Erziehungsanstalt


 

 

 

Justiz kritisiert Jugendämter

Mitarbeiter reagieren bei kriminellen Kindern nicht schnell genug. Das zeigt auch ein aktueller Fall

 

Von Tanja Buntrock

 

Die Justiz greift jetzt noch schneller durch, wenn es um strafunmündige kriminelle Kinder geht – und misstraut offenbar den Jugendämtern. Seit Beginn dieses Monats informiert die Staatsanwaltschaft unverzüglich das zuständige Familiengericht, wenn ein Kind unter 14 Jahren kriminell geworden ist. Diese neue Verfahrensweise ist offenbar aus Sicht der Justiz vor allem deshalb nötig, weil die Jugendämter häufig nicht schnell genug auf die Familien krimineller Kinder einwirken.

Das zeigt sich auch in einem Fall, der dem Tagesspiegel vorliegt: Der 13-jährige Orhan P. (Name geändert) soll laut Polizei am 9. Juni auf dem U-Bahnhof Jannowitzbrücke in Mitte einen 14-Jährigen völlig unvermittelt vor einen einfahrenden Zug gestoßen haben. Das Opfer prallte gegen den Triebwagen und geriet dadurch nicht unter den Zug. Es wurde daher „nur“ an Armen und Händen verletzt. Da Orhan P. strafunmündig ist, mussten die Polizeibeamten ihn nach der Vernehmung wieder laufen lassen. Allerdings informierten sie pflichtgemäß das Jugendamt.

Doch wie der Tagesspiegel aus einem internen Vermerk der Justiz erfuhr, sollen die Mitarbeiter des Jugendamtes nicht sofort reagiert und die Eltern des jungen Täters zu Hause aufgesucht haben. Und das, obwohl die Tat als „versuchter Mord“ eingestuft wurde. In dem Vermerk heißt es: „Warum das Jugendamt angesichts der Bedeutung des Vorfalls (versuchter Mord) keinen unverzüglichen Hausbesuch bzw. eine Anhörung (...) vereinbart, um die familiären Hintergründe aufzuklären, bleibt unverständlich, lässt jedoch erneut Rückschlüsse auf den Zustand der Jugendämter zu.“

Der Jugendamtsdirektor Thomas Harkenthal widersprach dem Vorwurf: Am 11. Juni habe das Amt von dem Vorfall Kenntnis erhalten. Zwei Tage später habe man telefonisch Kontakt zu den Eltern des Jungen aufgenommen und einen Gesprächstermin im Jugendamt für den 19. Juni vereinbart. Dieser habe auch stattgefunden. „Die Reaktionszeiten sind vertretbar. Natürlich wäre ein schnelleres Eingreifen besser, aber kein Jugendamt der Welt hat Mitarbeiter, die sofort eingreifen können, wenn nicht gerade Gefahr für Leib und Leben des Kindes besteht“, sagte Harkenthal. Er wolle den Fall jedoch nochmals prüfen. Justizsprecher Daniel Abbou hielt dagegen: „Die Tat ist so gravierend, dass ein umgehendes Eingreifen erforderlich gewesen wäre.“

Genau deshalb habe die Justiz sich jetzt auf eine neue Verfahrensweise geeinigt, um möglichst früh kriminelle Karrieren zu verhindern. Bislang wurden die Familiengerichte nur „vereinzelt“ informiert. Nun sollen die 62 Richter an den Familiengerichten Tempelhof-Kreuzberg und Pankow-Weißensee bei gravierenden Straftaten grundsätzlich Kenntnis erhalten. Anders als die Mitarbeiter der Jugendämter, die nur mit Einverständnis der Eltern beratend und helfend tätig sind, können Richter auch Maßnahmen erzwingen und Auflagen erteilen.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 08.07.2008)

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Die 62 Richter an den beiden Berliner Familiengerichten sind, glaubt man gewöhnlich gut informierten Kreisen, bereits völlig überlastet. Nun sollen sie auch noch als Erziehungspersonen in Erscheinung treten, wie das zeitlich gehen soll, ohne andere Aufgaben zu vernachlässigen, bleibt unklar.

Vielleicht stellt das Jobcenter ja auf 1-Euro Basis juristisch interessierte Arbeitslose zur Verfügung, die sich um die gerichtliche Vergatterung krimineller Kinder und Jugendlicher kümmern.

In der DDR hat man mit einer ähnlichen Herangehensweise in den 50-er Jahren gute Erfahrungen gesammelt, da wurden  im Schnelllehrgang sogenannte Neulehrer ausgebildet und dann auf die durch den Krieg und Nazizeit verstörte Jugend losgelassen.

Was damals recht war, sollte uns heute billig sein. Nur mit solchen kreativen Ideen kann man der Finanzmisere im Justizressort beikommen,

 

 

 


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