Besatzungskinder


 

 

 

 

Wie nach 1945 die US-Gesetze Kinder ignorierten, die es nicht geben durfte

Die Anweisungen waren eindeutig: alle amerikanischen Armeeangehörigen haben sich von den deutschen Frauen, Männern und Kindern fernzuhalten. Jede Art des persönlichen Umgangs hat zu unterbleiben. Kontakt mit der Bevölkerung ist nur aus dienstlichen Gründen erlaubt. So oder so ähnlich lauteten die Verhaltensanweisungen, die die amerikanischen Soldaten für die unmittelbare Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges für ihren Aufenthalt in Deutschland bekamen. Fraternisierungsverbot, lautete der Fachbegriff - keine Verbrüderungen mit dem Feind.

Genützt hat das Verbot nichts: Bis 1952 kamen in der Bundesrepublik mindestens 40 000 nicht eheliche Kinder zur Welt, deren Väter ausländische Soldaten waren. Es gibt einige Quellen, die sogar von 350 000 so genannten Besatzungskindern sprechen, die bis 1955 in Deutschland geboren wurden. Exakte Zahlen gibt es nicht.

Die Kinder hatten im Nachkriegsdeutschland einen schweren Stand, wurden häufig gehänselt und ausgegrenzt. Noch wesentlich schwerer hatten es die Mütter der Kinder. "Ami-Liebchen" war noch die harmloseste Beschimpfung. Sie wurden ausgegrenzt, isoliert. Die komplizierte Rechtslage verschlimmerte ihre Situation noch.

Die Amerikaner hatten sich Sonderrechte für ihre Zeit in Deutschland geben lassen. Das geltende Recht, wonach Väter auch für ein nicht ehelich geborenes Kind bis zu dessen 16. Lebensjahr Unterhalt zahlen müssen, galt für die Soldaten und Zivilpersonen der Besatzungsmächte nicht.

Am 11. August 1950 verabschiedeten die USA dann ein Gesetz, dass die deutschen Gerichte ermächtigte, die Gerichtsbarkeit auch in nicht-staatlichen Fällen über Angehörige der Alliierten Streitkräfte auszuüben. Das Gesetz sieht allerdings Ausnahmen vor: Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft und Unterhaltsklagen von Kindern.

Erst als Deutschland wieder souverän wurde, gab es die Möglichkeit für die Frauen, auf Unterhaltszahlungen zu klagen. Theoretisch. Praktisch machten die US-Behörden die Zustellung der Klage davon abhängig, ob der Soldat die Vaterschaft anerkannt hatte oder ob ein US-Urteil in der Sache ergangen war. Ein solches Urteil aber wird selten gefällt - bis heute. Mit den USA gibt es - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern - bis heute kein Abkommen, das die gegenseitige Vollstreckung in Zivilangelegenheiten regelt. (gb/NRZ)

NRZ

März 2003

 

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Franz Anthoefer

Mail: westvirginia.franz@t-online.de

 

 


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