Kindesunterhalt

Urteile


 

 

 

 

Bundesgerichtshof - Urteil vom 28. Februar 2007 – XII ZR 161/04

AG Bamberg – Entscheidung vom 4.12.2003 – 1 F 1176/03 ./. OLG Bamberg – Entscheidung vom 27.7.2004 – 2 UF 25/04

http://rhgsig.wordpress.com/2007/03/01/bgh-kindesuntehalt-und-wechselmodell/

 

 

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

Nr. 32/2007

Kindesunterhalt bei abwechselnder Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile

Die 1991 geborenen Klägerinnen nehmen ihren Vater, den Beklagten, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Sie leben überwiegend bei ihrer Mutter, während sich die weitere 1986 geborene Tochter überwiegend beim Vater aufhält. Beiden Elternteilen steht die elterliche Sorge für die Kinder gemeinsam zu. Sie betreuen die Kinder abwechselnd, und zwar bezüglich der Zwillinge in der Weise, dass diese sich von Mittwochabend bis Montagmorgen beim Vater aufhalten und sodann nach der Schule in den Haushalt der Mutter wechseln, wo sie bis zum Mittwochabend der folgenden Woche bleiben. Die Ferien verbringen die Zwillinge jeweils hälftig bei einem der Elternteile.

Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass beide Eltern für die Zwillinge Barunterhalt zu leisten hätten. Denn diese hielten sich in weitergehendem Umfang bei dem Vater auf als im Rahmen eines üblichen Umgangsrechts. Ihr Bedarf sei deshalb nicht nur nach dem Einkommen des Vaters, sondern nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile zu bestimmen und um die beim Vater zusätzlich anfallenden Wohnkosten zu erhöhen. Für diesen Bedarf hätten die Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufzukommen. Die so ermittelten Anteile seien allerdings in Höhe der jeweils erbrachten Betreuungsleistungen gedeckt, so dass nur der jeweils verbleibende Betrag als Barunterhalt verlangt werden könne. Der Vater schulde deshalb keinen höheren Unterhalt als vom Amtsgericht zuletzt in Höhe von monatlich jeweils 142 € ausgeurteilt.

Die Revision des Vaters hatte keinen Erfolg.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat allerdings die Auffassung vertreten, dass die Mutter ihre Verpflichtung, zum Unterhalt der Zwillinge beizutragen, allein durch deren Pflege und Erziehung erfüllt, während der Vater allein für deren Barunterhalt aufzukommen hat. Diese Aufteilung von Bar- und Betreuungsunterhalt ist so lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt, dieser mithin die Hauptverantwortung für ein Kind trägt. Das ist grundsätzlich auch dann der Fall, wenn sich ein Kind im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts bei einem Elternteil aufhält und sich die Ausgestaltung des Umgangs bereits einer Mitbetreuung annähert. Solange der andere Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass er seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Anders kann es sein, wenn sich die Eltern die Verantwortung für ein Kind in etwa hälftig teilen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung indizielle Bedeutung zu, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht.

Im vorliegenden Fall entfällt auf den Beklagten ein Betreuungsanteil von etwas mehr als 1/3 (gerundet 36 %), so dass die Eltern keine Betreuung in einem Wechselmodel mit im Wesentlichen gleichen Anteilen praktizieren. Daher ist für die Zwillinge nur der Vater barunterhaltspflichtig mit der Folge, dass der Barunterhalt allein nach seinem Einkommen zu bemessen ist. Der entsprechende Bedarf kann zwar teilweise durch Naturalleistungen des betreuenden Elternteils gedeckt sein. Das war hier aber nicht der Fall, so dass der Beklagte jedenfalls Unterhalt in dem vom Amtsgericht ausgeurteilten Umfang schuldet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vater die ältere Tochter überwiegend betreut. Den für diese schuldet nicht er, sondern die Mutter Barunterhalt.

Urteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04

AG Bamberg – Entscheidung vom 4.12.2003 – 1 F 1176/03 ./. OLG Bamberg - Entscheidung vom 27.7.2004 – 2 UF 25/04

Karlsruhe, den 1. März 2007

Pressestelle des Bundesgerichtshof

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-5013

Telefax (0721) 159-5501

 

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2007-2&nr=39033&linked=pm&Blank=1

 

 

 

 

Kommentar Väternotruf:

Manche krude Logik kann man einfach nicht begreifen, außer man versteht sie ideologisch motiviert, das gilt auch für Urteile des Bundesgerichtshofes. Man stelle sich einmal vor, jemand lebt nur ein dritte des Jahres in einer Wohnung und verlangt deshalb vom Vermietet für dieses Zeit Kostenfreiheit gewährt zu bekommen.

Wollen wir hoffen, dass sich das anhaltend trübe Wetter in Karlsruhe mal wieder bessert.

 

 


 

 

Oberlandesgericht Celle führt Rechtssprechung wieder auf den Boden des Grundgesetzes zurück

Im Beschluß vom 17.5.2001 - 12 WF 103/01 hat der 12. Familiensenat klargestellt, dass entgegen der Rechtssprechung anderer OLGs , z.B. Hamm und Hamburg, ein barunterhaltspflichtiger Elternteil nicht verpflichtet ist, zur Sicherung des Kindesunterhaltes neben seiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit auch noch eine Nebentätigkeit auszuüben (veröffentlicht in "FamRZ Heft 10, 2002, S. 694.

Interessant an dem hier vorliegenden Fall, dass die Beklagte eine barunterhaltspflichtige Mutter war. Wenn es wie in den meisten Fällen ein Mann gewesen wäre, hätte wohl auch das OLG Celle sich dem bisherigen Mainstream unendlicher richterlicher Weisheit zu barunterhaltspflichtigen Männern angeschlossen, der da lautet, "Raboti, raboti, nix Pause machen".

 

 


 

 

Beschlüsse zu Kürzung des Unterhaltes infolge stärkerer Betreuung des Kindes durch den "nichtbetreuenden Elternteil"

 

- OLG Hamm 26.2.93 - 1 UF 429/92

in "FamRZ" 94/8

 

 

- Amtsgericht Mettmann - 9.10.97 - 40 F 132/96

"Bei zeitlich umfangreichem Aufenthalt des Kindes bei einem Elternteil und entsprechenden Versorgungs- und Betreuungsleistungen ist der Barunterhaltsbedarf aufgrund der Ersparnisse des jeweils entlasteten Elternteils zu kürzen."


ausführlich in: FamRZ 1999 H1

 

ausserdem ein Urteil in:: "Der Amtsvormund" 83/ S.666

 

Politisch bisher noch gar nicht angegangen ist die Tatsache, dass ein "nichtbetreuender" Elternteil der sich intensiv um sein Kind kümmert und dem unabweisbar hohe Kosten entstehen, den gleichen Unterhalt zu zahlen hat, wie ein Elternteil, der überhaupt keinen Kontakt mehr zu seinem Kind pflegt.


zurück