Gutachten

Statusdiagnostik


 

 

Statusdiagnostische Gutachtertätigkeit versucht zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Status bei den Eltern und den Kindern, herauszufinden und festzustellen. eine relevante Untersuchung der Konflikte und Beziehungen im familiären System findet meist gar nicht statt. Dieses Form gutachterlicher Tätigkeit mündet dann in einen in der Regel schriftlich niedergeschriebenen "Statusbericht", der dem beauftragenden Familiengericht zugeleitet wird.

Der Irrglaube ist hierbei, zu glauben, man könne durch die Beschreibung eines Systems zu einem festen Zeitpunkt zutreffende Voraussagen für die Zukunft treffen. Damit wird aber verkannt, dass Familiensysteme, um die es im familiengerichtlichen Verfahren ja geht, immer dynamische Systeme sind, die sich zum einen während der Zeit der Untersuchung in Veränderung befinden und sich zukünftig verändern werden.  Auch die Untersuchung selbst, auch wenn sie noch so "klinisch steril" durchgeführt wird, wirkt auf das System zurück (Rückkopplung). Die Statusdiagnostik ist ein Kind des 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert. Spätestens mit der Entwicklung der Kybernetik als Wissenschaft bis heute zu den Erkenntnissen der modernen Systemforschung, Chaostheorie etc. ist Statutsdiagnostik hoffnungslos veraltet. Trotzdem wird sie an vielen Familiengerichten in Deutschland von traditionell arbeitenden Richter/innen und Gutachtern liebevoll gepflegt und gehegt. Mit dem Kindeswohl, dass angeblich von den Familiengerichten gesichert werden soll, hat das allerdings nichts zu tun. Eher im Gegenteil. Das benötigte Geld für die Bezahlung statusdiagnostisch arbeitender Gutachter ist aus Sicht  des Kindeswohls in der Regel rausgeworfenes Geld. Im schlimmsten Fall, zementieren und verschärfen statusdiagnostisch arbeitende Gutachter noch den Familienkonflikt und tragen damit selbst zu einer Gefährdung des Kindeswohls bei, was weitere Kosten nach sich zieht (z.B. für Heimunterbringungen, langjährige familiengerichtliche Verfahren), für die häufig die Steuerzahler aufkommen müssen.

Der Gesetzgeber tut ein übriges dazu, durch ein Festhalten an unklaren Regelungen in der Zivilprozessordnung an der Aufrechterhaltung diese Zustandes mitzuwirken. 

Statusdiagnostik hat nicht selten so viel mit dem Kindeswohl zu tun wie eine Domina mit Domino. Mit Statusdiagnostik kann man leicht hundert Seiten Gutachten füllen, und außer Frust bei dem "abgeurteilten" Elternteil, Euphorie und Überheblichkeit bei dem als "besseren Elternteil" diagnostizierten, der Schädigung betroffener Kinder und einem gut gefüllten Bankkonto beim Gutachter ist nichts passiert, was der Erwähnung wert wäre.

Wenn das Kindeswohl aber keine Worthülse bleiben soll, so wie es häufig traditionell schon immer war, muß im kindschaftsrechtlichen Verfahren statusdiagnostische Begutachtung und die sie praktizierenden Gutachter endlich von einem systemisch-lösungsorientierten Arbeitsansatz ersetzt werden. 

 


 

"Der diagnostische Prozeß bei der Familienpsychologischen Begutachtung. Ein Beitrag zur Datenbasis und zur Intervention des psychologischen Sachverständigen"

Joseph Salzgeber; Siegfried Höfling

in: "Zentralblatt für Jugendrecht", 1991, Heft 7-8, S. 388-394

 

Erstaunlicherweise ein recht klarer und heute noch aktueller Beitrag über Sinn und Unsinn von Statusdiagnostik versus "Modifikationsorientierter Diagnostik". Allerdings ist der Beitrag auch schon 10 Jahre alt und von Siegfried Höfling (mit)verfasst.

 


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