Weltkindertag
Weltkindertag: Kinderrechte nur auf dem Papier?
In diesem Jahr wird der Weltkindertag zum 50. Mal begangen. Am 21. September 1954 beauftragte die Vollversammlung der Vereinten Nationen erstmals das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen – UNICEF – mit der Ausrichtung eines weltweiten Kindertages. Die Idee stieß auf große Zustimmung und so etablierte sich die Einrichtung eines Kindertages in zunehmend mehr Ländern. Heute wird der Weltkindertag in mehr als 145 Ländern gefeiert – wenn auch nicht in allen Ländern am 20. September. Dies ist auch der Grund, warum wir in Deutschland den Weltkindertag gleich zwei Mal im Jahr feiern, am 20. September und in den neuen Bundesländern traditionsgemäß am 1. Juni. Eines ist all diesen Daten gemeinsam: Verbände, Organisationen und Einrichtungen, die sich für Kinder stark machen, nutzen diesen Tag, um in der Öffentlichkeit auf die Rechte der Kinder und damit auf die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) aufmerksam zu machen.
In Deutschland hat es seit der Ratifizierung der UN-KRK am 5. April 1992 zahlreiche gesetzliche Änderungen gegeben, die dazu geführt haben, dass die Situation von Kindern in Deutschland verbessert wurde. Auch wenn hier weiterhin Nachholbedarf besteht, beispielsweise durch die längst überfällige Aufnahme der Rechte der Kinder in die Verfassung, steht Deutschland im internationalen Vergleich in dieser Hinsicht recht gut da.
Doch die Kluft zwischen „Recht haben“, „seine Rechte kennen“ und „Recht bekommen“ ist für Kinder in ihrem Lebensalltag oftmals sehr groß. Zwar gibt es viele Vereine, Organisationen, Verbände und Einrichtungen, die sich gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen für die Einforderung ihrer Rechte einsetzen – doch es fehlt immer noch eine zentrale Stelle auf Bundesebene, die die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention koordiniert. Es gibt in Deutschland keine bundeszentrale Stelle, an die sich Kinder wenden können, wenn sie ihre Rechte einklagen wollen.
Kurz: „In Deutschland fehlt immer noch eine Art ’Kinderrechte-TÜV’, der die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention kritisch überwacht und beispielsweise darauf achtet, dass bei allen Gesetzesvorhaben eine Art ’Kindertauglichkeitsprüfung’ vorgenommen wird“, so Mike Corsa, Sprecher der National Coalition für die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland (NC), einem starken Bündnis von rund 90 Mitgliedsorganisationen, unter Rechtsträgerschaft der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGJ).
Damit Kinder und Jugendliche nicht nur auf dem Papier Rechte haben, sondern auch zu ihrem Recht kommen, fordert die NC anlässlich des Weltkindertages am 20. September 2004 den Aufbau eines auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland abgestimmten, unabhängigen Überwachungs- und Kontrollsystems. Dies wäre ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Kinderrechte – nicht nur der auf dem Papier. „Aufgabe eines solchen Systems wäre ein effektives Monitoring der UN-Kinderrechtskonvention“, so Mike Corsa, „damit sich die Unterschiede zwischen „Recht haben“, „seine Rechte kennen“ und „Recht bekommen“ stetig verringern. Die Rechtsposition von Kindern und ihre tatsächliche Lebenssituation sollen sich so einander annähern.“
Diese Sichtweise teilt auch der UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes. Es handelt sich hierbei um das Gremium, bei dem die Staaten in regelmäßigen Abständen über das Voranschreiten der Umsetzung der UN-KRK berichten müssen – ein übliches Verfahren bei Menschenrechtsabkommen. Nach Vorlage und Anhörung der jeweiligen Staatenberichte verfasst der UN-Ausschuss dann seine so genannten „Abschließenden Beobachtungen“ (Concluding Observations), in denen er seine Sorgen und Kritikpunkte aber auch Lob und Anerkennung einfließen lässt.
In den „Abschließenden Beobachtungen“ zu den beiden Staatenberichten der Bundesrepublik Deutschland hat der UN-Ausschuss den Aufbau eines solchen Monitoringsystems bereits zwei Mal (1995 und 2004) in den Mittelpunkt seiner an die Adresse der Bundesregierung gerichteten Empfehlungen gestellt. Die NC hat diese zum Anlass genommen, ihr 10. Offenes Forum, das am 2. Dezember 2004 in Frankfurt/Main stattfindet, unter das Motto: „Monitoring der UN-Kinderrechtskonvention“ zu stellen.
Informationen unter: www.agj.de
Quelle: Pressemitteilung der National Coalition vom 16.9.2004
Bundesministerin Renate Schmidt: Nationaler Aktionsplan stärkt Kinder in ihren Rechten
Heute findet der Weltkindertag der Vereinten Nationen statt. Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt, hebt anlässlich des Weltkindertages die Bedeutung der Kinderrechte hervor: „Kinder haben Rechte, die geachtet und beachtet werden müssen. Und zwar überall: in der Politik wie im Alltag. Das ist in der UN-Konvention über die Rechte des Kindes festgelegt. Ich wünsche mir, dass alle, Kinder und Erwachsene, diese Rechte kennen und akzeptieren. Kinder haben einen Anspruch darauf, ernst genommen zu werden. Zu den wichtigsten Rechten gehören der Schutz von Kindern vor Gewalt, ihre Beteiligung an Entscheidungen, die sie betreffen, eine optimale Bildung, die Sicherung ihrer Gesundheit und ihrer Chancen auf eine gute Zukunft. Der Umgang mit diesen Rechten ist ein Spiegelbild für die politische und gesellschaftliche Kultur in unserem Land. Deshalb will die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan 'Für ein kindergerechtes Deutschland' verabschieden.''
Der Nationale Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland'' dient der Umsetzung der Beschlüsse des Weltkindergipfels in New York aus dem Jahr 2002 und entstand unter Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen. Er behandelt so wichtige Themen wie Bildung, Gesundheit, Gewalt gegen Kinder, Beteiligung, die Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards für alle Kinder und internationale Verpflichtungen.
Der Weltkindertag steht unter der Schirmherrschaft des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen (UNICEF), mit ihm wird auf die Situation der Kinder weltweit aufmerksam gemacht. 1954 empfahl die Generalversammlung der Vereinten Nationen ihren Mitgliedsstaaten, den „Universal Children's Day'' einzuführen. Die Rechte der Kinder sind seit 1989 in dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes festgeschrieben, das seit 1992 auch in Deutschland gilt.
Informationen unter: www.bmfsfj.de
Quelle: Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20.9.2004
Kinderkommission des Bundestages: Kinder besser schützen und betreuen
Anlässlich des 50. Weltkindertages am 20. September 2004 erklärt die Vorsitzende der Kinderkommission des Deutschen Bundestages Ingrid Fischbach, MdB: „Der Einsatz für Kinderrechte, die Förderung der Freundschaft unter den Kindern sowie die Verpflichtung aller Regierungen, einmal im Jahr die Arbeit des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen UNICEF zu unterstützen – diese Ziele verfolgten die Gründerväter des Weltkindertages vor 50 Jahren.
Seitdem hat sich die Lage der Kinder weltweit verbessert. So sind heute beispielsweise 80 Prozent aller Kinder durch Impfungen gegen Krankheiten wie Kinderlähmung, Masern oder Diphtherie geschützt. Die Kindersterblichkeit hat sich in den letzten 30 Jahren halbiert. Trotzdem bleibt für uns alle viel zu tun. Auch in Deutschland sind Kinder immer wieder Opfer von Gewalt, ihnen fehlt vielfach Zuwendung und Akzeptanz. Die Zahl der Kinder, die bei uns von Sozialhilfe leben, steigt seit Jahren beständig an. Und Kinderarmut in unserem Land bedeutet vor allem soziale Ausgrenzung und schlechtere Chancen auf gute und qualifizierte Bildung.
Wir alle müssen uns vor diesem Hintergrund daran messen lassen, wie wir mit den Kindern umgehen. Deshalb ist es eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik und Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass Kinder besser geschützt und gestärkt, betreut und beteiligt werden.“
Informationen unter: www.bundestag.de
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Bundestages vom 17.9.2004
Deutscher Kinderschutzbund fordert: Kinderrechte in die Verfassung
Auf der Pressekonferenz zum 50. Weltkindertag am 17. September 2004 in Köln forderte Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes: „Kinderrechte in die Verfassung!". Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes garantiert Kindern eigene, unveräußerliche Rechte. In Deutschland ist die UN-Konvention seit 1992 in Kraft. Die Bundesregierung ist wiederholt vom zuständigen UN-Komitee gemahnt worden, die subjektiven Rechte der Kinder endlich gesetzlich zu verankern.
Inzwischen erkennt die Europäische Verfassung die Kinderrechte als Staatsziel an. Auch auf Landes- und Kommunalebene haben die Kinderrechte Niederschlag gefunden. „Es ist nicht zu verstehen, warum die Kinderrechte zwar in Europa und in einzelnen Bundesländern rechtlich verankert sind, nicht aber im Grundgesetz", sagte Heinz Hilgers. Deshalb wird die Bundesregierung mit Nachdruck aufgefordert, diese Lücke zu schließen.
In den Landesverfassungen von neun Bundesländern gibt es Hinweise auf die Kinderrechte – allerdings erscheinen nicht überall Kinder als subjektive Träger ihrer Rechte. Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalens hat beispielhaft den Schutz und die Sicherung dieser Rechte als Landesaufgabe festgelegt. In den Gemeindeordnungen von sieben Bundesländern finden sich Beteiligungsregelungen für Kinder. „In der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein steht es richtig: Kinder müssen mitentscheiden, wenn es um ihre Belange geht", erläutert Hilgers.
Quelle: ots Originaltext vom 17.9.2004
Deutsche Jugend in Europa: Bundeskanzler Schröder muss Kinderrechte stärken
Die djo-Deutsche Jugend in Europa hat Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich des 50. Weltkindertages am 20. September gebeten, die unterschiedlichen Rechtsauffassungen innerhalb der Bundesregierung hinsichtlich der Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention vom Bundesverfassungsgericht klären zu lassen. In einem persönlichen Schreiben an den Bundeskanzler setzt sich der Bundesvorsitzende der djo-Deutsche Jugend in Europa, Frank Jelitto, dafür ein, im Rahmen eines Bund-Länder-Streits das Bundesverfassungsgericht in dieser Frage anzurufen. Dazu erklärte Frank Jelitto: „Die UN-Kinderrechtskonvention ist vor mehr als 14 Jahren in Kraft getreten. Leider besitzt die Konvention aufgrund einer Vorbehaltserklärung in Deutschland keine uneingeschränkte Gültigkeit. Bereits drei Mal wurde die Bundesregierung vom Parlament in den Jahren 1999 und 2001 sowie zuletzt 2002 vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ausdrücklich aufgefordert, die Erklärung zurückzunehmen. Das !
hat die Bundesregierung bisher mit dem Hinweis abgelehnt, dass ohne die Zustimmung der Bundesländer eine Rücknahme nicht möglich sei. Hier liege das Haupthindernis für eine Rücknahme der Erklärung.“ Demgegenüber hat sich Bundesaußenminister Joschka Fischer gegenüber der djo-Deutsche Jugend in Europa dahingehend geäußert, dass Bündnis 90/Die Grünen diese Rechtsauffassung nicht teilen. Fischer wörtlich: „Unseres Erachtens wäre eine erneute Beteiligung der Länder nur erforderlich, wenn die fraglichen Erklärungen Bestandteil des Gesetzes wären. Dies ist aber nicht erforderlich. Daraus folgt, dass die Erklärung, welche die Bundesregierung 1992 bei der Ratifikation abgegeben hat, jederzeit zurückgenommen werden kann.“
Um die Diskussion über die UN-Kinderrechtskonvention in diesem Punkt zu klären, bedarf es hier nach Ansicht der djo-Deutsche Jugend in Europa einer rechtlichen Klärung. Wir haben Bundeskanzler Gerhard Schröder deshalb anlässlich des 50. Weltkindertages gebeten, dieses Rechtsproblem vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Bund-Länder-Streits klären zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht kann angerufen werden, wenn zwischen Bund und Ländern Meinungsverschiedenheiten über die gegenseitigen verfassungsmäßigen Rechte, Pflichten und Kompetenzen bestehen. Die djo-Deutsche Jugend in Europa hat die berechtigte Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Kinder zu der Auffassung kommt, dass die Bundesregierung eine Rücknahme der Vorbehaltserklärung auch ohne die Bundesländer vornehmen kann. Eine solche Entscheidung gäbe der Bundesregierung die Möglichkeit, ein Zeichen für eine kindgerechte Gesellschaft in Deutschland zu setzen. Diese Chance gilt es zu nutzen."
Informationen unter: www.djo.de
Quelle: Pressemitteilung der djo-Deutsche Jugend in Europa vom 16.9.2004
Familienbund der Katholiken: Achtung vor Kindern bedeutet, Familien zu stärken
Eine kritische Bilanz der Lebenssituation von Kindern und Familien in Deutschland hat die Präsidentin des Familienbundes der Katholiken, Elisabeth Bußmann, gezogen. „Die elementaren Lebensbedingungen vieler Kinder und Familien haben sich im vergangenen Jahr deutlich verschlechtert. Die Gefahr, in Armut zu geraten, wird gerade für Familien immer größer“, sagt Elisabeth Bußmann zum Weltkindertag am 20. September, der in diesem Jahr unter dem Motto: „Alle Achtung: Kinder“ steht. „Achtung vor Kinder zu haben bedeutet in erster Linie, Familien zu stärken“, betonte die Präsidentin.
Elisabeth Bußmann forderte die Beseitigung aller Benachteiligungen und struktureller Rücksichtslosigkeiten gegen Kinder und Familien. Vor allem die materiellen Rahmenbedingungen müssten deutlich verbessert werden. Weiter kritisierte sie Defizite bei Bildung und Betreuung, der Vereinbarkeit von Familien- und Arbeitswelt, der Integration, den familienbezogenen Diensten und sozialen Sicherungssystemen.
Nach wie vor seien die Rahmenbedingungen in unserem Land so gestellt, dass Kinder für ihre Eltern das Armutsrisiko Nummer eins bedeuten. „Das ist ein Skandal, der sich mit Achtung vor Kindern nicht vereinbaren lässt“, so Bußmann. Bußmann fordert die Regierungsparteien auf, Kinder und ihre Familien stärker in den Fokus der Politik zu stellen. „Wir müssen Familien wieder vom Rand in die Mitte unserer Gesellschaft holen. Denn ohne Familie ist kein Staat zu machen“, sagt Bußmann.
Informationen unter: www.familienbund.org
Quelle: Pressemitteilung des Familienbundes der Katholiken vom 17.9.2004