit vorsieht, bei überlangen Verfahren eine sogenannte "Verzögerungsrüge" zu erheben und gegebenenfalls Entschädigung zu verlangen. Obwohl die deutschen Gerichte meist sehr zügig arbeiten und europaweit eine Spitzenstellung einnehmen, zeigt die jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass es auch in Deutschland immer wieder zu unangemessen langen Prozessen kommen kann. Die geplante Neuregelung wird nun dazu führen, dass derartige Fälle von vornherein weitgehend vermieden werden. In seiner Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Gesetzesinitiative ausdrücklich begrüßt.

Bei berechtigten Klagen können sich die Betroffenen wirksam zur Wehr setzen und die Verantwortlichen werden über Verbesserungen bei der Ausstattung, Geschäftsverteilung und Organisation der Gerichte nachdenken.

Sowohl das Grundgesetz als auch die Europäische Konvention für Menschenrechte garantieren Rechtsschutz in angemessener Zeit. Gerichtlicher Rechtsschutz ist aber nur dann effektiv, wenn er nicht zu spät kommt. Die nun vorgesehene Entschädigung stärkt den Rechtsschutz und kommt Verbrauchern wie Unternehmen zugute.

 

http://www.bmj.bund.de/enid/2d4d14151674c78e348e5bf57de9c153,0/Meldungen/Ueberlange_Verfahren_1r3.html

 

 


 

 

Berlin, 12. September 2010

Bärbel Bohley, 1945-2010

Am gestrigen Samstag erlag die DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley im Alter von 65 Jahren den Folgen eines Krebsleidens.

Bärbel Bohley war eine unermüdliche Kämpferin für Menschen- und Bürgerrechte. Auch unter großen persönlichen Gefahren trat sie aufrecht und mutig für Freiheit und Gerechtigkeit ein.

Ohne Menschen wie Bärbel Bohley hätte es die friedliche Revolution in der DDR und die Deutsche Wiedervereinigung nicht geben können. Sie war eine Stimme der Freiheit, deren Name immer mit dem Ende der SED-Diktatur verbunden bleiben wird.

In ihren späteren Lebensjahren setzte sich Bärbel Bohley unter anderem für Flüchtlingskinder und die Versorgung Bedürftiger im ehemaligen Jugoslawien ein.

Sie war ein Beispiel für zivilgesellschaftliches Engagement, Mut und Aufrichtigkeit.

 

http://www.bmj.bund.de/enid/2d4d14151674c78e348e5bf57de9c153,51519f6d6f6465092d09/2.html

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Wer im Glashaus Bundesministerium der Justiz sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Leider gab es nicht nur die SED-Diktatur, sondern auch die CDU, FDP, SPD, CSU-Diktatur in der BRD, in der von 1949 bis heute Millionen von Vätern rechtlos gehalten und ent-sorgt wurden und dessen obersten Repräsentanten Bärbel Bohley sich nicht schämte, die Hand zu schütteln. 

Und während die SED-Opfer entschädigt wurden, haben die Millionen CDU, FDP, SPD, CSU-Opfer unter den Vätern bis heute noch nicht einmal eine Entschuldigung für das ihnen von Staats wegen zugefügte Unrecht erfahren, von einer Opferentschädigung ganz zu schweigen. Pfui Deibel Deutschland.

 

 

 


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