Kreidekreis

Kaukasischer Kreidekreis


 

 

 

Wenn es um familiengerichtlich ausgetragene Streitigkeiten von Eltern geht, wird oft die Geschichte vom Kaukasischen Kreidekreis von Bertolt Brecht bemüht, die die auf eine Beschreibung im Alten Testament zurückgeht, in der König Salomon von Israel darüber zu urteilen hat, welcher von zwei streitenden Frauen das Kind zugesprochen werden soll.

Die beiden Frauen hatten kurz hintereinander zwei Knaben geboren, wovon der eine starb und die Mutter dieses Jungen sich den Sohn der anderen Mutter aneignete und ihr das tote Kind unterschob. Diese Mutter erkannte aber, dass der tote Säugling dies nicht ihr Sohn war und so gelangt der Streit der beiden Frauen vor den König Salomon. Dieser sprach:

Holet mir ein Schwer her, teilt das lebendige Kind in zwei Teile und gebt dieser die Hälfte und jener die Hälfte.

Da sprach das Weib, des Sohnes lebte, zum König: Ach, mein Herr, gebt ihr das Kind lebendig und tötet es nicht!

Jene aber sprach: Es sei weder meins noch dein; laß es teilen"

Der König entscheidet, daß die erste Frau ihr Kind lebendig bekommen soll, denn "sie ist seine Mutter".

 

 

Brecht hat die Geschichte umgeschrieben. Hier läßt die leibliche  Mutter ihr Kind im Stich. Eine andere Frau nimmt sich des Kindes an und zieht es auf (faktisch eine Pflegemutter). Die leibliche Mutter überlegt es sich dann anders und will aus egoistischen Gründen ihr leibliches Kind wieder zurück haben. Der Richter Azdak, der sich übrigens nicht auf dem normalen Dienstweg in sein Amt hochgearbeitete hat, ja nicht einmal ein Studium absolviert hat, sondern nur infolge von Unruhen im Land in dieses Amt gelangt ist, spricht das Kind schließlich der Pflegemutter zu, weil diese es nicht übers Herz bringen will, das Kind aus dem Kreidekreis zu ziehen. Der Richter Azdak packt dann schnell seine sieben Sachen und flieht aus der Stadt.

"Und nach diesem Abend verschwand der Azdak und 

ward nicht mehr gesehen. 

Aber das Volk Grusiniens vergaß ihn nicht und gedachte noch 

Lange seiner Richterzeit als einer kurzen

Goldenen Zeit beinah der Gerechtigkeit"

 

 

Hier sieht man, dass das nichts mit der deutschen Familiengerichtsrealität kaum was zu tun hat, denn es ist noch nie bekannt geworden, dass ein deutscher Familienrichter nach seinem Urteil, untergetaucht wäre, was aber bei einigen Richtern (siehe Oberlandesgericht Naumburg, Fall Görgülü, 2005) doch sehr zu begrüßen wäre.

 

 

Brecht schließt dann mit den Worten:

 

"Daß da gehören soll, was da ist, denen, die für es gut

sind, also

Die Kinder den Mütterlichen, damit sie gedeihen

Die Wagen den guten Fahrern, damit gut gefahren wir

Und das Tal den Bewässerern, damit es Frucht bringt."

 

 

An die Väterlichen hat Brecht wohl nicht gedacht, vielleicht weil er, bei aller dichterischen Größe selbst ein Rabenvater war?

 

 

Doch was sollen diese beiden Geschichten mit dem Streit von zwei leiblichen Eltern, also Mutter und Vater vor einem deutschen Familiengericht zu tun haben? Nun, wahrscheinlich soviel wie Elektrizität mit Eklektizismus, die CDU mit der Bibel oder die "Linkspartei PDS" mit Kommunismus.

Es ist einfach unsinnig, den Streit zweier Frauen, von denen, im Fall der biblischen Geschichte von König Salomon, die eine kein leiblicher Elternteil ist, sondern sich ein fremdes Kind angeeignet hat und im Fall von Brechts Stück vom "Kaukasischen Kreidekreis", die leibliche Mutter kein echtes Interesse an ihrem Kind hat, mit dem üblichen Streit zwischen Vätern und Müttern, die beide ihr Kind lieben und von ihm geliebt werden, vor dem Familiengericht in Beziehung zu setzen. Wer so was tut, ist von Sinnen oder einfach bösartig.

Bestenfalls kann man die Geschichte von Kreidekreis auf die Situation von Pflegeeltern und leiblichen Eltern anwenden, wenn die Pflegeeltern plötzlich behaupten oder so tun würden, als wären sie die leibliche Eltern (siehe die hochpeinliche Provinzposse am Oberlandesgericht Naumburg, in der der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Bundesverfassungsgericht von den ursprünglich zuständigen Richtern am Oberlandesgericht Naumburg für dumm verkauft wurden und eine Mitarbeiterin im Jugendamt der Stadt Wittenberg denkt, sie hätte das Format von Martin Luther und könne der Macht erfolgreich trotzen).

So ganz nebenbei muss man sich auch fragen, was die deutsche Rechtswirklichkeit dazu beiträgt, dass sich Eltern überhaupt so erbittert streiten können, wenn sie den Eltern z.B. erst die Möglichkeit einräumt Anträge zum Sorgerechtsentzug nach §1671 BGB gegen den anderen Elternteil zu stellen und sich dann nach dem Motto "Haltet den Dieb" über diese Eltern entrüstet, die doch nur die vom Staat eilfertig angebotenen Kampfmittel auch nutzen.

 

 

 

 


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