Gutachter - Befangenheit


 

 

 

§ 406 Ablehnung eines Sachverständigen

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

http://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__406.html

 

 


 

 

 

Oberlandesgericht Stuttgart

Beschl. v. 30.07.2014

Az.: 8 W 388/13

In Sachen

...

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Taxis

Richterin am Oberlandesgericht Tschersich

Richter am Oberlandesgericht Dr. Barth

beschlossen:
Tenor:

1.

Die Beschwerde der Sachverständigen .... gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 05.11.2013, Az. 17 O 65/13, wird

zurückgewiesen.
2.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Durch Beschluss vom 05.11.2013 hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart den Antrag des Klägers, die Sachverständige ... wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, für begründet erklärt und entschieden, dass die Sachverständige ... für die Erstattung ihres Sachverständigengutachtens keine Vergütung erhält und bereits an sie ausbezahlte Beträge von ihr zurückzuerstatten sind.

Gegen den Beschluss vom 05.11.2013 wendet sich die Sachverständige mit ihrer Beschwerde vom 19.11.2013. Das Landgericht hat dieser nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Sachverständigen ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1.

Gemäß § 8 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JVEG neuer Fassung erhält der Sachverständige seine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die einen Beteiligten zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigen. Soweit das Gericht die Leistung berücksichtigt, gilt sie als verwertbar (§ 8 a Abs. 2 Satz 2 JVEG neuer Fassung). Diese Neuregelungen sind im vorliegenden Fall gemäß § 24 JVEG noch nicht anwendbar, da der Auftrag an den Sachverständigen vor dem 01.08.2013 erteilt worden ist. In der Zeit davor bestand zwar keine entsprechende gesetzliche Regelung, nach der herrschenden Rechtsprechung führte aber die erfolgreiche Ablehnung des Sachverständigen und die hierdurch bedingte Unverwertbarkeit des Gutachtens bei nach der Übernahme des Gutachterauftrages entstandenen Ablehnungsgründen dann zum Verlust der Vergütung, wenn beim Sachverständigen Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorlagen (OLG Stuttgart/Senat BauR 2010, 1111; OLG Karlsruhe BauR 2012, 303; OLG Rostock JurBüro 2013, 651; Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 29. Auflage 2012, § 413 ZPO, Rdnr. 7 m.w.N.).

2.

Grob fahrlässiges Handeln liegt dann vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Auflage 2014, § 277 BGB, Rdnr. 5 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zu Recht eine grobe Fahrlässigkeit auf Seiten der Sachverständigen bejaht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss wird Bezug genommen. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat sich die Sachverständige auf die Ausführungen des Klägervertreters Kurz mit dem Zeigefinger an die Schläfe getippt und den Vogel gezeigt. Die Sachverständige hat durch die darin liegende Kränkung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin grob pflichtwidrig Anlass gegeben, an ihrer Unparteilichkeit, Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit zu zweifeln. Zu Recht hat das Landgericht die in Rede stehende Geste als besonders schwerwiegendes Außerachtlassen der von einem Sachverständigen zu erwartenden Sorgfalt eingestuft. Es muss jedem gerichtlichen Sachverständigen unmittelbar einleuchten, dass die Grenzen dessen, was eine Partei als gerade noch angemessen hinnehmen muss, hier klar überschritten sind.

Der Beschwerdevortrag der Sachverständigen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Sachverständige versucht wie in erster Instanz, ihr Verhalten als Reflex auf die zum x-ten Male vorgetragene, aus ihrer Sicht unberechtigte Kritik der Klägerseite zu erklären. Dies ändert indes nichts an der vorstehenden Bewertung der in Rede stehenden Geste. Es besteht kein Anlass, diese im Hinblick auf einen "wiederholten, in der Sache unhaltbaren Einwand des Klägervertreters" in einem "milderen Licht" zu sehen. Auch bei einer Einstufung als "reflexhafte Spontanreaktion" ändert sich an der Bewertung nichts. Unerheblich ist schließlich, dass das schriftliche Gutachten zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits erstellt war. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 26.11.2013 verwiesen.

3.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.


Rechtsgebiet
Befangenheit
Vorschriften
§ 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 JVEG


http://www.iww.de/quellenmaterial/id/174632




 


 

 


 

 

Befangenheit des Sachverständigen

In seiner Entscheidung vom 21.11.2007 in dem Verfahren 19 W 74/07 hat das Landgericht Frankfurt sich mit der Frage der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, der in seinem schriftlichen Gutachten Fragen beantwortet, die zwar der Beweisbeschluss nennt, die aber nicht an ihn gerichtet sind, befasst.

 

Gericht: OLG Frankfurt 19. Zivilsenat

Entscheidungsdatum: 21.11.2007

Aktenzeichen: 19 W 74/07

Dokumenttyp: Beschluss

 

Quelle: juris Logo

Normen: § 42 Abs 1 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 406 Abs 1 S 1 ZPO

Beweisaufnahme: Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit bei Beantwortung von nicht an ihn gerichteten Beweisfragen

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 27. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main vom 25.09.2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert beträgt 12.803,-- EUR.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Besorgnis der Befangenheit der Sachverständigen A und B verneint.

2

Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO abgelehnt werden, wenn hinreichende objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken. Maßgeblich ist, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei objektive Gründe für den Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit bestehen (BGH, Beschl. v. 04.10.2007, X ZR 156/05, JURIS). Dies kann unter anderem in Betracht kommen, wenn ein Sachverständiger über die ihm durch den Beweisbeschluss und den Gutachterauftrag gezogenen Grenzen hinaus geht und den Prozessbeteiligten unzulässigerweise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist, oder wenn er den Eindruck erweckt, er wolle anstelle des Gerichts festlegen, welche Fragen beweisbedürftig sind, und mit seinen Feststellungen eindeutig über den ihm erteilten Gutachtenauftrag hinaus geht (OLG München, OLGR 1997, 10, 11; OLG Celle, VersR 2003, 1593, 1594; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 24.10.1996, 16 W 220/96, JURIS).

3

So liegt die Sache hier jedoch nicht. Allerdings haben die abgelehnten Sachverständigen in dem schriftlichen Gutachten vom 08.07.2007 alle Fragen des Beweisbeschlusses vom 23.12.2005 beantwortet oder zu beantworten versucht, obwohl in der Beweisanordnung ein Sachverständigengutachten nur zu den Beweisfragen 1a bis i, j, k eingeholt werden sollte. Es liegt indes auf der Hand, dass die fehlende Beschränkung auf die nach dem Beweisbeschluss von ihnen zu beantwortenden Fragen nach den hier gegebenen Umständen kein Indiz für eine eigenmächtige Korrektur des Beweisbeschlusses oder für einen Hinweis des Sachverständigen auf den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung ist. Vielmehr beruht die Beantwortung von Fragen, die zwar Gegenstand des Beweisbeschlusses, nicht aber auch durch Sachverständigengutachten zu beantworten waren, ersichtlich auf einen Irrtum über den erteilten Gutachtensauftrag. Denn die von den Beklagten beanstandeten Ausführungen der Sachverständigen finden sich unter der Überschrift "Beantwortung der Fragen des Gerichtes". Außerdem spricht die Missverständlichkeit des Gutachtenauftrages für eine lediglich versehentliche, nicht aber willentliche Abweichung der Sachverständigen vom Beweisbeschluss. Denn nach dem Gutachtenauftrag vom 03.02.2006 "wird gemäß Beweisbeschluss vom 23.12.2005 Bl. 276 ff. d.A. um Erstattung eines Sachverständigengutachtens gebeten", ohne darauf hinzuweisen, dass der Auftrag auf die Beantwortung der auf S. 3 des Beweisbeschlusses aufgezählten Beweisfragen beschränkt ist. Hinzu kommt, dass gerade die von den Beklagten beanstandete Beantwortung der Beweisfrage 1l, ob der Kläger zu 100 % unfähig ist, eine Haushaltstätigkeit auszuüben, da beim Gehen und Stehen keiner der Arme mehr frei ist, besondere Sachkunde voraussetzt, die nicht ersichtlich außerhalb des Fachgebietes eines medizinischen Sachverständigen liegt. Schließlich korrespondiert mit der Beweisfrage 1l die Beweisbehauptung der Beklagten gemäß 2b des Beweisbeschlusses, für die es – wie auch hinsichtlich der übrigen in Nr. 2 des Beschlusses genannten Behauptungen der Beklagten – an der Bezeichnung eines Beweismittels zwar fehlt, bei verständiger Auslegung des Beweisbeschlusses aber nahe liegt, dass auch insoweit ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt werden sollte. Danach ist die Beantwortung von Fragen des Beweisbeschlusses über die dort genannte Einschränkung der durch Sachverständigengutachten zu beantwortenden Fragen hinaus in den Augen einer vernünftigen Partei nicht geeignet, Zweifel an der Unparteilichkeit der Sachverständigen zu wecken.

4

Die von den Beklagten im Zusammenhang mit dem Ablehnungsantrag weiter erhobenen Rügen, die Beweisfrage 1l falle nicht in das Sachgebiet der Sachverständigen, die Frage sei auch nur pauschal beantwortet worden, sind zur Begründung eines Ablehnungsgesuches nicht geeignet.

5

Die Beklagten haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hat (§ 97 Abs. 1 ZPO). Der Beschwerdewert entspricht 1/3 des Hauptsachestreitwertes. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

 

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

XII ZB 667/14

vom

22. Juli 2015

in der Familiensache

Ein Beschluss, durch den die Ablehnung eines Sachverständigen (hier: in einem die Regelung der elterlichen Sorge betreffenden Verfahren) für begründet erklärt worden ist, kann vom Gegner nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Das gilt auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde in der betreffenden Entscheidung zugelassen worden ist.

BGH, Beschluss vom 22. Juli 2015 - XII ZB 667/14 - Kammergericht Berlin

AG Berlin-Schöneberg

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats Senat für Familiensachen des Kammergerichts in Berlin vom 24. November 2014 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 2 verworfen.

Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I. Der Vater begehrt die alleinige, hilfsweise die gemeinsame elterliche Sor-ge für die nichtehelich geborene Tochter der beteiligten Eltern.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2013 die Beweiser-hebung durch Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens zu der Frage angeordnet, welcher Elternteil zur alleinigen Ausübung der elterlichen Sorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts, für das Kind besser geeignet sei. Der Sachverständige ist in seinem schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass unter näher dargestellten Voraussetzungen die Mutter (Beteiligte zu 2) derzeit besser geeignet sei, die elterliche Sorge allein auszuüben. Daraufhin hat der Vater den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

 

Das Amtsgericht hat den Befangenheitsantrag zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hat das Kammergericht den angefochtenen Beschluss abgeändert und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Mutter die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

 

 

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

 

1. Da das Amtsgericht durch Beweisbeschluss vom 8. Oktober 2013 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet und damit entschieden hat, die entscheidungserheblichen Tatsachen durch eine förmliche Beweisaufnahme festzustellen, sind auf die Erhebung des betreffenden Beweises gemäß § 30 Abs. 1 FamFG die Vorschriften der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar (Senatsbeschlüsse vom 16. November 2011 XII ZB 6/11 FamRZ 2012, 293 Rn. 8 und vom 15. September 2010 XII ZB 383/10 FamRZ 2010, 1726 Rn. 11, 18; Bork/Jacoby/Schwab/Jacoby FamFG 2. Aufl. § 30 Rn. 10; Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. § 30 Rn. 1). Diese Verweisung ist umfassend; sie erstreckt sich deshalb auch auf die gegen Entscheidungen in Beweisverfahren statthaften Rechtsmittel (Bork/Jacoby/Schwab/Jacoby FamFG 2. Aufl. § 30 Rn. 10).

 

2. Nach dem somit anwendbaren § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist zwar gegen einen Beschluss die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat. Trotz des weit gefassten Gesetzeswortlauts gilt dies indessen nicht für alle derartigen Beschlüsse. Eine Rechtsbeschwerde ist vielmehr gleichwohl unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt (BGH Beschlüsse vom 12. September 2002 III ZB 43/02 NJW 2002, 3554 und vom 13. November 2008 IX ZB 231/07 FamRZ 2009, 223 Rn. 5). Denn die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat keine Ausweitung der Rechtsschutzmöglichkeiten über die gesetzlichen Zulässig-keitsvoraussetzungen hinaus zur Folge. Dementsprechend macht die Zulas-sung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht die Prüfung der sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht entbehrlich, zu denen unter an-derem die Feststellung gehört, ob der Rechtsmittelführer durch die angegriffene Entscheidung überhaupt beschwert ist oder ob ihm hiergegen ein Beschwerde-recht zusteht. Vielmehr wird einem Beschwerdeführer durch die Rechtsmittelzulassung die Einlegung einer Rechtsbeschwerde nur ermöglicht, wenn und so-weit sie nach dem Gesetz statthaft und auch sonst zulässig ist (Senatsbe-schluss vom 26. September 2012 XII ZB 664/10 FamRZ 2013, 213 Rn. 7; BGH Beschluss vom 13. November 2008 IX ZB 231/07 FamRZ 2009, 223 Rn. 6).

3. Das ist hier nicht der Fall. Denn nach dem gemäß § 30 Abs. 1 FamFG entsprechend anwendbaren § 406 Abs. 5 ZPO findet gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung eines Sachverständigen wie im vorliegenden Fall - für begründet erklärt wird, kein Rechtsmittel statt. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung ist nach der genannten Bestimmung auf den Fall der Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs begrenzt. Daher vermag auch eine positive Zulassungsentscheidung den Rechtsmittelzug gegen den einem Ablehnungsgesuch stattgebenden Beschluss nicht zu eröffnen, weil eine nach dem Gesetz unanfechtbare Entscheidung nicht mit Hilfe einer Zulassung der Anfechtung unterworfen werden kann (Senatsbeschluss vom 26. September 2012 XII ZB 664/10 FamRZ 2013, 213 Rn. 7; BGH Beschluss vom 13. November 2008 IX ZB 231/07 FamRZ 2009, 223 Rn. 6).

 

Dose Weber-Monecke Schilling

Nedden-Boeger Guhling

Vorinstanzen:

AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 12.08.2014 - 80 F 19/13 -

KG Berlin, Entscheidung vom 24.11.2014 - 25 WF 111/14 -


 

 

 


 

 

 


1 WF 203/07 

THÜRINGER OBERLANDESGERICHT

Beschluss

1 WF 203/07


ZPO § 42, § 406
1. Geht der Sachverständige mit seinen Feststellungen über den ihm erteilten Gutachtensauftrag hinaus, rechtfertigt dies einen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit.*)
2. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kann wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn er den Prozessbeteiligten (hier dem Richter) unzulässigerweise auf den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist.*)
OLG Jena, Beschluss vom 02.08.2007 - 1 WF 203/07


In der Familiensache

hat der 1. Familiensenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 23.05.2007 gegen den Beschluss des Amtsgericht - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt vom 25.04.2007, zugestellt am 09.05.2007, durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Parteina, Richterin am Oberlandesgericht Martin und Richter am Oberlandesgericht Mummert

am 02.08.2007

beschlossen:

1. Unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Heilbad Heiligenstadt vom 25.04.2007 wird die Ablehnung des Sachverständigen R... auf Kosten der Antragstellerin für begründet erklärt.

2. Der Beschwerdewert beträgt 1000,- €.


Gründe:


I.

Die Parteien, die am 06.12.1997 die Ehe geschlossen haben, leben seit dem 02.12.2004 räumlich voneinander getrennt. Aus ihrer Ehe sind die Kinder M., geboren am 19.01.2001 und C., geboren am 02.03.1998, hervorgegangen. Die Kindesmutter hat bei ihrem Auszug die gemeinsamen Kinder mitgenommen.

Die Kinder sind am Ende der Osterferien 2005 bei dem Vater verblieben. 

Nachdem die Mutter in der Folgezeit versucht hat, die Kinder zu sich zurückzuholen, haben die Parteien wechselseitig mit Schriftsatz v. 7.4.2005 im einstweiligen Anordnungsverfahren beantragt, ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu übertragen.

Das AmtsG hat am 8.4.2005 — ohne mündliche Verhandlung — auf den Antrag der Mutter entschieden, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder bis zur Entscheidung in der Hauptsache auf die ASt. übertragen wird, und dem AGg. aufgegeben, die Kinder an die ASt. herauszugeben. Das AmtsG hat seine Entscheidung damit begründet, die Mutter habe glaubhaft gemacht, der AGg. übe das Sorgerecht missbräuchlich aus und gefährde dadurch das Kindeswohl.

Die Kinder würden vom AGg. geschlagen, die Mutter im Beisein der Kinder auf das übelste beschimpft und die Kinder gegen deren Willen beim Vater festgehalten.

Gegen den Beschluss v. 8.4.2005 hat der Vater Beschwerde eingelegt.

Das AmtsG hat im Termin v. 11.5.2005 darauf hingewiesen, dass beide Parteien schildern, dass hier körperliche Übergriffe auf die Kinder vorgenommen worden sind, ohne dass der jeweils andere Elternteil eingeschritten ist, sodass nicht auszuschließen ist, dass sowohl der eine als auch der andere Ehepartner diese körperlichen Übergriffe vorgenommen hat, ggf. auch beide Parteien die Kinder geschlagen haben. Das AmtsG hat zugunsten der Mutter ein Umgangsrecht angeordnet und Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 22.6.2005 bestimmt.

In dem Hauptsacheverfahren hat die Mutter beantragt, ihr das Sorgerecht, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu übertragen. Der Vater hat beantragt, ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu übertragen.

Im Termin v. 22.6.2005 haben die Parteivertreter erklärt, die beiden ersten Umgangskontakte seien gut gelaufen. Probleme seien erst am Ende des 2. Besuchswochenendes aufgetreten, nachdem der AGg. ein blaues Auge davon getragen habe und behauptet habe, der Vater der ASt. habe ihn geschlagen. 

Das AmtsG hat mit Beschluss v. 22.6.2005 ein Sachverständigen[SV)-Gutachten zu der Frage in Auftrag gegeben, bei welchem Elternteil die Kinder ihren Aufenthalt unter Berücksichtigung des Kindeswohls am ehesten nehmen sollten und den SV R. mit der Erstellung des Gutachtens beauftragt.

Die Mutter hat sich während der Erstellung des Gutachtens mit drei Schreiben an den SV gewandt, die sich bei der Gerichtsakte befinden und von denen die Gegenseite keine Abschriften erhalten hat.

Das AmtsG hat am 9.112006 Termin zur mündlichen Verhandlung in dem Sorgerechtsverfahren für den 13.12.2006 anberaumt.

Der SV R. hat der Richterin am 23.11.2006 telefonisch mitgeteilt, er empfehle, die Kinder unmittelbar nach der Verhandlung der Mutter zu übergeben. Eine Begleitung durch das Jugendamt [JA] für zwei bis drei Stunden erscheine angebracht, um die Kinder zu beruhigen. Am 28.11.2006 ist das SV-Gutachten mit einem Umfang von 291 Seiten bei Gericht eingegangen. Das Gutachten wurde am 8.12.2006 an die Beteiligten [Bet.] weitergeleitet und ist am 11.12.2006 bei dem Bevollmächtigten des Vaters eingegangen.

Das Gericht hat am 23.11.2006 das JA gebeten, eine organisatorische Begleitung von 2-3 Stunden nach dem Termin sicherzustellen.

Der Vertreter des Vaters hat am 12.12.2006 beantragt, den Verhandlungstermin zu verlegen, da er das umfangreiche Gutachten, das ihm am 11.12.2006 zugestellt worden sei, bis zum Termin nicht durcharbeiten könne.

Mit Schriftsatz v. 12.12.2006 hat die ASt. erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts, des Rechts der Gesundheitsfürsorge, des schulischen Bereichs und des sozialrechtlichen sowie sozialversicherungsrechtlichen Bereichs für die gemeinsamen Kinder der Parteien auf sich sowie die Herausgabe der gemeinsamen minderjährigen Kinder beantragt.

Die Schriftsätze wurden dem AGg. im Termin am 13.12.2006 übergeben; ihm wurde antragsgemäß eine Schriftsatzfrist von einer Woche bewilligt.

Das AmtsG hat die Bet. im Termin angehört. C., 8 Jahre alt, hat erklärt: „Er wohnt beim Vater. Er möchte beim Vater bleiben. Wenn ich zur Mama muss, hau ich wieder ab. Ich geh da nicht hin.”, und M., 5 Jahre alt: „Wohnt beim Vater. Soll so bleiben. Möchte auch nicht bei der Mutter wohnen.”

Der AGg.-Vertreter hat mit dem im Termin überreichten Schriftsatz v. 13.12.2006 den SV R. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass die Mutter während der Erstellung des SV-Gutachtens dem SV drei Schreiben übersandt habe, von denen er keine Abschrift erhalten habe. Auch falle auf, dass der gesamte Vortrag der ASt.-Seite im Wesentlichen ungeprüft übernommen werde. Das ungeprüfte Sichzueigenmachen rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit.

Der SV habe zur Erstellung des Gutachtens zwei Hilfspersonen eingesetzt. Die Hilfspersonen hätten die Hausbesuche durchgeführt und teilweise Explorationen der Bet. realisiert. Der Umfang der den Gehilfen durch den Gutachter übertragenen Aufgaben rechtfertige die Annahme, dass eine intensive Befassung des Stoffes durch den Gutachter nicht erfolgte.

Das AmtsG hat noch im Termin den angefochtenen Beschluss verkündet und diesen mit dem Ergebnis der Kindesanhörung und den Angaben des SV begründet:

„Aus den Äußerungen der Kinder, die die Mutter abwertend behandeln und sich über diese auch abwertend äußern, ist zu schließen, dass die Kinder in ihrer Wahrnehmung gestört werden. Sie können keine ungestörte Beziehung zur Mutter aufnehmen. Dies führt auch nach Angaben des SV zu einer schwerwiegenden seelischen Schädigung der Kinder.” ...

Das AmtsG hat mit Beschluss v. 25.4.2007 den Antrag auf Ablehnung des SV wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, auch wenn der SV die Spielsituation überwertet habe, sei hierin noch keine Kränkung des SV in seiner Person zu sehen.

Das AmtsG hat mit weiterem Beschluss v. 25.4.2007 eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen und der ASt. das Recht der Aufenthaltsbestimmung, der Gesundheitsfürsorge, der Sorge für den schulischen, sozialversicherungs- und sozialrechtlichen Bereich übertragen. Zur Begründung wird ausgeführt, eine mangelnde Neutralität folge auch nicht daraus, dass der SV die Briefe in seine Beurteilung einbezogen habe. Der SV habe die Übersendung der Briefe dem Gericht angezeigt. Das Gericht habe die Briefe als Äußerungen im Rahmen der Exploration angesehen und daher von einer Weiterleitung an die Prozessbevollmächtigten abgesehen. Der SV habe die Briefe im Rahmen des Gutachtens offen gelegt. Dass dadurch eine andere Gewichtung - zugunsten der ASt. - erfolgt sei, sei nicht ersichtlich.

Der SV habe die Stellungnahmen von Schule und Kindergarten in seinem Gutachten verwertet.

Eine mangelnde Neutralität der Bewertung der Auskunftspersonen sei für das Gericht nicht erkennbar. Der SV bewerte die Aussagen der Auskunftspersonen objektiv nach ihrer Form und ihrem Inhalt.

Das Gutachten sei für das Gericht nachvollziehbar und klar gegliedert. Die Ergebnisse seien eindeutig dargestellt. Es sei eine objektive Bewertung erfolgt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des AGg., der anführt, der SV habe mehrfach mit der ASt. korrespondiert und deren Briefe bei der Begutachtung ohne vorherige Anhörung des AGg. verwandt.

Darüber hinaus habe er ausschließlich fünf Auskunftspersonen aus dem Einflussbereich der Mutter in die Befragung einbezogen. Von Seiten des Vaters seien lediglich die Cousine, D. V. und die Mutter vernommen worden.

Die von dem AGg. weiter benannte Bekannte und ehemalige Freundin der Mutter, Frau R. K., sowie der Vater, Herr K. G., seien ohne seine Zustimmung nicht in das Verfahren einbezogen worden.

Darüber hinaus habe der SV auch nach dem Wechsel in das Kinderheim mit den Kindern nicht nochmals gesprochen. Die Situation der notwendigen, durch die Übergriffe der Mutter verursachten Einweisung in ein Kinderheim sei ebenfalls nicht im Gutachten heraus gearbeitet worden. 

Da der SV befangen sei, werde angeregt, ein weiteres Gutachten einzuholen.

 

II.

Die sofortige Beschwerde des AGg. ist begründet. Der angefochtene Beschluss war daher abzuändern und dem Befangenheitsantrag stattzugeben.

Aus der Sicht des Vaters ist die Besorgnis gerechtfertigt, dass der SV R. voreingenommen verfahren und gutachterlich Stellung nehmen werde.

Der AGg. kann aus dem Gutachten des SV die Besorgnis herleiten, dass dieser gegenüber ihm bei der Erstellung seines familienpsychologischen Gutachtens nicht die gebotene Neutralität gewahrt und ihm nicht unvereingenommen gegenüber steht (KG, FamRZ 2006, 1214).

Der SV führt aus: „Es ist davon auszugehen, dass Herr G. eigene aggressive Impulse gegen die Elternobjekte abgewehrt hat und vordergründig zu einer Tendenz zur Harmonisierung neigt. Eine ausreichende Autonomieentwicklung des Herrn G. hat nicht stattgefunden. Daher konnte er auch die Konflikte mit den Partnerinnen nicht adäquat verarbeiten und er neigt zur Externalisierung. Muster in seinen Partnerschaftsbeziehungen vermag er nicht zu erkennen.”

Die bei dem Vater fixierte Haltung lässt sich auch durch die Inanspruchnahme fachlicher Hilfen derzeit nicht durchbrechen. Er hat einen starken Krankheitsgewinn und er funktionalisiert die Kinder für seine eigenen Bedürfnisse um. Insgesamt liegt eine missbräuchliche Anwendung der elterl. Sorge für die Zukunft vor.

Nach einer Unterbringung der Kinder bei der Mutter, die umgehend erfolgen sollte, sollte der Vater für mehrere Monate nur begleitet Umgangskontakte unter Kontrolle und Überwachung erhalten. Es muss verhindert werden, dass der Vater seine Kontakte manipulativ missbraucht. .. .

Der SV befasst sich damit bei der Erstellung eines familienpsychologischen Gutachtens zu der Fragestellung, bei welchem Elternteil die Kinder ihren Aufenthalt unter Berücksichtigung des Kindeswohls am ehesten nehmen sollten, in einer Art und Weise, dass er eine eindeutig negative psychologische Begutachtung des Vaters durchführt.

Demgegenüber folgt er den Angaben der Mutter als nachvollziehbar ohne nähere Erläuterung und ohne Auseinandersetzung mit ihrer bisherigen Lebensgeschichte. Damit hat der SV die Grenzen gebotener Neutralität verlassen.

Der SV hat zunächst das Gutachten für Mitte November 2006 angekündigt, worauf das AmtsG am 9.11.2006 Termin für den 13.12.2006 bestimmt hat. Der SV hat weiter - nachdem sich der Eingang des Gutachtens bis zum 28.11.2006 verzögert hat - der Richterin am 23.11.2006 telefonisch mitgeteilt, er empfehle, die Kinder unmittelbar nach der Verhandlung v. 13.12.2006 der Mutter zu übergeben. Eine Begleitung durch das JA für zwei bis drei Stunden erscheine angebracht, um die Kinder zu beruhigen. Die Richterin hat daraufhin das JA entsprechend informiert. Am 28.11.2006 ist das SV-Gutachten mit einem Umfang von 291 Seiten bei Gericht eingegangen. Das Gutachten wurde am 8.12.2006 an die Bet. weitergeleitet und ist am 11.12.2006 bei dem Bevollmächtigten des Vaters eingegangen, der das Gutachten vor dem Termin nicht mehr durcharbeiten konnte.

Der Antrag des Vertreters des AGg. auf Terminsverlegung wurde nicht beschieden.

Mit dieser „Anweisung” hat der SV unzulässigerweise dem Gericht vorbehaltene Aufgaben wahrgenommen (vgl. OLG Celle, VersR 2003, 1593, m. w. N.) und dem AmtsG am 23.11.2006 den von ihm für richtig gehaltenen Weg gewiesen, auf dem das AmtsG ihm gefolgt ist, ohne das Gutachten des SV zu kennen und ohne den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren.

Indem der SV sich so verhalten hat, hat er seinen Gutachterauftrag eigenmächtig ausgedehnt. Dies gilt auch für die von ihm getroffenen Feststellungen zum begleiteten Umgang.

Das Umgangsrecht gibt dem Berechtigten in erster Linie die Befugnis, das Kind in regelmäßigen Zeitabständen zu sehen und zu sprechen (OLG Braunschweig, Fam.RZ 2002, 414; Erman/Michalski, BGB, 10. Aufl. 2000, § 1684 Rz. 8). Dabei soll der Umgangsberechtigte dem Kind unbefangen und natürlich entgegentreten können, weshalb der Umgang grundsätzlich nicht in Gegenwart des anderen Elternteils oder sonstiger Dritter Personen oder an sog. „neutralen Orten” stattzufinden hat (BGHZ 51, 219, 224 = FamRZ 1969, 148; Erman/ Michalski, a. a. 0., Rz. 24). Das FamG kann das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist; eine auf längere Zeit oder Dauer angelegte Einschränkung oder Ausschließung kann nur ergehen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (§ 1684 IV S. 1 und 2 BGB). Einschränkungen des Umganges dergestalt, dass dieser lediglich unter Begleitung weiterer Personen oder nur an einem neutralen Ort stattzufinden habe, stellen nach den vorgenannten Grundsätzen eine einschneidende Beschränkung für den Umgangsberechtigten dar, weshalb zu dieser Maßnahme nur dann gegriffen werden darf, wenn ohne sie eine Gefährdung des Kindeswohls konkret zu befürchten ist (Münch-Komm/Hinz, BGB, 3. Aufl. 1992, 5 1634 Rz. 26; Oelkers, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 3. Aufl. 2001, S. 368).

Mit seiner Vorgehensweise hat der SV Misstrauen in seiner Unparteilichkeit als Gehilfe des Gerichts mit der Folge hervorgerufen, dass der Ablehnungsantrag wegen Besorgnis der Befangenheit begründet ist und die sofortige Beschwerde daher Erfolg hat.

(Mitgeteilt von Richterin am OLG S. Martin, Jena)

 

 

 

Anmerkung von Joseph Salzgeber:

 

OLG Thüringen – ZPO § 42, 406

(1 FamS , Beschluss v. 2.8.2007 – 1 WF 203/07)

1. Geht der Sachverständige mit seinen Feststellungen [zum Umgangsrecht] über den ihm erteilten Gutachtensauftrag hinaus, rechtfertigt dies einen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit.

2. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kann wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn er den Prozessbeteiligten (hier dem Richter) unzulässigerweise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist.

Anm. d. Red.: Die Entscheidung ist veröffentlicht in FamRZ 2008, 284

 

Anmerkung:

Das OLG entschied, dass die Besorgnis der Befangenheit seitens des Vaters gerechtfertigt sei und darüber hinaus, dass der Sachverständige [SV] voreingenommen verfahren habe. Er habe die notwendige gebotene Neutralität nicht gewahrt.

Diese Bewertung erschließt sich dem Verfasser aus den schriftlich angeführten Gründen des OLG nicht.

 

...

 

Aus dem Verhalten des gerichtlich beauftragten SV lässt sich - jedenfalls in den benannten Kritikpunkten -  aus Sicht des Verfassers keine Besorgnis der Befangenheit ableiten.

Dipl.-Psych. Dr. Dr. Joseph Salzgeber, München

 

 

 

 


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