Spielplatz
Prozess um Mord an Ägypterin
Angeklagter provoziert zum Auftakt
Im Prozess um die Tötung der Ägypterin Marwa El-Sherbini am Dresdner Landgericht hat sich der Angeklagte zum Prozessauftakt nicht geäußert. Er erschien am ersten Prozesstag vermummt mit einem Kapuzenpullover, einem Basecap und einer Sonnenbrille im Gerichtssaal, weigerte sich auch nach der Aufforderung durch die Richterin seine Brille abzunehmen und kassierte dafür eine Geldstrafe. Selbst die Fragen zu seiner Person beantwortete der 28-jährige Russlanddeutsche nicht, er weigerte sich sogar, sie mit einem Nicken zu beantworten.
Polizisten gehen mit dem vermummten Angeklagten Alex W. in einen Verhandlungssaal des Dresdner Landgerichtes.; Rechte: dpa
Polizisten gehen mit dem Angeklagten in den Verhandlungssaal.
Anklage spricht von bloßem Hass auf Muslime
Der 28-Jährige muss sich seit Montag für die Messerattacke vor dem Dresdner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord, versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung vor. Oberstaatsanwalt Frank Heinrich sagte, der Angeklagte habe die 31-Jährige und ihren Ehemann "aus bloßem Hass auf Nichteuropäer und Muslime" vernichten wollen. Er habe auf die beiden Opfer Dutzende Male eingestochen, bevor er von den Sicherheitskräften überwältigt werden konnte.
Witwer schildert Attacke
Der Witwer der getöteten Ägypterin, Elwy Ali Okaz, der im Prozess als Nebenkläger auftritt, schilderte am ersten Prozesstag die Attacke vom 1. Juli. Seiner Aussage nach war der tödliche Angriff auf seine Frau im Dresdner Landgericht Minutensache.
Der Ehmann von Marwa El-Sherbini sitzt im Gerichtssaal.; Rechte: dpa
Der Ehemann von Marwa El-Sherbini sagt als erster Zeuge aus
Okaz, der bei der Messerattacke ebenfalls schwer verletzt wurde, erklärte, er, seine Frau und ihr dreijähriger Sohn hätten das Gericht gerade verlassen wollen, als sie vom Angeklagten angegriffen wurden. Als er seine Frau verteidigen wollte, sei ein Schuss gefallen und er habe das Bewusstsein verloren.
Der Witwer war auf zwei Krücken im Gerichtssaal erschienen. Er war während des Angriffs von dem 28-jährigen Angeklagten durch Messerstiche schwer verletzt worden. Außerdem hatte ein Polizist den Ägypter angeschossen. Der Beamte gab später an, den Ehemann irrtümlich für den Täter gehalten zu haben.
Befangenheitsantrag abgelehnt
Die Verteidiger bezweifelten zum Prozessauftakt die Urteilsfähigkeit der Richter und stellten Befangenheitsanträge. Rechtsanwalt Michael Sturm sagte, der Prozess finde im selben Gebäude statt, in dem sich auch das Verbrechen ereignete. Es gebe eine nahe liegende persönliche Betroffenheit der Richter. Eine andere Kammer des Landgerichtes lehnte die Anträge jedoch ab.
Dresdner Landgericht für Mordprozess abgesperrt | Galerie
Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Dresden - zwei Polizisten stehen vor dem Eingang; Rechte: MDR/Uwe Klost Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht Dresden - Straßenabsperrung; Rechte: MDR/Uwe Klost Landgericht Dresden - Ü-Wagen des MDR; Rechte: MDR/Uwe Klost
16 Messerstiche im Gerichtssaal
Der Angeklagte Alex W. hatte am 1. Juli 2009 während eines Berufungsprozesses im Dresdner Landgericht auf die 31 Jahre alte Ägypterin eingestochen. Die schwangere Frau wurde von 16 Messerstichen in Rücken, Brust und Arme getroffen. Sie starb noch im Gerichtssaal.
Zu der damaligen Verhandlung im Dresdner Landgericht war es gekommen, weil der Russlanddeutsche die Frau im Sommer 2008 auf einem Spielplatz in Dresden als "Islamistin", "Terroristin" und "Schlampe" beschimpfte. Die Ägypterin hatte ihn zuvor gebeten, ihrem Sohn einen Platz auf einer Kinderschaukel frei zu machen. Das Dresdner Amtsgericht verurteilte Alex W. daraufhin zu einer Geldstrafe. Weil er diese nicht akzeptieren wollte, war es zu der Berufungsverhandlung gekommen.
Der Fall El-Sherbini: Chronik der Ereignisse in Bildern | Galerie
Marwa El-Sherbini; Rechte: dpa Ein Bestattungswagen steht vor dem Landgericht in Dresden. ; Rechte: dpa Polizisten und Sanitäter stehen nach einer Messerstecherei im Landgericht Dresden. ; Rechte: ddp
Elf Prozesstage geplant
Der Prozess findet unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Landgericht gleicht einem Hochsicherheitstrakt. Der Tod der Frau hatte in arabischen Ländern für Empörung gesorgt. Einige Prediger hatten die Muslime zu Vergeltung aufgerufen. Insgesamt sind für den Prozess elf Verhandlungstage geplant. Am Dienstag wird die Verhandlung fortgesetzt. Dann soll auch der Richter aussagen, der die Berufungsverhandlung am 1. Juli geleitet hatte.
Zuletzt aktualisiert: 26. Oktober 2009, 22:32 Uhr
Frühere Meldungen
http://www.mdr.de/sachsen/6801228.html
Angeklagt hinter Panzerglas
Von Alexander Schneider
Montag beginnt im Dresdner Landgericht einer der ungewöhnlichsten Prozesse in Sachsens Justizgeschichte: Tatort und Gerichtsort sind im selben Haus.
Die Ägypterin Marwa El-Sherbini und ihr Ehemann Elwy Okaz (linkes Foto) wurden am 1. Juli im Dresdner Landgericht Opfer einer Hassattacke. Dabei erstach ein 28-jähriger Spätaussiedler die Frau und verletzte ihren Mann schwer. Foto: privat
Landgericht wird zum Hochsicherheitstrakt
Der Schwurgerichtssaal des Dresdner Landgerichts ist für den Prozessauftakt im Fall der getöteten Ägypterin Marwa El-Sherbini vorbereitet.
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Eine 2,50 Meter hohe Wand aus Panzerglasscheiben trennt das Publikum von den Prozessbeteiligten. Sogar die Fenster nach draußen wurden mit Milchglas gesichert, damit niemand hineinsehen kann. 50000 Euro hat sich die Justiz die Sicherungsvorkehrungen kosten lassen. Angeblich ist alles wiederverwendbar. Kein Zweifel: Mit alldem will die sächsische Justiz der Welt zeigen, dass sie alles tut, damit sich ein solches Drama wie am 1. Juli nicht wiederholt. Dabei dürften sich alle Verantwortlichen bewusst sein, dass dieser hohe Aufwand lediglich Mittel zum Zweck ist, denn 100-prozentige Sicherheit gibt es wohl in keinem Gerichtssaal der Welt.
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http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2296850
Kommentar Väternotruf:
Von der Kinderschaukel auf einem Spielplatz in Dresden zum Amtsgericht Dresden. Vom Amtsgericht Dresden zum Landgericht Dresden und dann in den Tod. Es ist schon makaber, der deutsche Beleidigungsparagraph §185 führt nicht zum Schutz des Opfers der Beleidigung, sondern zu dessen Tod. Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage, hätte Goethe gesagt. 50.000 € kosten allein die von der sächsischen Justiz veranlassten technischen Sicherheitsvorkehrungen, hinzukommen Kosten für Polizeieinsätze, Gerichtsverfahren, etc. Alles in allem werden es eine halbe Million € sein, die die Steuerzahler/innen in Folge des Beleidigungsparagraph §185 und einer rigide und unflexibel agierenden Justiz aufbringen müssen.
Doch wenigstens ist die deutsche Justizmaschinerie mittels §185 mit Arbeit versorgt und kein Beamter muss Däumchen drehen, die Steuerzahler/innen zahlen für den Beleidigungswahn brav die Zeche. Gute Nacht Deutschland.