Theodor Maunz


 

 

 

11.2.1994 - 13:00 Uhr

# Quelle DIE ZEIT, 11.02.1994 Nr. 07

Theodor Maunz, der Begründer des „Maunz-Dürig", des bedeutendsten Grundgesetz-Kommentars, ist nach seinem Tod in Verdacht geraten, eine enge Liaison mit der rechten „National-Zeitung" unterhalten zu haben. Jetzt fordern Kritiker, daß sein Name aus dem Titel des Werkes verschwindet

Maunz raus ?

Von Hanno Kühnert

Ein ungewöhnliches Ansinnen richteten Jurastudenten von acht deutschen Universitäten im Januar an den Verlag C. H. Beck in München. „Wir fordern Sie auf", schrieben sie an den Verleger Hans Dieter Beck, „den Namen des in Ihrem Verlag erscheinenden Grundgesetzkommentars zu ändern, so daß der Name Maunz nicht mehr im Titel erscheint." Die Kommentierungen des Kommentar-Begründers Theodor Maunz sollten, verlangten die Studenten, „überarbeitet und damit Schritt für Schritt aus dem Kommentar herausgeschrieben werden.

In der juristischen Abteilung des Verlages summte es. Denn was da mit einmaliger Zumutung angegriffen wird, ist eine der wichtigsten Publikationen des Hauses, der Grundgesetz-Großkommentar „Maunz-Dürig". In dem Loseblattwerk, in vor in den Festschriften zu seinem 70. und seinem 80. Geburtstag, als „Großer der deutschen Staatsrechtslehre" gefeiert. In der Tat hat er unzähligen Juristen und Jurastudenten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nahegebracht - seinen Hörern und den Lesern seines Buches „Deutsches Staatsrecht", das 1958, als der Großkommentar gerade entstand, bereits in siebter Auflage erschien. Es war lange Zeit das führende Staatsrechtslehrbuch.

Maunz galt als ein umgänglicher Mann. „Güte, Höflichkeit, ungewöhnlichen Fleiß und Selbstdisziplin, Toleranz, Praxisnähe, wissenschaftliche Vorurteilslosigkeit, all dies besaß er", so sein schärfster Kritiker Michael Stolleis. Man wußte freilich auch von ihm, ...

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http://www.zeit.de/1994/07/Maunz-raus?page=all

 

 

 


 

 

 

Theodor Maunz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Theodor Maunz (* 1. September 1901 in Dachau; † 10. September 1993 in München) war ein deutscher Verwaltungsrechtler, der sowohl während des Nationalsozialismus als auch in der Bundesrepublik Deutschland wirkte. Er begründete den Maunz-Dürig, einen als Standardwerk geltenden Kommentar zum Grundgesetz mit (inzwischen häufig als Maunz/Dürig/Herzog/Scholz zitiert).

Rechtsgelehrter in der Zeit des Nationalsozialismus

Der Sohn eines Volksschullehrers arbeitete seit 1927 in der bayerischen Verwaltung. Nach seiner Habilitation 1932 in Freiburg im Breisgau war Maunz Privatdozent an der Juristischen Fakultät für Deutsches Reichs- und Landesstaats- und Verwaltungsrecht der Universität München. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde er 1933 Mitglied der NSDAP und der SA.[1] 1934 wurde seine Lehrbefugnis in Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Staatslehre geändert.

1935 erfolgte die Berufung zum außerordentlichen Professor an die Universität Freiburg im Breisgau. Als Professor in Freiburg (bis 1945) beschäftigte sich Maunz hauptsächlich mit der rechtlichen Stellung der Polizei im NS-Staat. Man zählt ihn, wie etwa auch Carl Schmitt, Karl Larenz, Otto Koellreutter, Herbert Krüger und Ernst Forsthoff, zu den akademischen Juristen, die durch ihre Arbeiten dem NS-Regime juristische Legitimität zu verschaffen bestrebt waren.

In diesem Zusammenhang muss auch die Kieler Schule erwähnt werden. Karl August Eckhardt organisierte die Dozentenakademie im Kitzeberger Lager. In diesem Gemeinschaftslager an der Kieler Bucht kamen nationalsozialistische Juristen zusammen, um über die völkische Rechtserneuerung zu referieren. Die im Kitzeberger Lager gehaltenen Referate wurden ein Jahr später im ersten Band der neu erschienen Zeitschrift „Deutsche Rechtswissenschaft“ veröffentlicht. Neben den Kieler Rechtswissenschaftlern nahm auch Theodor Maunz aus Freiburg teil.

Maunz stellte sich dem Regime zur Verfügung und versuchte es zu legitimieren und rechtlich zu erfassen. In dem unten genannten Artikel Gestalt und Recht der Polizei schrieb Maunz u. a. folgendes:

Es ist die Gründung des polizeilichen Wirkens auf den Willen der im Rahmen der völkischen Ordnung handelnden Reichsführung. […] Was mit anderen Worten der Führer […] in Form von Rechtsgeboten der Polizei an Aufträgen zuweist, bildet die Rechtsgrundlage der Polizei. Die Zuweisung kann im förmlichen Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Sie kann ferner erfolgen im sonstigen Normenschöpfungsverfahren. Sie kann aber auch ergehen im Wege der Einzelweisung oder auch der Einzelbilligung. Dieses System hat […] den alten Gesetzmäßigkeitsgrundsatz ersetzt, seitdem an die Stelle des alten Gesetzes der Wille des Führers getreten ist.

 

Wirken in der Bundesrepublik Deutschland

1948 nahm Maunz für Südbaden am Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee teil.

Von 1952 bis zu seiner Emeritierung hatte Maunz eine Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht, an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität inne. Er etablierte sich durch seine Veröffentlichungen als ein führender Verfassungsrechtler der Bundesrepublik. Roman Herzog, der selbst zu seinen Schülern gehörte, stellte 1993 fest: Maunz war nach 1948/49 mit Sicherheit einer der beherrschenden Verfassungsrechtler der Bundesrepublik Deutschland, man kann auch sagen, er hat das demokratische Verfassungsrecht der Bundesrepublik mitgeprägt. Neben dem späteren Verfassungsrichter, Grundgesetz-Mitkommentator und Bundespräsidenten Roman Herzog gehörten unter anderem auch der spätere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und die Universitätsprofessoren Peter Lerche und Klaus Obermayer zu Maunz’ Schülern.

Von 1957 bis 1964 war das CSU-Mitglied Maunz bayerischer Kultusminister, bis er, nach dem Bekanntwerden einiger aus der Zeit vor 1945 stammenden Texte unter Druck geraten, am 10. Juli 1964 seinen Rücktritt erklärte. Seine Professur behielt er weiter.

Nach seinem Tod erschien in der National-Zeitung ein Artikel, in dem Maunz dafür gedankt wurde, dass er nicht nur deren Herausgeber, den DVU-Vorsitzenden Gerhard Frey, seit einem Verfahren gegen ihn nach Artikel 18 des Grundgesetzes (Aberkennung von Grundrechten) in den 1960er Jahren juristisch beraten habe, sondern auch viele Jahre anonym Beiträge für die National-Zeitung verfasst hat.[2]

Sein Nachlass, bestehend aus Korrespondenzen, Entwürfen, Gutachten, Manuskripten und einer Fotosammlung, befindet sich im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München, weitere Unterlagen im Stadtarchiv München.

 

Veröffentlichungen (Auswahl)

* Das Ende des subjektiven öffentlichen Rechts. In: ZgS 96 (1936), S. 71 ff., heute: Journal of institutional and theoretical economics (JITE))

* Grundfragen der Rechtsauffassung. Mit Reinhard Höhn und Ernst Swoboda. München 1938

* Gestalt und Recht der Polizei. Hamburg 1943

* Deutsches Staatsrecht. Ein Studienbuch. zuerst München 1951; 2004: Th. M. & Reinhold Zippelius ISBN 3-406-44308-7

* Hans Nawiasky & Th. M.: Vom Bonner Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung. 1956

* Th. M. & Günter Dürig: Grundgesetz Loseblatt-Kommentar. zuerst 1958; 2003: ISBN 3-406-50053-6

* Johann Mang & Th. M.: Staats- und Verwaltungsrecht in Bayern. zuerst 196; 1988: ISBN 3-415-01302-2

* Th. M. & Bruno Schmidt-Bleibtreu: Bundesverfassungsgerichtsgesetz Loseblatt-Kommentar. zuerst 1965; 1996: ISBN 3-406-35131-X

* Besonderes Verwaltungsrecht. Heidelberg 1982 ISBN 3-7880-3903-5

 

Weiterführende Literatur 

* Konrad Redeker: Bewältigung der Vergangenheit als Aufgabe der Justiz. S. 1097. Neue Juristische Wochenschrift, 1964.

* Peter Lerche (Hrsg.): Maunz, Theodor. Festschrift für Theodor Maunz zum 80. Geburtstag am 1. September 1981. München 1981, ISBN 3-406-08260-2.

* Ingo Müller: Furchtbare Juristen. München 1987, ISBN 3-463-40038-3.

* Michael Stolleis: Theodor Maunz - ein Staatsrechtslehrerleben. Kritische Justiz, 1993, S. 393-396.

* Michael Stolleis: Recht im Unrecht. Studien zur Rechtsgeschichte im Nationalsozialismus. Frankfurt a.M. 1994, ISBN 3-518-28755-9.

* Gerd Roellecke: Theodor Maunz und die Verantwortung des Öffentlichrechtlers.. Kritische Justiz, 1994, S. 344-354.

* Redaktion Kritische Justiz (Hrsg.): Die juristische Aufarbeitung des Unrechts-Staats. Baden-Baden 1998 ISBN 3-7890-5054-7 (Rezension)

* Ilse Staff: Staatstheorie und Verwaltung im nationalsozialistischen Deutschland und im faschistischen Italien. In: Die öffentliche Verwaltung im totalitären System (Jahrbuch für europäische Verwaltungsgeschichte 10/1998) Baden-Baden 1998 ISBN 3-7890-5664-2

* Bernd Rüthers: Geschönte Geschichten – Geschonte Biografien. Sozialisationskohorten in Wendeliteraturen. Ein Essay. Tübingen 2001 ISBN 3-16-147651-4 (Rezension)

 

Weblinks

* Literatur von und über Theodor Maunz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek (Datensatz zu Theodor Maunz • PICA-Datensatz • Apper-Personensuche)

* Staatsrechtler mit Vergangenheit. Zum Tod von Theodor Maunz. (Der Rechte Rand)

* Braunbuch der DDR 1968

http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Maunz

 

 


 

 

Maunz, Dürig, Herzog

Kommentar zum Grundgesetz

C. H. Beck, München, 34. Ergänzung vom Juni 1998

 

 


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