Justizunrecht
09.09.2009 - Abteilungsleiterin Franke eröffnet Ausstellung zur DDR-Justiz im Amtsgericht Zittau
Die Abteilungsleiterin Andrea Franke hat heute im Amtsgericht Zittau die Ausstellung »Im Namen des Volkes? - Über die Justiz im Staat der SED« eröffnet (I). In einer Ansprache hat sie über den Umgang der DDR-Justiz mit der Opposition und Ausreisewilligen berichtet. Während der Veranstaltung ist der Liedermacher Gerhard Schöne aufgetreten und hat Lieder aus der Zeit der späten DDR und der Friedlichen Revolution gesungen.
Abteilungsleiterin Andrea Franke: »Wer zu Unrecht verurteilt wurde, hat einen Anspruch auf Rehabilitierung. Die Aufarbeitung des SED Unrechtes kommt im Freistaat gut voran: Die Landgerichte Chemnitz, Dresden und Leipzig haben zwischen 1993 und 2008 insgesamt 37.000 Verfahren durchgeführt, um rechtsstaatswidrige Strafurteile der DDR-Justiz zu beseitigen. In etwa der Hälfte der Fälle führten diese Verfahren zur vollständigen Rehabilitierung der Verurteilten. Allein in Sachsen leben oder lebten über 17.000 von der DDR-Justiz vollkommen zu Unrecht verurteilte Menschen. (II) 20 Jahre nach der friedlichen Revolution gehen noch immer über 1.000 neue Rehabilitierungsanträge pro Jahr ein. Das zeigt, wie notwendig die Auseinandersetzung mit der DDR-Justiz heute noch ist. Die Ausstellung über die Justiz in der DDR leistet hier einen wichtigen Beitrag. Sie rückt die Schicksale der Opfer, jenseits abstrakter Zahlen und Statistiken, ins Licht. «
Die Ausstellung belegt, wie eine zentralistisch organisierte Justiz ohne unabhängige Richter zum Instrument der Durchsetzung von Machtinteressen missbraucht werden konnte. Sie zeigt aber auch exemplarisch, wie die DDR-Justiz alltägliche zwischenmenschliche Konflikte regelte. Die Ausstellung geht auf eine Anregung von Richtern, Staatsanwälten und Bürgerrechtlern aus den neuen Bundesländern aus dem Jahr 1991 zurück. Auf über 75 Schauelementen informiert sie in Text und Bild über die Themengebiete »SBZ und DDR unter Ulbricht (1945 – 1971)«, »Organe der sozialistischen Rechtspflege einschließlich ihrer Steuerung durch die SED« und »DDR unter Honecker bis zur Vereinigung (1971 – 1990)«.
Im Amtsgericht Zittau wird die Ausstellung bis zum 30. Oktober 2009 zu sehen sein. In Leipzig, Zwickau, Döbeln und Dresden zog sie bereits zahlreiche Besucher an.
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(I) Die Ausstellung wird von der Sächsischen Staatskanzlei und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz gemeinsam mit dem Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR präsentiert. Der Eintritt ist frei.
Die Ausstellung ist ein Duplikat einer Ausstellung des Bundesministeriums der Justiz, die in der Gedenkstätte Moritzplatz, Magdeburg, dauerhaft zu sehen ist. Die Ausstellung wurde 1994 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt und ist als zeitgeschichtliches Dokument eine gute Basis für die Auseinandersetzung mit der DDR-Justiz.
(II) In 10 % der Rehabilitierungsverfahren verringerten die Gerichte das Strafmaß, weil der festgestellte Sachverhalt auch nach rechtsstaatlichen Maßstäben zu bestrafen gewesen wäre. Außerdem haben die sächsischen Verwaltungsgerichte in mehr als 1.000 Verfahren über eine Wiedergutmachung für berufliche Benachteiligungen, Gesundheits- oder Vermögensschädigungen durch DDR-Behörden entschieden.
Kommentar Väternotruf:
Wollen wir hoffen, dass so wie die Aufarbeitung von DDR-Unrecht, nun auch die Aufarbeitung von BRD-Unrecht, insbesondere im Bereich der rechtlichen Diskriminierung nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder seit 1949 in Gang kommt. Dies betrifft immerhin mehrere Millionen nichtverheirateter Väter und ihrer Kinder, die bis in das Jahr 2010 Opfer juristischer Willkür der Bundesregierung und der ihr nachgestaffelten und linientreuen BRD-Justiz wurden.