Zwangsberatung


 

 

Das Mittel der Zwangsberatung bei erheblichen Beeinträchtigungen von Eltern die Interessen und Bedürfnisse von Kindern wahrzunehmen, bzw. zu erfüllen ist in der Fachszene umstritten. Einerseits werden Eltern im Regelfall seitens der Jugendhilfe weitgehende Unterstützungsangebote  gemacht, damit sie ihre elterliche Kompetenz aufrechterhalten, bzw. wiedererlangen können und nur bei hartnäckiger Verweigerung der Annahme von Hilfsangeboten und Gefährdung des Kindeswohls wird ihnen möglicherweise durch das Gericht das Sorgerecht entzogen.

Die Möglichkeit einer zwangsweise angeordneten Beratung folgt aber aus § 1626 BGB (Sorgepflicht), § 1666 BGB (Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung) und § 171 Strafgesetzbuch (Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht).

Man braucht nicht fünf Jahre Jura studiert haben, um die hier für das Familiengericht gegebenen Möglichkeiten zu sehen.

Umgangsvereitelnde Mütter genießen noch immer weitgehende Immunität. Wenn sie nicht zu einer Beratung gehen wollen, heißt es dann von den Professionellen oftmals lapidar "da könne man eben nichts tun, Zwangsberatung bringt nichts."

Dies ist falsch. Allerdings kommt es bei Beratungsauflagen an unwillige Mütter (oder auch Väter) darauf an, dass die Berater/innen über die nötige Kompetenz und Bereitschaft verfügen, mit nichtmotivierten und unwilligen Klienten zu arbeiten. Das Problem haben aber auch vom Gericht bestellte Gutachter, dass die Beteiligten nicht immer zur konstruktiven Mitarbeit bereit sind. 

Der Zwang liegt nicht darin, dass der Berater quasi inquisitorisch Zwangsmittel anwendet, sondern, dass das beauflagende Gericht der betreffenden Mutter aufgibt, an einer bestimmten Anzahl von Beratungsterminen teilzunehmen, wenn sie sich nicht dem Risiko aussetzen will, dass ihr das Sorgerecht entzogen wird, bzw. Zwangsgeldandrohung und - verhängung erfolgt. 

Nötig ist hier auch, dass die Berater unter bestimmten Bedingungen mit dem Gericht, bzw. Jugendamt vernetzt sind, so dass bei einer nachweislichen Unwilligkeit des Klienten, diese über das Ergebnis informiert werden können und dann die erforderlichen juristischen oder sozialarbeiterischen Interventionen treffen können.


 

"Erwartungen der Familienrichter an den Verfahrenspfleger"

Helmut Borth

in: "Kind-Prax", 2, 2000, S. 48-52

 

Ein guter Aufsatz zum Thema Verfahrenspflegschaft. Der Autor ist Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Stuttgart. Richtig auch die Überlegung von Borth, Eltern bei Uneinsichtigkeit im Interesse des Kindeswohl durch Anordnung zu unterstützender Beratung zu bewegen. Einer Praxis, die üblicherweise jedes Jugendamt machen dürfte, wenn es darum geht, vor einem Sorgerechtsentzug nach §1666 BGB Sorgeberechtigte zur Annahme eines Hilfeangebotes zu bewegen. Wenn ein Familiengericht aber das gleiche (aber offiziell) tut, geht ein Grummeln durch die Reihe der Professionellen, man könne doch keine Zwangsberatung anordnen.


 

Verpflichtung der Mutter zur Inanspruchnahme professioneller Hilfe

 

"...

Grundsätzlich gilt zwar gemäß § 1684 Abs. 1 Satz 1 BGB, dass jedes Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind berechtigt und verpflichtet ist. Das dem Kind zustehende Recht auf Umgang soll eine der Grundvoraussetzungen gewährleisten, die für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung erforderlich ist und dem Kind eine ungestörte Identitäts- und Selbstwertentwicklung ermöglichen.

Um dies zu gewährleisten, sind beide Eltern sind nach § 1684 Abs. 2 BGB verpflichtet, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt. Diese Wohlverhaltensklausel gebietet es nicht nur, passiv Dinge geschehen zu lassen. Sie gebietet zugleich eine aktive Förderung des Umgangskontaktes. Das bedeutet, dass der Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, im Rahmen der Erfüllung seiner Erziehungsaufgabe dem Kind deutlich machen muss, wie wichtig der Kontakt zum anderen ist und dass ein Umgangsrecht mit dem anderen auch den eigenen Wünschen und Vorstellungen entspricht. Die Bereitschaft, ein Kind zu erziehen und für es Verantwortung zu übernehmen, fordert auch die Bereitschaft und Verantwortung alles zu tun, um eine Einstellung zu überwinden, die diesem Wunsch und diesen Vorstellungen entgegensteht. Dies gilt gleichermaßen für die Mutter wie für die Großeltern mütterlicherseits.

Daher können die bei der Mutter bestehenden Ängste und Befürchtungen es nicht rechtfertigen, den Kontakt zwischen Vater und Tochter zu unterbinden. Falls diese Ängste nicht aus eigener Kraft bewältigt werden können, besteht die Verpflichtung der Mutter ihrerseits entsprechende professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Sarah einen unbelasteten Umgang mit dem Vater zu ermöglichen.

..."

 

Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen

5 UF 36/01 b = 71 F 734/00

Beschluss in Sachen betr. mdj. XXX, geboren am ... 1988

5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichtes in Bremen unter Mitwirkung der Richter Blome, Gräper, Soinö

vom 28.12.2001

 

Der vollständige Beschluss liegt dem Väternotruf vor


 

Wiederanbahnung eines abgebrochenen Umgangskontakts; Pflicht zum Besuch einer Therapie zur Ermöglichung eines Umgangskontakts.

1. Zur Wiederanbahnung eines abgebrochenen Umgangskontakts.

2. Die Wohlverhaltenspflicht aus §1684 Abs. 2 S. 1 BGB beinhaltet auch die Verpflichtung der Eltern, zur Ermöglichung eines regelmässigen Umgangskontakts eine Therapie zu machen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.07.2000 - 17 UF 99/00

 

ausführlich in: "Das Jugendamt", 1/2001, S. 45-46

und in "Zeitschrift für das gesamte Familienrecht", H14, 2001, S. 932-933

 

Ein verdienstvoller und längst überfälliger Beschluss  des 17. Zivilssenat - Familiensenat des OLG Stuttgart unter dem Vorsitzenden Richter Borth, des Richters Schwarz und des Richters Dr. Motzer. Denn bisher war die Praxis häufig so, dass die umgangsvereitelnde Mutter es sich beruhigt in ihrer Opferecke bequem machen konnte und es ihr nicht abverlangt wurde, im Interesse ihres Kindes eine Beratung oder Therapie in Anspruch zu nehmen.

 


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