Oberlandesgericht Gera


 

 

Oberlandesgericht Gera

 

 

 

1944/45

Mit Erlaß zur Änderung von Oberlandesgerichtsbezirken vom 20. Juli 1944 wurden die Landgerichtsbezirke Nordhausen und Erfurt, die bis dahin dem OLG Naumburg zugewiesen waren, dem OLG-Bezirk Jena zugeteilt. Vom LG-Bezirk Nordhausen wurden zugleich die Amtsgerichte in Artern, Heringen, Kelbra, Roßla, Sangerhausen und Stolberg dem Landgericht Halle zugeteilt.[5] Vorausgegangen war dieser Änderung ein Führererlaß vom 1. April 1944, der die bis dahin bestehende preußische Provinz Sachsen in die Provinzen Magdeburg und Halle-Merseburg aufgliederte. Der bis dahin auch zur Provinz Sachsen gehörende Regierungsbezirk Erfurt wurde unter Verwaltung des Reichsstatthalters von Thüringen gestellt.[6]

In der kurzen Zeit der amerikanischen Besetzung Jenas nach Kriegsende wurde der Gerichtsbetrieb am Oberlandesgericht ausgesetzt. Nach dem Besatzungswechsel Anfang Juli 1945 wurde das Gerichtsgebäude von sowjetischen Truppen requiriert und der Aktenbestand seitens der sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und separiert. Der Befehl Nr. 49 der SMAD vom 4. September 1945 forderte außer der Wiederaufnahme des vollumfänglichen Geschäftsbetriebes aller Gerichte und Staatsanwaltschaften zum 30. September 1945 auch die Entfernung sämtlichen Mitglieder der NSDAP und faschistischer Organisationen aus dem Apparat der Gerichte und Staatsanwaltschaften, was zu massenhaften Entlassungen führte. Zuvor hatte am 7. August 1945 der amtierende Landespräsident Rudolf Paul eine Verlegung des Gerichtes nach Gera erlassen, welche am 13. August 1945 von der Thüringer Landesverwaltung nachträglich gebilligt wurde. Die sofort vollzogene Verlegung geschah in Unkenntnis der Jenaer Stadtverwaltung, aber auch der sowjetischen Militäradministration in Thüringen (SMATh). Bereits am 28. August 1945 wurde daraufhin der bis dahin amtierende Landgerichtspräsident von Gera, Dr. Arno Barth, in sein Amt als neuer OLG-Präsident eingeführt. Eindringliche Proteste der Jenaer Stadtverwaltung fruchteten ebenso wenig wie die Pläne der SMATh, die per Befehl Nr. vom 15. September 1945 Weimar als neuen Standort ausersehen hatte. Hintergrund dieser Überlegungen war offensichtlich die Konzentration von Landesregierung und Militärregierung, die bereits in Weimar saßen, sowie der Obersten Gerichtsbehörde an einem Standort. Aber auch diese Pläne konnte Paul, der vor seiner Ernennung zum Landespräsidenten kurzzeitig Oberbürgermeister von Gera war, erfolgreich abwehren. Die Existenz des OLG in Gera währte indes auch nur bis 1950, als es nach Erfurt verlegt wurde. Im Zuge der Justizreform der DDR wurde das Gericht 1952 aufgelöst.

https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%BCringer_Oberlandesgericht#1944/45

 

 

 

Richter: 

Arno Barth

Arno Barth (* 1893 in Greiz; † 1949 in Gera) war ein deutscher Kommunalpolitiker (SPD/SED) und Jurist, zuletzt Oberlandesgerichtspräsident.
Leben

Barth entstammt einer angesehenen Handwerkerfamilie. Sein Vater war Baumeister. Nach dem Besuch der Volksschule und einer weiterführenden Lehranstalt mit dem Erwerb der Hochschulreife studierte er ab 1912 Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre. Während des Ersten Weltkrieges unterbrach er sein Studium und war von 1914 bis 1918 als Maschinengewehr-Scharfschütze Kriegsteilnehmer. Bei Kampfhandlungen zog er sich eine Verwundung zu und wurde nach Kriegsende im Rang eines Leutnants der Reserve aus der Armee entlassen. Danach setzte er sein Studium fort, das er 1922 mit dem Zweiten Staatsexamen beendete. Von 1922 bis 1927 war er als Gerichtsassessor und Amtsgerichtsrat in Gera tätig.[1]

Barth betätigte sich ab 1922 in der SPD. Von 1923 bis 1927 gehörte er dem Republikanischen Richterbund und von 1925 bis 1933 dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold an. Von 1925 bis 1933 war er in den Geraer Stadtrat gewählt und ab 1927 hauptamtlicher Beigeordneter geworden. Von 1929 bis 1933 amtierte er als einer der Bürgermeister der Stadt Gera. Barth gehörte zudem dem Bund Sozialistischer Juristen an.[1]

Mit Beginn der NS-Diktatur verlor er 1933 seine politischen Ämter und arbeitete als Rechtskonsulent und nach dem 1936 erfolgten Betätigungsverbot als Versicherungsvertreter. Während der „Aktion Gitter“ im August 1944 wurde er verhaftet und im KZ Buchenwald interniert. Nach der Befreiung der Häftlinge des KZ Buchenwald durch die 3. US-Armee gehörte er zu den Unterzeichnern des Buchenwalder Manifests.[1]

Barth trat dem von Hermann Brill gegründeten Bund demokratischer Sozialisten (BdS) bei, der in der SPD aufging. Seit Anfang Juni 1945 war er Präsident des Landesgerichts Gera und vom August 1945 bis zu seinem Tod 1949 Präsident des Oberlandesgerichtes Gera. Als Mitglied der SED vertrat Barth nach Ansicht von Steffen Kachel das Konzept einer prosozialistischen, aber rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichteten Justiz.[2]
Literatur

Steffen Kachel: Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949, = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe Band 29, ISBN 978-3-412-20544-7.
Wolfgang Röll: Sozialdemokraten im Konzentrationslager Buchenwald. 1937–1945. Unter Einbeziehung biographischer Skizzen. Wallstein-Verlag, Göttingen 2000, ISBN 3-89244-417-x.

Einzelnachweise
Wolfgang Röll: Sozialdemokraten im Konzentrationslager Buchenwald 1937-1945, Wallstein-Verlag, 2000, S. 270
Steffen Kachel: Ein rot-roter Sonderweg? Sozialdemokraten und Kommunisten in Thüringen 1919 bis 1949

https://de.wikipedia.org/wiki/Arno_Barth

 

Hermann Großmann (Jurist)

Hermann Großmann (* 8. August 1878 in Eberswalde; † 8. Juni 1960) war ein Reichsgerichtsrat.

Leben

Großmann studierte in Berlin. Er legte 1900 die Erste Staatsprüfung („ausreichend“), die Zweite 1905 („ausreichend“) ab. Er wurde 1905 Assessor. Dann war er 1909 Landrichter beim LG Duisburg, 1915 Hilfsrichter beim OLG Düsseldorf. In der Weimarer Republik wurde er 1919 Oberlandesgerichtsrat beim Oberlandgericht Marienwerder und 1922 Senatspräsident beim Kammergericht Berlin. Sein Senat wurde abfällig der „republikanische Senat“ genannt, denn er war Gründungsmitglied des Republikanischen Richterbunds. Großmann gehörte im Kammergericht zu der Minderheit der Republikanern wie Arnold Freymuth und Alfred Orgler, gegen dessen Beförderungen 1923 rund 100 von 150 Richtern des Kammergerichts in einer Versammlung protestierten. Großmann war lange Jahre DDP-Mitglied. 1921 wurde er in den Provinziallandtag der Provinz Ostpreußen gewählt. 1922 gab er das Mandat auf und Gustav Hermsdorff rückte für ihn nach.

Er trat als Reichstagskandidat auf Wahlversammlung der DDP auf. In einer Wahlkampfveranstaltung im Dezember 1924 trat er für eine entschiedene „Demokratisierung der Rechtspflege“ ein und warf seinen konservativen Kollegen „starke Befangenheit“ in politischen Prozessen vor,[1] denn er rechnete etwa mit 5 % republikanischen Richtern, 15 % reaktionären und 80 % schwankenden. Ein Sturm der öffentlichen Entrüstung brach los und der Vorsitzende des Preußischen Richtervereins, Dr. Pracht, fand, Großmann habe Richter, Recht, Staat und Volk aufs schwerste geschädigt und seine Berufskollegen in maßloser Weise beleidigt. Die fortdauernde Schmähung der deutschen Richter durch Mitglieder des eigenen Fachvereins sei nicht weiter tragbar. Am 2. Juli 1926 wurde Großmann wegen „vereinswidrigen Verhaltens“ aus dem Preußischen Richterverein ausgeschlossen. Ein Ausschlussverfahren wegen Doppelmitgliedschaft mit dem Republikanischen Richterbund (verboten seit 1925) scheiterte, der Austritt wurde aber Großmann nahegelegt. Auf einer Sympathiekundgebung für Großmann sprachen Otto Landsberg, Otto Nuschke, Walter Schücking und Carl Falck. Ein halbes Jahr später erreichte er die Wiederaufnahme. 1929 trat Großmann zur SPD über,[2] der seine republikanischen Kollegen Freymuth und Orgler angehörten.

Am 1. April 1930 wurde er zum Reichsgerichtsrat ernannt. Großmann war im III. Zivilsenat des Reichsgerichts tätig. Großmann war Mitglied im Reichsbanner und der Liga für Menschenrechte. Da er im November 1932 auf einer Reichsbanner-Versammlung zur Verteidigung der Weimarer Verfassung aufgerufen hatte, leitete Reichsgerichtspräsident Erwin Bumke ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein, da er "in hohem Maße die Zurückhaltung vermissen lässt, wie…. von einem Mitglied des höchsten Gerichtshofes… erwartet werden muss". Justizminister Franz Gürtner forderte ihn am 6. März 1933 auf, seine sofortige Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, was Großmann auch tat[3] und damit der Entlassung nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zuvorkam, das am 7. April 1933 erlassen wurde. Den Versuch des Reichsjustizministeriums sein Ruhestandsgehalt zu kürzen, konnte er unter der Beteuerung seiner nationalen Gesinnung und mit Hilfe von Senatspräsident Katluhn abwenden.[4]

Nach Kriegsende wurde er 1945 Richter in Eisenach, und war ab 1946 als Vorsitzender eines Strafsenats beim Oberlandesgericht in Gera und seit April 1950 als Oberlandesgerichtspräsident in Erfurt tätig.[5] Als Richter in der DDR habe er nach Petra Weber „eine kaum mehr zu überbietende Willfährigkeit“ an den Tag gelegt. „Ideologische Verbohrtheit, das Bedürfnis nach persönlichem Halt und politische Naivität verbunden mit fortschreitender Senilität scheinen der Hauptgrund für Großmanns peinlich anmutende Unterwürfigkeit gewesen zu sein.“[6] 1952 schied er aus dem Staatsdienst der DDR aus. Er war nach der Pensionierung in der Nationalen Front, im Kreiskomitee des Friedensrats, in der VDJD, in der Wohnparteiorganisation der SED sowie im Groscurth-Ausschuß zur Verteidigung der von der reaktionären Justiz Westdeutschlands verfolgten deutschen Patrioten tätig.
Literatur

Friedrich Karl Kaul, Geschichte des Reichsgerichts, Band IV (1933–1945), Ost-Berlin 1971.
Johann Heinrich Lüth, Uwe Wesel: Arnold Freymuth (1878-1933), Hermann Grossmann (1878-1937(?)), Alfred Orgler (1876-1943 (?)): Drei Richter für die Republik, in: Streitbare Juristen : eine andere Tradition : Jürgen Seifert, Mitherausgeber der Kritischen Justiz, zum 60. Geburtstag. Baden-Baden : Nomos 1988, ISBN 3-7890-1580-6
Nachruf auf „Dr. Hermann Grossmann 8. August 1878 - 8. Juni 1960“, NJ 1960, S. 406f.
Norbert Korfmacher: Vorläufiges Mitgliederverzeichnis des ostpreußischen Provinziallandtages 1919 bis 1933, 2018, S. 21, Digitalisat.

Weblinks

Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft: „Großmann, Hermann; 1878-1933“

Einzelnachweise
Lohmann-Altona (DNVP): Reichstagsprotokolle, Bd. 384, 36. Sitz. S. 1106A, Sitzung vom 17. März 1925; Kurt Rosenfeld: Reichstagsprotokolle, Bd. 390, 187. Sitz. S. 6778, Sitzung vom 26. März 1926
Carl von Ossietzky: „Kommunistengesetz?“, Die Weltbühne vom 21. Mai 1929
Ingo Müller 125 Jahre richterlicher Unabhängigkeit ? Zum 125-jährigen Gründungstag des Amtsgerichts Emmerich 2. Juli 2004 (Memento des Originals vom 23. November 2010 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
Friedrich Karl Kaul, Geschichte des Reichsgerichts, Band IV (1933–1945), Ost-Berlin 1971, S. 56ff.
NJ 1950 S. 171.
Petra Weber: „Justiz und Diktatur. Justizverwaltung und politische Strafjustiz in Thüringen 1945-1961“, Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 46, München 2000, S. 268.

https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Gro%C3%9Fmann_(Jurist)

 

 

 

 


 

 


zurück