Ausreißer

Flüchtlinge - run a way


 

 

Kinder und Jugendliche, die von zu Hause ausreißen, was immer auch "zu Hause" bedeuten mag, nehmen das gleiche Recht für sich in Anspruch, das vor der Maueröffnung 1989 Tausende von DDR-Bürgern für sich in Anspruch nahmen. Doch so wie die DDR ihren Bürgern nicht gestattete ohne staatlichen Segen die Grenze zu überqueren, so sieht auch heute der Staat nicht tatenlos zu, wenn er von einer gelungenen Kinderflucht erfahrt.

Immerhin, und das ist der Fortschritt, kommt das flüchtende Kind nicht ins Gefängnis, sondern in die Obhut des Jugendamtes Das Jugendamt und das Familiengericht müssen innerhalb kurzer Frist eine rechtliche Regelung herbeiführen, die Inobhutnahme durch das Jugendamt zu legalisieren oder aber das Kind an die Sorgeberechtigten, das sind meistens die Eltern (ausgeschlossen davon allerdings in verfassungswidriger Weise nichtverheiratete Väter).

Über Ausreißerkinder wird nur selten berichtet, dabei ist das Phänomen in allen sozialen Schichten anzutreffen. Auch Familienrichter/innen bleiben davon gelegentlich nicht verschont, wie wir in einem uns bekannt gewordenen Fall erfahren konnten.

Gar trefflich passt das Thema aber, wenn das Ausreißerkind eine Mutter hat, die bei Scientology aktiv ist, einer Interessengemeinschaft, die nicht weniger als die CDU, die NPD, die Grünen oder die Evangelische Kirche darauf bedacht ist, gläubige Schäfchen um sich zu sammeln, zwecks gegenseitiger Befruchtung und eigenen Vorteils.

 

 


 

 

Willensfreiheit eines 14 Jahre alten Kindes betreff Entscheidungen hinsichtlich der Organisation Scientology

Zur Absicherung der Willensfreiheit eines 14 Jahre alten Kindes betreff Entscheidungen hinsichtlich der Organisation Scientology durch Auflagen an die Eltern.

Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg - Familiengericht, Beschluss vom 08.08.2007 - 160 F 10520/07

in FamRZ 11/2009, S. 987

 

siehe hierzu auch die beiden folgenden Meldungen:

:

 

1. August 2007, 06:15 Uhr

Von Katrin Schoelkopf

Scientology-Ausstieg

14-Jährige in Obhut des Jugendamts

Nachdem die Stieftochter der Direktorin der Berliner Scientology-Zentrale nach Hamburg floh, ist das Mädchen in der Obhut des Jugendamtes der Hansestadt. Nun soll ein Familienrichter darüber entscheiden, ob das Mädchen zu seinen Eltern zurückkehren muss.

Foto: DPA

Die Hauptstadt-Niederlassung von Scientology in Charlottenburg eröffnet

 

Nach der Flucht der 14-jährigen Stieftochter der Direktorin der Berliner Scientology-Zentrale nach Hamburg, ist das Mädchen in der Obhut des Jugendamtes der Hansestadt. Es warte jetzt darauf, dass ein Familiengericht über das Sorgerecht befindet. Das sagte am Dienstag die bei der Innenbehörde angesiedelte Scientology-Beauftragte der Hansestadt, Ursula Caberta. Ein Familienrichter werde entscheiden, ob das Mädchen zu seinen Eltern zurückkehren müsse, in einer Jugendwohnung oder bei einer Pflegefamilie untergebracht werde.

Das Mädchen war am Donnerstag vergangener Woche mit seinem elf Jahre älteren Stiefbruder nach Hamburg geflohen, um nicht von den Eltern auf ein Scientology-Internat in Dänemark geschickt zu werden. Bei der Mutter soll es sich nach Information von WELT ONLINE um die Direktorin der Berliner Scientology-Repräsentanz und Immobilienmaklerin Kirsten A. handeln.

Der Fall war am Montag bekannt geworden, nachdem sich die Geschwister am Wochenende bei der Scientology-Beauftragten Caberta gemeldet hatten. Von Flucht wollte Caberta nicht sprechen. Die beiden hätten aber „Hilfe und Beistand“ gesucht. Besonders „für Kinder, die da reingewachsen sind“, sei ein Ausstieg nicht einfach, sagte Caberta. Das Mädchen wolle „Abitur machen und außerhalb von Scientology seinen Weg gehen“ und nicht das dänische Internat besuchen. Dieses habe „nichts mit normaler Schulbildung zu tun“. Es gehe dort vielmehr darum, „linientreue Scientologen heranzuzüchten“.

In Berlin ist unterdessen ein Streit um die angemessene Betreuung von Scientology-Aussteigern entbrannt. Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz, Thomas Gandow, forderte in der Hauptstadt eine staatliche Einrichtung analog der Hamburger Anlaufstelle. „Die Gefahr von Scientology wird unterschätzt“, sagte Gandow. Die Ideologie sei ähnlich der der Nazis, weil sie gleichermaßen die Vernichtung von Menschen im Blickfeld habe. Der politische Wille zur Hilfe ist auch nach Ansicht von Ursula Caberta in der Hansestadt ausgeprägter als in Berlin.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel, kritisierte ebenfalls den Senat und forderte ein „Kompetenzzentrum Scientology“ nach Hamburger Vorbild. Bislang habe es der Senat nur fertiggebracht, sein spartanisches Serviceangebot etwas aufzupeppen. Jugendstaatssekretär Eckart Schlemm wies entsprechende Kritik zurück. „Berlin ist gut aufgestellt gegen Sekten“, sagte Schlemm und verwies auf die Senatsjugendverwaltung, die unter der Telefonnummer 90265574 Beratung und Information anbiete. „Wir machen dasselbe wie Frau Caberta in Hamburg“, sagte Reingart Stein am Dienstag von der Beratungsstelle.

http://www.welt.de/berlin/article1070273/14-Jaehrige_in_Obhut_des_Jugendamts.html

 

 

 

 

 

18. September 2007

Von Jens Anker

Flucht

Scientology-Kind wieder bei den Eltern

Die nach Hamburg geflüchtete 14-jährige Tochter der Berliner Sekten-Direktorin erhält einen Betreuer im Jugendamt. Das hat das Familiengericht Tempelhof beschlossen. Das Mädchen war ausgerissen, weil sie fürchtete, ihre Eltern wollten sie auf ein dänisches Internat der Organisation schicken. Auch der 25-jährige Sohn wollte aus der Sekte aussteigen. Beide hatten Zuflucht bei der Scientology-Expertin Ursula Caberta gesucht.

Ursula Caberta, die Scientology-Beauftragte der Hamburger Innenbehörde hat der umstrittenen Sekte den Kampf angesagt

Foto: DPA

Ursula Caberta, die Scientology-Beauftragte der Hamburger Innenbehörde hat der umstrittenen Sekte den Kampf angesagt

Die beiden nach Hamburg geflohenen Kinder der Berliner Scientology-Direktorin sind wieder in Berlin. Die Eltern haben dem vom Familiengericht in Tempelhof vorgelegten Beschluss zugestimmt. Der 25-jährige Sohn und seine 14-jährige Schwester waren nach Hamburg zur dortigen Sektenbeauftragten und Scientology-Expertin Ursula Caberta geflohen, weil sie sich dem Einflussbereich der Sekte entziehen wollten.

Nach einer Anhörung im Familiengericht „wurde eine dem Wohl des Kindes entsprechende Regelung getroffen“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts. Demnach hat das Mädchen einen festen Ansprechpartner aus dem Jugendamt. Die Tochter war ausgerissen, weil sie fürchtete, ihre Eltern wollten sie auf ein dänisches Internat der Sekte schicken. „Ich hatte den Eindruck, dass sie sehr klare Vorstellungen hat, die sie wohl auch bei der Anhörung des Gerichts durchgesetzt hat“, sagte Caberta.

Der 25-jährige Sohn wollte aus der Sekte aussteigen. Inzwischen steht er nach Erkenntnissen der Hamburger Sektenbeauftragten wieder unter dem Einfluss der Organisation. „Ich bin trotzdem guten Mutes, dass er sich von der Sekte löst“, sagte Caberta am Dienstag. Der Absprung gelinge vielen Aussteigewilligen nicht beim ersten Mal.

Verbot weiterhin abgelehnt

Berlin will unterdessen die Einrichtung eines eigenen Sektenbeauftragten beschleunigen. „Wir werden bald einen Sektenbeauftragten haben“, sagte der Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Stadtmüller. Die Finanzierung der Stelle sei gegenwärtig Gegenstand der Haushaltsberatungen. Ginge es nach Ursula Caberta, ist das jedoch nicht genug. „Eine Stelle wäre ein bisschen wenig“, sagte Caberta am Dienstag.

Ein Verbot der Sekte, die im Frühjahr eine neue Zentrale an der Otto-Suhr-Allee eröffnet hat, lehnt der Berliner Senat weiterhin ab. „Innensenator Ehrhart Körting wird aktiv keine Schritte in diese Richtung unternehmen“, sagte Nicola Rothermel, Sprecherin der Innenverwaltung.

Unter dem Titel „Totale Kontrolle: Scientology in Berlin“ lädt der Sektenbeauftragte der evangelischen Landeskirche, Pfarrer Thomas Gandow, heute um 20 Uhr im Privattheater „Tribüne“ an der Otto-Suhr-Allee 18, in unmittelbarer Nachbarschaft der Sektenzentrale, zu einer Diskussion ein. Als Gäste hätten sich Ursula Caberta und der Scientology-Aussteiger und frühere Wiener Direktor der Organisation, Wilfried Handl, angekündigt. Themen sind unter anderem die Ziele und Strategien von Scientology sowie ihre Gefährlichkeit. Der Eintritt kostet fünf, ermäßigt drei Euro.

http://www.welt.de/berlin/article1194634/Scientology-Kind_wieder_bei_den_Eltern.html

 

 

 

 


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