Plastiktüte


 

 

 

 

Mutter tötet Neugeborenes ''Ich kann mir kein Kind leisten''

27.10.2007

Geldnot hat eine 39-jährige Putzfrau ihr neugeborenes Kind in eine Mülltonne werfen lassen, wo es starb. Das Gericht lehnte jetzt einen Haftbefehl gegen die Mutter ab.

Ein Bestatter trägt den Sarg mit der Kinderleiche in ein Zelt. Foto: AP

Nach dem Fund eines getöteten Babys in einer Mülltonne in Thüringen hat das Amtsgericht Gotha am Samstag überraschend den Haftbefehl gegen die Mutter abgelehnt.

"Wir kennen dafür keine Begründung und sind extrem überrascht", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grünseisen. Die Frau hatte gestanden, ihre Tochter vor einer Woche heimlich zur Welt gebracht und aus Geldnot getötet zu haben.

Die Leiche war am Freitag in einer Mülltonne in Neudietendorf entdeckt worden. Als Reaktion darauf forderte der Kinderschutzbund Pflichtberatungen für Schwangere. Die Frau soll ihre Schwangerschaft verheimlicht haben.

Die Tat gestand sie in vollem Umfang und gab laut Staatsanwaltschaft Geldnot als Grund für Verzweiflungstat an. "Ich kann mir kein Kind leisten. Ich muss doch arbeiten gehen und Miete zahlen", habe die Frau laut einem Behördensprecher gesagt.

Sie hatte es in eine Plastiktüte gesteckt und in den Müll geworfen. Laut Obduktion erstickte das lebend geborene Kind. Angesichts des Geständnisses sei aber die Verweigerung des Haftbefehls durch die Gothaer Richter besonders verwunderlich.

"So viele gleich gelagerte Fälle gibt es zum Glück nicht, aber so eine Entscheidung habe ich noch nicht erlebt." Die Begründung werde voraussichtlich erst am Montag an die Ermittlungsbehörde übergeben. Dann will die Staatsanwaltschaft prüfen, ob sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegt.

Das Justizministerium wollte die überraschende Ablehnung der Haft nicht kommentieren. Haftbefehle können prinzipiell dann abgelehnt werden, wenn kein dringender Tatverdacht besteht oder kein Haftgrund vorliegt.

Erst in der vergangenen Woche hatte das Amtsgericht Wernigerode einen Haftbefehl gegen eine junge Mutter abgelehnt, die gestanden hatte, ihren lebend zur Welt gekommenen Jungen unmittelbar nach der Geburt in einem Wassergraben abgelegt zu haben.

Der Haftrichter war davon ausgegangen, dass sich die Frau in einer psychischen Notlage befunden hat und von einem minderschweren Fall des Totschlags auszugehen war. Damit solche Taten besser verhindert werden könnten, sprach sich der Thüringer Kinderschutzbund für engmaschige Pflichtberatungen für Schwangere aus.

"Je näher die Geburt rückt, umso stärker muss die Betreuung der werdenden Mütter sein", sagte Konstanze Hartung vom Kinderschutzbund in Erfurt.

Die sozialen Gruppen, in denen solche Verzweiflungstaten geschehen, würden die vorhandenen freiwilligen Angebote nicht nutzen. "Es sollte daher ein Vorsorgeheft geführt werden, in dem die Beratungen eingetragen werden müssen."

(dpa/jkr)

http://www.sueddeutsche.de/panorama/995/422756/text/

 

 

 

 


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