Verstopfung

Obstipation


 

 

Mutterkrankheit Verstopfung

 

"Bei der <Verstopfung> spielt ein angstvolles Zurückhalten aufgrund von Verlustängsten psychodynamisch eine wichtige Rolle

Eine Verstopfung liegt vor, wenn weniger als 3 Stühle pro Woche abgesetzt werden.

 

Ursachen:

- funktionell-psychogen

(chronisch-atonisch, spastisch-hypertonisch, Anorexia nervosa, Depressionen u.a.);

- organisch

(z.B. bei Hämorrhoiden, Fissuren, Tumoren, Medikamenten, Stoffwechselkrankheiten, nach Entbindung).

 

Epidemiologie

 

- Frauen 3 mal häufiger betroffen als Männer;

- in oberen Schichten häufiger;

- abhängig vom Reinlichkeitsverhalten (in Indien z. B. sind vorwiegend Brahmanen betroffen, die sehr reinlich sind, nicht die Kastenlosen);

- 15% aller Betriebsangehörigen;

- 25% der Klinikpatienten mit vegetativen Erscheinungen.

 

Psychodynamik:

Alexander (1971): <Ich kann von niemandem etwas erwarten und brauche daher auch niemandem etwas zu geben. Ich muß mich daran halten, was ich habe>.

 

Erlebniszusammenhänge:

- körperlicher Anteil einer Protestreaktion;

- Versuch des Festhaltens, um zu beherrschen, zu bestehen;

- angstvolles Zurückhalten (zieht sich zurück, kapselt sich ab);

- Angst und Abwehr vor zu großer Verausgabung;

- Defäkation assoziiert mit <schmutzigen> Regungen, die als schuldhaft oder gefährlich erlebt und abgewehrt werden,

- Mißtrauen: weder Geld noch Liebe geben (<er kann sich nicht verschenken>);

- Unfähigkeit zur Hingabe.

 

Zur Genese

- Strenge, kontrollierende Mütter;

- Mütter überfordern Kinder in bezug auf Hergeben und Schenken;

- Selbsthingabe bedeutet Selbstaufgabe;

- dadurch anal-retentive Abwehrhaltungen;

- dazu kommt oft <orale> Hemmung: Sich-nichts-rausnehmen-können, Verlustängste umso bedrohlicher erlebt;

- anale Verlustängste;

- überbesorgte Mütter führen Fütterungs- und Exkretionsprozeduren lange und streng durch; Ängste vor Mutterverlust.

 

Persönlichkeitsstruktur

- Trias: Ordnungsliebe, Eigensinn, Sparsamkeit,

- zwanghafte Strukturen,

- Sauberkeitserziehung führt früh zu starrem Über-Ich, zur Introjektion der elterlichen Maßstäbe als eigene Wertwelt.

 

Auslösesituationen

- Schwangerschaft, Geburt (es wird ein Mehr an Hergabe von der Mutter verlangt);

- bei sexuell unbefriedigten Frauen;

- schwere Enttäuschungen;

- Zurückgewiesenwerden;

- Verlust von nahestehenden Personen;

- Wechsel des Arbeitsplatzes, Arbeitslosigkeit;

- Umzug (u. U. mit gemeinsamer Toilette);

- Angst (bei Kindern) mit Kontaktstörungen zu Eltern;

- Allgemein: Individuum ist entschlossen durchzuhalten, obwohl es mit Problemen konfrontiert wurde, die nicht zu lösen sind (<Übler Beruf, aber es war das Beste, was ich tun konnte ...>).

 

THERAPIE

Somatisch:

- diätetisch;

- bei rektaler Verstopfung: Gleitmittel, Leinsamen;

- bei anatomischer Verstopfung: physikalische Therapie, Leinsamen, evtl. Prostigmin;

- bei spastischer Obstipation: Füll- und Quellmittel, salinische oder osmotisch wirksame Abführmittel.

 

Psychotherapeutisch:

...

- bei Kindern: Spieltherapie mit Schmutz- und Aggressionsphantasien."

 

 

aus: "Psychosomatische Medizin", Klußmann, Rudolf

Springer 1998, ISBN 3-540-63789-3


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