Professionellenkritik
Richter
"In den letzten Jahren hat sich die Gesellschaft grundlegend geändert, offenbar von den Gerichten unbemerkt. ... Letztlich ist zu konstatieren, dass die Rechtssprechung, wie schon vor 100 Jahren, immer 20-40 Jahre hinter der gesellschaftlichen Entwicklung zurückbleibt, von einigen wenigen mutigen Entscheidungen einmal abgesehen."
Norbert Maes, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Familienrecht in: "VHTS Aktuell 1/2006", S. 11/12
§ 1: Der Richter hat immer Recht.
§ 2: Hat der Richter einmal nicht Recht, tritt automatisch § 2 in Kraft.
§ 3: Legen Verfahrensbeteiligte gegen die Gültigkeit der Paragrafen 1 und 2 Beschwerde beim Oberlandesgericht ein, so werden sie mit anschließender Nichtbearbeitung ihres Antrages beim Amtsgericht nicht unter 6 Monaten bestraft.
gez. Dünkel, Richter am Amtsgericht Selbstherrlichkeitsstadt
"Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen", so heißt es in Artikel 97 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. So weit, so gut. In der Praxis wird diese schöne Erklärung nicht selten zur Absichtserklärung degradiert. So z.B. wenn ein Vater das Umgangsrecht einklagt und nach 6 Jahren noch immer keine Entscheidung in erster Instanz hat und der Eindruck aufkommt, als ob im zuständigen Gericht Schnecken oder Geisterfahrer, die permanent auf der falschen Fahrbahnseite fahren, auf den Richterstühlen sitzen.
Nicht selten entsteht auch der Eindruck, dass bestimmte Familienrichter/innen bei Fällen von Umgangsvereitelung vor der boykottierenden Mutter sitzen wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange und man gar nicht mehr weiß, wer denn eigentlich der Richter / die Richterin ist, die umgangsvereitelnde Mutter oder der Herr / die Dame in der schwarzen Robe. Man kann sich das eigentlich nur so erklären, dass solche Richter/innen sich bezüglich der boykottierenden Mutter in der Rolle eines Kleinkindes fühlen und sie die Mutter mit ihrer eigenen Mutter, vor der sie eine frühkindlich geprägte Angst haben, verwechseln (projizieren). So kommt es zu dem Paradox, dass der /die Richter/in die Kraft ihres Amtes die Macht zur Entscheidung haben, die Macht an die boykottierende Mutter abgeben, die wiederum ein gutes Gespür für psychologisch begründete Machtverhältnisse hat.
Die richterliche Unabhängigkeit, die im Kern natürlich notwendig und begrüßenswert ist, birgt die Gefahr, dass psychisch instabile Richter/innen zum einen in Selbstherrlichkeit verbunden mit völliger unkritischer und unreflektierter Haltungen gegenüber ihrer eigenen Arbeitsweise verfallen und zum anderen Entscheidungen treffen (oder eben nicht treffen) die gar nicht vom vorliegenden Sachverhalt geprägt sind, sondern von ihren eigenen ungeklärten Beziehungsverhältnissen zu den Beteiligten.
Neben der emotionalen Seite fachlich mangelhafter Arbeit gibt es auch eine "technische" Seite. So z.B. wenn ein Familienrichter einen Sachverständigen mit der Beweisfrage beauftragt, welcher Elternteil besser geeignet sei, die elterliche Sorge allein auszuüben. Diese Frage präjudiziert zum einen, dass es nur die Variante "Alleinsorge" durch einen Elternteil gäbe und nicht auch die andere Variante "Beibehaltung der Gemeinsamen Elterlichen Sorge". Zum anderen, legt der Richter seine eigene Aufgabe zur Entscheidungsfindung vollständig in die Verantwortung eines Sachverständigen. Konsequenterweise sollte der Richter sein Richteramt niederlegen und der Sachverständige sich zum Richter bestellen lassen.
Helfen kann da auf der einen Seite Supervision und Selbstreflexion für die Richter/innen und auf der anderen Seite aktive Öffentlichkeitsarbeit, so wie sie z.B. von www.vaeternotruf.de und anderen Väterinitiativen betrieben wird und eine gute Betroffenenlobby vor Ort, um schläfrige und verantwortungslose Richter öffentlichkeitswirksam an ihre Pflicht zu erinnern. An beiden mangelt es leider häufig, da Richter/innen in ihrer Machtvollkommenheit sich nicht mit ihren eigenen Schwächen beschäftigen wollen und die betroffenen Väter sich häufig in Selbstmitleid Luftschlösser bauen üben, statt sich den Dingen zu widmen, die zu benennen und zu verändern sind.
Der preußische König Friedrich II. in einem Protokoll vom 11.12.1779
(Auszug des Schreibens Sr. Königl. Majestät von Preussen Selbst gehaltenes Protokol über drey Kammergerichtsräthe aus Kistrin, den 11. Dezember 1779 (Quelle: Hans Dollinger, "Preussen, eine Kulturgeschichte", Südd. Verlag, München, 1980, S. 149.)
Zitat:
"Daß ein Justizcollegium, daß Ungerechtigkeiten ausübt, weit gefährlicher und schlimmer ist, wie eine Diebesbande, vor die kan man sich schützen, aber vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger wie die grösten Spitzbuben, die in der Welt sind."
18.01.2008 | News allgemein
LSG Hamburg: Gerichtspräsident vorläufig des Amtes enthoben
Der Präsident des Hamburger Landessozialgerichts (LSG) wurde gestern durch die Richterdienstkammer des LG Hamburg vorläufig des Amtes enthoben.
Es besteht ein Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie beim Präsidenten des Hamburger LSG. Wie das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) mitteilt, habe die Richterdienstkammer des Landgerichts dem Antrag des Personalamtes des Hamburger Senats stattgegeben, den LSG-Präsidenten deshalb vorläufig des Amtes zu entheben. Die in dem Verfahren zuständige Staatsanwaltschaft Mainz, dort wohnte der Richter vor seinem Wechsel nach Hamburg, hatte bereits Mitte Dezember 2007 erklärt, es bestehe ein Anfangsverdacht. Zur gleichen Zeit hatte Hamburgs Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verfügt.
Verdacht auf schwere Dienstpflichtverletzung
Gegen den gestrigen Beschluss der Richterdienstkammer könne der Präsident des Landessozialgerichts innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Richterdienstsenat des Oberlandesgerichts einlegen, hieß es. Nach Auffassung der Richterdienstkammer des Landgerichts hat sich der Präsident des Landessozialgerichts aber wegen des Verdachts auf die Beschaffung kinderpornografischen Materials einer so schweren Dienstpflichtverletzung schuldig gemacht, dass dies eine vorläufige Amtsenthebung rechtfertige. (dpa)
"Latente Geschlechterdifferenzierungen im juristischen Handeln
Analyse einer Fallerzählung aus der familiengerichtlichen Praxis"
Kai-Olaf Maiwald, Claudia Scheid, Elisabeth Seyfarth-Konau
in: "Zeitschrift für Rechtspsychologie", Juli 2003, S. 43-70
In einer excellenten Sprachanalyse zeigen die Autoren auf, wie der eigene (weibliche) parteiliche Blick einer interviewten Familienrichterin, eine objektive an Recht und Gesetz orientierte Urteilsfassung be- und verhindert. Entgegen der Behauptungen von einer objektiven Rechtssprechung kein Einzelfall in der (familien)gerichtlichen Praxis. Die davon betroffenen Eltern haben es in der Regel sehr schwer oder es ist ihnen sogar unmöglich dagegen wirksam vorzugehen. Denn welcher Elternteil ist schon Rechtssoziologe, und selbst wenn, interessiert das im Zweifelsfall den Richter nicht. Das Gesetz bin ich (der Richter), heißt es dann immer noch.
"Unter den Talaren, Muff von tausend Jahren"
war ein Slogan der 1968-er Stundentenrevolte. Nun sind schon 34 Jahre vorbei, doch wenn man so manche persönliche Eindrücke aus Amtsgerichten und Jugendämtern hört, könnte man meinen, die Zeit wäre stehen geblieben. Man kann dann richtig Hoffnung schöpfen, wenn man solche Aufsätze wie die folgenden in die Hand bekommt.
"Die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit"
Prof. Dr. Gerd Seidel, Berlin
in: "Anwaltsblatt" 6/2002, S. 325-330
Seidel unterzieht in diesem sehr guten Aufsatz Teile der Richterschaft einer scharfen Kritik. Er zeigt, wie das an sich richtige Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit bei nicht wenigen Richtern zur Krücke wird, um jede Kritik von außen an ihrer Tätigkeit abzublocken und die richterliche Tätigkeit mitunter bis an den Rand der Rechtsbeugung auszuüben.
Richter, die eine Verletzung ihrer Dienstpflichten begangen haben, können durch vier Arten von Maßnahmen belangt werden.
1. die Richteranklage gem. Art. 98 Abs. 2 Grundgesetz
2. die strafrechtliche Belangung wegen Rechtsbeugung
3. Disziplinarmaßnahmen
4. Formen der Dienstaufsicht
Seidel macht praktikable Vorschläge, wie bei Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit Qualitätssicherungsstandards auch an den deutschen Gerichten Einzug halten können.
Fazit: Der Aufsatz sollte als Pflichtlektüre jedem deutschen Richter auf dem Tisch gelegt werden. Doch das geht bekanntlich nicht, denn der deutsche Richter ist bekanntlich unabhängig - so wahr ihm Gott helfe.
"Das Verhältnis von Richter und Verfahrensbeteiligten
Überlegungen zur ´Kundenzufriedenheit´ mit der Rechtssprechung.
Richter am Sozialgericht Dr. Ulrich Freudenberg, Ratingen
in: "ZRP" 2002, Heft 2, S. 79-83
Wie arbeiten Familiengerichte?
Im folgenden Referat von Richter Bruhn vom Familiengericht Rendsburg stellte dieser dar, dass es im Gegensatz zu den Ausführungen des Jugendamtes auch Rechte gäbe, die sich aus dem BGB und dem Grundgesetz ableiten ließen.
Insbesondere mahnte er das Jugendamt zur Erfüllung seines Wächteramtes. Er referierte viele praktische Beispiele aus seinem Alltag, und erörterte die gerichtlichen Eingriffsmöglichkeiten in das Personensorgerecht. Neue Aufgaben ergäben sich aus der jüngsten Gesetzgebung. Kinder seien an den Verfahren aktiver zu beteiligen, z.B. durch die Bestellung des Verfahrenspflegers für das Kind. Dies begrüßte er hoffnungsvoll, weil Kinder beispielsweise vom Gericht regelmäßig zu hören seien. In seinem Gericht gäbe es dazu einen vorbereiteten "Spielraum", so dass bereits 4-jährige geladen werden könnten. Relativiert wurde sein Optimismus durch die Kritik an einigen Oberlandgerichten, die sehr "bürgerfern" entschieden und diese Neuregelungen oftmals gesetzeswidrig nicht zur Anwendung brächten. In seinem Bereich sei die Kooperation aber gut. Bestätigt sah er die neuen Verfahrensweisen durch soziologische Längsschnittstudien an Scheidungskindern, und machte auf die verheerenden langfristigen und negativen Folgen für Kinder aufmerksam, die dann entstünden, "wenn über Kinder hinweg Entscheidungen getroffen würden".
aus: "Pfad", 2/2002
"Grundgedanken zu einer eigenständigen Vertretung von Kindern und Jugendlichen im familiengerichtlichen Verfahren"
Christine Hohmann-Dennhardt, Richterin am Bundesverfassungsgericht Karlsruhe
in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 3/2001, S. 77-83
"... Dabei meine ich nicht den Vorsitzenden Richter eines Oberlandesgerichtes (Weychardt - Anm. vaeternotruf.de), der sich veröffentlicht fragt, was er in den letzten 20 Jahren wohl alles übersehen haben mag und was nun ein Anwalt aufgrund welcher Erkenntnisse auch immer als Verfahrenspfleger beschaffen solle, scheint er sich doch mit dieser Frage eher in die Kategorie derjenigen einzureihen, die über den Brillenrand ihrer Profession nicht hinwegblicken wollen. Defizite solcher Art sind schon früher vom Bundesverfassungsgericht mit seiner Kritik an der Ausbildung von Familienrichtern aufgegriffen worden. ..."
Familienrichter - Qualifizierung überflüssig?
"Für Richterinnen und Richter der Familiengerichte sieht das Gesetz, trotz eindringlicher Forderungen auch des Bundesverfassungsgerichts, keinerlei (Sonder-)Qualifikation bzw. begleitende berufliche Fortbildung vor. Und selbst für die neu geschaffene Rechtsfigur des Verfahrenspflegers .. bleibt es leider bei der unzureichenden (bloßen) Institutionalisierung, ohne dass der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen hat, dass innerhalb des kindschaftsrechtlichen Systems mangelhaft qualifizierte Personen in der Regel mehr Schaden anrichten, als sie Positives zu leisten vermögen."
Stefan Heilmann
in: "Hilfe oder Eingriff. Verfassungsrechtliche Überlegungen zum Verhältnis von staatlichen Wächteramt und Jugendhilfe", Zentralblatt für Jugendrecht", 2/2000, S. 41-50
"Schwarze Roben, weiße Westen"
Werner Stichs, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe
in: "justament drei" 2000, S. 30-31
Ein kritischer Blick auf die Beförderungspraxis in den Gerichten.
Europäischer Gerichtshof verurteilt Deutschland
FAZ 26.7.2000, Seite 15
Rechte der Väter gestärkt
Achtung des Familienlebens auch bei Ausweisungen zu beachten
gel. FRANKFURT, 25. Juli. Unverheiratete oder geschiedene Väter, die Kontakt zu ihren Kindern halten wollen, dabei jedoch am Widerstand der nationalen Behörden und Gerichte scheitern, erhalten Unterstützung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Die Straßburger Richter verkündeten vor kurzem zwei Urteile, in denen sie feststellten, die Niederlande und Deutschland hätten das Recht zweier Väter auf Achtung des Familienlebens verletzt und damit gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen.
Dem deutschen Vater, der nach der Trennung von der Mutter seines Sohnes vergeblich versucht hatte, eine Erlaubnis zum persönlichen Kontakt mit dem Kind zu bekommen, sprach der Straßburger Gerichtshof eine Entschädigung in Höhe von 35 000 Mark für den immateriellen Schaden zu, den er durch die Missachtung seiner Rechte erlitten habe (Urteil im Fall Elsholz vom 13. Juli). In dem niederländischen Fall wurde dem Kläger, einem türkischen Staatsangehörigen, dem die niederländischen Behörden ein Besuchsrecht verweigert hatten und der zudem aus den Niederlanden ausgewiesen worden war, eine Entschädigung für immaterielle Beeinträchtigungen in Höhe von 22 000 niederländischen Gulden zugesprochen (Urteil im Fall Ciliz vom 11. Juli).
Der deutsche Kläger, ein 53 Jahre alter Mann aus Hamburg, hatte vergeblich versucht, ein Recht auf persönlichen Umgang mit seinem Sohn zu erhalten. Dies wurde ihm von den Gerichten Anfang der neunziger Jahre mit dem Hinweis verwehrt, die Beziehung zwischen dem Kläger und der Mutter des Kindes sei so gespannt, dass es nicht dem Wohl des Kindes diene, wenn dem Vater ein Besuchsrecht zugesprochen werde. Nach den damals geltenden Vorschriften zur elterlichen Sorge für nicht eheliche Kinder hatten die Väter nur eine sehr schwache Stellung. Mit der Reform des Kindschaftsrechts 1997 wurden ihre Rechte gestärkt. Der ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts Mettmann waren zwei ausführliche Gespräche mit dem Kind vorausgegangen; ein psychologisches Gutachten wurde nicht eingeholt.
Das Landgericht Wuppertal bestätigte 1993 die Entscheidung des Amtsgerichts; die Eltern wurden dazu nicht angehört. Die Beschwerde des Vaters beim Bundesverfassungsgericht, dass sein Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt sei, blieb ohne Erfolg.
Strengere Maßstäbe als die deutschen Verfassungsrichter legten nunmehr die Richter am Straßburger Gerichtshof an. Sie rügten in ihrem Urteil, dass kein psychologisches Gutachten zu der Frage eingeholt worden sei, ob ein Besuchsrecht des Vaters dem Wohl des Kindes diene. Außerdem beanstandet der Straßburger Gerichtshof, dass das Landgericht Wuppertal die Eltern nicht angehört habe. Aufgrund dieser Versäumnisse sei das Recht des Vaters auf Achtung seines Familienlebens sowie sein Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.
Im Fall des türkischen Klägers gegen die Niederlande wird, wie schon in früheren Entscheidungen aus Straßburg, deutlich, dass der Gerichtshof dem Recht auf Familienleben auch im Zusammenhang mit der Ausweisung von Ausländern große Bedeutung zumisst. Der türkische Vater, der vor dem Gerichtshof geklagt hatte, war 1995 aus den Niederlanden ausgewiesen worden, weil er keine Arbeit mehr hatte.
Nach Meinung der niederländischen Behörden und Gerichte war der Kontakt zwischen Vater und Sohn nicht so eng, als dass er einer Ausweisung entgegengestanden hätte. Die Pflicht zum Schutz des Familienlebens gehe nicht so weit, dass ein Staat gehalten wäre, einen Ausländer so lange im Land zu behalten, bis sich Familienbande entwickelt hätten, argumentierte die niederländische Regierung. Parallel zu den Gerichtsverfahren, die der Ausweisung des Vaters galten, liefen vor niederländischen Gerichten auch noch Verfahren, in denen der Vater ein Recht auf regelmäßigen Kontakt mit seinem Sohn beanspruchte. Dies war ihm bislang unter anderem mit dem Hinweis verweigert worden, er habe sich erst, als seine Ausweisung drohte, um regelmäßigen Kontakt mit seinem Sohn bemüht. Eine endgültige Entscheidung darüber, ob dem Vater ein Besuchsrecht zusteht, ist noch nicht getroffen. Der Gerichtshof rügte, die niederländischen Gerichte hätten es versäumt, die Verfahren zum Besuchsrecht und zur Ausweisung zu koordinieren. Mit der Ausweisung sei die Entscheidung über das Besuchsrecht vorweggenommen worden. Vor allem sei dem Kläger dadurch die Möglichkeit genommen worden, sich an den weiteren Verfahren zum Besuchsrecht zu beteiligen, obwohl dies offensichtlich erforderlich gewesen wäre. Wegen dieser Versäumnisse sei der Kläger in seinem Recht auf Achtung seines Familienlebens verletzt worden.
http://www.welt.de/daten/2000/08/01/0801fo182945.htx
Besuchsrecht ist Menschenrecht
Noch immer wird Vätern in Deutschland der Zugang zu ihren Kindern verwehrt - Debatte
Von Christine Brinck
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http://www.sueddeutsche.de/aktuell/?section=politik&myTM=full&id=965073637.88179&myTime
=965110393 - SZ vom 01.08.2000 Politik
Vom Recht auf beide Eltern
Kinder und Scheidung: Europa - Gericht rügt deutsches Urteil
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Besuchsrecht ist Menschenrecht
Noch immer wird Vätern in Deutschland der Zugang zu ihren Kindern
verwehrt - Debatte
Von Christine Brinck
Der kleine Elián, der monatelang die allerhöchste Politik beschäftigte, hatte das Glück, in Amerika gestrandet zu sein. Denn der wütende Kampf um die Vereinigung mit seinem Vater wurde recht schnell zu Gunsten seines Erzeugers entschieden. Hieße Elián Hans und wäre von der deutschen Mutter nach oder in Deutschland entführt worden, hätte sein Vater eher eine lange Nase denn sein Kind gesehen. An der Gesetzeslage liegt es nicht. Das neue Kindschaftsrecht ist vorbildlich. Es legt nicht nur die Rechte beider Eltern nach Trennung und Scheidung fest, sondern unterstreicht auch das Recht des Kindes auf dauerhafte Beziehungen zu beiden. Wo ist also das Problem? Der gute Ansatz wird nur allzu oft vom betreuenden Elternteil, von Familienrichtern und Jugendämtern unterlaufen. Der amtlich sanktionierte Kindesraub trifft nicht nur ausländische Väter und Mütter, wie die jüngsten Auseinandersetzungen mit Amerikanern und Franzosen belegen, die vergebens um ihre Besuchsrechte in Deutschland kämpfen. Zu den Opfern gehören vor allem ausgegrenzte inländische Eltern, insbesondere Väter. Bis heute hat die Gesellschaft noch nicht akzeptiert, "dass ein Vater ebenso viel wert ist wie eine Mutter". Der Satz stammt von der früheren französischen Ministerin Elisabeth Badinter aus ihrem Buch "XY - Die Identität des Mannes" (1992). Daran hat sich gerade in Deutschland nicht viel geändert. Immer noch fällt es Müttern und Offiziellen schwer, Mutterschaft und Vaterschaft als gleichwertige Formen der Verantwortung zu begreifen. Mutterschaft ist gut und heilig; den Satz kann ein Christkonservativer genauso unterschreiben wie eine rabiate Feministin. Doch der Vater? Gut, ihn zu haben, aber lebensnotwendig sei er nicht. Täglich werden etwa 100 deutsche Kinder verschleppt, meistens von ihren Müttern. Das ist bei Ehelichkeit der Kinder absolut gesetzeswidrig, weil es die gemeinsame Sorge gibt, geschieht aber dennoch. Drei Jahre nach dem Abgang von Mutter und Kind haben 70 Prozent der Kinder keinen Kontakt mehr zu den Vätern, auch wenn die weder tot noch ganztägig betrunken sind. Ihre Hauptsünde? Sie passen den Müttern nicht mehr in die Lebensplanung. Und die Kleinen müssen - mitgehangen, mitgefangen - die neue Planung teilen. Mögen die Väter noch so sehr um Umgangsrecht betteln oder streiten, es wird ihnen verwehrt, wenn es die Mütter nicht wollen. Damit könnte jetzt endlich Schluss sein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat unlängst einem klagenden deutschen Vater, vertreten durch den Kindschaftsanwalt Peter Koeppel, sein Besuchsrecht als Menschenrecht bestätigt und die deutsche Justiz zu Schadenersatz verurteilt. Was war geschehen? Der Hamburger hatte sich 1988 von seiner Partnerin getrennt. Zwei Jahre lang klappte es wunderbar mit den Besuchen bei dem kleinen Sohn, dann wurde dem Vater 1991 plötzlich auf Antrag der Mutter der Umgang verwehrt. Der Vater marschierte durch die Instanzen - vom Amtsgericht bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Vergebens. Unisono und mit immer der gleichen Begründung wurde er abgeschmettert. Warum? Man dürfe den Umgang nicht gegen den Willen der Mutter erzwingen, weil das Kind in schreckliche Konflikte geraten würde. Diese Begründung muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Der Umgang mit dem Vater ist schädlich für das Kind, nachgerade grundsätzlich. Weil das in diesem Falle "vollkommen klar" sei, musste man auch keine Psychologen befragen. Die Evaluation des Kindes fand nicht statt. Der Fünfjährige musste nur zu Protokoll geben: "Ich will den Papi nicht sehen." Das war's dann schon. Das Kind hatte gesprochen. Dass dieser Kindeswille vermutlich nur der Mutterwille war, hätte ein mit der Forschung vertrauter Psychologe leicht etablieren können. Die selten in Psychologie bewanderten Richter wussten es besser - bis jetzt, leider neun Jahre zu spät, der Menschenrechtsgerichtshof anders entschied. Nicht nur wiesen die Straßburger ihren deutschen Kollegen die Verletzung des Artikels 6 der Europäische Menschenrechtskonvention - Recht auf einen fairen Prozess - nach, sondern auch den Verstoß gegen deren Artikel 8, der die Würdigung des Familienlebens anmahnt. Das Familienleben des Vaters ist zerstört, die seelische Verstümmelung des Kindes durch Muttermanipulation und Vaterentbehrung zementiert. Der um sein Menschenrecht auf Umgang betrogene Vater wird trotz der Straßburger Entscheidung sein Kind jetzt nicht sehen können. Dafür muss er erneut vor einem deutschen Gericht klagen. Die unendliche Dauer gerade von Umgangsregelungen ist in sich schon ein Gesetzesverstoß. Gerade bei jungen Kindern ist Zeit der alles entscheidende Faktor. Bei Elián erschienen sechs Monate schon unerträglich lange. Der amerikanische Vater Joseph Cooke kämpft indessen schon seit neun Jahren mit deutschen Gerichten darum, seine nach Deutschland verbrachten Kinder zu sehen. Dass er für die in seiner Heimat das Sorgerecht hat, hat die Ämter hier wenig gekümmert. Denn auch hier hatte die deutsche Justiz im Verein mit dem Jugendamt Vaterschaft als entbehrlich eingestuft. Inzwischen haben sich sogar Bill Clinton und Gerhard Schröder des Falles angenommen. Doch nichts überstürzen, scheint weiter die Devise zu sein. Jetzt aber hat Straßburg gesprochen: Besuchsrecht ist Menschenrecht.
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Vom Recht auf beide Eltern
Kinder und Scheidung: Europa- Gericht rügt deutsches Urteil
Deutsche Gerichte gehen zu leichtfertig mit dem Umgangsrecht um – so sieht es nun auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMRG) in Straßburg. Dort hat ein 53-jähriger Hamburger mit Hilfe des Kindschaftsrechtsexperten Peter Koeppel im Kampf um das Besuchsrecht bei seinem Sohn einen Sieg errungen. Der EMRG verdonnerte die deutsche Justiz zu Schadensersatzzahlungen von 35 000 Mark sowie 12 700 Mark für seine Auslagen.Der Vater aus Hamburg hatte sich 1988 von seiner Partnerin getrennt. Zwei Jahre lang besuchte er seinen kleinen Sohn regelmäßig, dann wurde ihm 1991 auf Antrag der Mutter das Besuchsrecht verweigert. 1992 wies das Amtsgericht seinen Antrag auf eine Umgangsregelung ab. 1993 wurde sein Ersuchen vom nächsten Amtsgericht abgelehnt: Der Umgang mit dem Vater schade dem Kindeswohl. Das Gericht war der Meinung, dass man Umgang nicht gegen den Willen der Mutter erzwingen könne, da das Kind in Loyalitätskonflikte gestürzt würde. Einen Experten zu hören fand das Gericht unnötig. So ging der Streit durch alle Instanzen. Das Landgericht wies den Einspruch des Vaters ohne Anhörung ab; wenig später wies auch das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde zurück. Der Menschenrechts-Gerichtshof widersprach nun den deutschen Richtern – vor allem, weil sie sich geweigert hatten, psychologische Gutachten heranzuziehen. Die Richter sahen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Würdigung des Familienlebens verletzt, außerdem das Recht auf einen fairen Prozess.
...
Ein großes Unrecht ist auch die Dauer des Verfahrens. Das Kind hat seit 1991 seinen Vater nicht mehr gesehen. Mittlerweile ist der Junge 13 Jahre alt. ... Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt darauf hingewiesen, dass endlose Verzögerungen von Entscheidungen bei sehr jungen Kindern nicht hinnehmbar seien, doch das änderte nichts. Ausgegrenzte Elternteile können davon ein traurig Lied singen. In den USA und Frankreich wird die „Umgangsvereitelung“ bisweilen sogar mit Gefängnis geahndet. In Deutschland geht es nach dem Motto: „Wenn die Mutter (der Vater) nicht will, kann man nichts machen.“ Im Vorfeld des Clinton-Besuches wurden Klagen aus den USA über die Behandlung des Umgangsbegehrens amerikanischer Elternteile an deutschenGerichten laut. Das wurde schnell als Wahlkampftheater abgetan. Zu Unrecht. Die Praxis der Gerichte trifft nicht nur die ausländischen Elternteile nach Deutschland entführter Kinder, sie trifft, wie die Straßburger Entscheidung zeigt, auch inländische Eltern mit gleicher Wucht.
„Von Geburt an hat jedes Kind ein unveräußerliches Recht auf die gelebte Liebe zu beiden Eltern. Diese Eltern-Kind-Beziehung dauert ein Leben lang und hört nicht mit der Trennung der Eltern auf“, schrieb ein Richter am OLG München. Die Richter in Straßburg sehen es genauso.
Christine Brinck
"ZAP-Report
Justizspiegel
Kritische Justizberichte"
Egon Schneider
u.a.
Wahnvorstellungen zur richterlichen Unabhängigkeit
Nötigung mit Dienstausweis
Die Mühlen der Justiz
Wanderer, kommst Du zur Geschäftsstelle
Die Bürde des Amtes und die Überlastung der Justiz
Juristische Weisheiten aus Zweibrücken
Der Kadi von Würzburg
Rechtsbeugung ohne Folgen
Ostfriesisches Landrecht
Höflichkeit der Könige
Eile mit Weile
Achtung! Ferien-Falle"
Karlsruher Tugendwächter
Die Rache des kleinen Mannes in der Robe
Verlag für die Rechts- und Anwaltspraxis Herne / Berlin, 1999
ISBN 3-927935-11-5