Reichsjugendwohlfahrtsgesetz


 

 

 

Was muss getan werden, damit Gerichte Menschen- und Bürgerrechte gegenüber dem Jugendamt sichern?

 

in English: http://aitel.hist.no/~walterk/wkeim/files/0710eup-en.htm

Walter Keim, E-Mail: walter.keim@gmail.com

Torshaugv. 2 C

N-7020 Trondheim, 17.10.2007

 

Committee on Petitions

European Parliament

Schuhman Building

L-2929 LUXEMBOURG

Kopie: Fundamental Rights Agency, Menschenrechtskommissar des Europarates, alle EU Parlamentarier, EU Kommission, Botschafter Dr. Wilhelm Schönfelder (Vertreter Deutschlands bei der EU), Bundesjustizministerium, Dr. Reinhard Wiesner (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend), Andreas Hilliger (Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg)

 

Menschenrechtsverletzungen in Deutschland: Was muss getan werden, damit Gerichte Menschen- und Bürgerrechte gegenüber dem Jugendamt sichern?

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beziehe mich auf viele Petitionsverfahren beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments gegen deutsche Jugendämter insbesondere die Sitzung vom 7. Juni 2007 (Anlage 1: http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2004_2009/organes/peti/peti_20070607_1500.htm). Ein Initiativbericht wird ausgearbeitet.

Ich möchte zunächst darauf eingehen, dass deutsche Gerichte europäische Standards der Unabhängigkeit nicht erfüllen um Bürger- und Menschenrechte zu verwirklichen und zum Schluss auf den Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates hinweisen, der Vorschläge gemacht hat Menschenrechte auch in Deutschland zum Durchbruch zu verhelfen. Der Kommissar bedauert dass Menschenrechte im Kernlehrplan des Jurastudiums nicht enthalten sind und empfiehlt deshalb als Sofortmassnahme die Schulung u. a. aller Parlamentarier und Beschäftigten des öffentlichen Dienstes insbesondere von Richtern und Staatsanwälten. Allerdings müssen dazu die erforderlichen Ausbildungskapazitäten erst geschaffen werden.

Ab 1939 übernahmen die Jugendämter als Teil der Staatsgewalt im NS-Staat weitgehend die Kontrolle über die Kindererziehung. Das Jugendamt kontrollierte und lenkte Familien und Kinder von Geburt an politisch. Heranwachsende Jungen wurden von der Hitler-Jugend (HJ) und heranwachsende Mädchen vom Bund Deutscher Mädel (BDM) unter die Kontrolle des Staates gestellt. Um der sinkenden Geburtenrate entgegenzuwirken, wurde neben allgemeinen monetären Hilfen auch etwa 8.000 Säuglinge in Deutschland und etwa 12.000 in Norwegen in Lebensbornheimen unter der Kontrolle der SS großgezogen.

Die Organisation des Jugendamtes wurde 1939 durch ein Gesetz dahingehend geändert, dass statt der kollegialen Leitung die Geschäftsführung dem Bürgermeister bzw. Landrat übertragen wurde. Im Übrigen sollten die rechtlichen Bestimmungen des RJWG (Reichsjugendwohlfahrtsgesetz) so ausgelegt werden, dass damit eine Erziehung im nationalsozialistischen Sinne gesichert werden konnte. Die damit gemeinten Erziehungsziele kommen deutlich zum Ausdruck im § 1 der 1939 erlassenen Verordnung über Jugendwohlfahrt in den sudetendeutschen Gebieten, in der - abweichend vom § 1 RJWG - formuliert wird:

„Die Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Staat ist Erziehung zur deutschen Volksgemeinschaft. Ziel der Erziehung ist der körperlich und seelisch gesunde, sittlich gefestigte, geistig entwickelte, beruflich tüchtige deutsche Mensch, der rassebewußt in Blut und Boden wurzelt und Volk und Reich verpflichtet und verbunden ist. Jedes deutsche Kind soll in diesem Sinne zu einem verantwortungsbewußten Glied der deutschen Volksgemeinschaft erzogen werden.“

Das Jugendamt wurde von 1947 bis 1952 dem Innenministerium (Polizei) und nicht dem Familien- oder dem Justizministerium unterstellt. Damit wurden eine Vielzahl Kinder - die durch das Jugendamt im europäischen Ausland den Eltern entzogen wurden - nicht an ihre biologischen Eltern zurückgegeben. Die Identität und die Namen der Kinder wurden mit Amtshilfe der Meldebehörden und der Polizei geändert, die leiblichen Eltern nicht informiert. Per Gerichtsbeschluss, „der Dringlichkeit wegen, ohne vorherige mündliche Anhörung“ wurden die Kinder an deutsche Adoptiv-Familien „transferiert“.

Offensichtlich sichern deutsche Gerichte nicht, die in Menschenrechte (Art. 8 EKMR) verankerten Rechte von Eltern und Kindern. Warum ist das möglich?

Die deutsche Justiz war im kaiserlichen Obrigkeitsstaat ein Teil des Geschäftsbereichs der Regierung und sie ist es geblieben. Nach 1918 wie vor 1918. Nach 1945 wie vor 1945. Nach 1949 (trotz Art.97 GG) wie vor 1949. Bis zum heutigen Tage.

Allerdings war Hitler die Regelung des Kaiserreiches zur Dienstaufsicht beim Umbau Deutschlands zum diktatorischen Führerstaat im Wege. So waren die Richter des Preußischen Oberverwaltungsgerichtes von dessen Gründung im Jahre 1875 an von jeder Dienstaufsicht durch die Exekutive frei. Gleiches galt für das Sächsische Oberverwaltungsgericht. Sie verloren diese Freiheit durch § 7 Abs. 1 der Ersten Durchführungsverordnung vom 29.04.1941 zum Führer-Erlass über die Errichtung des Reichsverwaltungsgerichtes (RGBI I S. 201: Erste DV = RGBl I S. 224). Von da an übte der Reichsminister des Innern die oberste Dienstaufsicht aus. (Anlage F).

Warum sollten deutsche Richter ihre Karriere auf Spiel setzen indem sie zugunsten von Menschenrechten gegen Autoritäten urteilen?

 

(...) mehr detailiert: http://aitel.hist.no/~walterk/wkeim/files/0710eup.htm

 

 

Warum verletzt die deutsche Exekutive und die deutsche Justiz in der Praxis Menschenrechte so oft?

Menschenrechte und Demokratie sind im Artikel 6 des VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION gesichert

(1)Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam

Allerdings müssen nur neue Mitglieder sich diesen Normen anpassen. Deutschland verletzt u. a. folgende internationaler Normen:

* Gewaltentrennung ist nicht gewährleistet und verstößt gegen Europarecht, d. h. die Unabhängigkeit der Gerichte (Art. 6 EGMR) [Anlage 6 und Anlage F] und Bindung an das Gesetz steht nur auf dem Papier und ist nicht gewährleistet.

* das Menschenrecht der (allgemeine) Akteneinsicht (Informationsfreiheit): Anlage 9: http://aitel.hist.no/~walterk/wkeim/files/ifg-material.htm steht im Gegensatz zum in Deutschland vielfach praktizierten Amtsgeheimnisses aus dem Obrigkeitsstaat.

* Entkriminalisierung der Strafbarkeit von Beleidigungen (siehe OSZE Anlage D und Anlage G). Bis jetzt werden deshalb jährlich ca. 180 000 polizeilich Ermittlungen aufgenommen, das sind ca. 20 % aller Verurteilten in Strafverfahren (Anlage 19: http://beschwerdezentrum.de/_aktuell/Briody_Artikel/beleidigungsgesetze.html

Alle neuen Mitgliedstaaten mussten also solche Bedingungen erfüllen. Würde Deutschland die Mitgliedschaft in der EU heute beantragen, müsste das verbessert werden. Da Deutschland zu den "alten" Mitgliedsländern gehört, kann es für sich selber wegen des Einstimmigkeitsprinzips die Einsführung dieser internationalen Demokratieprinzipien verhindern.

Der Menschenrechtskommissar des Europarates hat Deutschland besucht und schlägt am 11.7.07 vor (Anlage 6):

* Punkt 46: Der Ausbau der Infrastruktur für die Menschenrechtserziehung würde die Einbeziehung der Menschenrechte in die beruflichen Laufbahnen weiter stärken. Der Kommissar ermutigt zur Aufnahme der Menschenrechte als Kernbestandteil der beruflichen Ausbildung im Justizvollzug und für Lehrer und Praktiker im Sozialwesen und Gesundheitsbereich. Außerdem würden staatliche Bedienstete im Allgemeinen sowie Parlamentarier auf Bundes- und Länderebene von einer Menschenrechtsschulung profitieren, die auf ihr Arbeitsgebiet zugeschnitten ist.

* Punkt 35: (...) Was das Jurastudium an Hochschulen angeht, stellt der Kommissar mit Bedauern fest, dass die internationalen Vorschriften im Bereich der Menschenrechte oft nur als fakultatives Fach gelehrt zu werden scheinen. Er bestärkt die deutschen Hochschulen darin, Menschenrechte in den Kernlehrplan des Jurastudiums aufzunehmen. (...) Der Kommissar betont auch, wie wichtig es ist, Richter und Staatsanwälte an Gerichten auf Länder- und kommunaler Ebene im Thema Europäische Menschenrechtskonvention zu schulen, um deren direkte nationale Umsetzung zu stärken. Dem Kommissar ist bekannt, dass das Bundesministerium der Justiz an der Entwicklung des neuen Programms für die Menschenrechtserziehung von Rechtsexperten (HELP) des Europarats Anteil hat, und er ermutigt die deutschen Behörden, sich aktiv an dessen Umsetzung zu beteiligen.

Weiter spricht der Menschenrechtsbeauftragte folgende Empfehlungen aus:

2. die Einrichtung parlamentarischer Menschenrechtsausschüsse auf Länderebene prüfen;

3. die Unabhängigkeit außergerichtlicher Beschwerdeorgane, soweit möglich, fördern und sicherstellen, dass Beschwerden auf der Grundlage klarer Verfahren behandelt werden;

4. der breiten Öffentlichkeit falls möglich leicht zugängliche Informationen über die verfügbaren außergerichtlichen Beschwerdeorgane auf Bundes- und Länderebene, einschließlich der Informationen über deren Mandate und Verfahren, bereitstellen;

5. das Mandat des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Hinblick auf strukturelle und objektive Überwachung und bezüglich seiner beratenden Rolle im Prozess der Ausarbeitung von menschenrechtsrelevanten Rechtsvorschriften stärken;

6. unabhängige Polizeiüberwachungs- und Beschwerdemechanismen außerhalb der polizeilichen und ministeriellen Strukturen schaffen und zentral umfassendes Datenmaterial über angebliche Misshandlungen oder Fehlverhalten seitens der Polizei sammeln;

7. systematisch und regelmäßig im Bereich der Menschenrechte tätige Organisationen der Zivilgesellschaft zu Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Menschenrechte haben, konsultieren;

8. die Integration von Lehrmethoden für Menschenrechte durch vorberufliche und berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung von Lehrern intensivieren und weiterentwickeln sowie die Institutionalisierung der Menschenrechtserziehung für andere Berufe verstärken;

9. den nationalen „Aktionsplan Menschenrechte“ als einen koordinierten Prozess für die kontinuierliche Verbesserung des Schutzes der Menschenrechte in Deutschland durch die Beteiligung aller Akteure und die Festlegung klarer politischer Ziele und Strategien für ihre Erreichung entwickeln;

Der Aufbau einer Infrastruktur für Menschenrechtsbildung und die Schulung von Richtern und Parlamentariern sind aus meiner Sicht der Schlüssel um Deutschland an Europa und die zivilisierte Welt heranzuführen. Deshalb habe ich die Verwirklichung der Empfehlungen des Menschenrechtskommissars am 11.8.07 dem Justizministerium (Anlage H), 21.8.07 dem Bundestag (Anlage 10) und 28.9.07 dem Landtag Baden-Württemberg (Anlage I) vorgeschlagen.

Zusätzlich wird vorgeschlagen Menschenrechte im verbindlichen Teil des Grundgesetzes zu verankern und die Justiz durch Verwirklichung der Gewaltentrennung (Unabhängigkeit von Exekutive) und Bindung an das Gesetz in die Lage zu versetzen Menschenrechte in Urteilen zu realisieren.

Mit freundlichen Grüssen,

Walter Keim

Netizen: http://walter.keim.googlepages.com/de

 

 

Anlagen:

...

 

 


zurück