Maskenzwang


 

 

 

Nur ein Schwächeanfall der Justiz? Noch einmal: Das Urteil des Landgerichts Erfurt gegen Christian Dettmar

15.12.2023

Das Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte hat sich bereits in zwei Beiträgen zum Strafverfahren gegen den Weimarer Amtsrichter Christian Dettmar geäußert: Der erste Artikel analysierte die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Erfurt (im Folgenden: Artikel zur Anklage), der zweite kommentierte kurz nach Verkündung das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 23.08.2023 (im Folgenden: Artikel zur Urteilsverkündung). Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Rechtsbeugung, so lautete das Urteil der 2. Strafkammer des Landgerichts, das nicht rechtskräftig ist. Inzwischen liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor.1 Dies ist der Anlass für diesen Beitrag. In ihm soll die Argumentation der Kammer nachgezeichnet und der Kritik unterzogen werden. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, wie ein solches Urteil überhaupt möglich ist: Ist es allein durch Unvermögen zu erklären oder muss man auch nach anderen Gründen suchen?

Der Beitrag setzt die beiden früheren Artikel inhaltlich voraus. Insbesondere werden rechtliche Erläuterungen zum Tatbestand des § 339 StGB, die in dem Artikel zur Anklage gegeben wurden, hier nicht noch einmal wiederholt.

1. Überblick

Das schriftliche Urteil des Landgerichts Erfurt umfasst 139 Seiten. Zum Aufbau eines Strafurteils muss man Folgendes wissen: Es besteht aus Rubrum (Angaben der Verfahrensart, der Verfahrensbeteiligten, ihrer Rollen, der Verhandlungstage u. a.), Urteilstenor (= Urteilsformel) und den Gründen. Die Gründe sind üblicherweise in fünf Abschnitte unterteilt: (1) persönliche Verhältnisse des Angeklagten, (2) Sachverhalt, von dem das Gericht ausgeht („Was ist passiert?“), (3) Beweiswürdigung („Woher weiß das Gericht das?“), (4) rechtliche Würdigung („Welche Straftatbestände sind damit erfüllt?“), (5) Strafzumessung („Wie ist die Tat zu ahnden?“).

Die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten werden in dem Urteil auf einer Seite geschildert, die Darstellung des Sachverhalts nimmt 44 Seiten ein, die Beweiswürdigung sogar 77 Seiten. Minutiös werden hier die Einlassung des Angeklagten, die Aussagen von Zeugen, der Inhalt von Schriftstücken, E-Mails und SMS wiedergegeben. Die rechtliche Würdigung ist mit 11 Seiten dagegen eher knapp, die Strafzumessung findet auf 4 Seiten Platz. Die Feststellungen zum Sachverhalt müssen hier nicht explizit erörtert werden, weil das äußere Geschehen zwischen Gericht und Verteidigung im Wesentlichen unstrittig ist.2 Strittig ist die rechtliche Würdigung, weshalb sich der Beitrag vor allem darauf konzentriert.

2. Anklagevorwürfe, die den Tatbestand nicht erfüllen

Wie in dem Artikel zur Anklage dargelegt,3 hat die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten eine Vielzahl von (angeblichen) Rechtsverletzungen vorgeworfen, die alle den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen sollen. Bis zum Schluss der Hauptverhandlung hat sie daran keine Abstriche gemacht. Auch der Vorwurf, Rechtsbeugung liege vor, weil der Angeklagte gewusst habe, dass (angeblich) die Verwaltungsgerichte zuständig gewesen seien, wurde bis zum Plädoyer aufrechterhalten (und auch in der Begründung der von ihr eingelegten Revision wiederholt).4

Die Kammer erklärt auf knapp eineinhalb Seiten, dass nach ihrer Auffassung sämtliche von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe bis auf einen nicht den Tatbestand des § 339 StGB erfüllen. Den Zuständigkeitsvorwurf räumt sie unter Verweis auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ab und die anderen Vorwürfe mit der Begründung, dass jeweils keine für den Tatbestand der Rechtsbeugung ausreichend schwerwiegende Rechtsverletzung (ein „elementarer Rechtsverstoß“) vorliege.

3. Der Vorwurf der Befangenheit

a. Unterlassen der Selbstablehnung als tatbestandsmäßige Handlung oder Befangenheit an sich?

Der einzige Vorwurf, der der Kammer zufolge von der Anklage übrigbleibt und der die Verurteilung wegen Rechtsbeugung tragen soll, ist der der Voreingenommenheit und Befangenheit. Der einleitende Satz dieses Teils der Begründung lautet: „Der Angeklagte hat sich der Rechtsbeugung jedoch dadurch schuldig gemacht, indem (sic!) er die verfassungsrechtlich gebotene richterliche Unabhängigkeit aus sachfremden Motiven missachtet hat.“ (S. 125)

Abgesehen davon, dass sachangemessene Motive für eine Missachtung der richterlichen Unabhängigkeit nicht vorstellbar sind,5 kann das bloße Fehlen gebotener Achtung niemals einen Straftatbestand erfüllen. Im geltenden Strafrecht wird tatbestandsmäßiges Verhalten, das in einem Tun oder einem Unterlassen bestehen kann, bestraft. Gedanken, Gefühle, Überzeugungen sind nicht strafbar.

Ganz so meint die Kammer das auch nicht, wenngleich sie bei der Frage des Vorsatzes (dazu unter Abschnitt 5 mehr) nur prüft, ob Vorsatz bezüglich der (angeblichen) Befangenheit bestand, also die Befangenheit als Tathandlung behandelt. In dem dem zitierten Satz nachfolgenden Satz wird vielmehr deutlich, dass sie der Auffassung ist, die Rechtsbeugung bestehe darin, dass der Angeklagte das Verfahren trotz seiner Befangenheit geführt und entschieden habe. Die gesamte richterliche Tätigkeit bei dem Verfahren soll gewissermaßen den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen, weil sie im Zustand der Befangenheit erfolgt sei. Auch das ist aber falsch und zwar aus dem einfachen Grund, dass es keine Rechtspflicht für Richter gibt, bei der Leitung eines Verfahrens unbefangen zu sein bzw. keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit zu liefern. Dies klingt vielleicht für den juristischen Laien überraschend, erklärt sich aber damit, dass zum einen in vielen Fällen der Richter die Besorgnis der Befangenheit gar nicht selbst in der Hand hat, etwa wenn sie sich aus persönlichen Beziehungen zu den Beteiligten ergibt (Beispiel: zu einer Partei des Verfahrens besteht eine enge Freundschaft), und es zum anderen kein „Selbstablehnungsrecht“ gibt, das es einem Richter ermöglichen würde, sein Ausscheiden aus einem Verfahren selbst herbeizuführen.

Die einzige Pflicht, die insoweit besteht, ist die zur Selbstablehnung (hier gem. § 6 FamFG i. V. m. § 48 ZPO).6 Wird diese von dem darüber zur Entscheidung berufenen Richter als begründet beurteilt, scheidet der Richter aus dem Verfahren aus. Wird sie aber für unbegründet erachtet, muss der Richter das Verfahren weiterführen und zwar auch dann, wenn die Entscheidung falsch ist, weil tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit besteht.

Als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB kommt danach allein das Unterlassen einer gebotenen Selbstablehnung in Betracht. Sieht man hier klar, wird eine wesentlich sachlichere Betrachtung möglich, als wenn – wie im Urteil – mit hoher moralischer Aufladung das gesamte Verfahren vom Beginn bis zur Entscheidung zur Rechtsbeugungshandlung erklärt wird.

Zwar führt die Kammer auch an, dass der Angeklagte (nach ihrer Auffassung) verpflichtet gewesen wäre, eine Selbstanzeige anzubringen, aber das soll nur ein untergeordneter Teil der Tat sein. Sie meint, weil der Angeklagte nicht nur die Selbstanzeige unterlassen habe, sondern auch das Verfahren geführt und entschieden habe, liege der Schwerpunkt auf einem aktiven Tun und nicht auf einem Unterlassen (S. 127).7 Das ist, wie dargelegt, falsch. Es kommt grundsätzlich nur ein Unterlassungsdelikt in Betracht. Das hätte wiederum eine Absenkung der Mindeststrafe – eine sog. Strafrahmenverschiebung – von einem Jahr auf 3 Monate Freiheitsstrafe (§ 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und über § 47 Abs. 2 StGB sogar die Verhängung einer Geldstrafe ermöglicht.8

b. Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstablehnung

Man muss an dieser Stelle noch einmal einen Schritt zurücktreten, um die Besonderheiten des Vorwurfs der Rechtsbeugung durch Unterlassen einer Selbstablehnung in den Blick zu bekommen.

Die Behauptung der Besorgnis der Befangenheit ist in Gerichtsverfahren, vor allem in Strafverfahren keine Seltenheit. Die meisten Ablehnungsanträge von Verteidigern haben zwar keinen Erfolg, aber es gibt selbstverständlich auch Fälle, in denen die Besorgnis der Befangenheit für begründet erklärt wird. In all diesen Fällen könnte man fragen, ob der betreffende Richter nicht verpflichtet gewesen wäre, noch vor der Ablehnung durch einen anderen Beteiligten eine Selbstablehnung bzw. Selbstanzeige anzubringen. Und da er dies offensichtlich nicht getan hat, würde sich nach der Logik der Kammer (und der Staatsanwaltschaft) stets die Frage eines Verdachts der Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstanzeige stellen.

Tatsächlich wird die Frage aber in der Praxis so gut wie nie gestellt. In der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur zu § 48 ZPO und § 30 StPO wird bei den Folgen einer pflichtwidrig unterlassenen Selbstablehnung ausschließlich erörtert, ob dies in der Revisions- oder Berufungsinstanz gerügt werden kann, und es wird außerdem darauf hingewiesen, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung für sich allein oder in der Zusammenschau mit weiteren Umständen ein Ablehnungsgesuch rechtfertigen könne.9 Nirgendwo wird hier erörtert, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung als Rechtsbeugung strafbar sein könnte.

Soweit aus den veröffentlichten Entscheidungen zu § 339 StGB ersichtlich, gibt es nur einen einzigen Fall, bei dem ein Richter bei unterlassener Selbstablehnung wegen Rechtsbeugung angeklagt wurde:10 Bei diesem Fall hatte ein Richter als Gefälligkeit für einen Bekannten, der einen Zivilprozess am Amtsgericht führte, ein Ablehnungsgesuch gegen den für das Verfahren zuständigen Amtsrichter verfasst. Nachdem das Ablehnungsgesuch von dem dafür zuständigen Richter als unbegründet verworfen worden war, verfasste er auch die Beschwerde dagegen. Als die Beschwerde dann aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes (was nicht vorhersehbar war) in seinem Dezernat landete, unterließ er die Selbstablehnung und entschied selbst über die Beschwerde. Dass dies ein wirklich schwerwiegender Fall richterlichen Fehlverhaltens ist und der Richter unter keinen, wirklich keinen denkbaren Umständen die Selbstablehnung hätte unterlassen dürfen, dürfte unter Richtern und Staatsanwälten Konsens sein.11 Die Verurteilung wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten auf Bewährung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt.12

Dass dies der einzige Fall einer Verurteilung wegen Rechtsbeugung wegen unterlassener Selbstanzeige ist, zeigt zugleich, dass nur im absoluten Ausnahmefall eine pflichtwidrig unterlassene Selbstanzeige das Gewicht einer für den Tatbestand des § 339 StGB erforderlichen elementaren Rechtsverletzung haben kann.

Dies ergibt sich auch daraus, dass darauf zu achten ist, dass eine Rechtsverletzung, die für sich genommen nicht das Gewicht eines elementaren Rechtsverstoßes i. S. v. § 339 StGB hat, nicht über den „Umweg“ der unterlassenen Selbstablehnung doch noch den Vorwurf der Rechtsbeugung begründen soll. Denn ein Verstoß gegen das Verfahrensrecht, der für einen Rechtsbeugungsvorwurf nicht gewichtig genug ist, kann doch ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit begründen. Würde nun in diesem Fall das Unterlassen der Selbstanzeige als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB gewertet, würde dies zu einem Wertungswiderspruch führen.

Zu bedenken ist insoweit auch, dass letztlich bei jedem Rechtsbeugungsfall auch ein Fall der Befangenheit vorliegt, denn bei einer Rechtsbeugung zum Vor- oder Nachteil einer Partei besteht begriffsnotwendig auch die Besorgnis der Befangenheit. Es ist bisher aber noch kein Gericht auf die Idee gekommen, nachdem es bei einer Rechtsbeugungsanklage die Verwirklichung des Tatbestandes verneint hat, im Anschluss zu prüfen, ob der Richter wegen des angeklagten Verhaltens sich nicht hätte selbst ablehnen müssen und das Unterlassen nun seinerseits einen Rechtsbeugungsvorwurf tragen könnte.

Daraus ergibt sich vorliegend die Frage, wie ein nicht ergebnisoffenes Führen des Verfahrens oder eine nicht korrekte Auswahl der Sachverständigen13 – Vorwürfe, die niemals den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen können – über die sich daraus (angeblich) ergebende Befangenheit und die unterlassene Selbstanzeige dann doch eine Rechtsbeugung begründen sollen. Diese Frage stellt sich die Kammer aber schon deshalb nicht, weil nach ihrer Auffassung bereits die Verfahrensleitung im Zustand der Befangenheit das tatbestandsmäßige Verhalten sein soll.

Diese grundsätzlichen Einwände vorangestellt, soll im Folgenden dennoch die Argumentation der Kammer im Einzelnen nachgezeichnet werden.

c. Eine eigene Meinung als Befangenheitsgrund?

Der Vorwurf der Befangenheit soll sich nach dem Urteil aus Folgendem ergeben:
Der Angeklagte sei schon ab Februar 2021 entschlossen gewesen, „eine gerichtliche Entscheidung zur Maskenpflicht mit Öffentlichkeitswirkung zu treffen“. In diese Entscheidung habe er Sachverständigengutachten einführen wollen, „um damit den Argumentationsdruck für weitere gerichtliche Entscheidungen zu erhöhen.“ Zur „Verschleierung seiner Voreingenommenheit“ habe er für eine Anregung eines Verfahrens nach § 1666 BGB gezielt nach geeigneten Betroffenen gesucht und während des Verfahrens darauf geachtet, „dass seine vorgefasste Position … nicht nach außen erkennbar wird.“ Auch dass er das Anregungsschreiben der Familie B. „mitbearbeitet“ habe, soll ihn befangen machen (bis hier S. 125 f.). Bei der Auswahl der Sachverständigen habe er keine Objektivität walten lassen, sondern diese ergebnisorientiert ausgewählt (S. 128). Insgesamt sei das Verfahren von ihm nicht ergebnisoffen geführt worden (S. 127). Und schließlich sei er auch befangen „aufgrund seiner vorgefassten Auffassungen zu der SARS-CoV-2-Pandemie und der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen“ (S. 127).

Auf den letztgenannten Vorwurf soll hier zuerst eingegangen werden: Die Kammer behauptet tatsächlich, der Angeklagte hätte in dieser Sache nicht entscheiden dürfen, weil er sich im Vorfeld bereits intensiv mit der Coronakrise und insbesondere den Coronamaßnahmen auseinandergesetzt und sich eine Meinung dazu gebildet hatte. Wenn das stimmen würde, dürften auch Richter, die wissenschaftliche Literatur über illegale Drogen gelesen haben und sich eine Meinung zum Thema gebildet haben, kein Betäubungsmittelverfahren mehr führen. Das ist so absurd, dass man dazu gar nichts weiter sagen muss.14 Es stellt sich allerdings die Frage, warum der Kammer die Absurdität nicht selbst auffällt.

Die Antwort scheint zu sein, dass die Kammer in Bezug auf Kritik an Coronamaßnahmen selbst befangen ist und diese Befangenheit sie daran hindert, hier klar zu sehen. Der implizite Obersatz, der das Denken der Kammer steuert, ist nämlich nicht: „Richter, die sich bereits vor einem Verfahren mit (nichtjuristischen) Fragen aus anderen Wissenschaften, die für das Verfahren bedeutsam sind, beschäftigt haben, dürfen solche Verfahren nicht führen“, der implizite Obersatz (der allerdings nicht explizit reflektiert werden darf, weil dann doch die Absurdität offenkundig würde) lautet vielmehr: „Coronamaßnahmenkritiker dürfen keine Verfahren zu Coronamaßnahmen führen.“ Dieser implizite Obersatz „funktioniert“ deshalb für die Kammer, weil grundsätzliche Kritik an der Coronapolitik in ihrem Verständnishorizont als vernunftwidrig, in gewisser Weise sogar illegitim, während Konformität mit dieser Politik als vernunftgemäß gilt. Die Idee, dem Angeklagten könnte zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich eine kritische Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet hat, während einem vorbehaltlosen Befürworter der Maßnahmen ein solcher Vorwurf niemals gemacht würde, beruht damit letztlich auf der im gesellschaftlichen Diskurs erfolgten Abwertung der Maßnahmenkritiker als „Querdenker“, „Coronaleugner“, „Wissenschaftsleugner“, auch wenn die Kammer solche Vokabeln nicht verwendet und an anderen Stellen des Urteils wiederholt betont, dass sie über die Frage, ob der Beschluss des Angeklagten in der Sache richtig war, nicht entschieden habe. Mit dem Vorwurf an den Angeklagten, er habe wegen seiner kritischen Meinung zu den Coronamaßnahmen das Verfahren nicht führen dürfen, ist jedenfalls ein erster Tiefpunkt des Urteils erreicht.

d. Der Vorwurf fehlender Unparteilichkeit bei einem Verfahren von Amts wegen

Im Artikel zur Anklage15 war ausführlich die Frage erörtert worden, was eigentlich Befangenheit bei einem amtswegigen Verfahren nach § 1666 BGB bedeutet.

Die Kammer beschäftigt sich mit dieser Frage nicht. Sie zitiert, wie schon die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen das Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität der Richter aus Art. 97 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz abgeleitet wird,16 wirft dem Angeklagten vor, diesem Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität nicht genügt zu haben und damit ist die Argumentation auch schon fast beendet. Dass die zitierten Aussagen vom Bundesverfassungsgericht alle im Kontext von Parteiverfahren getroffen wurden, also in Verfahren, die von einer Partei und nicht vom Gericht begonnen werden und in denen sich zwei Parteien im Streit gegenüberstehen, und sich daher die Frage stellt, inwieweit diese Aussagen der Interpretation bedürfen, wenn es um amtswegige Verfahren geht, wird von der Kammer dabei übergangen.

In einem Kinderschutzverfahren gibt es keine sich gegenüberstehenden Parteien, es gibt ein oder mehrere betroffene Kinder und das Verfahren wird von Amts wegen vom Gericht eingeleitet, wenn ein Verdacht der Kindeswohlgefährdung besteht. Man kann sagen: Der Richter ist von der ersten Minute des Verfahrens an auf der Seite des Kindes und damit parteiisch. Man kann die Rolle des Familienrichters in einem solchen Verfahren sogar mit der Rolle eines Staatsanwaltes im Ermittlungsverfahren vergleichen: Wie ein Staatsanwalt hat der Richter das Verfahren einzuleiten, sofern es einen Anfangsverdacht gibt und hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (durch Anhörung von Beteiligten, ggf. auch Zeugenvernehmungen, Einholung von Gutachten etc.).17 Von der Staatsanwaltschaft wird aber keine Unparteilichkeit und Neutralität (Wem gegenüber auch, dem Verbrechen?) erwartet. Was von ihr erwartet wird, ist Objektivität. Die Staatsanwaltschaft ist der Wahrheit verpflichtet und hat deshalb nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln (§ 160 StPO). Und dieselbe Objektivität in der Sache wird selbstverständlich auch von einem Richter in einem Kindesschutzverfahren nach § 1666 BGB erwartet.

Um aber die Frage zu beurteilen, ob der Angeklagte die gegenüber der Sache erforderliche Objektivität hat walten lassen, also insbesondere bei der Aufklärung der Frage, ob die Maskenpflicht in der Schule das Wohl der betroffenen Kinder gefährdet, müsste die Kammer sich mit der Sache selbst beschäftigen. Das lehnt sie aber ab und behauptet, dazu nicht verpflichtet zu sein. Welche Gefahren tatsächlich von dem SARS-CoV-2-Virus ausgingen, welchen Anteil Kinder am Infektionsgeschehen hatten, ob Maskenpflichten einen relevanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben und welche Folgen physischer, psychischer und psychisch-sozialer Art eine Maskenpflicht für Kinder hat – diese Fragen hat die Kammer sämtlich für irrelevant für die Entscheidung erklärt und einen Beweisantrag der Verteidigung, der auf die Aufklärung dieser Fragen gerichtet war, zurückgewiesen.

Ganz kommt die Kammer in dem Urteil allerdings an der Frage des amtswegigen Verfahrens doch nicht vorbei. Ein diesbezüglicher Einwand der Verteidigung wird zumindest erwähnt, um dann aber mit einer beinahe kuriosen Argumentation beiseitegeschoben zu werden:

„Der Einwand des Angeklagten, ein amtswegiges Verfahren gemäß § 24 FamFG hätte keiner Anregung bedurft, sondern er hätte die Verfahren von Amts wegen einleiten können, entkräftet nicht den verwirklichten Rechtsbeugungstatbestand.18 Grundsätzlich ist eine Einleitung eines Kinderschutzverfahrens von Amts wegen gemäß §§ 1666 BGB, 24 FamFG möglich. Entscheidend ist insofern aber, dass der Angeklagte bewusst gerade keine Einleitung des Kinderschutzverfahrens von Amts wegen vorgenommen hat, wodurch die von ihm vertretene Auffassung einer Kindeswohlgefährdung durch die Maskenpflicht und der weiteren, bezüglich der SARS-CoV-2-Pandemie geltenden Regelungen nach außen hin erkennbar gewesen wäre. Selbst wenn die Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden können, ist ein solches Verfahren nach dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens ergebnisoffen in der gebotenen Neutralität zu führen.“ (S. 128)

Dem Einwand, dass bei § 1666 BGB immer das Gericht das Verfahren einleitet und bei hinreichendem Verdacht auch einleiten muss, weshalb es grundsätzlich unproblematisch gewesen sei, dass der Angeklagte das Verfahren selbst angestrebt und der das Verfahren anregenden Familie B. Hilfestellung hinsichtlich der Formulierung der Verfahrensanregung gegeben habe, wird also mit der Behauptung begegnet, der Angeklagte habe das Verfahren gar nicht von Amts wegen eingeleitet. Die Kammer hat offensichtlich nicht verstanden, dass „Einleitung von Amts wegen“ nur heißt, dass das Gericht entscheidet, ob im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt ein Verfahren begonnen wird. Das geschieht bei § 1666 BGB fast immer aufgrund einer Anregung von Dritten (meist dem Jugendamt). „Einleitung von Amts wegen“ und „aufgrund einer Anregung“ schließen sich daher überhaupt nicht aus.

Die Kammer meint offensichtlich: Wäre der Angeklagte in eine Schule gegangen, hätte sich mit Schülern über die Maskenpflicht unterhalten, sich ihre Namen sagen lassen und anschließend hinsichtlich dieser Schüler Verfahren eingeleitet, dann wäre das unproblematisch. Weil er aber auf eine Anregung einer Familie gewartet habe,19 sei er befangen. In dieser Richtung hat der Vorsitzende der Kammer in der mündlichen Urteilsbegründung am 23.08.2023 an den Angeklagten gerichtet formuliert: „Ich weiß nicht, ob man dann zu einer Rechtsbeugung gekommen wäre, wenn Sie den mutigen Weg gegangen wären, ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet hätten und dann so entschieden hätten – quasi mit offenem Visier.“20

Abgesehen davon, dass der Vorwurf fehlenden Mutes an den Angeklagten etwas grotesk erscheint, räumt die Kammer damit selbst ein, dass es dem Angeklagten letztlich nicht vorgeworfen werden kann, dass er das Verfahren wollte und darauf aktiv hingearbeitet hat. Genau dieser Vorwurf wird dem Angeklagten aber an anderer Stelle wieder und wieder gemacht! Dort, wo die Kammer sich für einen kurzen Moment gezwungen sieht, doch die Besonderheiten eines Verfahrens nach § 1666 BGB zur Kenntnis zu nehmen, muss sie diesen Vorwurf fallenlassen und an ihre Stelle tritt sozusagen ein „Heimlichkeitsvorwurf“, der aber nur in neue Widersprüche hineinführt. Denn die Aussage des Vorsitzenden bei der mündlichen Urteilsbegründung bedeutet im Ergebnis, dass es Rechtsbeugung ist bzw. sein kann, wenn ein Richter etwas verbirgt, was er gar nicht verbergen muss. Dass das abwegig ist, liegt auf der Hand.

Festzuhalten ist daher: Der Angeklagte war verpflichtet, ein Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, sobald er den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung hatte. Dass die Verfahrenseinleitung aufgrund einer Anregung erfolgt, ist keine Besonderheit dieses Verfahrens, zu der der Angeklagte gegriffen hat, weil er irgendetwas verschleiern wollte, sondern es ist der Normalfall.

Genauso selbstverständlich durfte der Angeklagte Familie B. auch Unterstützung bei der Formulierung der Anregung geben. Anregungen gemäß § 24 FamFG können gemäß § 25 FamFG auch „zur Niederschrift der Geschäftsstelle“ abgegeben werden. Diese Niederschrift muss nicht durch einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 153 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgen, auch der Richter (oder Rechtspfleger) kann dies tun.21 Bei dieser Niederschrift soll der Urkundsbeamte dafür Sorge tragen, dass sie inhaltlich dem Begehren des Erklärenden entspricht. Insoweit besteht im Rahmen der Fürsorgepflicht und der Möglichkeiten eine Verpflichtung, den mutmaßlichen Willen zu erfragen sowie für eine klare Formulierung des Begehrens zu sorgen.22

Wenn dies alles rechtlich möglich war, durfte der Angeklagte zweifelsohne auch die bereits vorformulierte Anregung der Familie B., die ihm per E-Mail übersandt wurde, gegenlesen und auf Unklarheiten oder Fehler hinweisen, bevor sie dann tatsächlich eingereicht wurde. Nichts ist daran rechtswidrig, aber die Kammer ist in völliger Verkennung der Rechtslage der Auffassung, das „Mitbearbeiten“ der Anregung der Familie B. disqualifiziere den Angeklagten als Richter in diesem Verfahren und zwar mindestens im gleichen Maße wie den Freiburger Richter das Verfassen der Beschwerde für seinen Bekannten.

e. Gute Gutachten, aber von den falschen Sachverständigen?

Auch bei dem Vorwurf, der Angeklagte habe bei der Auswahl der Sachverständigen Kämmerer, Kappstein und Kuhbandner keine Objektivität walten lassen, sondern sei „ergebnisorientiert“ vorgegangen, verstrickt sich die Kammer in Widersprüche, wenn sie meint, sie könne dem Angeklagten die Wahl der Sachverständigen vorwerfen, ohne sich auch nur ansatzweise mit den Gutachten zu beschäftigen.

Die Auswahl von Gutachtern durch Gerichte erfolgt nie im Lostrommelverfahren. Die Gerichte versuchen stets Gutachter zu beauftragen, von denen sie – aufgrund eigener Erfahrungen mit ihnen in früheren Verfahren, aufgrund von Empfehlungen von Kollegen oder aus sonstiger Kenntnis der Arbeit der Gutachter – in Inhalt und Darstellung überzeugende Gutachten erwarten. Das kann man ergebnisorientiert nennen. Wenn also die Gutachten der drei Sachverständigen allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, vielleicht sogar hervorragend sind – was die Kammer nicht ausschließen kann, da sie sich ja mit den Gutachten inhaltlich nicht befasst hat – kann der Angeklagte also keinen Fehler gemacht haben, man müsste ihn sogar dazu beglückwünschen, dass er bei der Auswahl „den richtigen Riecher“ hatte. Die Kammer aber meint, dass der Angeklagte unabhängig von der Qualität der Gutachten diese Gutachter nicht hätte beauftragen dürfen – und ist damit im nächsten Paradox gelandet. Auch dieses Paradox fällt der Kammer offensichtlich nur deshalb wieder nicht auf, weil Vorurteile gegenüber Coronakritikern (unreflektiert) als berechtigt angesehen werden: Die Sachverständigen können so gut sein, wie sie wollen, als maßnahmenkritische Wissenschaftler dürfen sie jedenfalls nicht von einem Gericht beauftragt werden und ein Richter, der das dennoch tut, ist eben befangen.23

f. Zwischenfazit

Man kann den Vorwurf der Befangenheit noch einmal so zusammenfassen:
Die Kammer wirft dem Angeklagten vor, er habe gezielt das Verfahren angestrebt und darauf hingearbeitet, obwohl sie weiß, dass Familienrichter verpflichtet sind, Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, wenn sie den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung haben. Sie behauptet, er hätte der Mutter der betroffenen Kinder keine Hilfe bei der Formulierung der Anregung geben dürfen, obwohl dies rechtlich vollkommen unproblematisch ist. Sie behauptet, der Angeklagte habe das Verfahren nicht führen dürfen, weil er sich schon zuvor eine „verfestigte“ Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet habe, während sie bei einem Richter, der die Coronamaßnahmen vorbehaltlos befürwortete, niemals auf diesen Gedanken gekommen wäre. Sie behauptet, der Angeklagte hätte die drei Sachverständigen nicht beauftragen dürfen, obwohl die Gutachten möglicherweise hervorragend sind. Und schließlich wirft sie dem Angeklagten vor, er habe seine (angebliche) Voreingenommenheit verschleiert und während des Verfahrens darauf geachtet, dass seine vorgefasste Position nicht nach außen erkennbar wird, obwohl – das ist an dieser Stelle nachzutragen – er nicht nur die Beweisbeschlüsse an alle Beteiligten übersandt hat, sondern dem Freistaat Thüringen als Verfahrensbeteiligtem auch einen Katalog mit 18 Fragen übersandt hat,24 aus denen eine kritische Haltung zu den Coronamaßnahmen bereits deutlich ablesbar war.

4. „… zugunsten oder zum Nachteil einer Partei“

§ 339 StGB setzt als tatbestandlichen „Erfolg“ voraus, dass die Rechtsverletzung zu einem unrechtmäßigen Vorteil oder Nachteil auf Seiten einer Partei führt. Partei ist in diesem Sinne jeder Beteiligte des Verfahrens, dem ein anderer mit widerstreitenden rechtlichen Interessen gegenübersteht.25 Bei einer Verletzung des materiellen Rechts, etwa, wenn eine eindeutige Rechtsnorm des materiellen Rechts falsch oder nicht angewandt wird, ist dies unproblematisch gegeben: Die Entscheidung ist im Ergebnis rechtswidrig und da eine Entscheidung immer mindestens für eine Partei vor- oder nachteilig ist, ist der Vor- oder Nachteil unrechtmäßig erlangt.

Bei einer Verletzung des Verfahrensrechts ist dies anders. Diese muss nicht notwendig zu einer falschen Entscheidung führen. Zwar hat eine Verfahrensrechtsverletzung meist eine zumindest vorübergehende Verbesserung oder Verschlechterung der prozessualen Position einer Partei zur Folge, dies lässt aber der Bundesgerichtshof in seiner restriktiven Auslegung des Tatbestandes nicht als tatbestandlichen Vor- bzw. Nachteil genügen. Die Verfahrensverletzung muss (zumindest) zu einer konkreten (nicht nur abstrakten) Gefahr einer falschen Endentscheidung, d. h. einer gegen das materielle Recht verstoßenden und damit rechtswidrigen Entscheidung geführt haben.

Wann eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung gegeben ist, hat der Bundesgerichtshof vor allem in Fällen entschieden, bei denen die Verfahrensrechtsverletzung darin bestand, dass ein unzuständiger Richter entschieden hat (etwa, wenn ein nach dem Bereitschaftsdienstplan nicht zuständiger Richter in einer Haftsache entscheidet). Eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung besteht nach dem BGH in diesen Fällen dann, wenn der Richter das Verfahren an sich zieht, weil er einer Prozesspartei sachfremd einen Gefallen tun will oder er sonstige außerhalb des Verfahrens liegende Motive verfolgt.26 Eine konkrete Gefahr, dass die Entscheidung von sachfremden Erwägungen beeinflusst wird, soll auch dann gegeben sein, wenn der Richter eine Zuständigkeit an sich zieht, um einen zur Entscheidung berufenen anderen Richter auszuschließen, um auf diesem Wege zu einem seinen Intentionen entsprechenden Ergebnis zu kommen, das bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht oder voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre.27

Die Frage, ob in dem Kinderschutzverfahren eine Partei einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil erlangt hat, stellt sich selbstverständlich erst dann, wenn man zuvor – wie die Kammer – eine elementare Rechtsverletzung bejaht hat. Die Kammer zitiert dazu auch die soeben referierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, um dann aber zu schreiben:

„Der Angeklagte hat durch die von ihm von vornherein geplante und zielgerichtete Entscheidung als voreingenommener Richter einen elementaren Verfahrensverstoß begangen, der die Unrechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zur Folge hat. Die Frage, ob die von dem Angeklagten getroffene Anordnung unter Berücksichtigung der Ausführungen der eingeholten Sachverständigengutachten inhaltlich richtig gewesen ist, vermag angesichts der Schwere des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes an der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung nichts zu ändern. Denn die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung wird auch durch die Einhaltung der rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze geprägt.“

Abgesehen davon, dass sachangemessene Motive für eine Missachtung der richterlichen Unabhängigkeit nicht vorstellbar sind,5 kann das bloße Fehlen gebotener Achtung niemals einen Straftatbestand erfüllen. Im geltenden Strafrecht wird tatbestandsmäßiges Verhalten, das in einem Tun oder einem Unterlassen bestehen kann, bestraft. Gedanken, Gefühle, Überzeugungen sind nicht strafbar.

Ganz so meint die Kammer das auch nicht, wenngleich sie bei der Frage des Vorsatzes (dazu unter Abschnitt 5 mehr) nur prüft, ob Vorsatz bezüglich der (angeblichen) Befangenheit bestand, also die Befangenheit als Tathandlung behandelt. In dem dem zitierten Satz nachfolgenden Satz wird vielmehr deutlich, dass sie der Auffassung ist, die Rechtsbeugung bestehe darin, dass der Angeklagte das Verfahren trotz seiner Befangenheit geführt und entschieden habe. Die gesamte richterliche Tätigkeit bei dem Verfahren soll gewissermaßen den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen, weil sie im Zustand der Befangenheit erfolgt sei. Auch das ist aber falsch und zwar aus dem einfachen Grund, dass es keine Rechtspflicht für Richter gibt, bei der Leitung eines Verfahrens unbefangen zu sein bzw. keinen Anlass für eine Besorgnis der Befangenheit zu liefern. Dies klingt vielleicht für den juristischen Laien überraschend, erklärt sich aber damit, dass zum einen in vielen Fällen der Richter die Besorgnis der Befangenheit gar nicht selbst in der Hand hat, etwa wenn sie sich aus persönlichen Beziehungen zu den Beteiligten ergibt (Beispiel: zu einer Partei des Verfahrens besteht eine enge Freundschaft), und es zum anderen kein „Selbstablehnungsrecht“ gibt, das es einem Richter ermöglichen würde, sein Ausscheiden aus einem Verfahren selbst herbeizuführen.

Die einzige Pflicht, die insoweit besteht, ist die zur Selbstablehnung (hier gem. § 6 FamFG i. V. m. § 48 ZPO).6 Wird diese von dem darüber zur Entscheidung berufenen Richter als begründet beurteilt, scheidet der Richter aus dem Verfahren aus. Wird sie aber für unbegründet erachtet, muss der Richter das Verfahren weiterführen und zwar auch dann, wenn die Entscheidung falsch ist, weil tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit besteht.

Als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB kommt danach allein das Unterlassen einer gebotenen Selbstablehnung in Betracht. Sieht man hier klar, wird eine wesentlich sachlichere Betrachtung möglich, als wenn – wie im Urteil – mit hoher moralischer Aufladung das gesamte Verfahren vom Beginn bis zur Entscheidung zur Rechtsbeugungshandlung erklärt wird.

Zwar führt die Kammer auch an, dass der Angeklagte (nach ihrer Auffassung) verpflichtet gewesen wäre, eine Selbstanzeige anzubringen, aber das soll nur ein untergeordneter Teil der Tat sein. Sie meint, weil der Angeklagte nicht nur die Selbstanzeige unterlassen habe, sondern auch das Verfahren geführt und entschieden habe, liege der Schwerpunkt auf einem aktiven Tun und nicht auf einem Unterlassen (S. 127).7 Das ist, wie dargelegt, falsch. Es kommt grundsätzlich nur ein Unterlassungsdelikt in Betracht. Das hätte wiederum eine Absenkung der Mindeststrafe – eine sog. Strafrahmenverschiebung – von einem Jahr auf 3 Monate Freiheitsstrafe (§ 13 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB) und über § 47 Abs. 2 StGB sogar die Verhängung einer Geldstrafe ermöglicht.8

b. Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstablehnung

Man muss an dieser Stelle noch einmal einen Schritt zurücktreten, um die Besonderheiten des Vorwurfs der Rechtsbeugung durch Unterlassen einer Selbstablehnung in den Blick zu bekommen.

Die Behauptung der Besorgnis der Befangenheit ist in Gerichtsverfahren, vor allem in Strafverfahren keine Seltenheit. Die meisten Ablehnungsanträge von Verteidigern haben zwar keinen Erfolg, aber es gibt selbstverständlich auch Fälle, in denen die Besorgnis der Befangenheit für begründet erklärt wird. In all diesen Fällen könnte man fragen, ob der betreffende Richter nicht verpflichtet gewesen wäre, noch vor der Ablehnung durch einen anderen Beteiligten eine Selbstablehnung bzw. Selbstanzeige anzubringen. Und da er dies offensichtlich nicht getan hat, würde sich nach der Logik der Kammer (und der Staatsanwaltschaft) stets die Frage eines Verdachts der Rechtsbeugung durch Unterlassen der Selbstanzeige stellen.

Tatsächlich wird die Frage aber in der Praxis so gut wie nie gestellt. In der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur zu § 48 ZPO und § 30 StPO wird bei den Folgen einer pflichtwidrig unterlassenen Selbstablehnung ausschließlich erörtert, ob dies in der Revisions- oder Berufungsinstanz gerügt werden kann, und es wird außerdem darauf hingewiesen, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung für sich allein oder in der Zusammenschau mit weiteren Umständen ein Ablehnungsgesuch rechtfertigen könne.9 Nirgendwo wird hier erörtert, dass eine pflichtwidrig unterlassene Selbstablehnung als Rechtsbeugung strafbar sein könnte.

Soweit aus den veröffentlichten Entscheidungen zu § 339 StGB ersichtlich, gibt es nur einen einzigen Fall, bei dem ein Richter bei unterlassener Selbstablehnung wegen Rechtsbeugung angeklagt wurde:10 Bei diesem Fall hatte ein Richter als Gefälligkeit für einen Bekannten, der einen Zivilprozess am Amtsgericht führte, ein Ablehnungsgesuch gegen den für das Verfahren zuständigen Amtsrichter verfasst. Nachdem das Ablehnungsgesuch von dem dafür zuständigen Richter als unbegründet verworfen worden war, verfasste er auch die Beschwerde dagegen. Als die Beschwerde dann aufgrund des Geschäftsverteilungsplanes (was nicht vorhersehbar war) in seinem Dezernat landete, unterließ er die Selbstablehnung und entschied selbst über die Beschwerde. Dass dies ein wirklich schwerwiegender Fall richterlichen Fehlverhaltens ist und der Richter unter keinen, wirklich keinen denkbaren Umständen die Selbstablehnung hätte unterlassen dürfen, dürfte unter Richtern und Staatsanwälten Konsens sein.11 Die Verurteilung wegen Rechtsbeugung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten auf Bewährung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt.12


Dass dies der einzige Fall einer Verurteilung wegen Rechtsbeugung wegen unterlassener Selbstanzeige ist, zeigt zugleich, dass nur im absoluten Ausnahmefall eine pflichtwidrig unterlassene Selbstanzeige das Gewicht einer für den Tatbestand des § 339 StGB erforderlichen elementaren Rechtsverletzung haben kann.

Dies ergibt sich auch daraus, dass darauf zu achten ist, dass eine Rechtsverletzung, die für sich genommen nicht das Gewicht eines elementaren Rechtsverstoßes i. S. v. § 339 StGB hat, nicht über den „Umweg“ der unterlassenen Selbstablehnung doch noch den Vorwurf der Rechtsbeugung begründen soll. Denn ein Verstoß gegen das Verfahrensrecht, der für einen Rechtsbeugungsvorwurf nicht gewichtig genug ist, kann doch ohne weiteres die Besorgnis der Befangenheit begründen. Würde nun in diesem Fall das Unterlassen der Selbstanzeige als Rechtsverletzung i. S. v. § 339 StGB gewertet, würde dies zu einem Wertungswiderspruch führen.

Zu bedenken ist insoweit auch, dass letztlich bei jedem Rechtsbeugungsfall auch ein Fall der Befangenheit vorliegt, denn bei einer Rechtsbeugung zum Vor- oder Nachteil einer Partei besteht begriffsnotwendig auch die Besorgnis der Befangenheit. Es ist bisher aber noch kein Gericht auf die Idee gekommen, nachdem es bei einer Rechtsbeugungsanklage die Verwirklichung des Tatbestandes verneint hat, im Anschluss zu prüfen, ob der Richter wegen des angeklagten Verhaltens sich nicht hätte selbst ablehnen müssen und das Unterlassen nun seinerseits einen Rechtsbeugungsvorwurf tragen könnte.

Daraus ergibt sich vorliegend die Frage, wie ein nicht ergebnisoffenes Führen des Verfahrens oder eine nicht korrekte Auswahl der Sachverständigen13 – Vorwürfe, die niemals den Tatbestand der Rechtsbeugung erfüllen können – über die sich daraus (angeblich) ergebende Befangenheit und die unterlassene Selbstanzeige dann doch eine Rechtsbeugung begründen sollen. Diese Frage stellt sich die Kammer aber schon deshalb nicht, weil nach ihrer Auffassung bereits die Verfahrensleitung im Zustand der Befangenheit das tatbestandsmäßige Verhalten sein soll.

Diese grundsätzlichen Einwände vorangestellt, soll im Folgenden dennoch die Argumentation der Kammer im Einzelnen nachgezeichnet werden.

c. Eine eigene Meinung als Befangenheitsgrund?

Der Vorwurf der Befangenheit soll sich nach dem Urteil aus Folgendem ergeben:
Der Angeklagte sei schon ab Februar 2021 entschlossen gewesen, „eine gerichtliche Entscheidung zur Maskenpflicht mit Öffentlichkeitswirkung zu treffen“. In diese Entscheidung habe er Sachverständigengutachten einführen wollen, „um damit den Argumentationsdruck für weitere gerichtliche Entscheidungen zu erhöhen.“ Zur „Verschleierung seiner Voreingenommenheit“ habe er für eine Anregung eines Verfahrens nach § 1666 BGB gezielt nach geeigneten Betroffenen gesucht und während des Verfahrens darauf geachtet, „dass seine vorgefasste Position … nicht nach außen erkennbar wird.“ Auch dass er das Anregungsschreiben der Familie B. „mitbearbeitet“ habe, soll ihn befangen machen (bis hier S. 125 f.). Bei der Auswahl der Sachverständigen habe er keine Objektivität walten lassen, sondern diese ergebnisorientiert ausgewählt (S. 128). Insgesamt sei das Verfahren von ihm nicht ergebnisoffen geführt worden (S. 127). Und schließlich sei er auch befangen „aufgrund seiner vorgefassten Auffassungen zu der SARS-CoV-2-Pandemie und der Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen“ (S. 127).

Auf den letztgenannten Vorwurf soll hier zuerst eingegangen werden: Die Kammer behauptet tatsächlich, der Angeklagte hätte in dieser Sache nicht entscheiden dürfen, weil er sich im Vorfeld bereits intensiv mit der Coronakrise und insbesondere den Coronamaßnahmen auseinandergesetzt und sich eine Meinung dazu gebildet hatte. Wenn das stimmen würde, dürften auch Richter, die wissenschaftliche Literatur über illegale Drogen gelesen haben und sich eine Meinung zum Thema gebildet haben, kein Betäubungsmittelverfahren mehr führen. Das ist so absurd, dass man dazu gar nichts weiter sagen muss.14 Es stellt sich allerdings die Frage, warum der Kammer die Absurdität nicht selbst auffällt.

Die Antwort scheint zu sein, dass die Kammer in Bezug auf Kritik an Coronamaßnahmen selbst befangen ist und diese Befangenheit sie daran hindert, hier klar zu sehen. Der implizite Obersatz, der das Denken der Kammer steuert, ist nämlich nicht: „Richter, die sich bereits vor einem Verfahren mit (nichtjuristischen) Fragen aus anderen Wissenschaften, die für das Verfahren bedeutsam sind, beschäftigt haben, dürfen solche Verfahren nicht führen“, der implizite Obersatz (der allerdings nicht explizit reflektiert werden darf, weil dann doch die Absurdität offenkundig würde) lautet vielmehr: „Coronamaßnahmenkritiker dürfen keine Verfahren zu Coronamaßnahmen führen.“ Dieser implizite Obersatz „funktioniert“ deshalb für die Kammer, weil grundsätzliche Kritik an der Coronapolitik in ihrem Verständnishorizont als vernunftwidrig, in gewisser Weise sogar illegitim, während Konformität mit dieser Politik als vernunftgemäß gilt. Die Idee, dem Angeklagten könnte zum Vorwurf gemacht werden, dass er sich eine kritische Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet hat, während einem vorbehaltlosen Befürworter der Maßnahmen ein solcher Vorwurf niemals gemacht würde, beruht damit letztlich auf der im gesellschaftlichen Diskurs erfolgten Abwertung der Maßnahmenkritiker als „Querdenker“, „Coronaleugner“, „Wissenschaftsleugner“, auch wenn die Kammer solche Vokabeln nicht verwendet und an anderen Stellen des Urteils wiederholt betont, dass sie über die Frage, ob der Beschluss des Angeklagten in der Sache richtig war, nicht entschieden habe. Mit dem Vorwurf an den Angeklagten, er habe wegen seiner kritischen Meinung zu den Coronamaßnahmen das Verfahren nicht führen dürfen, ist jedenfalls ein erster Tiefpunkt des Urteils erreicht.

d. Der Vorwurf fehlender Unparteilichkeit bei einem Verfahren von Amts wegen

Im Artikel zur Anklage15 war ausführlich die Frage erörtert worden, was eigentlich Befangenheit bei einem amtswegigen Verfahren nach § 1666 BGB bedeutet.

Die Kammer beschäftigt sich mit dieser Frage nicht. Sie zitiert, wie schon die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift, Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen das Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität der Richter aus Art. 97 Abs. 1 und Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz abgeleitet wird,16 wirft dem Angeklagten vor, diesem Gebot von Unparteilichkeit und Neutralität nicht genügt zu haben und damit ist die Argumentation auch schon fast beendet. Dass die zitierten Aussagen vom Bundesverfassungsgericht alle im Kontext von Parteiverfahren getroffen wurden, also in Verfahren, die von einer Partei und nicht vom Gericht begonnen werden und in denen sich zwei Parteien im Streit gegenüberstehen, und sich daher die Frage stellt, inwieweit diese Aussagen der Interpretation bedürfen, wenn es um amtswegige Verfahren geht, wird von der Kammer dabei übergangen.

In einem Kinderschutzverfahren gibt es keine sich gegenüberstehenden Parteien, es gibt ein oder mehrere betroffene Kinder und das Verfahren wird von Amts wegen vom Gericht eingeleitet, wenn ein Verdacht der Kindeswohlgefährdung besteht. Man kann sagen: Der Richter ist von der ersten Minute des Verfahrens an auf der Seite des Kindes und damit parteiisch. Man kann die Rolle des Familienrichters in einem solchen Verfahren sogar mit der Rolle eines Staatsanwaltes im Ermittlungsverfahren vergleichen: Wie ein Staatsanwalt hat der Richter das Verfahren einzuleiten, sofern es einen Anfangsverdacht gibt und hat den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (durch Anhörung von Beteiligten, ggf. auch Zeugenvernehmungen, Einholung von Gutachten etc.).17 Von der Staatsanwaltschaft wird aber keine Unparteilichkeit und Neutralität (Wem gegenüber auch, dem Verbrechen?) erwartet. Was von ihr erwartet wird, ist Objektivität. Die Staatsanwaltschaft ist der Wahrheit verpflichtet und hat deshalb nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung des Beschuldigten dienenden Umstände zu ermitteln (§ 160 StPO). Und dieselbe Objektivität in der Sache wird selbstverständlich auch von einem Richter in einem Kindesschutzverfahren nach § 1666 BGB erwartet.

Um aber die Frage zu beurteilen, ob der Angeklagte die gegenüber der Sache erforderliche Objektivität hat walten lassen, also insbesondere bei der Aufklärung der Frage, ob die Maskenpflicht in der Schule das Wohl der betroffenen Kinder gefährdet, müsste die Kammer sich mit der Sache selbst beschäftigen. Das lehnt sie aber ab und behauptet, dazu nicht verpflichtet zu sein. Welche Gefahren tatsächlich von dem SARS-CoV-2-Virus ausgingen, welchen Anteil Kinder am Infektionsgeschehen hatten, ob Maskenpflichten einen relevanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben und welche Folgen physischer, psychischer und psychisch-sozialer Art eine Maskenpflicht für Kinder hat – diese Fragen hat die Kammer sämtlich für irrelevant für die Entscheidung erklärt und einen Beweisantrag der Verteidigung, der auf die Aufklärung dieser Fragen gerichtet war, zurückgewiesen.

Ganz kommt die Kammer in dem Urteil allerdings an der Frage des amtswegigen Verfahrens doch nicht vorbei. Ein diesbezüglicher Einwand der Verteidigung wird zumindest erwähnt, um dann aber mit einer beinahe kuriosen Argumentation beiseitegeschoben zu werden:

„Der Einwand des Angeklagten, ein amtswegiges Verfahren gemäß § 24 FamFG hätte keiner Anregung bedurft, sondern er hätte die Verfahren von Amts wegen einleiten können, entkräftet nicht den verwirklichten Rechtsbeugungstatbestand.18 Grundsätzlich ist eine Einleitung eines Kinderschutzverfahrens von Amts wegen gemäß §§ 1666 BGB, 24 FamFG möglich. Entscheidend ist insofern aber, dass der Angeklagte bewusst gerade keine Einleitung des Kinderschutzverfahrens von Amts wegen vorgenommen hat, wodurch die von ihm vertretene Auffassung einer Kindeswohlgefährdung durch die Maskenpflicht und der weiteren, bezüglich der SARS-CoV-2-Pandemie geltenden Regelungen nach außen hin erkennbar gewesen wäre. Selbst wenn die Verfahren von Amts wegen eingeleitet werden können, ist ein solches Verfahren nach dem Gebot der Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens ergebnisoffen in der gebotenen Neutralität zu führen.“ (S. 128)

Dem Einwand, dass bei § 1666 BGB immer das Gericht das Verfahren einleitet und bei hinreichendem Verdacht auch einleiten muss, weshalb es grundsätzlich unproblematisch gewesen sei, dass der Angeklagte das Verfahren selbst angestrebt und der das Verfahren anregenden Familie B. Hilfestellung hinsichtlich der Formulierung der Verfahrensanregung gegeben habe, wird also mit der Behauptung begegnet, der Angeklagte habe das Verfahren gar nicht von Amts wegen eingeleitet. Die Kammer hat offensichtlich nicht verstanden, dass „Einleitung von Amts wegen“ nur heißt, dass das Gericht entscheidet, ob im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt ein Verfahren begonnen wird. Das geschieht bei § 1666 BGB fast immer aufgrund einer Anregung von Dritten (meist dem Jugendamt). „Einleitung von Amts wegen“ und „aufgrund einer Anregung“ schließen sich daher überhaupt nicht aus.

Die Kammer meint offensichtlich: Wäre der Angeklagte in eine Schule gegangen, hätte sich mit Schülern über die Maskenpflicht unterhalten, sich ihre Namen sagen lassen und anschließend hinsichtlich dieser Schüler Verfahren eingeleitet, dann wäre das unproblematisch. Weil er aber auf eine Anregung einer Familie gewartet habe,19 sei er befangen. In dieser Richtung hat der Vorsitzende der Kammer in der mündlichen Urteilsbegründung am 23.08.2023 an den Angeklagten gerichtet formuliert: „Ich weiß nicht, ob man dann zu einer Rechtsbeugung gekommen wäre, wenn Sie den mutigen Weg gegangen wären, ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet hätten und dann so entschieden hätten – quasi mit offenem Visier.“20

Abgesehen davon, dass der Vorwurf fehlenden Mutes an den Angeklagten etwas grotesk erscheint, räumt die Kammer damit selbst ein, dass es dem Angeklagten letztlich nicht vorgeworfen werden kann, dass er das Verfahren wollte und darauf aktiv hingearbeitet hat. Genau dieser Vorwurf wird dem Angeklagten aber an anderer Stelle wieder und wieder gemacht! Dort, wo die Kammer sich für einen kurzen Moment gezwungen sieht, doch die Besonderheiten eines Verfahrens nach § 1666 BGB zur Kenntnis zu nehmen, muss sie diesen Vorwurf fallenlassen und an ihre Stelle tritt sozusagen ein „Heimlichkeitsvorwurf“, der aber nur in neue Widersprüche hineinführt. Denn die Aussage des Vorsitzenden bei der mündlichen Urteilsbegründung bedeutet im Ergebnis, dass es Rechtsbeugung ist bzw. sein kann, wenn ein Richter etwas verbirgt, was er gar nicht verbergen muss. Dass das abwegig ist, liegt auf der Hand.

Festzuhalten ist daher: Der Angeklagte war verpflichtet, ein Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, sobald er den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung hatte. Dass die Verfahrenseinleitung aufgrund einer Anregung erfolgt, ist keine Besonderheit dieses Verfahrens, zu der der Angeklagte gegriffen hat, weil er irgendetwas verschleiern wollte, sondern es ist der Normalfall.

Genauso selbstverständlich durfte der Angeklagte Familie B. auch Unterstützung bei der Formulierung der Anregung geben. Anregungen gemäß § 24 FamFG können gemäß § 25 FamFG auch „zur Niederschrift der Geschäftsstelle“ abgegeben werden. Diese Niederschrift muss nicht durch einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (§ 153 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgen, auch der Richter (oder Rechtspfleger) kann dies tun.21 Bei dieser Niederschrift soll der Urkundsbeamte dafür Sorge tragen, dass sie inhaltlich dem Begehren des Erklärenden entspricht. Insoweit besteht im Rahmen der Fürsorgepflicht und der Möglichkeiten eine Verpflichtung, den mutmaßlichen Willen zu erfragen sowie für eine klare Formulierung des Begehrens zu sorgen.22

Wenn dies alles rechtlich möglich war, durfte der Angeklagte zweifelsohne auch die bereits vorformulierte Anregung der Familie B., die ihm per E-Mail übersandt wurde, gegenlesen und auf Unklarheiten oder Fehler hinweisen, bevor sie dann tatsächlich eingereicht wurde. Nichts ist daran rechtswidrig, aber die Kammer ist in völliger Verkennung der Rechtslage der Auffassung, das „Mitbearbeiten“ der Anregung der Familie B. disqualifiziere den Angeklagten als Richter in diesem Verfahren und zwar mindestens im gleichen Maße wie den Freiburger Richter das Verfassen der Beschwerde für seinen Bekannten.

e. Gute Gutachten, aber von den falschen Sachverständigen?

Auch bei dem Vorwurf, der Angeklagte habe bei der Auswahl der Sachverständigen Kämmerer, Kappstein und Kuhbandner keine Objektivität walten lassen, sondern sei „ergebnisorientiert“ vorgegangen, verstrickt sich die Kammer in Widersprüche, wenn sie meint, sie könne dem Angeklagten die Wahl der Sachverständigen vorwerfen, ohne sich auch nur ansatzweise mit den Gutachten zu beschäftigen.

Die Auswahl von Gutachtern durch Gerichte erfolgt nie im Lostrommelverfahren. Die Gerichte versuchen stets Gutachter zu beauftragen, von denen sie – aufgrund eigener Erfahrungen mit ihnen in früheren Verfahren, aufgrund von Empfehlungen von Kollegen oder aus sonstiger Kenntnis der Arbeit der Gutachter – in Inhalt und Darstellung überzeugende Gutachten erwarten. Das kann man ergebnisorientiert nennen. Wenn also die Gutachten der drei Sachverständigen allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, vielleicht sogar hervorragend sind – was die Kammer nicht ausschließen kann, da sie sich ja mit den Gutachten inhaltlich nicht befasst hat – kann der Angeklagte also keinen Fehler gemacht haben, man müsste ihn sogar dazu beglückwünschen, dass er bei der Auswahl „den richtigen Riecher“ hatte. Die Kammer aber meint, dass der Angeklagte unabhängig von der Qualität der Gutachten diese Gutachter nicht hätte beauftragen dürfen – und ist damit im nächsten Paradox gelandet. Auch dieses Paradox fällt der Kammer offensichtlich nur deshalb wieder nicht auf, weil Vorurteile gegenüber Coronakritikern (unreflektiert) als berechtigt angesehen werden: Die Sachverständigen können so gut sein, wie sie wollen, als maßnahmenkritische Wissenschaftler dürfen sie jedenfalls nicht von einem Gericht beauftragt werden und ein Richter, der das dennoch tut, ist eben befangen.23

f. Zwischenfazit

Man kann den Vorwurf der Befangenheit noch einmal so zusammenfassen:
Die Kammer wirft dem Angeklagten vor, er habe gezielt das Verfahren angestrebt und darauf hingearbeitet, obwohl sie weiß, dass Familienrichter verpflichtet sind, Verfahren nach § 1666 BGB anzustreben und einzuleiten, wenn sie den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung haben. Sie behauptet, er hätte der Mutter der betroffenen Kinder keine Hilfe bei der Formulierung der Anregung geben dürfen, obwohl dies rechtlich vollkommen unproblematisch ist. Sie behauptet, der Angeklagte habe das Verfahren nicht führen dürfen, weil er sich schon zuvor eine „verfestigte“ Meinung zu den Coronamaßnahmen gebildet habe, während sie bei einem Richter, der die Coronamaßnahmen vorbehaltlos befürwortete, niemals auf diesen Gedanken gekommen wäre. Sie behauptet, der Angeklagte hätte die drei Sachverständigen nicht beauftragen dürfen, obwohl die Gutachten möglicherweise hervorragend sind. Und schließlich wirft sie dem Angeklagten vor, er habe seine (angebliche) Voreingenommenheit verschleiert und während des Verfahrens darauf geachtet, dass seine vorgefasste Position nicht nach außen erkennbar wird, obwohl – das ist an dieser Stelle nachzutragen – er nicht nur die Beweisbeschlüsse an alle Beteiligten übersandt hat, sondern dem Freistaat Thüringen als Verfahrensbeteiligtem auch einen Katalog mit 18 Fragen übersandt hat,24 aus denen eine kritische Haltung zu den Coronamaßnahmen bereits deutlich ablesbar war.

4. „… zugunsten oder zum Nachteil einer Partei“

§ 339 StGB setzt als tatbestandlichen „Erfolg“ voraus, dass die Rechtsverletzung zu einem unrechtmäßigen Vorteil oder Nachteil auf Seiten einer Partei führt. Partei ist in diesem Sinne jeder Beteiligte des Verfahrens, dem ein anderer mit widerstreitenden rechtlichen Interessen gegenübersteht.25 Bei einer Verletzung des materiellen Rechts, etwa, wenn eine eindeutige Rechtsnorm des materiellen Rechts falsch oder nicht angewandt wird, ist dies unproblematisch gegeben: Die Entscheidung ist im Ergebnis rechtswidrig und da eine Entscheidung immer mindestens für eine Partei vor- oder nachteilig ist, ist der Vor- oder Nachteil unrechtmäßig erlangt.

Bei einer Verletzung des Verfahrensrechts ist dies anders. Diese muss nicht notwendig zu einer falschen Entscheidung führen. Zwar hat eine Verfahrensrechtsverletzung meist eine zumindest vorübergehende Verbesserung oder Verschlechterung der prozessualen Position einer Partei zur Folge, dies lässt aber der Bundesgerichtshof in seiner restriktiven Auslegung des Tatbestandes nicht als tatbestandlichen Vor- bzw. Nachteil genügen. Die Verfahrensverletzung muss (zumindest) zu einer konkreten (nicht nur abstrakten) Gefahr einer falschen Endentscheidung, d. h. einer gegen das materielle Recht verstoßenden und damit rechtswidrigen Entscheidung geführt haben.

Wann eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung gegeben ist, hat der Bundesgerichtshof vor allem in Fällen entschieden, bei denen die Verfahrensrechtsverletzung darin bestand, dass ein unzuständiger Richter entschieden hat (etwa, wenn ein nach dem Bereitschaftsdienstplan nicht zuständiger Richter in einer Haftsache entscheidet). Eine konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung besteht nach dem BGH in diesen Fällen dann, wenn der Richter das Verfahren an sich zieht, weil er einer Prozesspartei sachfremd einen Gefallen tun will oder er sonstige außerhalb des Verfahrens liegende Motive verfolgt.26 Eine konkrete Gefahr, dass die Entscheidung von sachfremden Erwägungen beeinflusst wird, soll auch dann gegeben sein, wenn der Richter eine Zuständigkeit an sich zieht, um einen zur Entscheidung berufenen anderen Richter auszuschließen, um auf diesem Wege zu einem seinen Intentionen entsprechenden Ergebnis zu kommen, das bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften nicht oder voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre.27

Die Frage, ob in dem Kinderschutzverfahren eine Partei einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil erlangt hat, stellt sich selbstverständlich erst dann, wenn man zuvor – wie die Kammer – eine elementare Rechtsverletzung bejaht hat. Die Kammer zitiert dazu auch die soeben referierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, um dann aber zu schreiben:

„Der Angeklagte hat durch die von ihm von vornherein geplante und zielgerichtete Entscheidung als voreingenommener Richter einen elementaren Verfahrensverstoß begangen, der die Unrechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung zur Folge hat. Die Frage, ob die von dem Angeklagten getroffene Anordnung unter Berücksichtigung der Ausführungen der eingeholten Sachverständigengutachten inhaltlich richtig gewesen ist, vermag angesichts der Schwere des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes an der Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung nichts zu ändern. Denn die Rechtmäßigkeit einer gerichtlichen Entscheidung wird auch durch die Einhaltung der rechtsstaatlichen Verfahrensgrundsätze geprägt.“

Abgesehen davon, dass der zweite Satz sprachlich (wohl nicht zufällig!) verunglückt ist, zeigt dieser Absatz, dass die Kammer die Rechtsprechung des BGH nicht verstanden hat und deshalb auch nicht den Sachverhalt subsumieren kann. Wenn die von dem Angeklagten getroffene Anordnung inhaltlich richtig gewesen ist, was die Kammer für möglich hält (!), ist die Entscheidung nicht falsch und dann hat durch sie auch keine Partei einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil erlangt. Der Freispruch für einen Unschuldigen wird nicht deshalb falsch, weil im Prozess Verfahrensvorschriften verletzt wurden. Genau das ist ja der Ausgangspunkt der Überlegungen des BGH zur Frage des Vor- bzw. Nachteils bei einem Verfahrensverstoß!28 Die Kammer hat dagegen das Problem nicht einmal erkannt, wenn sie schreibt, der (angebliche) Verfahrensverstoß mache die Entscheidung rechtswidrig. Das ist erschreckend.

5. Rechtsbeugungsvorsatz?

Rechtsbeugung kann nur vorsätzlich begangen werden. Der Vorsatz des Täters muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen, also nicht nur auf die Verletzung einer Rechtsnorm, sondern auch auf die Begünstigung oder Benachteiligung einer Partei.29 Bedingter Vorsatz ist ausreichend.

Da – die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch die Kammer im Übrigen vorausgesetzt – als einzige Tathandlung das Unterlassen der Selbstanzeige in Betracht kommt, würde (bedingter) Vorsatz hier verlangen, dass dem Angeklagten bewusst war, dass er möglicherweise verpflichtet sein könnte, eine Selbstanzeige anzubringen, die Verletzung dieser Pflicht aber billigend in Kauf nahm und dass er außerdem davon ausging, dass durch das Unterlassen der Selbstanzeige die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung geschaffen wurde und auch das billigend in Kauf nahm.

Da die Kammer, wie oben dargelegt, aber die Befangenheit an sich als Rechtsbeugungshandlung betrachtet, prüft sie nur, ob der Angeklagte Vorsatz hinsichtlich seiner (angeblichen) Befangenheit hatte. Dabei meint sie, der Vorsatz ergebe sich daraus, dass der Angeklagte Anfang März 2021 in einer E-Mail geschrieben hatte, er wolle sich „kein Befangenheitsproblem einhandeln“, dass er eine Zeugin, von der er sich eine Anregung für das Verfahren erhoffte, bat, sie solle eine eventuelle Nachricht nicht an ihn weiterleiten, sondern ihm separat Bescheid geben, dass er die Sachverständigen von seiner privaten E-Mail-Adresse angeschrieben habe und dass er nicht mit der verfahrensanregenden Kindesmutter direkt kommuniziert habe, sondern über einen Zeugen.

Die naheliegende Interpretation der Äußerung, er wolle sich „kein Befangenheitsproblem einhandeln“, heißt allerdings nur, dass er keinen Anlass für einen Befangenheitsantrag geben, also nicht den Anschein von Befangenheit vermitteln wollte. Dass er sich tatsächlich für befangen gehalten hat, ergibt sich daraus nicht. Auch die anderen von der Kammer angeführten „Indizien“ lassen nicht den Schluss zu, dass der Angeklagte der Meinung war, er dürfte das Verfahren wegen Befangenheit an sich nicht führen und müsste versuchen, sich durch eine Selbstablehnung selbst „aus dem Rennen zu nehmen“. Das wäre vielleicht auch der Kammer klargeworden, hätte sie Vorsatz hinsichtlich des Unterlassens der Selbstanzeige und nicht hinsichtlich Befangenheit geprüft und sich daher die Frage gestellt, ob sie dem Angeklagten nachweisen kann, dass er den Gedanken hatte, dass er (möglicherweise) eine Selbstanzeige anbringen müsste. Diesen Beweis zu führen erscheint nach allem, was die Kammer ermittelt hat, unmöglich.

Nur am Rande sei bemerkt, dass sich die Kammer bei der Vorsatzfrage auch mit der Einlassung des Angeklagten zur Sache30 hätte auseinandersetzen müssen. Die Kammer referiert zwar auf fast 10 Seiten (S. 47-56), was der Angeklagten in der mündlichen Verhandlung gesagt hat, um dann aber nur lapidar zu schreiben, dass diese Einlassung durch die Beweisaufnahme widerlegt sei. Von einer echten Auseinandersetzung mit der Einlassung, bei der die Kammer die Darstellung der Vorgänge durch den Angeklagten hinsichtlich Schlüssigkeit und Plausibilität genau durchzubuchstabieren gehabt hätte, kann nicht ansatzweise die Rede sein.

Dass sie die Frage des Vorsatzes nicht nur hinsichtlich der mutmaßlichen Tathandlung, sondern auch hinsichtlich eines unrechtmäßigen Vorteils oder Nachteils für eine Partei bzw. einer insoweit bestehenden konkreten Gefahr prüfen müsste, wird von der Kammer gleich ganz übersehen und deshalb nicht erörtert.

6. Was die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren antreibt

Die Staatsanwaltschaft hat in ihrem Plädoyer eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren beantragt. Auch Richter, die wenig Sympathien für den Angeklagten und seinen Beschluss vom 08.04.2021 hatten, dürften angesichts eines solchen Antrages etwas erschrocken sein. Eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren, die (gem. § 56 Abs. 2 StGB) nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann, wegen einer Tat der Rechtsbeugung hat es in Deutschland, soweit aus den veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich, in den letzten 30 Jahren nur ein einziges Mal gegeben.31 Der Staatsanwaltschaft genügte es nicht, dass Richter Dettmar bei einer Verurteilung sein Richteramt verlieren würde. Sie wollte ihn im Gefängnis sehen.

Was die Staatsanwaltschaft zu dieser Unerbittlichkeit antreibt, ist nicht ganz leicht zu erkennen, weil der Jurist, der im Rechtsstaat der Bundesrepublik sozialisiert wurde, damit nicht unbedingt rechnet. Dabei muss man die Staatsanwaltschaft nur bei ihrem Wort nehmen:

In der Anklageschrift werden ganz zu Beginn die Vorwürfe gegen den Angeklagten so zusammengefasst, dass es ihm allein aus persönlichen Motiven darauf angekommen sei, im einstweiligen Anordnungsverfahren eine mit Sachverständigengutachten unterlegte unanfechtbare Entscheidung mit Breitenwirkung in der Öffentlichkeit zu fällen, mit der die Unwirksamkeit und die Schädlichkeit von Coronamaßnahmen habe festgestellt und die zu Grunde liegenden landesrechtlichen Vorschriften für verfassungswidrig erklärt werden sollen.

Man kann sich an dieser Stelle wundern, warum die Anklage nicht, wie üblich, mit der Schilderung des mutmaßlichen tatbestandlichen Verhaltens beginnt, sondern mit der Darlegung von Motiven und Absichten des Angeklagten. Auch am Ende der Anklage wird erneut wiederholt, dass es ihm um die Veröffentlichung der Gutachten gegangen sei und er mit seiner Entscheidung „seinen Beitrag im Kampf gegen die staatlichen Maßnahmen“ habe leisten wollen.

Auch in ihrem Plädoyer in der Verhandlung vom 18.08.2023 hat die Vertreterin der Staatsanwaltschaft bereits zu Beginn zusammenfassend erklärt, der Angeklagte habe unter Ausnutzung seiner Autorität und Macht als Richter mit seiner Entscheidung und den Gutachten „ein Fanal“ gegen die seinerzeit bestehenden staatlichen Maßnahmen setzen wollen. Der Vorwurf, ein Fanal setzen zu wollen, wurde von ihr im Plädoyer noch zweimal wiederholt und gegen Ende erklärte sie, dem Angeklagten sei es nicht um die Kinder gegangen, sondern um „eine Generalabrechnung mit den staatlichen Coronamaßnahmen“. Bei der Begründung des Antrages erklärte sie dann, dass es strafschärfend zu berücksichtigen sei, dass der Angeklagte über Wochen geplant habe, wie er „seine Position als Familienrichter ausnützen könne, um die staatlichen Coronamaßnahmen an den Pranger zu stellen.“

Im Artikel zur Anklage (Abschnitt 4) war diese Hervorhebung der behaupteten Motive und Absichten des Angeklagten noch so gedeutet worden, dass die einzelnen Vorwürfe von Rechtsverletzungen in eine „Rahmenerzählung vom Missbrauch des Verfahrens für andere Zwecke“ eingebettet würden. Diese Deutung bedarf der Korrektur, denn damit ist die Intention der Staatsanwaltschaft nicht präzise erfasst. Es handelt sich nicht um eine Rahmenerzählung, sondern um den eigentlichen Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Der Kernvorwurf gegen den Angeklagten lautet nicht, dass er in dem Verfahren (angeblich) bestimmte prozessuale Normen in schwerwiegender Weise verletzt hat, sondern dass er als Richter öffentlichkeitswirksam die staatlichen Coronamaßnahmen kritisiert hat!

Das ist nur deshalb für den Juristen so schwer zu erkennen – dem juristischen Laien fällt es vielleicht leichter –, weil dieser Vorwurf überhaupt keinen Straftatbestand erfüllt. Die Politik der Landesregierung öffentlich zu kritisieren, ist in einer Demokratie nicht strafbar, auch dann nicht, wenn dies durch einen Richter geschieht.

Die einzelnen Vorwürfe von Rechtsverletzungen sind für die Staatsanwaltschaft daher nur von Bedeutung, um die Erfüllung des Rechtsbeugungstatbestandes behaupten zu können. Sie sind gewissermaßen nur notwendige Bedingung der Strafbarkeit, aber nicht der eigentliche Grund. Damit erklärt sich auch die Beliebigkeit des bunten Straußes an Rechtsverletzungsvorwürfen, den die Staatsanwaltschaft in der Anklage präsentiert hat, bis hin zu dem absurden Vorwurf, der Angeklagte habe sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht, indem er die Eignung des Verfahrensbeistandes der Kinder nicht ordentlich geprüft habe.

Wenn die Staatsanwaltschaft aber dem Angeklagten im Kern vorwirft, dass er die Politik der Landesregierung kritisiert hat, was – noch einmal! – nicht strafbar ist, dann hat sie hier von Anfang an ein Verfahren politischer Justiz betrieben. Sie verfolgt Richter Dettmar, weil er die Coronapolitik kritisiert hat und verhehlt dies noch nicht einmal. Wer dachte, politische Strafjustiz32 gibt es nur in Diktaturen und autoritären Staaten, wird durch die Staatsanwaltschaft Erfurt eines Besseren belehrt.

Sieht man das klar, überrascht auch der Antrag von 3 Jahren Freiheitsstrafe nicht mehr und auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft Revision mit der Begründung eingelegt hat, 2 Jahre seien nicht schuldangemessen. Für die Staatsanwaltschaft ist das Handeln von Richter Dettmar eine Art Staatsverbrechen und das muss dann auch hart geahndet werden.

7. Zusammenfassung

Die Kammer sagt: Mit dem, was in den drei Gutachten steht, müssen wir uns nicht beschäftigen, weil es für die Entscheidung irrelevant ist. Sie verkennt damit, dass die Frage, ob ein elementarer Rechtsverstoß vorliegt, immer auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist.33 Die Kammer sagt damit – und nichts daran ist überspitzt, alles logische Konsequenz ihrer Argumentation: „Selbst wenn durch den Beschluss des Angeklagten – wenn er Bestand gehabt hätte – viele Kinder vor erheblichen physischen und/oder psychischen Schäden bewahrt worden wären und die Aufhebung des Beschlusses durch das Oberlandesgericht genau zu diesen Schäden geführt hat, wäre der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren zu verurteilen. Richter, die zwar Kindern helfen, dabei aber Rechtsregeln verletzen, sind hart zu bestrafen.“

Das ist unmenschliches Strafrecht.

Es lohnt sich, den Fall noch einmal als Narration wiederzugeben, in der auch der Anlass und gesellschaftliche Hintergrund des von dem Angeklagten geführten Verfahrens sowie die in ihm aufgeworfenen tatsächlichen Fragen vorkommen. Dies erscheint auch wichtig, um den Kontrast zu dem von der Staatsanwaltschaft eingeführten und von der Kammer zumindest teilweise übernommenen Narrativ von dem unerhörten und verwerflichen Anschlag eines Richters auf die Politik der Landesregierung deutlich zu machen.

Bei allen Fragen, die die Kammer offen gelassen hat, ist dabei nach dem Grundsatz in dubio pro reo („im Zweifel für den Angeklagten“) die für den Angeklagten günstigste Möglichkeit zugrundezulegen. Die Geschichte, die in Anspruch nimmt, im Einklang mit den Feststellungen des Urteils zu stehen und nichts Wesentliches wegzulassen, lautet so:

Zugunsten des Angeklagten ist davon auszugehen, dass die Thüringische Landesregierung die mit dem SARS-CoV-2-Virus verbundenen Gefahren für die Bevölkerung weit überschätzt hat. Es ist auch davon auszugehen, dass die Maskenpflicht in der Schule keinen relevanten positiven Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatte.34 Weiter ist davon auszugehen, dass durch die Maskenpflicht (und weitere Maßnahmen wie Abstandsgebot und Testpflicht) in der Schule das Wohl der betroffenen Kinder in physischer und/oder psychischer und/oder psychosozialer Hinsicht gefährdet wurde. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Coronamaßnahmen in der Schule bei einer relevanten Anzahl von Schülern zumindest mitverantwortlich sind für Schäden wie Angsterkrankungen, Depressionen, Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Schulversagen. Da der Angeklagte sich schon frühzeitig intensiv mit den Coronamaßnahmen beschäftigt hatte und sich bereits eine – möglicherweise auch verfestigte – Meinung zu ihnen gebildet hatte, hatte er den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung durch die Maßnahmen. Als Familienrichter, der bei einem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung ein Verfahren gem. § 1666 BGB einzuleiten hat, hat er auf ein solches Verfahren aktiv hingearbeitet. Davon, dass ihm als Familienrichter das Recht die entsprechenden Kompetenzen verliehen hätte, ging er aus. Da er negative Konsequenzen eines Verfahrens zur Kindeswohlgefährdung durch Coronamaßnahmen in der Schule für die betroffenen Kinder bzw. ihre Familie nicht ausschließen konnte, wollte er ein solches Verfahren nur aufgrund der Anregung von Eltern, die die damit verbundenen Risiken bewusst einzugehen bereit waren, beginnen. Um einen etwaigen Beschluss auf eine solide fachliche Grundlage zu stellen und ihm mehr Überzeugungskraft zu verschaffen, holte er drei Gutachten von qualifizierten Wissenschaftlern ein. Zu seinen Gunsten ist davon auszugehen, dass die in den Gutachten getroffenen wissenschaftlichen Feststellungen vollumfänglich zutreffend sind. Mit seiner Entscheidung wollte der Angeklagte die von ihm durch die Gutachten als hinreichend bewiesen erachteten Kindeswohlgefährdung(en) für die betroffenen Schüler abwenden.35 Darüber hinaus war ihm auch an Öffentlichkeitswirksamkeit für seinen Beschluss gelegen, da nicht nur an den beiden Schulen, auf die sich seine Entscheidung bezog, sondern deutschlandweit Kinder von der Maskenpflicht in der Schule betroffen waren und er hoffte, dass andere Gerichte sich seiner Rechtsauffassung anschließen und zugunsten von Kindern entscheiden könnten. So kam es zu dem Beschluss vom 08.04.2021 und zu dem, was dann folgte.

8. Die Frage nach den Ursachen

Wie ist eine solche Entscheidung möglich?

Unter 3. c. und e. ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die Kammer in ihrem Denken ganz offensichtlich nicht unbeeinflusst ist von der Abwertung und Ausgrenzung grundsätzlicher Kritik an der Coronapolitik im öffentlichen Diskurs als vernunftwidrig und illegitim.

Hinzu kommt ein weiteres. Die Kammer sah sich auch hinsichtlich des konkreten Verfahrens einem massiven Einfluss durch die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung ausgesetzt: Von Beginn an wurde der Beschluss vom 08.04.2021 zu einem Skandal und Richter Dettmar quasi zur Unperson erklärt. Beteiligt daran waren die regionale und die überregionale Presse, das Thüringer Bildungsministerium, Anzeigeerstatter wie die Vizepräsidentin des Thüringer Landtags und nicht zuletzt die Staatsanwaltschaft Erfurt, die nicht nur gegenüber der Presse, sondern auch mit den Durchsuchungen bei dem Beschuldigten, bei Sachverständigen und Zeugen die Botschaft vermittelte, dass es sich hier um einen geradezu beispiellosen Fall von Kriminalität eines Richters handele. Dieser Vorverurteilung in der veröffentlichten Meinung folgte eine Anklageschrift, in der die Staatsanwaltschaft sich alle Mühe gab, das Verhalten von Richter Dettmar als geradezu infamen Skandal darzustellen und ein möglichst negatives Bild von der Person des Angeklagten zu zeichnen.

Diesem massiven Druck hätte sich die Kammer erst einmal entziehen müssen, um ruhig und sachlich die Argumente von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu prüfen. Das war ihr offensichtlich nicht möglich. Wie bereits bemerkt: Die vielen logischen Brüche in der Argumentation sind nicht einfach durch Unvermögen zu erklären (obwohl das juristisch-argumentative Niveau tatsächlich erschreckend ist!). Sie weisen darauf hin, dass auf Seiten der Kammer vor aller sachlichen Beschäftigung ein Vorurteil bestand, das dem der veröffentlichten Meinung entsprach: Was Richter Dettmar getan hatte, war „etwas ganz Schlimmes“, etwas Unverzeihliches. Musste es dann nicht Rechtsbeugung sein?

Es sind auch nicht nur die Widersprüche in der Argumentation, die darauf hindeuten, dass das Urteil nicht (allein) auf der argumentativen Prüfung des Sachverhalts, sondern (auch) auf den bestehenden Vorurteilen beruht. Auch dass eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten und dem Vorbringen der Verteidigung im Urteil überhaupt nicht stattfindet, kann nur so erklärt werden, dass die Kammer nicht bereit war, sich auf Gegenargumente ernsthaft einzulassen. Und es sind auch nicht nur die Argumente des Angeklagten und der Verteidigung, die im Urteil „herumstehen“, als wären sie Teil einer fremden Realität, mit der die Kammer nichts zu tun haben will. Es ist auch die Sache selbst, auf die sich die Kammer am Ende nicht einlassen will. Die Weigerung, die Besonderheiten eines amtswegigen Verfahrens zur Kenntnis zu nehmen, ist vielleicht das krasseste Beispiel dafür. Am Ende drängt sich der Eindruck auf, dass die Kammer sich von einem von Anfang an eingeschlagenen Weg nicht abbringen lassen wollte.

Das alles kann man Befangenheit nennen und es ist eine bittere Ironie des Verfahrens, dass hier Richter, denen es selbst an der notwendigen Objektivität, inneren Unabhängigkeit und Souveränität für ein hochpolitisiertes Strafverfahren fehlte – wobei sie sich insofern aber sicher keine Sekunde lang im Verdacht hatten –, über einen Kollegen zu Gericht saßen und ihn wegen (angeblicher) Befangenheit zu einer Strafe verurteilten, die bei Rechtskraft den Verlust seiner beruflichen Existenz bedeuten würde.

 

Endnoten

1
Das schriftliche Urteil wurde (bisher) nicht veröffentlicht, liegt KRiStA aber vor. Allgemein zugänglich ist auf der Webseite eines der Verteidiger des Angeklagten eine professionelle stenografische Mitschrift der mündlichen Urteilsbegründung.
2
Die subjektive Seite (Vorsatz) wird von der Kammer im Sachverhalt (entgegen den Üblichkeiten) nicht dargestellt, sondern erst in der rechtlichen Würdigung erörtert.
3
Abschnitte 3 bis 7.
4
Angesichts dessen wird deutlich, dass es der Staatsanwaltschaft in dem Verfahren keineswegs allein um die Wahrheit, sondern offenbar (auch) um andere Dinge ging. Denn dieser Vorwurf war schon durch die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das OLG Jena in dem Beschluss vom 14.05.2021 vom Tisch, weil das OLG damit erklärte, dass die Frage auch aus seiner Sicht keineswegs abschließend geklärt sei (vgl. Artikel zur Anklage, Abschnitt 3).
5
Die Kammer übernimmt für das Urteil häufig Sätze und Formulierungen aus der Anklageschrift, die sie teilweise umformuliert. Das gelingt nicht immer. Die Vorlage (S. 4 der Anklage) lautete hier: „… führte der Angeschuldigte unter Missachtung der verfassungsrechtlich gebotenen richterlichen Unabhängigkeit allein aus persönlichen sachfremden Motiven heraus, …“
6
Im Zivilrecht (§ 48 ZPO) ist von Selbstablehnung die Rede, im Strafrecht (§ 30 StPO) von Selbstanzeige. Dies ist nur ein begrifflicher, kein sachlicher Unterschied.
7
Dies dürfte von dem Urteil des LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 29798, Rn. 19, übernommen worden sein.
8
Ein Beispiel für eine Verurteilung wegen Rechtsbeugung durch Unterlassen und zu einer Geldstrafe ist der Fall des Hamburger Richters Schill. Schill, dem vorgeworfen wurde, er habe die Bearbeitung einer Beschwerde gegen einen Ordnungshaftbeschluss absichtlich verzögert, um eine frühere Entlassung der Inhaftierten durch das Beschwerdegericht zu verhindern, wurde in erster Instanz vom Landgericht Hamburg zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. In der Revision wurde das Urteil vom BGH (04.09.2001, 5 StR 92/01, juris) aufgehoben.
9
BeckOK ZPO/Vossler ZPO § 48 Rn. 7; Zöller/Vollkommer ZPO § 48 Rn. 11; KK-StPO/Heil StPO § 30 Rn. 6; BeckOK StPO/Cirener StPO § 30 Rn. 6.
10
LG Freiburg, 03.03.2009, 2 KLs 210 Js 4263/08, BeckRS 2009, 22988.
11
Der Angeklagte hat in dem Verfahren laut Urteilsfeststellungen auch eingeräumt, dass ihm klar war, dass er eine Selbstanzeige hätte machen müssen (a. a. O. Rn. 10).
12
BGH, Beschluss vom 05.08.2009, 1 StR 366/09. – Die Kammer führt den Fall auch an und meint tatsächlich, dass der Unrechtsgehalt der Handlungen des Angeklagten Dettmar deutlich höher zu bewerten sei als im Freiburger Fall, weil er nicht nur über eine von ihm mitbearbeitete Anregung entschieden habe, sondern zielgerichtet darauf hingewirkt habe, dass er ein Verfahren in seiner Zuständigkeit zur Entscheidung bekommt und deren Ergebnis von vornherein vorgefasst war (S. 134). Dass dies eine geradezu phänomenale rechtliche Fehlbewertung ist, wird im Folgenden noch im Detail aufgezeigt.
13
Dazu sogleich näher unter c. und d.
14
S. dazu bereits Artikel zur Urteilsverkündung.
15
Abschnitt 5.
16
Das ausschließliche Zitieren des Grundgesetzes und von Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an dieser Stelle, anstatt sich mit der umfangreichen Rechtsprechung zur Befangenheit auseinanderzusetzen, dient erkennbar dazu, die Vorwürfe möglichst „hoch anzuhängen“.
17
Dass der Richter am Ende dann auch noch selbst über die Sache abschließend entscheiden muss, während der Staatsanwalt „nur“ Anklage erheben kann, ist für den Vergleich ohne Belang.
18
Ein Einwand kann selbstverständlich nur ein Argument entkräften, nicht einen verwirklichten Straftatbestand. Solche sprachlichen Schwächen, die nicht für scharfes Denken sprechen, sind keine Seltenheit in dem Urteil.
19
Der Angeklagte hat in seiner Einlassung dazu erklärt, dass er das Verfahren wegen von vornherein für möglich gehaltener negativer Konsequenzen keiner Familie zumuten wollte, die das Verfahren nicht selbst gewollt habe.
20
Stenografisches Protokoll der Hauptverhandlung am Landgericht Erfurt am 23.08.2023 S. 13.
21
Sternal/Sternal FamFG § 25 Rn. 26; BeckOK FamFG/Burschel/Perleberg-Kölbel FamFG § 25 Rn. 6.
22
Sternal/Sternal a. a. O, Rn. 24.
23
Die Staatsanwaltschaft hatte in der Anklage noch ganz offen die Auffassung vertreten, dass die Gutachter schon deshalb nicht hätten beauftragt werden dürfen, weil sie Mitglieder in dem Verein Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie (MWGFD) e. V. waren.
24
Im Urteil wörtlich wiedergegeben auf den Seiten 22-24.
25
LK-StGB/Hilgendorf, § 339, Rn. 81; MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 58.
26
BGHSt 42, 343, juris Rn. 24.
27
BGHSt 42, 343, juris Rn. 26.
28
Wörtlich z. B. BGH, 20.09.2000, 2 StR 276/00: “Allerdings liegt es bei Verfahrensverstößen nicht ohne weiteres auf der Hand, dass durch die Rechtsverletzung eine Besserstellung oder Benachteiligung einer Partei bewirkt wird. Die Nichtbeachtung von Zuständigkeitsnormen kann für sich genommen für das Ergebnis indifferent sein, da der Richter bei der Sachentscheidung an die gleichen rechtlichen Bestimmungen gebunden ist, wie der an sich zuständige Richter.“
29
MüKoStGB/Uebele StGB § 339 Rn. 61, Schönke/Schröder/Heine/Hecker StGB § 339 Rn. 13 m. w. N.
30
Erwiderung des Angeklagten auf die Verlesung der Anklageschrift.
31
LG Hagen, 18.11.2021, 46 KLs 8/21, juris. Das Landgericht Hagen verurteilte mit dieser Entscheidung eine Richterin wegen Rechtsbeugung in 10 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und in 6 Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten. In die Gesamtstrafe gingen zwei Einzelstrafen von 2 Jahren und 6 Monaten (Einsatzstrafe) bzw. 2 Jahre und 2 Monate Freiheitsstrafe ein, die übrigen Einzelstrafen lagen unter 2 Jahren. Das Urteil wurde vom BGH (29.11.2022, 4 StR 149/22, juris) im gesamten Strafausspruch aufgehoben und im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass die tateinheitliche Urkundenunterdrückung in allen 6 Fällen entfiel.
32
Vgl. dazu Ostendorf, Politische Strafjustiz in Deutschland.
33
Vgl. dazu schon Artikel zur Anklage, Abschnitte 1 und 8 und Artikel zur Urteilsverkündung.
34
Aktuell dazu Welt 08.12.2023: Forscher finden keinen Beweis für Wirksamkeit der Corona-Maskenpflicht für Kinder.
35
Das hält die Kammer nicht nur für möglich, sondern davon geht sie positiv aus (S. 136).

https://netzwerkkrista.de/2023/12/15/nur-ein-schwaecheanfall-der-justiz-noch-einmal-das-urteil-des-landgerichts-erfurt-gegen-christian-dettmar/

 

 

 


 

 

 

Schock-Urteil: Mutiger Maskenrichter von Weimar zu zwei Jahren Haft verurteilt Gericht setzt die Strafe zur Bewährung aus

VERÖFFENTLICHT AM 23. Aug 2023

Das Landgericht Erfurt hat den Weimarer Familienrichter Christian Dettmar zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wegen Rechtsbeugung. Das Gericht setzte die Strafe zur Bewährung aus, so dass ihm zumindest der Gang ins Gefängnis erspart bleibt; seine berufliche Existenz wäre aber vernichtet, wenn das Urteil rechtskräftig wird. Dies könnte auch das Ziel des ganzen Verfahrens gewesen sein – ein klares Zeichen zu setzen dafür, dass Widerstand gegen absurde staatliche Zwangsmaßnahmen existenzvernichtend sein kann. Zum Vergleich: In Augsburg wurde 2021 ein Richter lediglich zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt, nachdem er Tausende Kinderporno-Bilder in seinen Besitz gebracht hatte – unter anderem aus Strafakten, für die er zuständig war (dazu unten mehr).

Die Staatsanwältin, die der rot-rot-grünen Landesregierung gegenüber weisungsgebunden ist, wollte Dettmar sogar ins Gefängnis schicken und hatte drei Jahre Haft ohne Bewährung gefordert. Der Verteidiger des bereits suspendierten Richters hatte auf Freispruch plädiert..

Der Staatsanwältin ist das Urteil offenbar nicht hart genug, sie kündigte sofort an, dass sie eine Revision beim Bundesgerichtshof prüfen werde – offenbar mit dem Ziel, Dettmar doch noch ins Gefängnis zu bringen. Auch die Verteidiger des Richters sagten laut MRD, sie würden Rechtsmittel prüfen. Sollte das Urteil Bestand haben, würde Dettmar nicht nur sein Richteramt, sondern auch seine Pension verlieren.

Der Vorsitzende Richter sagte laut MDR in der Begründung für die Entscheidung, der Angeklagte habe ein Urteil gefällt, „das er von vornherein so beabsichtigt hatte“. Das Verfahren am Amtsgericht Weimar, in dem er seine Entscheidung fällte, habe er aktiv generiert.

Der Familienrichter habe dazu den Verein „Kritische Richter und Staatsanwälte“ mitgegründet, so das Gericht. Der damals am Amtsgericht Weimar tätige Jurist ordnete im April 2021 an, dass die Kinder an zwei Weimarer Schulen keine Masken mehr tragen müssten. Er begründete seine einstweilige Anordnung mit dem Kindeswohl.

Interessant ist, wie der MDR in seinem Bericht manipuliert. Darin heißt es etwa: „Der Jurist habe gar keine Zuständigkeit für die ihm vorgelegte Frage gehabt, entschied zum Beispiel das Thüringer Oberlandesgericht. Der Bundesgerichtshof hat diese Auffassung inzwischen bestätigt.“ Dass zwischenzeitlich aber das Karlsruher Oberlandesgericht genau umgekehrt entschieden hat, enthält der MDR seinen Zuhörern vor. Dabei ist dies entscheidend: Es belegt, dass Dettmar damit vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs durchaus gute Gründe gehabt haben konnte, eine andere Meinung zu haben als später die obersten Richter.
Mutiger Widerstand

Der Weimarer Familienrichter Christian Dettmar hatte Anfang April 2021 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: In einem Gerichtsentscheid verbot er die Masken-, Abstands- und Testpflicht an zwei Weimarer Schulen. In seinen Augen war sie Kindeswohlgefährdung. Damals galt eine solche Ansicht noch als Ketzerei. Heute setzt sie sich immer mehr durch. Doch Dettmar hatte es gewagt, sich gegen die staatlichen Maßnahmen zu stellen. Und so schlug die Justiz mit voller Härte gegen ihn zu. Und auch gegen andere Beteiligte. Es gab Durchsuchungen von Wohnungen und Büroräumen von Richter Dettmar, dem Verfahrensbeistand der Kinder, einer Mutter sowie von den Gutachtern Prof. Ulrike Kämmerer, Prof. Dr. Christian Kuhbandner, Prof. Dr. Ines Kappstein und Uli Masuth, und einem Kandidaten der Partei „dieBasis“. Handys, Computer und Unterlagen wurden dabei von der Polizei beschlagnahmt. Zustände, wie man sie sonst aus autoritären Staaten gewohnt ist. Fast erübrigt es sich zu erwähnen, dass die Entscheidung des Richters aufgehoben wurde.

In dem Verfahren hatte die Staatsanwältin den Sachverhalt im voll besetzten Saal des Erfurter Landgerichts umgedreht in einer Art und Weise, die an Romane von Kafka und Orwell erinnerte: Der Angeklagte habe sein Amt mit Füßen getreten und dem Rechtsstaat geschadet. Sie warf Dettmar also genau das vor, was Kritiker ihr und ihrer ganzen Behörde vorwerfen. Die Staatsanwältin ist gebunden an Weisungen der rot-rot-grünen Landesregierung bzw. der grünen Justizministerin Doreen Denstädt, einer ehemaligen Sachbearbeiterin bei der Polizei, die durch die Quote ins Amt gerutscht ist.

Besonders pikant: Zu Beginn der Ermittlungen war der damalige Justizminister noch Dirk Adams von den Grünen. Der hat sich seine politischen Sporen als Mitarbeiter im Wahlkreisbüro der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt verdient und sich für Schnellverfahren nach Corona-Protesten ausgesprochen – also für genau das, womit sich die Grünen bei Kriminellen oft sehr schwertun.


Gerechte Justiz?

Der Prozess ist auch deshalb brisant, weil die Justiz bisher fast ausschließlich gegen Kritiker der Corona-Maßnahmen vorgeht, sowie Ärzte und Richter, die sich diesen widersetzten. Die Verantwortlichen für diese Maßnahmen schont die Justiz ebenso wie die Hetzer, die massive Vorbehalte und Hass gegen Ungeimpfte schürten.

Statt einer kritischen Aufarbeitung der Corona-Zeit erleben wir aktuell das Gegenteil – eine Jagd der Justiz auf diejenigen, die für eine Aufarbeitung stehen.

Zum Schluss hier noch der oben bereits erwähnte Vergleich. Dettmar wurde zu zwei Jahren verurteilt, weil er eine, wie wir heute wissen, absurde Regelung außer Kraft setzte. In Augsburg wurde 2021 ein Richter wegen Besitzes von Kinderpornografie zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt. Der Mann war dafür bekannt, besonders harte Urteile zu fällen. 2018 brummte er einem Bäckerei-Verkäufer 1800 Euro Strafe auf (genauso viel wie er später selbst bekam)– weil der Schnitzel und Wurst für 19,87 Euro geklaut hatte! Der Richter hatte sich Tausende Kindesmissbrauchsdarstellungen besorgt – unter anderem aus Strafakten, die er als Richter hatte. Er wurde, anders als der Maskenrichter, nur zu einer Geldstrafe verurteilt. Vorausgegangen war ein „Deal“ – dafür, dass der Kinderporno-Konsument sein Richteramt niederlegte, bekam der eine derart milde Strafe. Ein Augsburger Jurist erzählte mir kürzlich, dieser Fall habe ihm den Glauben an die Justiz genommen.

https://reitschuster.de/post/schock-urteil-mutiger-maskenrichter-von-weimar-zu-zwei-jahren-haft-verurteilt/




 


 

 

 

Familienrichter kippte Maskenpflicht an Schulen: Staatsanwaltschaft fordert Haft

Von Heike Pührer

22. August 2023

Eine Prozessbeobachterin berichtete unserer Redaktion im Verfahren gegen den Weimarer Familienrichter Christian Dettmar vom letzten Verhandlungstag in Erfurt (18. August 2023) – vor der Urteilsverkündung. Der Richter ist wegen Rechtsbeugung im Amt angeklagt.

Mitte Juni begann am Erfurter Landgericht die Verhandlung gegen den Weimarer Familienrichter Christian Dettmar (60) wegen mutmaßlicher Rechtsbeugung im Amt. Er hob die Corona-Maßnahmen an zwei Weimarer Schulen im April 2021 auf, weil er die Gefahr einer Kindeswohlgefährdung sah.

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft habe Dettmar allein aus persönlichen „sachfremden“ Motiven mit Gutachten eine „unanfechtbare Entscheidung“ herbeigeführt, so der Vorwurf. Um das Wohl der Kinder soll es ihm dabei nicht gegangen sein, wirft man dem dreifachen Vater vor.

Nun also stand der letzte Verhandlungstag vor der Urteilsverkündung an. An ihm nahm Heike Pührer teil. Sie ist Mitgründerin der „Bewegung Zwickau“, einer Bürgerbewegung, die als Montagsdemo gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen entstand und sich nach eigenen Angaben für „Demokratie, in der die Macht vom Volke ausgeht“, einsetzt. Seitdem trifft man sich regelmäßig zu öffentlichen Demonstrationen mit dem Hauptmotto: „Wir müssen reden!“ Hier ihr Bericht aus dem Gerichtssaal:

Für den heutigen Tag waren die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung sowie das letzte Wort von Familienrichter Christian Dettmar angekündigt. Nach doppelter Überprüfung der Kleidung und der Person durch Justizbeamte erreichte man den gut gefüllten Gerichtssaal (circa 30 Interessierte inklusive Presse). Gewünscht hatte ich mir einen überfüllten Saal oder eine große Menschenmenge vor dem Gericht.

...

Vor den Plädoyers der Staatsanwältin und der Rechtsanwälte ging es bis 13:45 Uhr in die Mittagspause. Wie vorher schon angekündigt, hielt die Staatsanwältin ein zweistündiges zähes Plädoyer mittels chronologischer Auflistung von E-Mails, Chatverläufen von WhatsApp und Telegram. Sie bezogen sich auf die Mitarbeit des Familienrichters im sich neu gegründeten Verein KriStA – Netzwerk kritischer Richter und Staatsanwälte (www.netzwerkkrista.de).

...

Die vielen Wiederholungen dienten wohl dazu, die Mutmaßungen der Staatsanwaltschaft als einzige Wahrhaftigkeit in die Köpfe der Richter und Schöffen zu meißeln. Zum Schluss wurde von der Staatsanwaltschaft eine Strafe für den Familienrichter von drei Jahren Haft gefordert.
Kurzes Plädoyer von Verteidiger Strate

Nach einer kurzen Pause begann der Verteidiger Rechtsanwalt Dr. h.c. Gerhard Strate aus Hamburg mit seinem sehr kurzen Plädoyer. Die von der Staatsanwaltschaft in diesem langen Vortrag gemutmaßten Ziele des Richters Dettmar dementierte er. Auch dass ein Familienrichter sich im Vorfeld Fachwissen über eventuell zu verhandelnde Fälle aneignet und eine gewisse Vorarbeit leiste, sei durchaus in Ordnung. „Die Kindeswohlgefährdung stand aufgrund des staatlich angeordneten Maskenzwangs und den ständigen Tests, bei denen schon damals die Korrektheit der Ergebnisse widerlegt waren, sehr wohl im Vordergrund“, so Strate.

Den zweiten Teil begann Rechtsanwalt Peter Tuppat, der zweite Verteidiger des Familienrichters, damit, dass ein Freispruch zwingend erforderlich sei. Die Vehemenz der Staatsanwaltschaft, den Richter zu verfolgen, ohne die inhaltlich richtige Einschätzung des Richters einzubeziehen, sei erschütternd. Schließlich ginge es Herrn Dettmar um die Gesundheit und das Wohl unserer Kinder. Die hier vorgetragene Geschichte mit „hätte“, „könnte“ und so weiter hielte dabei nicht stand und seien nur Mutmaßungen.

...

https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/familienrichter-kippte-maskenpflicht-an-schulen-staatsanwaltschaft-fordert-haft-a4382252.html?welcomeuser=1

 

 

 


 

 


Staatsanwaltschaft will Weimarer Maskenrichter in Knast bringen Drei Jahre Gefängnis gefordert, weil er Kinder von Masken befreite

VERÖFFENTLICHT AM 20. Aug 2023
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Der Weimarer Familienrichter Christian Dettmar hatte Anfang April 2021 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt: In einem Gerichtsentscheid verbot er die Masken-, Abstands- und Testpflicht an zwei Weimarer Schulen. In seinen Augen war sie Kindeswohlgefährdung. Damals galt eine solche Ansicht noch als Ketzerei. Heute setzt sie sich immer mehr durch. Doch Dettmar hatte es gewagt, sich gegen die staatlichen Maßnahmen zu stellen. Und so schlug die Justiz mit voller Härte gegen ihn zu. Und auch gegen andere Beteiligte. Es gab Durchsuchungen von Wohnungen und Büroräumen von Richter Dettmar, dem Verfahrensbeistand der Kinder, einer Mutter sowie von den Gutachtern Prof. Ulrike Kämmerer, Prof. Dr. Christian Kuhbandner, Prof. Dr. Ines Kappstein und Uli Masuth, und einem Kandidaten der Partei „dieBasis“. Handys, Computer und Unterlagen wurden dabei von der Polizei beschlagnahmt. Zustände, wie man sie sonst aus autoritären Staaten gewohnt ist. Fast erübrigt es sich zu erwähnen, dass die Entscheidung des Richters aufgehoben wurde.

Doch damit endete der Rachefeldzug nicht. Richter Dettmar, einer der wenigen, der für das Grundgesetz und gegen dessen Verletzung entschied, steht nun seinerseits in Erfurt vor Gericht. Ihm, der sich der damals weit verbreiteten Rechtsbeugung widersetzte, wird nun ausgerechnet Rechtsbeugung vorgeworfen. Das wirkt wie aus einem absurden Theater-Stück. Doch es geht noch weiter: Im Prozess gegen den suspendierten Familienrichter hat die Staatsanwaltschaft am Freitag drei Jahre Haft gefordert, wie der „MDR“ mitteilt.

Der Vorwurf der Staatsanwältin: Der 60-Jährige habe die Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen aufgehoben, obwohl er dafür nicht zuständig gewesen sei. Dabei gibt es viele gute Gründe, die für eine Zuständigkeit sprachen (siehe hier). Der MDR ignoriert das und gibt die Meinung der Staatsanwaltschaft als seine eigene aus: „Der Richter war gar nicht zuständig.“

Die Staatsanwältin verdrehte den Sachverhalt im voll besetzten Saal im Erfurter Landgericht in einer Art und Weise, die an Romane von Kafka und Orwell erinnerten: „Der Angeklagte habe sein Amt mit Füßen getreten und dem Rechtsstaat geschadet.“

Sie wirft Dettmar also genau das vor, was Kritiker ihr und ihrer ganzen Behörde vorwerfen. Die Staatsanwältin ist gebunden an Weisungen der rot-rot-grünen Landesregierung bzw. der grünen Justizministerin Doreen Denstädt, einer ehemaligen Sachbearbeiterin bei der Polizei, die durch die Quote ins Amt gerutscht ist.

Besonders pikant: Zu Beginn der Ermittlungen war der damalige Justizminister noch Dirk Adams von den Grünen. Der hat sich seine politischen Sporen als Mitarbeiter im Wahlkreisbüro der Abgeordneten Katrin Göring-Eckardt verdient und sich für Schnellverfahren nach Corona-Protesten ausgesprochen – also für genau das, womit sich die Grünen bei Kriminellen oft sehr schwertun.

Vor Gericht zitierte die Staatsanwältin „aus Mails und Chats, die nach ihrer Überzeugung belegen, dass der Angeklagte gezielt nach Kindern suchte und suchen ließ, für deren Namen er zuständig war“, wie der MDR berichtet.

Laut Staatsanwaltschaft soll Dettmar elementare Verfahrensvorschriften missachtet und materielles Recht verletzt haben. „Sein Beschluss gegenüber Leitungen und Lehrenden zweier Schulen sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen sei ‚willkürlich'“, so die Staatsanwältin laut „MDR“: „Dabei habe er schließlich zwei Kinder gefunden, deren Eltern ihm die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens ermöglichten. Diese seien für ihn aber nur Mittel zum Zweck gewesen, um gegen Corona-Schutzmaßnahmen vorzugehen“.

Die Verteidiger plädierten auf Freispruch, so der „MDR“. Sie machten geltend, Richter Dettmar habe nur das Wohl der Kinder im Auge gehabt. Auch der angeklagte Richter Dettmar selbst beteuerte, er habe bei seiner Entscheidung nur an die Kinder gedacht und würde sie jederzeit wieder so treffen. Das Urteil wird in der nächsten Woche erwartet.

Der Prozess ist auch deshalb brisant, weil die Justiz bisher fast ausschließlich gegen Kritiker der Corona-Maßnahmen vorgeht, sowie Ärzte und Richter, die sich diesen widersetzten. Die Verantwortlichen für diese Maßnahmen schont die Justiz ebenso wie die Hetzer, die massive Vorbehalte und Hass gegen Ungeimpfte schürten.

https://reitschuster.de/post/staatsanwaltschaft-will-weimarer-maskenrichter-in-knast-bringen/

 

 

 

Dieses Strafverfahren ist ein politisches Verfahren“ Prozess gegen Sensationsrichter Dettmar vertagt

20.04.2023

Am Dienstag hätte vor dem Landgericht Erfurt der von vielen Beobachtern mit Spannung erwartete Prozess gegen den Sensationsrichter Christian Dettmar beginnen sollen. Bis Anfang Juli waren insgesamt zehn Verhandlungstage angesetzt. Eigentlich. Doch wenige Tage vor dem Auftakt verkündete das Gericht am vergangenen Freitag die Vertagung auf den 15. Juni 2023. Als Grund wurde die Bestellung eines weiteren Verteidigers zur Verfahrensabsicherung genannt. Dettmar wird bereits durch den Wahlverteidiger Gerhard Strate vertreten. Da dieser aber aus Hamburg kommt, bestellte das Gericht als Pflichtverteidiger zudem Peter Tuppat, einen Rechtsanwalt aus dem nähergelegenen Jena. Darüber hinaus sehen Juristen die Vertagung des Prozesses gegen Dettmar auch aus verfahrenstechnischen Gründen als sinnvoll an. Aktuell ist vor dem Oberlandesgericht Jena noch ein Beschwerdeverfahren in dieser Sache anhängig, dessen Ausgang eine durchaus relevante Bedeutung für das Verfahren in der Hauptsache beigemessen wird. ...

Zwischen den Zeilen der Erklärung der kritischen Richter und Staatsanwälte wird immer wieder deutlich: Die Staatsanwaltschaft Erfurt kann sich eine Niederlage vor Gericht kaum erlauben, sie braucht einen Schuldspruch gegen Richter Christian Dettmar. ...

https://reitschuster.de/post/dieses-strafverfahren-ist-ein-politisches-verfahren/

 

 


 

 

Drei Teilnehmer einer Corona-Demo aus dem März 2022 stehen vor dem Amtsgericht Freiburg.

06.10.2023:

Weil sie eine aufgelöste Demonstration gegen Corona-Maßnahmen im März 2022 nicht verlassen haben, wurden drei Angeklagte zu je 150 Euro Bußgeld verurteilt. Der Prozess zog sich länger als geplant.

Knapp 1000 Teilnehmende waren am 19. März 2022 bei einer Demonstration auf dem Platz der Alten Synagoge gegen die Corona-Maßnahmen. Wäre da nicht die schwarze Robe und der Sitzplatz am Kopf des Gerichtssaals, könnte man meinen, Richter Manuel Thiele wäre in der Verhandlung am Freitagmorgen im Amtsgericht Freiburg der Angeklagte und nicht der Richter. Die in der Szene bekannte Rechtsanwältin Beate Bahner stellt gleich zu Beginn der Verhandlung rechtliche Grundlagen der Pandemie in Frage. ...

Bahner stellt in Frage, dass Corona gefährlich ist, unter anderem, da nur wenige und vor allem alte und vorerkrankte Menschen sterben. ...

Alle drei Angeklagten werden zu einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro verurteilt, zudem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen. ...

https://www.badische-zeitung.de/drei-teilnehmer-einer-corona-demo-vor-gericht.

 

 

Kommentar:

Statt der drei aufrichtigen Demonstranten hätte Richter Thiele mal lieber einige andere Personen, wie etwa Lothar Wieler, Christian Drosten, Jens Spahn und Karl Lauterbach, zu Geldstrafen verurteilen sollen, wegen Alarmismus und Panikmache. Wenn es nicht Demonstranten wie die hier von Richter Thiele verurteilten gegeben hätte, wäre der Maskenzwang noch Tausend Jahre geblieben und die geplanten staatlichen Zwangsimpfungen schaurige Wirklichkeit geworden. Richter Thiele steht noch ganz am Anfang seiner juristischen Laufbahn als Richter, wollen wir hoffen, dass er nicht noch mal Menschen, die sich gegen staatlichen Coronawahn engagieren, verurteilt. Unser Urteil steht jedenfalls erst mal fest: Richter Thiele, Note 5, setzen und nachdenken, was habe ich falsch gemacht.

 

 

Manuel Thiele (geb. ....) - Richter auf Probe im OLG-Bezirk Karlsruhe (ab , ..., 2023) - im Handbuch der Justiz 2022 unter dem Namen Manuel Thiele nicht aufgeführt. Amtsgericht Freiburg - GVP 01.01.2023, 01.09.2023: Richter auf Probe. 06.10.2023: "Drei Teilnehmer einer Corona-Demo aus dem März 2022 stehen vor dem Amtsgericht Freiburg. Weil sie eine aufgelöste Demonstration gegen Corona-Maßnahmen im März 2022 nicht verlassen haben, wurden drei Angeklagte zu je 150 Euro Bußgeld verurteilt. Der Prozess zog sich länger als geplant. Knapp 1000 Teilnehmende waren am 19. März 2022 bei einer Demonstration auf dem Platz der Alten Synagoge gegen die Corona-Maßnahmen. Wäre da nicht die schwarze Robe und der Sitzplatz am Kopf des Gerichtssaals, könnte man meinen, Richter Manuel Thiele wäre in der Verhandlung am Freitagmorgen im Amtsgericht Freiburg der Angeklagte und nicht der Richter. Die in der Szene bekannte Rechtsanwältin Beate Bahner stellt gleich zu Beginn der Verhandlung rechtliche Grundlagen der Pandemie in Frage. ... Bahner stellt in Frage, dass Corona gefährlich ist, unter anderem, da nur wenige und vor allem alte und vorerkrankte Menschen sterben. ... Alle drei Angeklagten werden zu einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro verurteilt, zudem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen. ..." - https://www.badische-zeitung.de/drei-teilnehmer-einer-corona-demo-vor-gericht. Freispruch Euer Ehren! Statt der drei aufrichtigen Demonstranten hätte Richter Thiele mal lieber einige andere Personen, wie etwa Lothar Wieler, Christian Drosten, Jens Spahn und Karl Lauterbach, zu Geldstrafen verurteilen sollen, wegen Alarmismus und Panikmache. Wenn es nicht Demonstranten wie die hier von Richter Thiele Verurteilten gegeben hätte, wäre der Maskenzwang noch Tausend Jahre geblieben und die geplanten staatlichen Zwangsimpfungen schaurige Wirklichkeit geworden. Immerhin, die drei Verurteilten können froh sein, dass sie nicht im Iran auf der Anklagebank sitzen, da hätte es dreißig Jahre Gefängnis und 100 Peitschenhiebe gegeben, grad so wie bei Narges Mohammadi, die für ihren Widerstand gerade den Friedensnobelpreis bekommen hat. Richter Thiele steht noch ganz am Anfang seiner juristischen Laufbahn als Richter, wollen wir hoffen, dass er nicht noch mal Menschen, die sich gegen staatlichen Coronawahn engagieren, verurteilt. Unser Urteil steht jedenfalls erst mal fest: Richter Thiele, Note 5, setzen und nachdenken: Was habe ich falsch gemacht.

 

 


 

 

 

 

Maskenball bei Richter Meckies am Amtsgericht Tiergarten -  keine Maske "über Mund und Nase" im Freien - 100 Euro

 

Verhandlung am 07.11.2022 um 12.30 im Raum 2115 wegen Nichttragen der Merkelmaske - https://odysee.com/@dieBasisBerlin:f/OhneMaskeImFreien100Euro720p:0.

Aus dem Protokoll, Anmerkungen in blau vom Väternotruf:

"Der Betroffene wird wegen einer vorsätzlichen Verstoßes gegen § 2 Absatz 1 Satz 1 Vierte SARS-CoV-2 Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zu einer Geldbuße von 100,00 € verurteilt. Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen. .... Die Feststellungen resultieren auf der geständigen Einlassung des Betroffenen ... Am 16.03.2022 ... nahm der Betroffene an einer Versammlung unter dem Motto .... teil. Die Versammlung fand auf dem Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor statt - wo war Olaf Scholz, telefonieren mit Putin statt mitzudemonstrieren? Obwohl von  der begleitenden Polizei auf die Notwendigkeit einer Mund - Nasen Bedeckung - hingewiesen wurde, trug der Betroffene keine Maske über Mund und Nase. Vielmehr hatte er seine Maske - also die vom Staat verordnete sogenannte Karl-Lauterbach-Maske, also gerade nicht "seine", vergleiche hierzu die Ausführungen des Philosophen Max Stirner in seinem epochalen Werk Der Einzige und sein Eigenthum - auf die Stirn geschoben - die Stirn ist bekanntlicherweise bei den meisten Menschen über Mund und Nase, bei Richter Meckies vielleicht nicht, das wäre eine zoologische Jahrhundertsensation. Wenn der Betroffene also die Lauterbach-Maske auf der Stirn trug, dann trug er diese doch ganzz korrekt über Mund und Nase oder hätte er mit der Maske vielleicht seinen Arsch abdecken sollen, der liegt bekanntlich bei den meisten Menschen unterhalb von Stirn und Nase, Ausnahmen bestätigen die Regel. ... Er halte die Regelungen zum Tragen einer Maske für verfassungswidrig. ... Der Verstoß ist an sich geringfügig, erhält aber durch den Hintergrnnd einer Pandemie mit der Gefahr einer unkontrollierten Vermehrung des Virus und entsprechenden Verlusten an Menschleben Gewicht. ...". Wussten Sie übrigens, dass laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2021 13.595 Menschen bei Haushaltsunfällen verstorben, die vielen, teils auch schwer Verletzten gar nicht mitgerechnet, sollte man deshalb den Aufenthalt in Haushälten verbieten und alle Leute statt dessen im Amtsgericht Tiergarten unterbringen, gute Betreuung durch fleißige Richter gibts ja dort, wie man sieht und die Treppe wird auch keiner runterfallen, wenn man diese schließt. Die Alten und Gehbehinderte in das Erdgeschoss, die bis 70-jährigen in Etage 1, die bis 60 Jährigen in Etage 2 und ganz oben im Dachgeschoss die Babys und Kleinkinder, rührige Richterinn und Richter des Amtsgerichtes kümmern sich um die Versorgen der Menschen und Entsorgung der Abfälle jeglicher Art. Wie man sieht, eine Jahrhundertentscheidung, die Berlinerinnen und Berliner dürfen stolz auf ihren tapferen Richter sein, ich würde ihn für seine Leistung zum Senator für Justiz vorschlagen. Berlin braucht mehr solcher verbeamteter Helden.

 

 

Dr. Alexander Meckies (geb. zensiert durch Anordnung des "Berliner Beauftragten für Datenschutz" 1972) - Richter am Amtsgericht Tiergarten (ab 19.09.2006, ..., 2022) - im Handbuch der Justiz 2006 ab 01.08.2003 als Richter auf Probe im Kammergerichts-Bezirk aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 2018 ab 19.09.2006 als Richter am Amtsgericht Tiergarten aufgeführt. Im Handbuch der Justiz 2020 und 2022 nicht aufgeführt. Amtsgericht Tiergarten - GVP 01.01.2010: Allgemeine Sachen (nur Strafsachen) sowie (Straf- und Bußgeldsachen) - Abteilung 239. Amtsgericht Tiergarten - GVP 17.10.2022: Bußgeldsachen - Abteilung 331 - 4. Allgemeine Bußgeldsachen Einschließlich der nach §§ 52 Abs. 2 Satz 3, 69 Abs. 1 Satz 2, 108 Abs. 1, 110 Abs.2 i.V.m. § 62 OWiG zu treffenden Entscheidungen und der Entscheidungen gem. §§ 96, 97,103, 104 (ohne Absatz 1 Nr.4) OWiG. Zuständig u.a. für Bußgeldsachen wegen Nichttragen der Lauterbach Maske, na Sie wissen schon, diese schwachsinige Maske, die die deutsche Panikregierung den Bürgerinnen und Bürgern neben vielen anderen freiheitseinschränkenden Maßnahmen aufgezwungen hat.

 

 

 


 

 

 

Maskenpflicht an Schulen

07.10.2022

Rezension des Beschlusses des BGH vom 03.11.2021, Az. XII ZB 289/21

Mit Beschluss vom 03.11.2021, Az. XII ZB 289/21, hat der BGH die Entscheidung des OLG Jena vom 14.05.2021 (Az. 1 UF 136/21) bestätigt. Das OLG Jena hatte die bundesweit Aufsehen erregende Entscheidung des AG Weimar vom 09.04.2021 (Az. 9 F 148/21) zur Verfassungswidrigkeit der Maskenpflicht und des Abstandsgebots an Schulen aufgehoben.

Diese Rezension setzt sich mit der Entscheidung des BGH vom 03.11.2021 kritisch auseinander und untersucht, ob die im Verfahren aufgeworfenen wichtigen Rechtsfragen vom BGH unter Berücksichtigung der wesentlichen bis zur Entscheidung vorhandenen Rechtsprechung und Meinungen in der juristischen Literatur erörtert wurden.

1. Erfordernis der Durchführung einer Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG

Der BGH geht in seinem Beschluss vom 03.11.2021 davon aus, dass das AG Weimar gehalten gewesen wäre, vorab nach § 17a III 2 GVG eine Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit zu treffen. Das Unterlassen der Vorabentscheidung führe laut BGH dazu, dass die Frage der Rechtswegzuständigkeit noch im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Sachentscheidung geprüft werden könne. Daneben könne eine inkorrekte Ent­schei­dung über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch mit der so­for­ti­gen Beschwerde angefochten werden (vgl. BAG NJW 1993, 2458, 2459).

Dabei setzt sich der BGH nicht damit auseinander, dass nach der bisherigen herrschenden Meinung § 17a GVG in echten Amtsverfahren in Familiensachen nach § 24 FamFG – wie es das Verfahren nach § 1666 BGB wegen Kindeswohlgefährdung ist – nicht anwendbar ist (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 17a GVG, Rn. 21; OLG Karlsruhe vom 28.04.2021, Az. 20 WF 70/21; OLG Zweibrücken NJW-RR 99, 1682; OLG Nürnberg vom 26.04.2021, Az. 9 WF 342/21, 9 WF 343/21; OLG Bamberg vom 17.05.2021, Az. 7 WF 124/21). So haben OLG Karlsruhe und OLG Bamberg in den oben zitierten Entscheidungen den jeweiligen Beschluss des Fa­mi­li­en­ge­richts, der eine Rechtswegverweisung an das Verwaltungsgericht vorsah, aufgehoben und an das Familien­gericht zurückverwiesen. Die Anwendung des § 17a GVG durch das Familiengericht würde voraussetzen, dass eine Verweisung des Verfahrens nach den Verfahrensregeln überhaupt möglich ist. In den echten Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und in den Antragsverfahren ist dies der Fall, nicht aber in den Amtsverfahren, denn hier obliegt die Einleitung des Verfahrens der eigenständigen Entschließung des zuständigen Gerichtes (vgl. OLG Zweibrücken NJW-RR 99, 1682; OLG Karlsruhe Az. 20 WF 70/21; OLG Nürnberg vom 26.04.2021 Az. 9 WF 342/21, 9 WF 343/21). Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/6308, 318): „In Verfahren, die von Amts wegen einzuleiten sind, fehlt es bereits im Ausgangspunkt an der Beschreitung eines Rechtsweges, so dass für die Anwendung der Vorschrift in diesen Fällen von vornherein kein Raum ist.“ Das AG Weimar hätte demnach § 17a GVG entgegen der bis dahin herrschenden Rechtsmeinung anwenden sollen; und dies, obwohl eine Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht – wie der BGH selbst annimmt (vgl. NJW-RR 2022, 217) – wegen unüberwindbarer verschiedener Prozessmaximen beider Verfahrens­ord­nungen (vgl. auch BVerwG vom 16.06.2021 – 6 AV 1/21, 6 AV 2/21 NVwZ-RR 2021, 740) nicht in Betracht kommt. In der zitierten Entscheidung des BVerwG vom 16.06.2021 hat das BVerwG entschieden, dass der Verweisungsbeschluss des Familiengerichts Tecklenburg an das Verwaltungsgericht Münster rechts­wid­rig war: „Über Maßnahmen gemäß § 1666 BGB entscheidet das Amtsgericht/­Familiengericht jedoch selb­ststän­dig von Amts wegen. Es hätte keine Verweisung aussprechen, sondern – da familiengerichtliche Anordnungen gegenüber Behörden rechtlich ausgeschlossen sind – entweder auf die Eröffnung eines Verfahrens verzichten oder ein bereits eröffnetes Verfahren einstellen müssen.“

Die Argumentation des BGH ist in sich nicht schlüssig, da sie dem Zweck der Vorschrift von § 17a GVG zuwiderläuft. Mit einer Vorabprüfung der Zuständigkeit geht es gerade darum, das zuständige Gericht zu ermitteln und dann den Rechtsstreit an das zuständige Gericht abzugeben bzw. zu verweisen. Wenn aber bereits von vornherein aufgrund der unterschiedlichen Prozessmaximen beider Verfahrensordnungen keine Verweisung an das Verwaltungsgericht möglich ist, dann ist eine Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG sinn- und zweckwidrig.

Zudem widerspricht das Erfordernis der Durchführung einer Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG dem gesetzgeberischen Willen, wonach Entscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Fa­mi­li­en­sa­chen nach § 57 S. 1 FamFG nicht anfechtbar sind. Der Beschluss über die Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG ist nach § 17a IV 3 GVG mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Dadurch würde ein Rechtsmittel mög­lich, obwohl die Entscheidung in Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen nach § 57 S. 1 FamFG unanfechtbar ist.

2. Kann die öffentliche Hand „Dritter“ im Sinne von § 1666 IV BGB sein?

Laut dem Beschluss des BGH vom 03.11.2021 können Dritte im Sinne von § 1666 IV BGB keine Behörden oder sonstige Träger der öffentlichen Gewalt sein. Dies begründet der BGH damit, dass die Familiengerichte die Jugendämter nicht zur Unterlassung von Maßnahmen der Jugendhilfe, wie etwa einer Inobhutnahme, verpflichten könnten (vgl. BGH FamRZ 2021, 1402, Rn. 13) und auch nicht befugt seien, andere staatliche Stellen in ihrem Tun oder Unterlassen anzuweisen. Dies würde einen Eingriff in das Gewalten­teilungsprinzip bedeuten.

Dieses Argument trägt bereits deshalb nicht, weil der BGH den Verwaltungsgerichten diesen Eingriff explizit zubilligt und eine Hierarchie, die den Verwaltungsgerichten herausgehobene Machtbefugnisse zuweisen würde, unter den fünf Gerichtszweigen nicht existiert.

Dabei verkennt der BGH, dass es bereits in Zeiten vor Corona Entscheidungen der Familiengerichte gab, in denen die Familiengerichte Träger der öffentlichen Hand verpflichteten. So war nach der bisherigen Rechtsprechung anerkannt, dass „Dritter“ im Sinne von § 1666 IV BGB auch eine psychiatrische Klinik mit einer geschlossenen Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie – und damit ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger – sein kann (vgl. Staudinger/Coester (2020) BGB § 1666, Rn. 237; AG Kassel, DAVorm 1996, 411; Johannsen/Henrich/Althammer/Jokisch BGB § 1666, Rn. 124; MüKoBGB/Lugani, 8. Aufl. 2020, BGB § 1666, Rn. 214, 215). Das AG Kassel hatte mit seinem Beschluss vom 19.04.1996 (Az. 741 X H 112/96, vgl. DAVorm 1996, 411) die örtlich zuständige psychiatrische Klinik im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 1666 BGB verpflichtet, ein psychisch schwer gestörtes Kind dort stationär aufzunehmen. Die örtlich zuständige Klinik hatte zuvor wegen Überbelegung eine Aufnahme des Kindes abgelehnt. Laut AG Kassel vom 19.04.1996 sei die betreffende Klinik zur Aufnahme verpflichtet, denn sie habe eine regionale Versorgungsverpflichtung. Es könne nicht Sache der Sorgeberechtigten, des Jugendamtes oder des Gerichts sein, aus eigener Initiative nicht zuständige Kliniken um Aufnahme zu ersuchen.

Einen weiteren Aspekt lässt der BGH unbeachtet: § 1666 BGB setzt Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention um. Eine Verletzung von Vorschriften der UN-Kinderrechtskonvention wurde von der Mutter der betroffenen Kinder bereits in ihrer Anregung geltend gemacht (vgl. Beschluss des AG Weimar vom 09.04.2021, Az. 9 F 148/21). Nach Art. 3 I der UN-Kinderrechtskonvention ist bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Gemäß Art. 3 II der UN-Kinderrechtskonvention verpflichten sich die Vertragsstaaten, dem Kind unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten seiner Eltern, seines Vormundes oder anderer für das Kind gesetzlich verantwortlicher Personen den Schutz und die Fürsorge zu gewährleisten, die zu seinem Wohlergehen notwendig sind; zu diesem Zweck treffen die Vertragsstaaten alle geeigneten Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen. Unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 16/6308, 318), wonach allein auf die objektiv bestehende Gefahr für das Kind abgestellt werden soll, und unter Berücksichtigung der völkerrechtskonformen Auslegung von Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention muss § 1666 IV BGB auf Personen anwendbar sein, die in Ausübung einer staatlichen Funktion handeln, denn ein vergleichbarer Schutz kommt einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zu. Nur über § 1666 BGB findet auch das Kindeswohl entsprechend Art. 3 I der UN-Kinderrechtskonvention vorrangig Berücksichtigung. Zwar trifft es zu, dass in Verwaltungsverfahren, in denen es um die Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIII geht, das Kindeswohl vorrangig auch vor dem Verwaltungsgericht Berücksichtigung findet, jedoch handelt es sich bei den parallel vor den Verwaltungsgerichten geführten Verfahren nicht um Verfahren der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42 SGB VIII. Vor den Verwaltungsgerichten besteht die Möglichkeit, die Maskenpflicht an Schulen im Wege von § 80 V VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegenüber der von der Schule ausgesprochenen Anweisung des Maskentragens (Verwaltungsakt) oder die entsprechende Vorschrift über die Maskenpflicht an Schulen in der Corona-Verordnung des Freistaats Thüringen über den Normenkontrollantrag nach § 47 I VwGO (Eilverfahren nach § 47 VI VwGO) anzugreifen. In beiden Verfahren müssen die Verwaltungsgerichte prüfen, ob die entsprechende Regelung zur Maskenpflicht in Thüringen verfassungsgemäß ist. § 42 SGB VIII spielt bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit keine Rolle, sodass das Kindeswohl vor dem Verwaltungsgericht gerade in diesen Verfahren keine vorrangige Berücksichtigung findet. Dies geschieht nur im Verfahren nach § 1666 BGB vor dem Familiengericht.

Bei einem entsprechenden Verfahren vor dem Familiengericht entstehen auch keine Kosten. Dies liegt daran, dass bei Nichteinleitung des Verfahrens auch keine Gerichtskosten anfallen (Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG Nr. 1313, Rn. 11). Leitet das Familiengericht hingegen ein Verfahren ein, dann fallen mit dem ersten Tätigwerden des Gerichts Verfahrenskosten an, die aber erst mit der Endentscheidung nach § 81 FamFG einem Kostenträger auferlegt werden. Im Regelfall werden die Kosten nach § 81 FamFG nicht der Person auferlegt, die aus echter Sorge um das Kind dem Familiengericht einen Sachverhalt zur Prüfung der Verfahrenseinleitung unterbreitet. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken des Kinderschutzes und der gesetzlichen Ausgestaltung des § 1666er-Verfahrens als Amtsverfahren nach § 24 FamFG. Die Auferlegung von Kosten auf die anregende Person setzt grobes Verschulden voraus und kann daher nur in seltenen Ausnahmefällen zum Tragen kommen. Im Regelfall wird daher bei einer Anregung nach § 24 FamFG das Familiengericht von selbst tätig, ohne dass der Anregende Kosten zu verauslagen hätte. Anders dagegen das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten. Selbst in Eilverfahren werden Verwaltungsgerichte nur tätig, wenn von dem Kläger oder Antragenden entsprechende Kosten verauslagt wurden. Zwar gibt es vor den Verwaltungsgerichten auch die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO. Um Prozesskostenhilfe zu erhalten, ist jedoch immer ein umfangreiches Formular auszufüllen, das über die Vermögensverhältnisse Auskunft gibt. Dieser doch erhebliche bürokratische Aufwand entfällt im Verfahren nach § 24 FamFG vor dem Familiengericht. Ein weiterer Unterschied zum Familienverfahren besteht darin, dass vor dem Familiengericht kein besonderer Antrag vorausgesetzt wird und das Familiengericht bei jeglicher Anregung – oder sogar ohne Anregung bei lediglich eigener Kenntniserlangung von Amts wegen –, wenn es die Schwelle zur Kindeswohlgefährdung überschritten sieht, tätig werden muss (§ 1666 I BGB: „[…] so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen […]“ – Hervorhebung durch Verf.). Dagegen ist für ein Tätigwerden der Verwaltungsgerichte ein formeller Antrag Voraussetzung. In den meisten Fällen nehmen sich Betroffene daher einen Rechtsbeistand.

Die Tatsache, dass die Verwaltungsgerichte nur nach Einzahlung eines entsprechenden Kostenvorschusses oder bei Prozesskostenhilfe nach Ausfüllen eines umfangreichen Formulars zu den Vermögensverhältnissen tätig werden, während das Familiengericht im § 1666er-Verfahren ohne Kostenvorschuss von Amts wegen oder ohne formellen Antrag schon aufgrund einer Anregung tätig werden muss, zeigt deutlich, dass das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten mit höheren bürokratischen (und finanziellen) Hürden verbunden ist. Dieser zusätzliche Aufwand vor dem Verwaltungsgericht wird Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention nicht gerecht, da dieser ein möglichst unbürokratisches Verfahren bei der Möglichkeit einer Kindeswohlgefährdung fordert.

Die von Gietl (vgl. NZFam 2022, 63) vertretene Ansicht, wonach es dem Gesetzgeber bei § 1666 IV BGB lediglich darum gegangen sei, dass das Familiengericht die Möglichkeit bekomme, gegen Kindeswohl gefährdende Dritte vorzugehen, ohne den Umweg über das Zivilrecht zu machen (vgl. BT-Drs. 8/2788, 59; vgl. OLG Frankfurt a.M. COVuR 2021, 654), lässt ebenfalls außer Betracht, dass § 1666 IV BGB auch Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention umsetzt. Bei den Verwaltungsgerichten herrscht zwar der Amtsermittlungsgrundsatz, jedoch wird dort weder das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt noch handelt es sich um ein gegenüber dem § 1666er-Verfahren vor dem Familiengericht unbürokratisches Verfahren. Denn das Verwaltungsgericht wird auch in Eilverfahren erst nach Einzahlung eines Kostenvorschusses bzw. bei Prozesskostenhilfe nach Ausfüllen eines umfangreichen Formulars zu den Vermögensverhältnissen und nur aufgrund eines formellen Antrags tätig.

Ein weiterer Aspekt, den der BGH außer Betracht lässt, ist die Vorschrift des § 1837 BGB. Dass das Familiengericht Maßnahmen nach § 1666 BGB grundsätzlich auch gegenüber einer Person ergreifen kann, welche eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, ergibt sich auch aus § 1837 BGB. Gemäß § 1837 IV BGB gilt § 1666 BGB im Verhältnis zum Vormund entsprechend. Eine Privilegierung des in öffentlicher Funktion handelnden Vormundes ist in § 1837 III BGB lediglich hinsichtlich der Festsetzung eines Zwangsgeldes vorgesehen, indem es heißt: „Das Familiengericht kann den Vormund und den Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch Festsetzung von Zwangsgeld anhalten. Gegen das Jugendamt oder einen Verein wird kein Zwangsgeld festgesetzt.“ Grund für diese Privilegierung ist ausweislich der Gesetzesbegründung, dass die Festsetzung eines Zwangsgeldes „mit der Stellung auch des Behördenbetreuers, der die Betreuung in Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe ausübt, nicht zu vereinbaren“ wäre (BT-Drs. 11/4528). Jedenfalls ist von dieser Privilegierung ausdrücklich nur die Vollstreckung einer familiengerichtlichen Maßnahme betroffen und nicht die familiengerichtliche Anordnung an sich.

Hierzu wird auf den Aufsatz von KRiStA „Corona-Maßnahmen vor dem Familiengericht – eine ungewöhnliche Entwicklung“, der diese Thematik eingehender behandelt, verwiesen. Ergebnis jenes Aufsatzes ist, dass – anders als der BGH in seiner Entscheidung meint – aus der fehlenden Kompetenz des Familiengerichts zu Anordnungen gegenüber dem Jugendamt im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft nicht auf eine fehlende Kompetenz des Familiengerichts zur Anordnung gegenüber einem in öffentlicher Funktion tätigen Dritten geschlossen werden kann.

3. Gefährdung des Kindeswohls durch Maskentragen in der Schule

Der Frage, ob durch das Maskentragen in der Schule das Kindeswohl gefährdet sein kann, hat sich der BGH nicht gewidmet. Dies ist formaljuristisch korrekt, da beim BGH nur die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde bezüglich der Rechtswegzuständigkeit nach § 17a IV 5 GVG anhängig war. Von der sich anbietenden Möglichkeit, im Rahmen eines obiter dictums hierzu Stellung zu nehmen, hat der BGH trotz der für Millionen von Kindern dringenden Relevanz keinen Gebrauch gemacht. Dies ist bedauerlich, zumal der BGH des Öfteren durchaus auch zu relativ unbedeutenden Fragen beiläufig Stellung nimmt.

Für viele, die sich mit der BGH-Entscheidung nicht eingehender befasst haben, entstand aber der Eindruck, dass der BGH mit dieser Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Maskentragens in Schulen befunden hätte. Dies trifft nicht zu.

Die Frage, ob Maskentragen in Schulen gesundheitsschädlich und damit das Kindeswohl gefährdet ist, drängt sich weiterhin aus nachfolgenden Gründen auf: Erstens lagen dem Beschluss des AG Weimar vom 09.04.2021 drei gerichtliche Sachverständigengutachten zugrunde, wovon zwei Gutachten die Nutzlosigkeit und Schädlichkeit des Maskentragens darlegten. Zweitens richtete das AG Weimar einen Fragenkatalog an die im Verfahren beteiligten Ministerien für Bildung und Gesundheit. Die Fragen wurden innerhalb der gesetzten Frist nicht beantwortet (vgl. AG Weimar vom 09.04.2021, Az. 9 F 148/21, juris, Rn. 145 – 151). Gefragt wurde unter anderem, ob die physischen und psychischen Auswirkungen des Maskentragens bei Kindern untersucht wurden bzw. die Unbedenklichkeit des Maskentragens bei Kindern durch Studien oder wissenschaftliche Quellen belegt werden könne. Das Schweigen der Ministerien des Freistaats Thüringen zur Frage einer Unbedenklichkeitsprüfung von Masken sollte gerade hierzulande aufhorchen lassen, da in Deutschland bereits jedes Spielzeug TÜV-geprüft sein muss.

Daher wird hier im Rahmen eines Exkurses auf die Fragen eingegangen, ob das Maskentragen gesundheitsschädlich ist und ob durch das Maskentragen an Schulen das Infektionsgeschehen reduziert werden kann:

Bereits lange vor Corona war bekannt und wissenschaftlich belegt, dass das Maskentragen Gesundheitsschäden hervorrufen kann. So zeigte eine Dissertation von Ulrike Butz aus dem Jahr 2005 zur Rückatmung von CO2 bei Verwendung von OP-Masken als hygienischem Mundschutz an medizinischem Personal eine verstärkte Rückatmung von Kohlenstoffdioxid und einen signifikanten Anstieg von CO2 im Blut. Da Hyperkapnie verschiedene Hirnfunktionen einschränken kann, rief diese Dissertation die Hersteller von chirurgischen Operationsmasken dazu auf, Filtermaterialien mit höherer Permeabilität für Kohlenstoffdioxid zu verwenden.

Eine Studie von Beder et al. aus dem Jahr 2008 ergab, „dass Chirurgen nach Operationen, die sogar nur 30 Minuten dauerten, eine verminderte Sauerstoffsättigung hatten. Auch mit Beginn der Corona-Pandemie hat sich nichts an der Einschätzung geändert, dass das Maskentragen gesundheitsschädlich ist. So zeigte eine im April 2021 veröffentlichte Metastudie nach Auswertung von 65 Studien gesundheitliche Beeinträchtigungen durch das Maskentragen. Die Auswertung zeigte Veränderungen in der Atmungsphysiologie von Maskenträgern mit einem gehäuften gemeinsamen Auftreten von Atmungsbeeinträchtigungen und einem Abfall der Sauerstoffsättigung (67 %), N95-Maske und CO2-Anstieg (82 %), N95-Maske und Abfall der Sauerstoffsättigung (72 %), N95-Maske und Kopfschmerzen (60 %), Beeinträchtigung der Atmung und Temperaturanstieg (88 %), aber auch Temperaturanstieg und Feuchtigkeit (100 %) unter den Masken. Ein längeres Maskentragen in der Bevölkerung könnte in vielen medizinischen Bereichen zu relevanten Effekten und Folgen führen, so die Wissenschaftler.

Daneben war allgemein bekannt, dass in Schweden auch während der Corona-Pandemie keine Maskenpflicht an Schulen bestand. Die schwedischen Schüler mussten zu keinem Zeitpunkt Masken tragen, ohne dass sich in Schweden die Schulen zu Hotspots entwickelt hätten und ohne dass es dort zu einem erhöhten Sterbegeschehen gekommen wäre. Zwischenzeitlich verzeichnet Schweden sogar weniger Corona-Tote als Deutschland. Auch in einigen US-Bundesstaaten wurde bereits im Frühjahr 2021 die Maskenpflicht an Schulen aufgehoben, ohne dass sich dort die Corona-Lage gegenüber den US-Staaten mit Maskenpflicht in der Schule verschlechtert hätte. Im Gegenteil: Es zeigte sich kein Unterschied zwischen den US-Staaten mit Maskenpflicht und denen ohne Maskenpflicht im Hinblick auf das Corona-Infektionsgeschehen. Das Gleiche gilt für etliche afrikanische Staaten, die in Schulen schon seit Längerem auf Masken verzichten.

Aufgrund der Tatsache, dass es bereits vor Corona wissenschaftliche Belege für die gesundheitsschädliche Wirkung von Masken gab und der Tatsache, dass andere Länder wie Schweden, einige US-Bundesstaaten und etliche afrikanische Länder ohne eine Maskenpflicht in Schulen durch die Pandemie kommen bzw. kamen, waren die Ergebnisse der gerichtlichen Sachverständigengutachten von Kappstein und Kuhbandner nicht abwegig, sondern deckten sich mit den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Erfahrungen aus der Praxis. Kappstein nimmt in ihrem Gutachten auf 150 wissenschaftliche Quellen Bezug. Kuhbandner wertet in seinem Gutachten 96 wissenschaftliche Quellen aus. Kappstein setzt sich in ihrem Gutachten ausführlich mit der Gegenposition auseinander und berücksichtigt alle vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen, die einen Nutzen von Masken sehen, insbesondere solche des RKI, der WHO, des CDC und des ECDC.

Kappstein kommt zu dem Ergebnis, dass es keine tragfähigen Belege dafür gibt, dass Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 nennenswert oder sogar überhaupt senken können (vgl. Rn. 682).

Kuhbandner kommt zusammenfassend zu einem gleichen Ergebnis wie Kappstein (Rn. 1017), nämlich, dass es bisher keine hochwertige wissenschaftliche Evidenz dafür gibt, dass durch das Tragen von Gesichtsmasken das Infektionsrisiko nennenswert gesenkt werden kann.

Bei seinen Ausführungen zu Gesundheitsschäden durch das Maskentragen (Rn. 1021 – 1142) nimmt Kuhbandner Bezug auf die Empfehlung der WHO vom 01.12.2020, auf eine Publikation in der Fachzeitschrift Medical Hypothesis vom Januar 2021, auf eine Veröffentlichung im British Medical Journal vom August 2020 hinsichtlich der psychischen, biologischen und immunologischen Risiken speziell für Kinder und Schüler und auf die Monatsschrift Kinderheilkunde. In letzterer Publikation wurden verschiedene Beschwerden aufgezählt: Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Unwohlsein, Beeinträchtigung beim Lernen, Benommenheit/Müdigkeit, Schwindel, Augenflimmern, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit, trockener Hals, Übelkeit etc. Im Weiteren werden im Gutachten Schäden wie Munderkrankungen und Verformung der Ohrmuschel thematisiert. Das Maskentragen führe in psychischer Hinsicht zu einer Einschränkung der nonverbalen Kommunikation, negativer Verzerrung des emotionalen Erlebens und Beeinträchtigung der Empathie. Darüber hinaus bestehe die Gefahr der Diskriminierung (Rn. 1116) und des Auslösens und Aufrechterhaltens von entwicklungspsychologisch unangemessenen Ängsten (Rn. 1122).

Folglich kann nach den gerichtlichen Sachverständigengutachten von Kuhbandner und Kappstein ein Nutzen von Masken in Schulen zur Reduzierung des Infektionsrisikos nicht bejaht werden. Nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten von Kuhbandner führt das Maskentragen bei Schülern zu Schäden physischer, psychischer und pädagogischer Art (Rn. 1142). Kuhbandner führt auch aus (Rn. 1144), dass es keine randomisierten Studien zu langanhaltendem Maskentragen bei Kindern gibt.

Eine Kindeswohlgefährdung durch das Maskentragen in Schulen ist nach dem gerichtlichen Sachverständigengutachten von Kuhbandner zu bejahen. Umso bedauerlicher ist es, dass sich ein Anstieg von psychischen Erkrankungen bei Kindern bereits manifestiert hat. So hat sich die Anzahl der Suizidversuche bei Kindern fast verdreifacht und laut einer Studie der Universität Krems wiesen 62 % der Mädchen und 38 % der Jungen eine mittelgradige depressive Symptomatik auf. Natürlich kann hier nicht gesagt werden, inwieweit speziell das Maskentragen für die psychische Erkrankung der Kinder ursächlich war. Solange aber eine Mitursächlichkeit des Maskentragens an dem Anstieg der psychischen Erkrankungen bei Kindern nicht ausgeschlossen werden kann, ist zum Wohle der Kinder von einer Maskenpflicht abzusehen. Die Nutzlosigkeit und Schädlichkeit von Masken, gerade in Bezug auf Kinder, wird in letzter Zeit vermehrt von Wissenschaftlern angemahnt.

4. Fazit

Dass in einem § 24 FamFG-Verfahren nach § 1666 BGB eine Vorabentscheidung nach § 17a III 2 GVG durchgeführt werden muss, erscheint unter Berücksichtigung der bisher ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung, des Gesetzeswortlauts von § 57 S. 1 FamFG und der Tatsache, dass sogar laut BGH eine Rechtswegverweisung vom Familiengericht ans Verwaltungsgericht nicht möglich ist, rechtlich zumindest fragwürdig.

Schulen bzw. Schulleiter als „Dritte“ im Sinne von § 1666 IV BGB einzuordnen, erscheint angesichts der Entscheidung des AG Kassel vom 19.04.1996 sowie der Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention in Art. 3 und aufgrund der Vorschrift des § 1837 BGB rechtlich nicht nur gut vertretbar, sondern als die sogar vorzugswürdige Rechtsauffassung. Dass „Dritte“ im Sinne von § 1666 IV BGB auch Akteure der öffentlichen Hand sein können, war bislang – soweit ersichtlich – nahezu unbestrittene Meinung in der Kommentarliteratur.

Der BGH hat sich den Fragen, ob das Maskentragen in Schulen gesundheitsschädlich ist und das Infektionsgeschehen reduziert, nicht gewidmet und musste sich diesen Fragen aus formaljuristischen Gesichtspunkten auch nicht stellen. Allerdings wäre eine Beschäftigung mit diesen Sachfragen angesichts der dringenden Relevanz für Millionen von Kindern wünschenswert gewesen. Denn ausweislich der Gutachten von Kuhbandner und Kappstein, welche beide im vom BGH überprüften Beschluss des AG Weimar vollständig abgedruckt waren, reduziert das Maskentragen in Schulen das Infektionsgeschehen nicht. Kuhbandner hält in seinem Gutachten fest, dass das Maskentragen für Kinder gesundheitsschädlich ist.

Der Beschluss des BGH vom 03.11.2021 (Az. XII ZB 289/21) bleibt damit – auch ungeachtet des vorgenannten Punktes – hinter den an eine höchstrichterliche Entscheidung zu stellenden Erwartungen zurück, weil er sich mit den im Verfahren aufgeworfenen wesentlichen Rechtsfragen in erheblichen Teilen nur oberflächlich oder gar nicht auseinandersetzt.

BGH, Maskenpflicht, Rechtsweg, Schule

https://netzwerkkrista.de/2022/10/07/maskenpflicht-an-schulen/

 

 

 


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