Schlüsselgewalt
Schlüsselgewalt
"Schlüsselgewalt, die unabhängig von den jeweiligen Güterständen - früher nur der Frau infolge des Leitbildes der Hausfrauenehe zustehende Berechtigung Rechtsgeschäfte zur angemessenen, d.h. den Lebensverhältnissen entsprechenden Deckung des Lebensbedarf der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen."
aus: "Meyers Grossen Taschenlexikon in 24 Bänden", 1981
Bürgerliches Gesetzbuch, vom 18. August 1896
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen u. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
1. Buch - 2. Buch - 3. Buch - 4. Buch - 5. Buch
Nr. 21
Viertes Buch.
Familienrecht.
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Wirkungen der Ehe im Allgemeinen.
§ 1353. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.
Stellt sich das Verlangen eines Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft als Mißbrauch seines Rechtes dar, so ist der andere Ehegatte nicht verpflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten. Das Gleiche gilt, wenn der andere Ehegatte berechtigt ist, auf Scheidung zu klagen.
§ 1354. Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.
Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.
§ 1355. Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes.
§ 1356. Die Frau ist, unbeschadet der Vorschriften des § 1354, berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten.
Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Thätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist.
§ 1357. Die Frau ist berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschäfte, die sie innerhalb dieses Wirkungskreises vornimmt, gelten als im Namen des Mannes vorgenommen, wenn nicht aus den Umständen sich ein Anderes ergiebt.
Der Mann kann das Recht der Frau beschränken oder ausschließen. Stellt sich die Beschränkung oder die Ausschließung als Mißbrauch des Rechtes des Mannes dar, so kann sie auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht aufgehoben werden. Dritten gegenüber ist die Beschränkung oder die Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1435 wirksam.
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http://justitia-deutschland.org/reichsgesetze.htm#B
Von daher verwundert es nicht, wenn Männer so viel Angst vor einer Scheidung haben, verlieren sie doch dabei zum zweiten Mal die sie versorgende "Mutter" und bleiben anschließend, weitestgehend zur eigenen alltäglichen Versorgung unfähig, auf der Strecke. Wenn dann der Mann "zur Flasche greift", ist er sogar wieder auf die Stufe des Säuglings regrediert. Bis Männer die "Schlüsselgewalt" nicht nur dem Gesetz nach, sondern auch in der Realität gleichberechtigt mit ihren Partnerinnen ausüben, muss wohl noch einiges Wasser die Spree hinunter fließen.
Wenn wir noch heute im Jahr 2001 einen Blick in so manche Mann-Frau Partnerschaft werfen, fällt uns nicht selten auf, dass im inneren Bereich der Familie und des Haushaltes die Frau das Sagen hat. Der Mann befindet sich dann in einer infantilen Position, die er zum Teil selbst nur allzubereit einnimmt, die ihm andererseits auch von der "Hausfrau" zugewiesen wird. Wenn sich in der Partnerschaft zwei Kinder befinden, hat die Frau es daher mit drei Kindern zu tun, wovon das eine ihr Mann ist. Der Mann in der Position des Kindes wiederum, sieht seine Frau nicht als gleichberechtigte Partnerin, sondern als seine Mutter an, vor der er sich naturgemäß in Acht nehmen muss, so wie er es als Sohn in seiner Kindheit getan hat. Das ganze Dilemma scheint einen langen Vorlauf zu haben, der sogar rechtlich offiziell im BGB des 19. Jahrhundert verankert war, wovon in der feministischen Debatte wohl nur dann die Rede war, wenn es um die alleinige Befugnis des Mannes zur Außenvertretung der Familie ging. Das umgekehrt die Schlüsselgewalt der Frau zugeordnet war, findet keine laute Erwähnung.
Deutsches Familienrecht von 1900
"In der Ehegemeinschaft ist der Mann das Haupt, bestimmte §1354 Abs.1 BGB. Die Norm konkretisierte dies noch dahin, daß der Mann Wohnort und Wohnung bestimmen konnte und überhaupt das Entscheidungsrecht in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten hatte. Die Frau hatte die Pflicht, seiner Entscheidung Folge zu leisten, solange kein Missbrauch vorlag. Der Frau blieb die Schlüsselgewalt. Sie war verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten, ..."
aus: "Das Jahrhundert des deutschen Familienrechtes"
Peter Derleder in: "Kritische Justiz", 1/2000, S. 2-21
Nachfolgend ein extremer Fall von "Schlüsselgewalt"
Lebensgefährten monatelang angekettet
Rio de Janeiro (rpo). Eine ungewöhnliche Geisel hat die Polizei der brasilianischen Gemeinde Sarandi im südlichen Bundesstaat Parana gefunden. Der 51-jährige Ecedir Bueno war monatelang von seiner Lebensgefährtin in einem verdunkelten Schlafzimmer angekettet worden.
Wie brasilianische Medien am Dienstag (Ortszeit) berichteten, fand die Polizei Ecedir Bueno in einem "bedauernswerten gesundheitlichen Zustand". Bei der Festnahme habe die 39-jährige Hausfrau Maria Leite jede Schuld von sich gewiesen. Ecedir sei sehr gewalttätig gewesen, rechtfertigte sie sich.
Die Polizei widersprach: "Der Mann ist schüchtern und so ängstlich, dass er sich sogar vor seinem eigenen Schatten fürchtet". Nachbarn, die die Frau angezeigt hatten, sagten, die Hausfrau habe ihren Lebensgefährten während der viereinhalbjährigen Beziehung immer wieder verprügelt. Sie hätten sich aber zunehmend Sorgen gemacht, als Bueno im Februar arbeitslos wurde und plötzlich verschwunden blieb.
Das Opfer wurde mit schwerer Unterernährung und verschiedenen Verletzungen in eine Klinik gebracht. Der Mann sei seit mindestens 90 Tagen nicht mehr gewaschen worden. Er werde mindestens eine Woche brauchen, um sich einigermaßen zu erholen, hieß es.
http://www.bbv-net.de/news/journal/2001-0704/ketten.html
siehe auch in: "Neues Deutschland", 5.7.2001