Erbgesundheitsgericht


 

 

 

 

Erbgesundheitsgericht

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Die Erbgesundheitsgerichte wurden im Deutschen Reich durch das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 eingeführt.[1] Sie entschieden in äußerlich rechtsförmig gestalteten Verfahren über (Zwangs-)Sterilisationen (vermeintlich) Kranker und waren damit Werkzeug zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Rassenhygiene, die den Menschen zum bloßen Objekt staatlicher Verfügungsgewalt herabwürdigte.[2] Bis Mai 1945 wurden aufgrund der Beschlüsse der Erbgesundheitsgerichte etwa 350.000 Menschen zwangssterilisiert.[3]

Inhaltsverzeichnis

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* 1 Verfahren vor den Erbgesundheitsgerichten

* 2 Aufhebung der Gerichtsbeschlüsse (1998) und Ächtung des Gesetzes (2006)

* 3 Siehe auch

* 4 Einzelnachweise

* 5 Weblinks

o 5.1 Gesetzestext im Reichsgesetzblatt

o 5.2 Bundestagsdrucksachen

o 5.3 Literatur

Verfahren vor den Erbgesundheitsgerichten [Bearbeiten]

Das Erbgesundheitsgericht wurde auf Antrag des „Unfruchtbarzumachenden“, seines Pflegers oder – mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts – seines gesetzlichen Vertreters tätig (§ 2). Zur Antragstellung waren – gesetzessystematisch nachrangig, in der Praxis allerdings in erster Linie – auch beamtete Ärzte sowie bei Insassen einer Kranken-, Heil-, Pflege- oder Strafanstalt auch der Anstaltsleiter berechtigt (§ 3).

Organisatorisch war das Erbgesundheitsgericht den Amtsgerichten angegliedert. Es musste mit einem Amtsrichter als Vorsitzenden, einem beamteten Arzt und einem weiteren für das Deutsche Reich approbierten Arzt besetzt sein, der mit der „Erbgesundheitslehre besonders vertraut“ zu sein hatte (§ 6 Abs. 1). Für die Zuständigkeit des Gerichts war der allgemeine Gerichtsstand des „Unfruchtbarzumachenden“ entscheidend (§ 5). Die Öffentlichkeit war bei den Verfahren der Erbgesundheitsgerichte nicht zugelassen (§ 7 Abs. 1).

Für das Verfahren vor den Erbgesundheitsgerichten galt der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 7 Abs. 2). Das Gericht entschied nach freier Überzeugung mit Stimmenmehrheit aufgrund mündlicher Beratung (§ 8).

Rechtsmittelgericht für die Beschlüsse des Erbgesundheitsgerichts war das bei den Oberlandesgerichten zu bildende Erbgesundheitsobergericht. Es entschied verbindlich (§ 10 Abs. 3) über die Beschwerden des Antragstellers, des beamteten Arztes oder des „Unfruchtbarzumachenden“ (§ 9). In dieser Hinsicht lag also niemals eine Zerstörung des damaligen rechtsstaatlichen Systems vor.

Aufhebung der Gerichtsbeschlüsse (1998) und Ächtung des Gesetzes (2006) [Bearbeiten]

Durch das Gesetz zur Aufhebung von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte vom 25. August 1998 wurden sämtliche Beschlüsse der Erbgesundheitsgerichte, die eine Unfruchtbarmachung anordneten, aufgehoben.[4] Der Deutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 24. Mai 2007 das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 geächtet.[5]

Siehe auch [Bearbeiten]

* Sterilisationsgesetze - Die Zeit des Nationalsozialismus

* Nationalsozialistische Rassenhygiene

Einzelnachweise [Bearbeiten]

1. ↑ RGBl. I 529.

2. ↑ Antrag der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD zur Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, BT-Drs. 16/3811 vom 13. Dezember 2006, S. 1.

3. ↑ Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Aufhebung von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte, BT-Drs. 13/10708 vom 13. Mai 1998, S. 1.

4. ↑ BGBl. I 2501.

5. ↑ Plenarprotokoll 16/100 des Deutschen Bundestages vom 24. Mai 2007, Tagesordnungspunkt 27, S. 10285; Das Parlament, Ausgabe 22/23 2007.

Weblinks [Bearbeiten]

Gesetzestext im Reichsgesetzblatt [Bearbeiten]

* Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933, RGBl. I 529

Bundestagsdrucksachen [Bearbeiten]

* Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Aufhebung von Sterilisationsentscheidungen der ehemaligen Erbgesundheitsgerichte, BT-Drs. 13/10708 vom 13. Mai 1998 (PDF-Datei; 89 kB)

* Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Nichtigerklärung des Erbgesundheitsgesetzes, BT-Drucksache 16/1171 vom 5. April 2006 (PDF-Datei; 53 kB)

* Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke zur Nichtigerklärung des Erbgesundheitsgesetzes, BT-Drucksache 16/2384 vom 10. August 2006 (PDF-Datei; 60 kB)

* Antrag der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD zur Ächtung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, BT-Drucksache 16/3811 vom 13. Dezember 2006 (PDF-Datei; 74 kB)

* Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags zu Anträgen zur Nichtigkeitserklärung des Erbgesundheitsgesetzes, BT-Drucksache 16/5450 vom 23. Mai 2007 (PDF-Datei; 116 kB)

Literatur [Bearbeiten]

* Scheulen, Andreas, „Der Zuchtgedanke ist Kerngehalt des Rassengedankens”. Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses und die Ausgrenzung der Opfer, Betrifft JUSTIZ Nr. 94 (2008), S. 285 ff (PDF, 246 kB)

* Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), "Justiz und Erbgesundheit", Juristische Zeitgeschichte Band 17, Recklinghausen 2009, ISSN 1615-5718

* Anstaltsärzte zwischen Kaiserreich und Bundesrepublik: das Beispiel Westfalen, Franz-Werner Kersting, Paderborn, 1996, ISBN 3-506-79589-9

* David Koser et al.: Erbgesundheitsgericht Berlin, In: Hauptstadt des Holocaust. Orte nationalsozialistischer Rassenpolitik in Berlin, Berlin: Stadtagentur 2009, Ort 44, S. 163, ISBN 978-3-9813154-0-0, Volltext Online

http://de.wikipedia.org/wiki/Erbgesundheitsgericht

 

 


 

 

Herbert Rathsack (geb. 11.11.1885 in Grapzow/Demmin, gest. ?) - Direktor am Amtsgericht Neustrelitz (1931, ..., 1945) - "ab Januar 1923 Amtsgerichtsrat in Neustrelitz. 1931 bis 1945 aufsichtführender Richter und Direktor am Amtsgericht Neustrelitz, in dieser Funktion auch Richter ab Erbgesundheitsgericht, Vorsitzender des Anerbengerichts und Arbeitsgerichts Neustrelitz; außerdem Aufsichtsbeamter für den Strafvollzug der Landesanstalt Neustrelitz und im 2. Weltkrieg auch Richter und Staatsanwalt vor dem Kriegsgericht in Neustrelitz; über seinen Verbleib nach dem Krieg ist bisher nichts bekannt." - Verein zum Erhalt der Domjüch - ehemalige Landesirrenanstalt e.V. - http://www.domjüchsee.eu/

 

 

Hans Berger (Neurologe)

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Hans Berger (* 21. Mai 1873 in Neuses bei Coburg; † 1. Juni 1941 in Jena) war ein deutscher Neurologe und Psychiater; er war der Entwickler der Elektroenzephalographie (EEG).

Inhaltsverzeichnis

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* 1 Leben

* 2 Bergers Weg zum Elektroenzephalogramm

* 3 Würdigung von Bergers Verdienst

* 4 Siehe auch

* 5 Schriften

* 6 Literatur

* 7 Weblinks

* 8 Einzelnachweise

Leben [Bearbeiten]

Wohnhaus Steinweg 32, in Coburg

Hans Berger wurde als Sohn des Arztes Paul Friedrich Berger, Direktor des Coburger Landkrankenhauses, geboren. Sein Großvater war der Dichter und Orientalist Friedrich Rückert. Berger besuchte das Gymnasium Casimirianum in Coburg, wo er 1892 das Abitur in allen Teilen mit sehr gut bestand. Danach studierte er seinen Neigungen entsprechend zunächst Mathematik und Astronomie in Berlin, wechselte dann zum Medizinstudium über, das ihn von Berlin über Jena, wo er Mitglied er Burschenschaft Arminia auf dem Burgkeller wurde, Würzburg, und Kiel schließlich wieder nach Jena führte (1893–1897), wo er auch promovierte.

In Jena begann Hans Berger 1897 seine ärztliche Tätigkeit als Assistent an der Psychiatrischen Klinik unter der Leitung von Otto Binswanger. Sein zuständiger Oberarzt zu jener Zeit war Theodor Ziehen. 1901 habilitierte er sich mit einer Arbeit Zur Lehre von der Blutzirkulation in der Schädelhöhle des Menschen, namentlich unter dem Einfluß von Medikamenten. Diese Klinik verließ Berger nicht mehr, er rückte 1912 zum Oberarzt und 1919, als Nachfolger Binswangers, zum Direktor der Psychiatrischen Klinik und ordentlichen Professor auf.

1927/28 bekleidete er das Amt des Rektors der Jenaer Universität. Seine Rektoratsrede Über die Lokalisation im Großhirn stellt eine Art wissenschaftliches Glaubensbekenntnis dar.

Hans Berger, der förderndes Mitglied der SS war,[1] wurde im Jahre 1938 emeritiert. Damit endete auch seine Tätigkeit als ärztlicher Beisitzer am Erbgesundheitsobergericht Jena, wodurch er an den Zwangssterilisationen im nationalsozialistischen Deutschland mitwirkte.[2] Nach Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde ihm 1939 nochmals die Klinikleitung kommissarisch übertragen. Als ihn 1941 der NS-Rassenhygieniker Karl Astel bat, erneut am EGOG tätig zu werden, antwortete Berger am 4. März 1941: "Ich bin sehr gerne bereit, wieder als Beisitzer beim Erbgesundheitsobergericht in Jena mitzuwirken und danke Ihnen dafür." Zum Einsatz kam es nicht mehr.

Am 1. Juni 1941 nahm sich Hans Berger im Südflügel II der Medizinischen Klinik in Jena zwischen 4:20 und 7 Uhr in einem Anfall von Schwermut durch Erhängen das Leben. Er wohnte zuletzt im Sanatorium für Nervenkranke in Bad Blankenburg, dessen Leiter er war. In Jena wurde er begraben.[3]

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http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Berger_%28Neurologe%29

 

 


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