Jutta Wagner

Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes


 

 

 

Das Bundesverfassungsgericht hat im Interesse der unverheirateten Väter entschieden. (Bild: AP)

Das habe ich nicht gewollt!

Etwas läuft falsch mit dem Sorgerecht!

Von Jutta Wagner

Wie sich doch die Zeiten ändern! Im Jahr 1980 habe ich als ganz junge Anwältin im Auftrag eines unverheirateten Elternpaares und des gemeinsamen Sohnes vor dem Bundesverfassungsgericht dafür gestritten, dass auch unverheiratete Väter mit Zustimmung der Mutter die elterliche Sorge für ihr Kind ausüben können. Damals habe ich verloren, weil Karlsruhe es für verfassungsgemäß hielt, den unverheirateten Vater von der elterlichen Sorge auszuschließen.

Heute soll den unverheirateten Müttern auch gegen ihren Willen das gemeinsame Sorgerecht mit den Vätern aufgezwungen werden können. Aus dem Bundesjustizministerium hört man, dass dort ein Gesetz vorbereitet wird, welches das Sorgerecht für ein Kind unverheirateter Eltern von Geburt an automatisch der Mutter und dem Vater gemeinsam überträgt. Der Mutter würde lediglich ein zeitlich befristetes, gerichtlich überprüfbares Widerspruchsrecht zugestanden.

Das habe ich nicht gewollt! Es ist wirklichkeits- und praxisfern und mütter- und damit auch kinderfeindlich.

Wie sieht es denn im Alltag unverheirateter Mütter und ihrer Kinder aus? Von Beginn der Schwangerschaft an und erst recht meist ab der Geburt trägt die unverheiratete Mutter die Verantwortung für ihr Kind allein.

Die Ausnahmefälle, in denen Paare sich bewusst - ohne verheiratet zu sein - für ein Kind entscheiden, spielen bei Streitigkeiten um das Sorgerecht kaum eine Rolle. Entweder der Vater kann mit Zustimmung der Mutter das Sorgerecht mit ihr gemeinsam ausüben oder er trägt praktisch die Verantwortung. Dann kann er auch mitentscheiden. Denn für die Fragen des täglichen Lebens braucht er kein Sorgerecht auf dem Papier.

Nichts spricht dagegen, all jene Fälle gerichtlich prüfen zu lassen, in denen der Vater das gemeinsame Sorgerecht haben möchte, die Mutter dabei aber nicht mitwirkt. Dies und nicht mehr hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte von der Bundesrepublik Deutschland gefordert.

Nichts spräche auch dagegen, aus der Übergangslösung im jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eine gesetzliche Regelung zu machen. Dann würde sogar das Veto einer Mutter gegen den Antrag des Vaters gerichtlich überprüft. Sollte das mütterliche Nein unbegründet sein und das Kindeswohl nicht dagegen stehen, könnte das Familiengericht gegebenenfalls ein gemeinsames Sorgerecht anordnen oder es dem Vater allein übertragen.

Ich bin aber dagegen, Müttern die gemeinsame elterliche Sorge mit einem Vater aufzuzwingen, mit dem sie häufig nichts zu tun haben wollen, auch weil er die wirklich existentielle, die tägliche Verantwortung für das Kind nicht mit trägt.

Macht sich eigentlich irgend jemand der Verantwortlichen einmal Gedanken darüber, in welcher Situation sich eine Mutter mit einem Neugeborenen befindet? Wieviel Raum in ihrem Kopf und in ihrem Tagesablauf für Behörden- und Anwaltsbesuche ist? Wer je die seitenlangen Abhandlungen frustrierter Väter gelesen hat, weiß, daß jede Mutter mit Kleinkind dem einfach nicht gewachsen ist.

Für die Mütter jedenfalls wird das Leben nicht leichter werden. Sie werden Widerspruch gegen das gesetzlich gewollte, gemeinsame Sorgerecht einlegen. Und die Väter werden dagegen klagen, weil sie sich ihr Recht nicht nehmen lassen wollen. Familiengerichtliche Auseinandersetzungen sind also vorprogrammiert.

Ein gemeinsames Sorgerecht gegen den Willen der Mutter bzw. des Vaters, so er das Kind fast ausschließlich betreut und erzieht, produziert dauernden Streit, tagtäglich - um den Arztbesuch, den Kindergarten, den Wohnsitzwechsel und vieles mehr. Erst recht, wenn das gemeinsame Sorgerecht vom Familiengericht angeordnet wird. Dies alles selbstverständlich zum Wohl der Kinder. Übrigens sind die Gerichte ja auch nicht bereit, getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern das gemeinsame Sorgerecht zu erhalten, wenn sie nicht in der Lage sind zusammenzuwirken.

Obwohl ich mich als Anwältin über dieses zusätzliche Beschäftigungsprogramm freuen sollte, frage ich mich, wo eigentlich der Protest der betroffenen Frauen und Mütter bleibt.

06.08.2010 · 07:20 Uhr

 

Jutta Wagner (Bild: privat)

Jutta Wagner, Rechtsanwältin, wurde 1949 in Kassel geboren. Sie arbeitet seit 1978 als Rechtsanwältin in Berlin. 1996 wurde sie zusätzlich zur Notarin bestellt. Seit 2005 ist Wagner Präsidentin des Deutschen Juristinnenbundes.

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/1241545/

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Nun wird das christliche Abendland untergehen, wenn zukünftig die Horden nichtverheirateter Väter sich so mir nichts dir nichts der Kinder bemächtigen, die gerade mal eben aus der Scheide der Mutter das Licht der Welt erblickt haben. Den Müttern werden von diesen grausamen Vätern die Babys von den Brüsten gerissen und dann in Terrorcamps nach Afghanistan verschleppt oder als Kindersoldaten in den Kongo verkauft. 

Das kann doch kein rechtgläubiger Christ wollen, denn - so "betonte der Führer (Adolf Hitler) mit aller Entschiedenheit, daß nicht die Sorge für das Wohl des Kindes in erster Linie ausschlaggebend sei, sondern das ethische Recht der Mutter auf das Kind"

zitiert nach Werner Schubert "Das Familien- und Erbrecht unter dem Nationalsozialismus", 1993, 703,704

 

 

 

 


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