Konzentrationslager


 

 

 

Heinrich Himmler besuchte mehrmals Ravensbrück, das zentrale Ausbildungslager für SS-Aufseherinnen; 

Foto aus dem SS-Fotoalbum

 

www.ravensbrueck.de/mgr/deutsch/frauen-kz/index.htm

 


 

 

 

„Geboren im KZ“: Das Wunder der sieben Babys von Kaufering

28.04.2010

Von Lars Dittmer

Sieben Babys überlebten das KZ Kaufering, ihre Mütter gingen durch die Hölle. Der Dokumentarfilm "Geboren im KZ" erzählt ihre Geschichte.

„Als ich hörte, dass sieben jüdische Babys das KZ Kaufering überlebt haben, konnte ich es nicht glauben“, sagt die WDR-Autorin Eva Gruberová. Als die US-Soldaten Ende April 1945 das Lager befreiten, fanden sie Leichenberge, halb verhungerte und typhuskranke Menschen. Und doch hängt der Beweis in der KZ-Gedenkstätte Dachau: Vier Mädchen und drei Jungen halten die Mütter in die Kameras der Amerikaner. Gruberová beschloss zusammen mit Martina Gawaz, dieser Geschichte nachzugehen. Ihre Dokumentation „Geboren im KZ“ zeigt die ARD am Mittwoch, zum Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau (29. April) und des Außenlagers Kaufering (27. April).

Zwei der sieben Mütter sind noch am Leben: die Slowakin Eva Fleischmanová und Miriam Rosenthal, die heute in Kanada lebt. Eva Fleischmanová wollte erst nicht mit den beiden Autorinnen sprechen, zu sehr schmerzen ihre Erinnerungen. Auch ihrer Tochter Marika Nováková hatte sie lange nicht erzählt, warum das oberbayerische Dorf Kaufering als Geburtsort in ihrem Pass stand. Sie hatte geschwiegen, weil in der Slowakei nach dem Krieg der Antisemitismus weit verbreitet war.

In den neun Monaten vor der Befreiung gingen Fleischmanová und Rosenthal durch die gleiche Hölle, ohne voneinander zu wissen. Die Frauen wurden von einem KZ ins nächste verlegt, von Auschwitz nach Augsburg zur Zwangsarbeit in die Michel-Werke, dann nach Kaufering. Hitler wollte dort die ersten Düsenflugzeuge herstellen lassen. Die Angst war immer da, denn sie wussten, dass die Nazis schwangere Jüdinnen sofort ins Gas schickten. Ab 1941 tötete das Regime gezielt auch jüdische Kinder, rund 1,5 Millionen bis Kriegsende. Überlebensversicherung war, den Nazis nicht zu trauen. „Schwangere vor! Bekommen doppelte Portionen!“, brüllte einmal ein SS-Mann in Auschwitz. Trotz ihres Riesenhungers bewegte sich Miriam Rosenthal nicht, einer inneren Eingebung folgend. „Alle anderen sind gegangen, 200 Frauen vielleicht“, berichtet sie. Sie gingen in die Gaskammern. Eva Fleischmanová war noch im Sommer 1944 mehrere Tage in Auschwitz, wo sie zwei Mal von Mengele untersucht wurde. Sie hatte Glück. Ihr zu klein gewordenes Hemd tauschte sie gegen das weite einer Mitinsassin, um ihre Schwangerschaft zu verstecken.

In einer unterirdischen Baracke in Kaufering im Winter 44/45 lernten sie sich kennen, beide bereits hochschwanger. Ein jüdischer Arzt aus Ungarn half ihnen bei der Niederkunft – Eva Fleischmanová nähte er ohne Narkose. Es gibt nur Vermutungen, warum die Frauen und ihre Kinder nicht ermordet wurden. „Die SS und die hohen Offiziere rechneten mit Strafen und wollten ihre Haut retten“, vermutete Ibolya Ginsburg, die die Geburt der sieben Babys in Kaufering als Häftling miterlebte.

Während der Recherchen zu „Geboren im KZ“ nahmen die Kauferinger Kinder wieder Kontakt zueinander auf. Zu den Befreiungsfeiern 2010 in der Gedenkstätte Dachau werden sich sechs der sieben wiederbegegnen.

„Geboren im KZ“, ARD, 23 Uhr 30

http://www.tagesspiegel.de/medien/geboren-im-kz-das-wunder-der-sieben-babys-von-kaufering/1809764.html

 

 


 

 

 

27.10.2007 / Inland / Seite 8

»Das dumme Geschwätz von Eva Herman tut weh«

Naziverfolgte tut heute alles, um Kinder aufzuklären. Als Achtjährige ins KZ Theresienstadt eingeliefert. Ein Gespräch mit Edith Erbrich

Interview: Gitta Düperthal

Edith Erbrich, die am Sonntag ihren 70. Geburtstag feiert, wurde im Alter von acht Jahren in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Sie klärt heute an Schulen über die Nazizeit auf.

Sie waren als Kind im Konzentrationslager Theresienstadt gefangen und informieren heute Jugendliche über den Holocaust. Wie kommt es, daß Sie sich so detailliert an Ihre Kindheit erinnern?

Ich hatte keine sorglose Kindheit in Frankfurt am Main. Ich durfte nicht mit anderen Kindern spielen. Im Februar 1943 hätte ich als Sechsjährige eingeschult werden müssen. Aber ich bekam die Schule nicht von innen zu sehen. Ich war Kind aus einer von den Nazis so genannten Mischlingsehe. Meine Mutter war katholisch, mein Vater jüdisch. Bei Fliegeralarm durften wir nicht in den Luftschutzbunker, sondern mußten in den Keller gehen. Und ich bekam mit, wie es meinen Eltern erging. Mein Vater, bei den Frankfurter Stadtwerken beschäftigt, wurde von seiner Arbeit ausgeschlossen. Er mußte auf dem jüdischen Friedhof Gräber ausheben, meine Mutter wurde zum Arbeitsdienst in einer pharmazeutischen Fabrik verpflichtet. Wir erhielten verminderte Lebensmittel kleinere Rationen. Und 1944 wurden wir ausgebombt.

Die Nazis deportierten Sie 1945 ins Konzentrationslager Theresienstadt. Wie haben Sie das als Kind erlebt?

Am 8. Februar 1945 saß mein Vater weinend am Tisch. Wir hatten eine Aufforderung bekommen: Mein Vater, meine ältere Schwester und ich sollten uns am 14. Februar um 14.00 Uhr an der Großmarkthalle einfinden, »zu einer Reise zwischen drei und fünf Tagen«. Absender des Briefs: »Der Vertrauensmann der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland«. Nichterscheinen werde mit strengsten staatspolizeilichen Maßnahmen geahndet, hieß es.

Gab es keine Möglichkeit, sich zu entziehen?

Wir hatten kein Geld zum Auswandern. Die Uhlandstraße, in der meine Eltern wohnten, war an jenem 14. Februar schwarz vor Menschen. Wie ein Trauerzug bewegten sie sich auf die Großmarkthalle zu. Ich ging an der Hand meiner Mutter. Ob Leute aus dem Fenster schauten, sah ich nicht. Ich war zu beschäftigt, mir das Gesicht meiner Mutter einzuprägen. Sie durfte nicht mit, obgleich sie freiwillig mitkommen wollte.

Können Sie sich an das Konzentrationslager erinnern?

Wir waren drei Tage unterwegs. 30 bis 40 Personen im Viehwaggon. Essen, schlafen, Notdurft verrichten – alles passierte dort. Als der Zug hielt, wurden die Menschen, die unterwegs gestorben waren, einfach entsorgt. So muß man es sagen. Beim nächsten Halt, Theresienstadt, ein weiterer Schock: Die Trennung von meinem Vater. Wir wurden entlaust, meine schönen langen Haare abgeschnitten. Dann sollten wir duschen. Wir hatten Gespräche von Erwachsenen mitgehört. Man würde keine Luft bekommen, hieß es, und Gas würde strömen. Am 8. Mai wurden wir dann befreit. Einen Tag später – und man hätte uns in der Gaskammer umgebracht.

Wie ist das für Sie, wenn die Neonazis heute wieder marschieren?

Wenn es nach mir ginge, müßte das verboten werden. So harmlos hatte es damals auch angefangen. Ich bin froh, daß es heute den Mut gibt, Nazis entgegenzutreten. Das dumme Geschwätz von Eva Herman tut weh, wenn sie sagt, wir fahren heute noch auf Hitlers Autobahnen. Ich tue alles, was in meiner Kraft steht, um die Kinder aufzuklären. Und die stellen sehr kluge Fragen.

Sind Sie entschädigt worden?

Etwa 2000 Mark habe ich erhalten. Das reichte, um Kleider, Bücher und eine Nähmaschine zu kaufen. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat aber nur 43 Jahre auf meine Rente angerechnet. Obgleich sie an meinen Papieren sehen konnten, daß mir zwei Jahre Berufstätigkeit fehlen, weil ich diskriminiert und deportiert wurde und so meine Ausbildung erst später beginnen konnte. Mir geht es aber nicht ums Geld, sondern ums Prinzip. Wir wurden schon unter Hitler übel behandelt – und jetzt wieder.

Was hat Sie noch enttäuscht?

In der Nachkriegszeit habe ich meine Lehre bei der Frankfurter Rundschau (FR) gemacht. Der Mitbegründer der Zeitung, Karl Gerold, hatte damals meinen Lehrvertrag unterschrieben. Elf Jahre lang habe ich dann dort als Industriekauffrau gearbeitet. Als ich Anfang Oktober das Bundesverdienstkreuz verliehen bekam, hätte ich mir gewünscht, daß gerade die FR darüber berichtet. Doch die Redaktion hat das einfach ignoriert.

http://www.jungewelt.de/2007/10-27/043.php

 

 

 

 


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