Rechtsprechung
Unter Rechtsprechung versteht man die im Rahmen der Gerichtsbarkeit gemäß Artikel 92-104 Grundgesetz den Richtern zur Wahrung der Rechtsordnung und zur Gewährung des Rechtsschutzes anvertrauten Entscheidungen konkreter Rechtsfragen (z.B. in Rechtsstreitigkeiten, Normenkontrollverfahren, bei Verfassungsbeschwerden und in Strafverfahren), die in Anwendung geltender Rechtsgrundsätze zu treffen ist und die die verbindliche Feststellung beinhaltet, was im Einzelfall rechtens ist.
Die richterliche Rechtsprechung orientiert sich nicht selten an sogenannten Gesetzeskommentaren, so z.B. von Zöller und Herget zur Zivilprozessordnung oder dem Münchener Kommentar zum BGB. Das liest sich dann z.B. so:
"Der Senat sieht deshalb davon ab, der Mutter zur Durchsetzung des Umgangs das Aufenthaltsbestimmungsrecht zu entziehen und dieses auf einen Umgangspfleger zu übertragen (anders OLG Frankfurt/M., FamRZ 2002, 1585 = NJW 2002, 3785). Es muss hier das Elterninteresse hinter das Kindesinteresse zurücktreten (vgl. MünchKomm/Finger, BGB, 4. Aufl, § 1684 Rz 64, m.w.N.)"
aus einem Beschluss des OLG Rostock, veröffentlicht in "FamRZ", 2004, Heft 12, S. 969-970
Die Meinung des OLG Frankfurt/M. ist dem OLG Rostock anscheinend weniger wert, als die Meinung von Gesetzeskommentatoren, die weder gewählt wurden, noch in einem demokratisch legitimierten Auswahlverfahren mit dem Titel Gesetzeskommentator zertifiziert wurden.
Gesetzeskommentare sind so etwas wie die Bibel strenggläubiger Richter. Es soll ja bei den gewöhnlichen Sterblichen einige besonders bibelgläubige Menschen geben, bei einigen Richtern dürfte das nicht viel anders sein. Bibelfest und fest im Glauben. Was braucht es mehr.
Gesetzeskommentatoren sind so etwas ähnliches wie die Figur des Kardinal Richelieu in dem Roman "Die drei Musketiere" von Alexandre Dumas. Der König (Richter) hat zwar offiziell das sagen, regiert wird Frankreich allerdings tatsächlich der grauen Eminenz (Gesetzeskommentator), dem Kardinal Richelieu.
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"Schwarze Roben, weiße Westen. Richterkarriere contra richterliche Unabhängigkeit"
Werner Stichs, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe
in: "justament drei", 2000, S. 30-31
Ein kritischer Blick auf die Beförderungspraxis in den Gerichten.